Maga­zin

Zivil­ge­sell­schaft unter Druck – mit Wir­kungs­ori­en­tie­rung die Kri­se meis­tern

Juni 20201| Manage­ment

in Gast­bei­trag von Anne Jeg­lin­ski

Gera­de in Pan­de­mie-Zei­ten hat sich durch ihre Prä­senz und ihre inno­va­ti­ven Ideen wie­der gezeigt, dass freie

gemein­nüt­zi­ge Orga­ni­sa­tio­nen, als Teil der Zivil­ge­sell­schaft, sys­tem­re­le­vant sind und unse­re Gesell­schaft zusam­men­hal­ten. Den­noch wird die Wir­kung ihrer Arbeit gleich­zei­tig auch in Fra­ge gestellt, wenn es um aus­kömm­li­che Finan­zie­rung und um Augen­hö­he bei Ver­hand­lun­gen mit Poli­tik und Ver­wal­tung geht. Errei­chen sie

wirk­lich das bei den Ziel­grup­pen, was sie sich vor­ge­nom­men haben? Sind die Ziel­grup­pen ein­ge­bun­den? Sind die Orga­ni­sa­tio­nen fähig in der Kri­se zu agie­ren?

Dabei neh­men die gesell­schaft­li­chen Her­aus­for­de­run­gen zu. Die gegen­wär­ti­ge Coro­na-Pan­de­mie hat die­se wie durch ein Brenn­glas sicht­bar gemacht. Zivil­ge­sell­schaft­li­che Orga­ni­sa­tio­nen wie Kitas, Pfle­ge­ein­rich­tun­gen, Woh­nungs­lo­sen­hil­fe, Nach­bar­schafts­zen­tren, Jugend­clubs oder Hilfs­diens­te haben seit Beginn der Pan­de­mie ihr Mög­lichs­tes getan, um auch wei­ter­hin für Men­schen da sein zu kön­nen.

Gera­de jetzt müss­te sozia­le Arbeit mehr unter­stützt und finan­ziert wer­den, denn die Fol­gen der Coro­na­kri­se sind

gra­vie­rend. Die Gefahr besteht jedoch, dass es im Hin­blick auf Haus­halts­ver­hand­lun­gen ver­mehrt um finan­zi­el­le

Kür­zun­gen auch im sozia­len Bereich gehen wird.

Augen­hö­he durch wir­kungs­ori­en­tier­tes Arbei­ten erzeu­gen

Wie kön­nen gemein­nüt­zi­ge Orga­ni­sa­tio­nen damit umge­hen? Wie kön­nen wir selbst dazu bei­tra­gen, dass

Dis­kus­sio­nen auf Augen­hö­he geführt wer­den? Wie kön­nen wir von einem Dis­kurs über Ein­spa­run­gen zu einem gemein­sa­men Aus­tausch über gesell­schaft­li­che Her­aus­for­de­run­gen und erwünsch­te Wir­kun­gen von Ange­bo­ten und Vor­ha­ben kom­men?

Der Fokus auf der Wir­kung sozia­ler Arbeit bie­tet enor­me Vor­tei­le für den Dia­log mit rele­van­ten Stake­hol­dern wie Poli­tik, Ver­wal­tung und Geld­ge­bern. Einer­seits kann die Wir­kungs­ori­en­tie­rung als Steue­rungs­hil­fe trans­pa­ren­ter auf­zei­gen, ob beab­sich­tig­te Ver­än­de­run­gen ein­ge­tre­ten sind. Ande­rer­seits ist sie hilf­reich dabei dem Trend zur exter­nen ex-post Eva­lua­ti­on etwas ent­ge­gen­zu­set­zen. Denn was bringt es, Leis­tun­gen auf ihre Wir­kun­gen hin zu über­prü­fen, wenn vor­her nicht wir­kungs­ori­en­tiert kon­zi­piert, geplant, umge­setzt und ana­ly­siert wur­de? Die­ses Wis­sen kann ein­ge­setzt wer­den, um Wir­kungs­dia­lo­ge mit Poli­tik, Ver­wal­tung sowie wei­te­ren Stake­hol­dern anzu­re­gen, ein­zu­for­dern und aktiv mit­zu­ge­stal­ten.

Fokus auf die Wir­kun­gen sozia­ler Arbeit set­zen

Mit­ar­bei­ten­de in gemein­nüt­zi­gen Orga­ni­sa­tio­nen haben oft ein untrüg­li­ches Gespür für die Ziel­grup­pen ihrer

Arbeit und die Wir­kun­gen, die sie erzie­len. Es gelingt aller­dings nicht immer, das für Exter­ne ver­ständ­lich und struk­tu­riert zu ana­ly­sie­ren und zu kom­mu­ni­zie­ren.

Der Pari­tä­ti­sche Wohl­fahrts­ver­band hat sich bereits Ende 2014 auf den Weg gemacht Wir­kungs­ori­en­tie­rung für die Zivil­ge­sell­schaft zugäng­lich zu machen. Seit­dem haben wir von ver­schie­de­nen Akteu­ren im Gebiet der Wir­kungs­ori­en­tie­rung wie z.B. dem gemein­nüt­zi­gen Ana­ly­se- und Bera­tungs­haus Phi­neo gAG und vie­len ande­ren gelernt. Aus­ge­hend von die­sen Erfah­run­gen, hat der Pari­tä­ti­sche Wohl­fahrts­ver­band Ber­lin ein eige­nes Wir­kungs­mo­dell erstellt, erprobt und für sozia­le Orga­ni­sa­tio­nen nutz­bar gemacht. Es basiert auf bestehen­den Model­len, kom­bi­niert, ergänzt und ent­wi­ckelt die­se wei­ter.

Wozu wur­de das Wir­kungs­mo­dell ent­wi­ckelt?

Zivil­ge­sell­schaft­li­che Orga­ni­sa­tio­nen sind Seis­mo­gra­fen der Gesell­schaft und müs­sen als Kri­sen-Bewäl­ti­ge­rin­nen sozi­al-inno­va­tiv den­ken und han­deln. Dafür brau­chen sie Werk­zeu­ge und Metho­den. Dabei kann die Wir­kungs­ori­en­tie­rung und das Wir­kungs­mo­dell des Pari­tä­ti­schen Wohl­fahrts­ver­ban­des Ber­lin unter­stüt­zen. Wir­kungs­ori­en­tiert Vor­ha­ben zu kon­zi­pie­ren, zu pla­nen, durch­zu­füh­ren, zu ana­ly­sie­ren und dar­über zu berich­ten sehen wir als Schlüs­sel zu mehr Augen­hö­he mit Poli­tik, Ver­wal­tung, Geld­ge­bern und ande­ren rele­van­ten Akteu­ren.

Ange­mes­sen dar­stel­len zu kön­nen, wozu sozia­le Orga­ni­sa­tio­nen ihre Leis­tun­gen bzw. Akti­vi­tä­ten durch­füh­ren, auf wel­cher Grund­la­ge sie die­se kon­zi­piert haben und wel­che Ergeb­nis­se und Wir­kun­gen sie auf Ebe­ne der Ziel­grup­pen damit erreicht haben, ermög­licht ihnen, kon­kret und struk­tu­riert zu berich­ten.


Wir­kungs­ori­en­tie­rung als Hal­tung beför­dert das pro­zess­ori­en­tier­te ite­ra­ti­ve Arbei­ten. Das Wir­kungs­mo­dell des Pari­tä­ti­schen Wohl­fahrt­ver­ban­des ermög­licht es gemein­nüt­zi­gen und gemein­wohl­ori­en­tier­ten Orga­ni­sa­tio­nen Wir­kungs­ori­en­tie­rung in die Denk­wei­se von Mit­ar­bei­ten­den ein­flie­ßen zu las­sen.

Wie funk­tio­niert das Wir­kungs­mo­dell?

Das Wir­kungs­mo­dell ist eine ver­ein­fach­te Dar­stel­lung davon, wozu und wie Wir­kun­gen bei Ziel­grup­pen bzw. dar­über hin­aus in Bezug auf die Gesell­schaft erzielt wer­den. Es erleich­tert die Pla­nung und Ana­ly­se von Ergeb­nis­sen und Wir­kun­gen, indem vor Beginn der Umset­zungs­pha­se Annah­men über Zusam­men­hän­ge zwi­schen den

Inter­ven­tio­nen und den dar­aus fol­gen­den Wir­kun­gen getä­tigt wer­den.


Wir­kungs­zu­sam­men­hän­ge wer­den nach Zie­len, Inhal­ten und Metho­den hypo­the­tisch ent­wor­fen. Es ent­steht die spe­zi­fi­sche Wir­kungs­lo­gik für das Vor­ha­ben. Die Wir­kungs­zie­le glie­dern sich in Wir­kun­gen in Bezug auf die

gesell­schaft­li­che Ebe­ne (Impact) und Wir­kun­gen auf Ebe­ne der Zielgruppe(n) (Out­co­mes). Die ange­dach­ten Leis­tun­gen bzw. Akti­vi­tä­ten (Out­puts) die­nen dazu, die Zielgruppe(n) zu errei­chen, um Wir­kun­gen auf der Ebe­ne der Zielgruppe(n) zu ermög­li­chen. Die Umset­zung der Leis­tun­gen bzw. Akti­vi­tä­ten ist also essen­zi­ell, um über­haupt Wir­kung erzeu­gen zu kön­nen.


Wir­kungs­ori­en­tiert zu arbei­ten bedeu­tet, Vor­ha­ben von der Wir­kung her zu pla­nen. Es geht dar­um eine Rück­kopp­lung zu der gesell­schaft­li­chen Her­aus­for­de­rung ein­zu­bau­en und die Rah­men­beding­ungen immer wie­der zu über­prü­fen. Es geht auch um die Ein­be­zie­hung und Par­ti­zi­pa­ti­on der Nut­ze­rin­nen und Nut­zer (Ziel­grup­pen)

der Ange­bo­te, näm­lich dar­um, die Res­sour­cen die­ser Men­schen zu erken­nen, ein­zu­be­zie­hen und sich das Feed­back die­ser adres­sier­ten Ziel­grup­pen ein­zu­ho­len.

Her­aus­for­de­run­gen der Wir­kungs­ori­en­tie­rung in der sozia­len Arbeit

Selbst­ver­ständ­lich fin­det sozia­le Arbeit unter Bedin­gun­gen statt, die von wach­sen­der Kom­ple­xi­tät geprägt sind. Wir­kungs­mo­del­le sind eine Reduk­ti­on der Wirk­lich­keit. Wenn wir Wir­kun­gen ana­ly­sie­ren machen wir Aus­sa­gen über Ursa­che-Wir­kungs-Bezie­hun­gen. Kei­ne Metho­dik bil­det alle Ebe­nen sozia­ler Wir­kung ab. Wir kön­nen aber Annä­he­run­gen zwi­schen Tätig­keit und Wir­kung tref­fen. Nach­hal­ti­ge­re Wir­kun­gen sind sicher schwe­rer nach­zu­wei­sen, als Wir­kun­gen auf Ebe­ne der Ziel­grup­pen, die wir befra­gen kön­nen. Das Wir­kungs-Modell des Pari­tä­ti­schen Wohl­fahrts­ver­ban­des Ber­lin ist aus der Pra­xis her­aus ent­stan­den. Es wur­de ent­wi­ckelt, um in der Pra­xis Men­schen und Orga­ni­sa­tio­nen der sozia­len Arbeit zu die­nen.


Wir wol­len Mut machen wir­kungs­ori­en­tiert zu arbei­ten, denn über die Beschrei­bung der inten­dier­ten Wir­kun­gen, die For­mu­lie­rung von Wir­kungs­zie­len und Wir­kungs­hy­po­the­sen kön­nen wir Aus­sa­gen über den Zusam­men­hang zwi­schen Leis­tun­gen und vor­ab ver­mu­te­ter Wir­kung tref­fen. Selbst wenn wir uns nur annä­hern, sind das doch wich­ti­ge Hin­wei­se für sozia­le Orga­ni­sa­tio­nen und deren Stake­hol­der.

Wir­kungs­ori­en­tie­rung anwen­den ler­nen

Wer ler­nen möch­te wir­kungs­ori­en­tiert zu arbei­ten, fin­det dazu Kur­se an der Pari­tä­ti­schen Aka­de­mie. Inner­halb des Inno­va­ti­ons­fo­rums gibt es sowohl Ein­stei­ger­kur­se, also auch den Zer­ti­fi­kats­kurs Wir­kungs­ori­en­tie­rung.


Gemein­nüt­zi­ge Orga­ni­sa­ti­on, Insti­tu­tio­nen und Ver­bän­de, die sich außer­dem als Gan­zes auf den Weg machen möch­ten und mit dem Ansatz der Wir­kungs­ori­en­tie­rung Ver­än­de­rungs­pro­zes­se ansto­ßen möch­ten, bera­ten wir selbst­ver­ständ­lich auch indi­vi­du­ell für maß­ge­schnei­der­te Inhouse-Ange­bo­te oder beglei­ten­de Coa­chings.


Zivil­ge­sell­schaft­li­che Orga­ni­sa­tio­nen sind die Basis auf der unse­re Demo­kra­tie steht. Sie ste­hen für gesell­schaft­li­chen Zusam­men­halt, für Soli­da­ri­tät und für Mensch­lich­keit. Die Leis­tun­gen, die sie erbrin­gen und die

Wir­kun­gen, die sie mit ihrer Arbeit erzie­len gilt es noch viel deut­li­cher sicht­bar zu machen. Denn sie wir­ken.

Zur Autorin:

Anne Jeg­lin­ski ist Lei­te­rin der Geschäfts­stel­le Bezir­ke, Inno­va­ti­on und Wir­kung beim Pari­tä­ti­scher Wohl­fahrts­ver­band Ber­lin

Wir­kungs­ma­nage­ment

Zer­ti­fi­kats­kurs

Ein­füh­rung in die Wir­kungs­ori­en­tie­rung

Semi­nar

Wir­kungs­ori­en­tie­rung Pra­xis­tag: Fall­bei­spiel und Übun­gen

Semi­nar

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen und indi­vi­du­el­le Bera­tung zu Inhouse Ange­bo­ten und

beglei­ten­dem Coa­ching


Annet­te Loy

Bereichs­lei­tung Semi­na­re

Pari­tä­ti­sche Aka­de­mie Ber­lin

loy@akademie.org

030 275 8282 15

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