Maga­zin

Blu­men­strauß-Abo und Rück­fahr­schein zur Kün­di­gung? 5 Tipps für Employ­er Bran­ding in der Sozi­al­wirt­schaft

April 2023 | Orga­ni­sa­ti­on & Ent­wick­lung

Blumenstrauß-Abo und Rückfahrschein zur Kündigung?

5 Tipps für wirksames Employer Branding in der Sozialwirtschaft


Wie funk­tio­niert eigent­lich aktu­el­les, wir­kungs­vol­les Employ­er Bran­ding? Dar­über haben wir mit Fach­ex­per­tin und Dozen­tin Anne Engel­showe gespro­chen. Her­aus­ge­kom­men sind fünf Tipps, die wir in die­sem Maga­zin­bei­trag tei­len, um Ihre Arbeit­ge­ber­mar­ke in Zei­ten von Fach­kräf­te­man­gel und hoher Fluk­tua­ti­on in der Sozi­al­wirt­schaft zu stär­ken.

1. Sei konsistent – und wenn du’s nicht bist, sprich offen darüber

Vie­le Unter­neh­men wer­ben mit fla­chen Hier­ar­chien und Nach­hal­tig­keit. In der Rea­li­tät tref­fen Bewerber:innen dann aber schnell auf „Sie­zen in der Chef­eta­ge“ und unnö­ti­ge Weg­werf­pro­duk­te im Arbeits­all­tag. Kon­sis­tent sein bedeu­tet jedoch, Bot­schaf­ten nicht nur in der Aus­wahl smar­ter Bil­der und Sprü­che auf der Web­site, son­dern wirk­lich bis in die Mit­ar­bei­ten­den-Toi­let­te hin­ein zu durch­den­ken. Dies erfor­dert kei­ne Per­fek­ti­on, son­dern authen­ti­sche und ehr­li­che Kom­mu­ni­ka­ti­on.

Wenn in Bewer­bungs­ge­sprä­chen bei­spiels­wei­se lie­ber gesiezt wird und im Team eine „Du-Kul­tur“ herrscht, soll­te dies offen ange­spro­chen wer­den. Auch was die Bemü­hun­gen um mehr Nach­hal­tig­keit und Diver­si­tät im Arbeits­all­tag betrifft, soll­ten Arbeitgeber:innen dies weni­ger per­fekt ver­kau­fen und sich statt­des­sen um eine gemein­sa­me Ent­wick­lung hin zu einer guten und lebens­wer­ten Orga­ni­sa­ti­on bemü­hen, womit wir auch direkt zum zwei­ten Tipp kom­men:

2. Trau‘ dich, deine (potenziellen) Mitarbeiter:innen zu fragen und damit in die Lösungsfindung mit einzubeziehen

Oft wis­sen gera­de klei­ne Träger:innen nicht, mit wel­chen Argu­men­ten sie sich gegen­über „den Gro­ßen“ behaup­ten sol­len, sodass in Stel­len­an­zei­gen mit übli­chen Phra­sen und Flos­keln gewor­ben wird. Doch was wäre, wenn sie ihre bestehen­den Mitarbeiter:innen fra­gen, war­um sie gen bei ihnen arbei­ten? Was sie antreibt, sich jeden Tag auf die Arbeit ein­zu­las­sen? Und, war­um nicht Bewerber:innen im nächs­ten Inter­view selbst fra­gen, wie sie sich ger­ne bewer­ben möch­ten? Viel­leicht ist der Tele­gram-Chat­bot dann doch nicht so gewollt, wie anfangs ange­nom­men.

 

Eine Kul­tur des Fra­gens und des Zuhö­rens kann lang­fris­tig zu bes­se­ren Ent­schei­dun­gen für alle Betei­lig­ten füh­ren. Es erfor­dert jedoch Mut zuzu­ge­ben, dass man nicht immer die per­fek­te Lösung parat hat. Genau dar­um geht es im nächs­ten Tipp:

3. Ungemütliche Probleme erfordern (vermeintlich) ungemütliche Handlungen

Der Fach­kräf­te­man­gel im Bereich der Pfle­ge ver­schärft sich zuneh­mend. Um die­sem Pro­blem ent­ge­gen­zu­wir­ken, müs­sen neben fai­re­ren Arbeits­be­din­gun­gen auch Maß­nah­men wie das „Abwer­ben“ von Pfle­ge­kräf­ten neu betrach­tet wer­den. Könn­te es als Gewinn auf Sys­tem­ebe­ne betrach­tet wer­den, wenn Pfle­ge­kräf­te von einem Arbeit­ge­ber zum ande­ren wech­seln, statt der Bran­che voll­stän­dig den Rücken zuzu­keh­ren? Eine wei­te­re Her­aus­for­de­rung besteht in der Erstel­lung von Dienst- und Schicht­plä­nen, betont Anne. Wie kön­nen wir den zuneh­men­den Wunsch nach gere­gel­ten Arbeits­zei­ten und hoher Ver­ein­bar­keit von Frei­zeit und Arbeit mit der teil­wei­se noch sehr star­ren Schicht­pla­nung ver­ein­ba­ren? Wer in der Pfle­ge in 10 Jah­ren noch Per­so­nal fin­den möch­te, muss sich jetzt mit Lösun­gen für die­se und wei­te­re Fra­gen befas­sen. Mög­li­cher­wei­se erfor­dert dies die stär­ke­re Zusam­men­ar­beit ver­schie­de­ner Träger:innen, um gemein­sam krea­ti­ve Lösun­gen für gute Arbeits­be­din­gun­gen zu ent­wi­ckeln.

 

Aller­dings haben Syn­er­gien auch Gren­zen, die in der Aus­wahl und Gestal­tung von Koope­ra­tio­nen gewahrt wer­den müs­sen. Um die­se Gren­zen zu ken­nen, benö­tigt man ein soli­des Ver­ständ­nis der eige­nen Iden­ti­tät, auf das im nächs­ten Abschnitt ein­ge­gan­gen wird:


4. Immer wie­der mit dem Brenn­glas auf die eige­ne Iden­ti­tät schau­en

Arbeitgeber:innen soll­ten sich öfter die Fra­ge stel­len: „Wer bin ich? Was treibt uns an?“. Oft­mals wird bei der Gestal­tung von Leit­bil­dern zu stark die Per­spek­ti­ve von Leistungsempfänger:innen und Geldgeber:innen berück­sich­tigt, wäh­rend die Mitarbeiter:innen-Perspektive ver­nach­läs­sigt wird. Die eige­ne Iden­ti­tät als Orga­ni­sa­ti­on zu ken­nen und zu wah­ren ist jedoch essen­zi­ell, um zu wis­sen, wel­che Art von Mitarbeiter:innen man sucht und wel­che nicht. Wenn eine Orga­ni­sa­ti­on bei­spiels­wei­se Offen­heit und Lern­be­reit­schaft för­dert, muss sich dies auch in der Gestal­tung der Arbeits­zeit sowie aus­rei­chend Frei­raum für Fort- und Wei­ter­bil­dung wider­spie­geln. Glei­cher­ma­ßen wäre es pas­sen­der, anstatt den per­fek­ten Lebens­lauf von Bewerber:innen ein­zu­for­dern stär­ker auf die Lern- und Wei­ter­ent­wick­lungs­be­dürf­nis­se der Kandidat:innen zu schau­en.


Ein star­kes Arbeit­ge­ber­selbst­ver­ständ­nis kann daher sowohl bei der Bewerber:innenwahl Ori­en­tie­rung geben als auch kon­sis­ten­te­re Ent­schei­dun­gen im Arbeits­all­tag ermög­li­chen. Dazu gehört auch die Ent­schei­dung einer Kün­di­gung, über die in Orga­ni­sa­tio­nen noch viel zu zag­haft gespro­chen wird. Auch hier­zu hat die Exper­tin ein paar letz­te Tipps.


5. Lerne, wertschätzend loszulassen und im Guten auseinanderzugehen


In Zei­ten von Social Media und Online-Por­ta­len hat jeder Mit­ar­bei­ter und jede Mit­ar­bei­te­rin ein expo­nen­ti­ell wach­sen­des Netz­werk, das auch für Arbeitgeber:innen von Bedeu­tung ist. Daher ist es umso wich­ti­ger, dass Wert­schät­zung und Offen­heit nicht nur gegen­über poten­zi­el­len und aktu­el­len, son­dern auch ehe­ma­li­gen Mitarbeiter:innen gezeigt wird. Die Zei­ten, in denen Mitarbeiter:innen den ers­ten Job bis zur Ren­te behiel­ten, sind vor­bei. Auf die­se Ver­än­de­rung belei­digt oder mit ver­schlos­se­nen Türen zu reagie­ren, führt zu nichts oder scha­det sogar dem Image des Unter­neh­mens. Die inno­va­tivs­ten Reak­tio­nen auf Kün­di­gun­gen, die Anne in ihrer Kar­rie­re erlebt hat, waren:

  • ein Blu­men-Abo, das auch Mona­te nach dem Aus­tritt noch monat­lich für die groß­ar­ti­ge Arbeit dankt oder
  • eine Post­kar­te als unda­tier­ter Rück­fahr­schein, der herz­lich und krea­tiv die Opti­on einer Rück­kehr ins Unter­neh­men ermög­licht


PS: Hast Du eigent­lich gemerkt, dass wir in die­sem Bei­trag hier vom „Sie“ ins „Du“ über­ge­gan­gen sind? Wie hat sich das beim Lesen ange­fühlt?


Zusam­men­fas­send lässt sich sagen: Sei­en Sie gut zu Ihren Mit­ar­bei­ten­den. Akti­vie­ren Sie sie für Ihre Akti­vi­tä­ten und fin­den Sie Freu­de dar­an, Her­aus­for­de­run­gen gemein­sam anzu­ge­hen. Dann wird gutes Employ­er Bran­ding nicht län­ger ein gefürch­te­tes Buz­zword sein, son­dern eine natür­li­che Kon­se­quenz eines wert­schät­zen­den und kol­la­bo­ra­ti­ven Mit­ein­an­ders.

 

Wer inten­si­ver in die The­men Mit­ar­bei­ten­den­ge­win­nung und ‑bin­dung ein­tau­chen möch­te, kann sich noch für Annes Ver­an­stal­tun­gen „13. Tref­fen Netz­werk Per­so­nal­mar­ke­ting“ (16.10.2024) und „Attrak­ti­ver Arbeit­ge­ber wer­den: Grund­la­gen­se­mi­nar für die Sozi­al­wirt­schaft“ (16. – 17.09.2025) anmel­den.

 

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Text: Der Bei­trag wur­de von Tan­ja Tis­sen, Bil­dungs­re­fe­ren­tin und Dozen­tin an der Pari­tä­ti­schen Aka­de­mie, im Inter­view mit Anne Engel­showe ver­fasst.

Foto: Anne Engel­showe


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