Maga­zin

Febru­ar 2021 | Manage­ment

Unser Dozent Marek Kör­ner im Inter­view

In unse­rem Mas­ter­lehr­gang Manage­ment von Sozi­al­ein­rich­tun­gen – Schwer­punkt Kin­der- und Jugend­ein­rich­tun­gen wer­den Fähig­kei­ten ver­mit­telt, sozia­le Ein­rich­tun­gen auf der Basis recht­li­cher, betriebs­wirt­schaft­li­cher und in der Pra­xis bewähr­ter Manage­ment­kennt­nis­se zu füh­ren und zu lei­ten. Mit wis­sen­schaft­li­cher Her­an­ge­hens­wei­se ent­wi­ckeln die Stu­die­ren­den ein Ver­ständ­nis für Orga­ni­sa­ti­ons­struk­tu­ren in kom­ple­xen gesell­schaft­li­chen und poli­ti­schen Zusam­men­hän­gen. Das pra­xis­ori­en­tier­te Stu­di­um ist so kon­zi­piert, dass durch die Bear­bei­tung rea­ler und aktu­el­ler Pro­blem­stel­lun­gen das Gelern­te sofort im Berufs­all­tag anwend­bar ist. In den Stu­di­en­gän­gen leh­ren neben Professor:innen und Lehr­be­auf­trag­ten auch Praktiker:innen aus der Sozi­al­wirt­schaft. Seit 6 Jah­ren gehört auch Marek Kör­ner zu unse­ren Dozie­ren­den.

Im Inter­view mit Vio­la Stritt­mat­ter spricht er über sei­ne Moti­va­ti­on, in die­sem Stu­di­en­gang zu leh­ren und über die Beson­der­hei­ten des Stu­di­en­an­ge­bots.

Wo und in wel­cher Posi­ti­on arbei­ten Sie der­zeit?

Ich arbei­te Bei FRÖ­BEL Bil­dung und Erzie­hung gGmbH als Pro­ku­rist, Bereichs­lei­ter West, sowie als Geschäfts­lei­ter der Regi­on Köln-Berg. FRÖ­BEL Bil­dung und Erzie­hung gGmbH ist im Bereich der Kin­der­ta­ges­ein­rich­tun­gen mit knapp 17.000 betreu­ten Kin­dern und ca. 4.000 Mitarbeiter:innen Deutsch­lands größ­ter Frei­er Trä­ger.

Was ist Ihre Moti­va­ti­on als Dozent in die­sem Stu­di­en­gang tätig zu sein? Was führ­te sie zu uns?

Durch mei­ne lang­jäh­ri­ge Beschäf­ti­gung beim Pari­tä­ti­schen Hes­sen als Refe­rent für Sozia­le Arbeit war mir die Pari­tä­ti­sche Aka­de­mie als Fort- und Wei­ter­bil­dungs­stät­te natür­lich umfas­send bekannt und geschätzt. Die Ver­bin­dung und auch Gren­zen von wis­sen­schaft­li­cher Theo­rie und Leh­re sowie deren Ent­spre­chung und Umset­zung in die Pra­xis Sozia­ler Arbeit sind span­nend und her­aus­for­dernd.

Was leh­ren Sie im Stu­di­en­gang und war­um ist die­ses The­ma für die Qua­li­fi­zie­rung von (zukünf­ti­gen) Füh­rungs­kräf­ten in Ein­rich­tun­gen der Kin­der- und Jugend­hil­fe so wich­tig?

Mei­ne Leh­re befasst sich mit den Rah­men­beding­ungen und Grund­sät­zen der Finan­zie­rung in der Kin­der- und Jugend­hil­fe, sowie der Theo­rie und Pra­xis der Sozi­al­raum­ori­en­tie­rung. Die Befas­sung mit den indi­vi­du­el­len, aber auch sozi­al­räum­li­chen Bedürf­nis­sen und Bedar­fen der betrof­fe­nen Men­schen, deren sozi­al­recht­li­che Inter­pre­ta­ti­on und gesetz­li­che Ein­ord­nung, ist eine bedeu­ten­de Grund­la­ge der Sozia­len Arbeit und des Sozi­al­staats­prin­zips. Füh­rungs­kräf­te haben u.a. die Auf­ga­be die­sen Anspruch in stra­te­gi­sches, wirt­schaft­li­ches und finan­zi­el­les Han­deln für ihre sozia­le Insti­tu­ti­on umzu­set­zen. Die gelun­ge­ne Aus­hand­lung von Koope­ra­tio­nen, Ver­trä­gen und Ver­ein­ba­run­gen stellt dabei eine wich­ti­ge Basis des Erfol­ges und letzt­lich der guten Wir­kung für die Betrof­fe­nen dar.

Was ist aus ihrer Sicht das Beson­de­re an dem Stu­di­en­gang?

Ein­deu­tig die Teilnehmer:innen! Sie kom­men aus den unter­schied­li­chen Fel­dern der Sozia­len Arbeit, brin­gen ihre bereits gemach­ten per­sön­li­chen und fach­li­chen Erfah­run­gen, Kennt­nis­se, aber natür­lich auch Fra­gen und kri­ti­schen Aspek­te direkt ein und tra­gen dazu bei, eine beson­de­re Atmo­sphä­re des Dia­lo­ges, Nach­den­kens und Ler­nens zu gestal­ten.

Haben Sie von den Stu­die­ren­den etwas gelernt und wenn ja, was?

Sozia­le Arbeit – über­haupt die Arbeit mit Men­schen – lebt vom Dis­kurs und vom Betrach­tungs­stand­punkt. Ich habe mit den Stu­die­ren­den gelernt, Din­ge aus ihren ver­schie­de­nen fach­li­chen Per­spek­ti­ven zu betrach­ten und dabei ande­re Her­an­ge­hens­wei­sen und Lösun­gen zu sehen.

Vie­len Dank für das Gespräch!

Foto: © Bet­ti­na Straub

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Maga­zin

Okto­ber 2020 | Füh­rung

Die Para­do­xie in Ver­än­de­rungs­pro­zes­sen

Ein Gast­bei­trag unse­rer Dozen­tin Mari­on Schenk

Orga­ni­sa­tio­nen aktiv zu ver­än­dern – ist das nicht eigent­lich eine Illu­si­on? Die­se Fra­ge stellt sich, wenn man ein sys­te­mi­sches Ver­ständ­nis von Orga­ni­sa­tio­nen hat und Selbst­steue­rung als grund­le­gen­de Pro­zes­se akzep­tiert. Den­noch ste­hen die spe­zi­el­len Anfor­de­run­gen, die an Füh­rungs­kräf­te als Gestal­ten­de im Sys­tem gestellt wer­den, immer wie­der im Fokus.

Wer lei­tet den Wan­del in Orga­ni­sa­tio­nen ein bzw. unter­stützt ihn? Kann das über­haupt eine (Füh­rungs-) Per­son sein? Niklas Luh­mann sagt dazu, dass Ent­schei­dun­gen in Orga­ni­sa­tio­nen immer Per­so­nen zuge­schrie­ben wer­den müssen[1]. Das ent­spricht dem all­ge­mei­nen Ver­ständ­nis von Füh­rung und Ent­schei­dungs­fin­dung im Arbeits­le­ben. Ver­mut­lich, weil die Vor­stel­lung, dass sich Orga­ni­sa­tio­nen über Ent­schei­dun­gen repro­du­zie­ren, die Ent­schei­dungs­prä­mis­sen in Sys­te­men zen­tral sind und das unab­hän­gig von Per­so­nen, noch immer stark irri­tiert. Des­halb brau­chen wir die Idee der wirk­mäch­ti­gen Füh­rung. Die Fra­ge, was sie bewirkt und wie sie das macht, ist damit aber noch nicht beant­wor­tet.

Füh­rungs­theo­rien und ‑prak­ti­ken beschäf­ti­gen uns beson­ders, wenn wir uns mit Wan­del und Orga­ni­sa­ti­ons­ver­än­de­rung aus­ein­an­der­set­zen. Wie muss Füh­rung erschei­nen, um die Pro­zes­se der Selbst­steue­rung hilf­reich zu unter­stüt­zen oder die Men­schen mit­zu­neh­men und dabei für ein ange­mes­se­ne Ver­hält­nis an Beweg­lich­keit und Robust­heit in der Orga­ni­sa­ti­on zu sor­gen?

Drei Kon­zep­te der Füh­rung schei­nen da inter­es­sant zu sein: zum einen die Idee der post­he­roi­schen Füh­rung, wie sie Dirk Bae­cker [2] beschreibt zum ande­ren das Kon­zept der late­ra­len Führung[3]. Ein drit­ter Ansatz ist das stark an die Per­sön­lich­keit der Füh­ren­den gebun­de­ne Kon­strukt der trans­for­ma­tio­na­len Füh­rungs­kul­tur, das in der Pra­xis der­zeit regen Zuspruch fin­det.

Wir beleuch­ten hier die Aspek­te der Kon­zep­te, die in Ver­än­de­rungs­pro­zes­sen hilf­reich sein kön­nen. Wel­che Ansät­ze kön­nen Selbst­steue­rungs­pro­zes­se unter­stüt­zen und zugleich Wider­stän­de mini­mie­ren? Wir gehen davon aus, dass bei Berück­sich­ti­gung die­ser bei­den The­men durch Füh­rung die Chan­cen für eine erfolg­rei­che Ver­än­de­rung in Orga­ni­sa­tio­nen erhöht wird.

[1] Niklas Luh­mann 2011

[2] Dirk Bae­cker 2015

[3] Ste­fan Kühl 2016

Post­he­roi­sche Füh­rung vs. Heroi­sche Füh­rung

Füh­rung bedeu­tet Ver­ant­wor­tungs­über­nah­me für die Selbst­steue­rung des Sys­tems. Die­se Para­do­xie besagt, dass Sys­te­me eine eige­ne Logik haben, sich selbst steu­ern und Füh­rung kei­nen tri­vi­al kau­sa­len Ein­fluss auf das Orga­ni­sa­ti­ons­ge­sche­hen hat. Den­noch ist es nicht irrele­vant, wer führt und wie er oder sie es tut.

Bae­cker grenzt die heroi­sche Füh­rung als eine eher his­to­ri­sche von der heu­te zeit­ge­mä­ße­ren post­he­roi­schen Füh­rung ab.

Heroi­sche Füh­rung hat­te ein kla­res Ziel oder eine Idee vor Augen, star­te­te einen Angriff mit Sieg oder Unter­gang und kann­te nur einen Hel­den. „Unter­wirf die Welt – oder ver­schwin­de für immer“. Schei­tern hat­te, im Auge des Hero­en, sei­ne Ursa­che meist in der igno­ran­ten Umwelt. Die­se Form der Füh­rung spart sich die Mühe, immer wie­der einen Abgleich zwi­schen der Orga­ni­sa­ti­on und der Umwelt zu machen. Sie fragt nicht danach, wie sich die Welt ver­än­dert und momen­tan zeigt. Sie hat nur ihre eine Wirk­lich­keit.

Das Modell passt nicht mehr so rich­tig in unse­re heu­ti­ge, kom­plex orga­ni­sier­te Gesell­schaft.

Post­he­roi­sche Füh­rung erobert die Welt nicht, son­dern steht mit ihr in Bezie­hung und Wech­sel­wir­kung, sie bin­det ein, sie infor­miert und fragt nach. Inter­ven­tio­nen sind nicht ein­di­men­sio­nal, son­dern wer­den in ihren oft wider­sprüch­li­chen Aus­wir­kun­gen betrach­tet.

Die Pro­blem­lö­se­kom­pe­tenz liegt in der Orga­ni­sa­ti­on bei allen und nicht nur an der Spit­ze der Hier­ar­chie. Man wägt ab, unter wel­chen Bedin­gun­gen man gute Erfah­run­gen gemacht hat, ver­gleicht Umwelt und inter­ne Pro­zes­se und trifft häu­fig vor­läu­fi­ge Ent­schei­dun­gen. Ein Vor­ge­hen, das in Ver­än­de­rungs­pro­zes­sen meist die Zustim­mung der Geführ­ten fin­det. Denn jed­we­de Ver­än­de­rung führt bei einer gro­ßen Zahl der Mit­ar­bei­ten­den dazu, dass sie ihre Rol­le anpas­sen und sich neu ver­or­ten müs­sen. Das fra­gi­le Gleich­ge­wicht zwi­schen Macht und Ein­fluss sowie Ohn­macht und der eige­nen Bedeut­sam­keit gerät bei allen in Bewe­gung. Das ist für vie­le Orga­ni­sa­ti­ons­mit­glie­der ein – wenn auch nicht offen genann­ter – Grund, sich Ver­än­de­run­gen zu wider­set­zen.

Late­ra­le Füh­rung

Das Kon­zept der late­ra­len Füh­rung trägt den Erfah­run­gen Rech­nung, dass sich jen­seits hier­ar­chi­scher Struk­tu­ren in Unter­neh­men auch viel­fach „zur Sei­te gerich­te­te“ Füh­rungs­pro­zes­se beob­ach­ten las­sen, fern­ab der klas­si­schen Hier­ar­chie. Die­se mit zu berück­sich­ti­gen und gege­be­nen­falls zu nut­zen kann in beweg­ten Zei­ten sinn­voll sein. Late­ra­le Füh­rung zieht sich nicht auf rein hier­ar­chi­sche Pro­zes­se zurück, son­dern sucht Pro­zes­se der Ver­stän­di­gung anzu­re­gen und zu leben, um gemein­schaft­li­che Sicht­wei­sen zu ent­wi­ckeln oder unter­schied­li­che Posi­tio­nen zu ver­ste­hen.

Ste­fan Kühl [1] sieht wich­ti­ge Fähig­kei­ten von Füh­rung in sich ver­än­dern­den Umwel­ten dar­in, Kon­tin­genz mög­lichst lan­ge zu erhal­ten. Das bedeu­tet, Mög­lich­kei­ten zu erhal­ten und Din­ge nicht zu schnell ein- oder aus­zu­gren­zen.

In der Pra­xis heißt das, Ver­än­de­run­gen und neue Struk­tu­ren zunächst als Erpro­bungs­pha­se zu dekla­rie­ren, das heißt die Vor­läu­fig­keit zu beto­nen. Das min­dert Wider­stand und es wird nicht alles zer­re­det, da nicht alle Alter­na­ti­ven sofort betrau­ert und beer­digt wer­den müs­sen.

Jede ech­te Ver­än­de­rung ist immer nur EINE Ent­schei­dung unter Unsi­cher­heit. Nie­mand weiß mit hun­dert­pro­zen­ti­ger Sicher­heit, was „das Bes­te“ ist. Offen­heit zu behal­ten und die Mög­lich­keit zur Kor­rek­tur mit­zu­den­ken, bedeu­tet nicht Füh­rungs­schwä­che, son­dern ist ein Kenn­zei­chen kom­pe­ten­ter late­ra­ler und/oder post­he­roi­scher Füh­rung. Gemein­sa­mes Erkun­den, im Gegen­satz zum schnel­len Ver­kün­den, ermög­licht es, Zukunft lan­ge kon­struk­tiv unbe­stimmt zu hal­ten ohne dabei unnö­ti­ge Unsi­cher­heit zu erzeu­gen.

Wo die land­läu­fi­ge heroi­sche Anmu­tung von Füh­rung schon lan­ge ent­schie­den und ent­schlos­sen auf­ge­tre­ten wäre, um Sicher­heit zu sug­ge­rie­ren, erhält die late­ra­le Füh­rung ihr „Signum der Vor­läu­fig­keit“ [2]. Für sie ist das Kunst, Kom­pe­tenz und Qua­li­täts­merk­mal von Füh­rung im Ver­än­de­rungs­pro­zess.

Der „dosier­te Glau­be an Hel­den“ (Bae­cker) scheint zwar punk­tu­ell wich­tig zu sein, um kurz­fris­tig Begeis­te­rung zu erwe­cken und eini­ge Mit­strei­ten­de zu fin­den. Die­se „Fall­wei­se vor­kom­men­den Hero­is­men“, die Bae­cker als Opi­um fürs Volk bezeich­net, ste­hen aber nur schein­bar im Wider­spruch zur post­he­roi­schen und late­ra­len Füh­rung.

Klu­ge, fle­xi­ble Füh­rung weiß, wann es auf die post­he­roi­sche kom­ple­xe Intel­li­genz ankommt und wann man hero­isch erschei­nen muss, um zum Bei­spiel Ent­schei­dun­gen sicht­bar zu tref­fen, bzw. wir­kungs­voll zu kom­mu­ni­zie­ren. Eben­so weiß sie das Zusam­men­spiel von Macht, Ver­trau­en und Ver­ständ­nis zu gestal­ten. Dem Mecha­nis­mus, der nach Kühl die Stär­ke late­ra­ler Füh­rung aus­macht.

In sich ver­än­dern­den Kon­stel­la­tio­nen und Struk­tu­ren müs­sen sich alle Betei­lig­ten die Fra­ge stel­len: Was heißt die Ver­än­de­rung für mich? Wem kann und will ich ver­trau­en? Wie viel Macht habe ich noch? Hat jemand Macht über mich? In wel­che Ver­stän­di­gungs- bezie­hungs­wei­se Kom­mu­ni­ka­ti­ons­pro­zes­se wer­de ich ein­be­zo­gen? Die Bewer­tung die­ser Fra­gen ent­schei­det mit dar­über, wer zum Wider­ständ­ler und wer zum Unter­stüt­zer der Ver­än­de­rung wird.

Das führt uns dann wie­der zur Idee der Vor­läu­fig­keit. Kann Füh­rung ver­mit­teln, dass nicht alles in Stein gemei­ßelt und für die Ewig­keit ist, fällt es leich­ter, sich die­sen The­men mit weni­ger Ver­bis­sen­heit, Stress und Wider­stand zu wid­men. Es ent­steht wie­der Lust, sich an die­sem Spiel kon­struk­tiv zu betei­li­gen.

[1] Kühl 2016

[2] Kühl 2016

Trans­for­ma­tio­na­le Füh­rungs­kul­tur

Ein drit­tes Modell – viel­leicht auch ein Mythos – ist die trans­for­ma­tio­na­le Füh­rungs­kul­tur. Sie beinhal­tet sowohl die Idee des Cha­ris­mas, wie sie auch bei den Hel­den zu fin­den ist, als auch das Prin­zip der indi­vi­du­el­len För­de­rung und Nut­zung der Bei­trä­ge aller an der Orga­ni­sa­ti­on Betei­lig­ten. Die Bezie­hun­gen der Füh­rungs­kraft zu den Mit­ar­bei­ten­den steht im Mit­tel­punkt.

Dyna­mik in Orga­ni­sa­ti­on kann ich als Füh­rung nur nut­zen, wenn ich als Per­son mit ande­ren Per­so­nen in Bezie­hung tre­ten kann. Das Ver­ständ­nis für die Motiv­la­gen und Beson­der­hei­ten der Mit­ar­bei­ten­den wird eine wesent­li­che Kom­pe­tenz der Füh­rungs­kraft.

Luh­mann sagt dazu auch: „Kein Mensch han­delt ohne selbst dabei zu sein, er bringt sich selbst, sei­ne Per­sön­lich­keit, mit an die Arbeits­stel­le. Die Orga­ni­sa­ti­on for­dert ihm jedoch nur spe­zi­fi­sche Leis­tun­gen ab. Sei­ne Gefüh­le und sei­ne Selbst­dar­stel­lungs­in­ter­es­sen wer­den dabei kaum bean­sprucht. Sie lun­gern wäh­rend der Arbeit funk­ti­ons­los her­um und stif­ten Scha­den, wenn sie nicht unter Kon­trol­le gehal­ten wer­den.“ [1]

Die Basis­ele­men­te einer trans­for­ma­tio­na­len Füh­rungs­kul­tur sind die soge­nann­ten vier I´s. Inspi­ra­ti­on, indi­vi­du­el­le Behand­lung, intel­lek­tu­el­le Sti­mu­lie­rung der Mit­ar­bei­ten­den und die als Modell wir­ken­de Per­sön­lich­keit der Füh­rung (idea­li­zed per­so­na­li­ty).

Dies beinhal­tet, Mitarbeiter*innen zu inspi­rie­ren und zu moti­vie­ren, sie nach ihren Fähig­kei­ten und Bedürf­nis­sen indi­vi­du­ell zu füh­ren, alte Denk­mus­ter auf­zu­bre­chen und zu sti­mu­lie­ren, sowie als inte­gres Modell Enthu­si­as­mus zu ver­mit­teln und als Iden­ti­fi­ka­ti­ons­fi­gur zur Ver­fü­gung zu ste­hen. Hier fin­den sich vie­le Ele­men­te aus late­ra­ler Füh­rung und post­he­roi­schem Manage­ment wie­der, eben­so wie das zu Beginn for­mu­lier­te Prin­zip der Ver­ant­wor­tungs­über­nah­me für die Selbst­steue­rung des Sys­tems.

Zugleich erscheint das Kon­zept jedoch in einem per­so­ni­fi­zier­tem Gewand. Man spricht zwar von trans­for­ma­tio­na­ler Füh­rungs­kul­tur, denkt dabei aber meist an Per­sön­lich­kei­ten, die die­se bei­spiel­haft ver­kör­pern. Es lau­ert die Gefahr, dass sie wie­der als hel­den­haf­te Licht­ge­stal­ten fun­gie­ren, zumal die Anfor­de­rung an das, was die Füh­rungs­kraft hier­bei zu leis­ten hat, immens sind.

Nicht mehr Hel­den­tum im Sin­ne der Hero­en, son­dern „gran­di­os cha­ris­ma­ti­sche und all­um­fas­sen­de Per­sön­lich­kei­ten“, die Mit­ar­bei­ten­de för­dern, tre­ten als neue Bil­der auf.

Oft müs­sen wir uns ein­ge­ste­hen, in schnell­le­bi­gen und unbe­re­chen­ba­ren Zei­ten als Ein­zel­per­so­nen nur gerin­ge Ein­fluss­mög­lich­kei­ten zu haben. Die Para­do­xie von Füh­rung besteht hier dar­in, mit trans­for­ma­tio­na­ler Hal­tung und als Per­sön­lich­keit mit Cha­ris­ma trotz „struk­tu­rel­ler Ohn­macht“ zu wirken.Gleichzeitig stärkt die­se unbe­que­me Erfah­rung den Mythos um Per­so­nen, die schein­bar einen Unter­schied im Sys­tem machen kön­nen.

Gemein­sam ist allen drei Kon­zep­ten, dass die Mit­ar­bei­ten­den eine wich­ti­ge Rol­le bei der Gestal­tung von Orga­ni­sa­ti­on und Ver­än­de­rungs­pro­zes­sen spie­len und nicht eine ein­zi­ge Per­son die Unter­neh­mens­ge­schi­cke lenkt. Das Zusam­men­spiel vie­ler trägt dazu bei, die Orga­ni­sa­ti­on je nach Bedarf zu ver­än­dern, zu sta­bi­li­sie­ren oder zu ent­wi­ckeln. Eine Idee, die der Selbst­steue­rung und der Vor­stel­lung von Orga­ni­sa­ti­on als Spiel mit Spiel­re­geln und Mus­tern schon viel näher kommt.Führung kann in ihren eher indi­rek­ten For­men dazu einen guten Bei­trag leis­ten und so die Para­do­xie der Wir­kung im Kon­text von Selbst­steue­rung auf­recht erhal­ten.

Denn wir brau­chen im Luh­mann­schen Sin­ne eben die Per­so­nen, denen wir Ent­schei­dun­gen zurech­nen kön­nen!

[1] Niklas Luh­mann: 2016

Zur Autorin: Mari­on Schenk, Dipl. Psych. Dipl. Kffr. arbei­tet in Ber­lin als selbst­stän­di­ge Orga­ni­sa­ti­ons­be­ra­te­rin und ist Gesell­schaf­te­rin des SIFB, Sys­te­mi­sches Insti­tut für Füh­rung und Bera­tung.

www.marionschenk.com

www.sifb.de

Lite­ra­tur zum Wei­ter­le­sen:

Dirk Bae­cker: Post­he­roi­sche Füh­rung: Vom Rech­nen mit Kom­ple­xi­tät. (essentials)Taschenbuch 2015

Ste­fan Kühl: Late­ra­les Füh­ren: Eine kur­ze orga­ni­sa­ti­ons­theo­re­tisch infor­mier­te Hand­rei­chung. Taschen­buch 2016

Niklas Luh­mann: Der neue Chef. Gebun­de­ne Aus­ga­be 2016 neu her­aus­ge­ge­ben von Jür­gen Kau­be.

Niklas Luh­mann: Orga­ni­sa­ti­on und Ent­schei­dung (Rhei­nisch-West­fä­li­sche Aka­de­mie der Wis­sen­schaf­ten) Gebun­de­ne Aus­ga­be 2011

Foto: © Micha­el Jung­blut / michaeljungblut.com

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Okto­ber 2020 | Kita

Pres­se­mit­tei­lung des Ber­li­ner Bünd­nis für Qua­li­tät im Ganz­tag:

Mehr als 100.000 Ber­li­ner Grund­schul­kin­der neh­men ein Ganz­tags­an­ge­bot in Anspruch. Das begrü­ßen wir außer­or­dent­lich, denn gute Ganz­tags­an­ge­bo­te beför­dern erfolg­rei­che Bil­dungs­pro­zes­se.

Weni­ger erfreu­lich sind die Rah­men­beding­ungen für die Ganz­tags­an­ge­bo­te in Ber­lin: Der Zugang über einen Bedarfs­be­scheid schließt gera­de die Kin­der aus, die von ganz­tä­gi­ger Bil­dung beson­ders pro­fi­tie­ren kön­nen. Der unzu­rei­chen­de Per­so­nal­schlüs­sel lässt aus För­de­rung und Betreu­ung oft­mals Auf­be­wah­rung und Beauf­sich­ti­gung wer­den. Und vie­le Schu­len sind räum­lich wenig geeig­net, Kin­dern ein guter Ort für den gan­zen Tag zu sein.

Vor die­sem Hin­ter­grund setzt sich das Ber­li­ner Bünd­nis Qua­li­tät im Ganz­tag für ver­bes­ser­te Rah­men­beding­ungen für die Ber­li­ner Ganz­tags­grund­schu­len ein, die die Per­spek­ti­ven von Grund­schul­kin­dern, Päd­ago­gin­nen und Päd­ago­gen, Eltern und Trä­gern berück­sich­ti­gen.

Wir haben fol­gen­de Kern­for­de­run­gen auf­ge­stellt:

• Frei­er Zugang für alle Kin­der bis 16 Uhr – unab­hän­gig von der Erwerbs­si­tua­ti­on ihrer Eltern

• Mehr Per­so­nal für einen bes­se­ren Betreu­ungs­schlüs­sel und eine bes­se­re Lei­tungs­aus­stat­tung

• Aus­rei­chend Platz in den Schu­len für viel­fäl­ti­ge Ganz­tags­an­ge­bo­te

Erfreut haben wir zur Kennt­nis genom­men, dass eini­ge unse­rer For­de­run­gen Wider­hall im Koali­ti­ons­ver­trag fan­den. Ent­täuscht stel­len wir jetzt fest, dass sich nichts von die­sen Vor­ha­ben im Haus­halts­ent­wurf 2018/19 wie­der­fin­det.

Wir for­dern des­halb die Abge­ord­ne­ten, die gera­de über den Dop­pel­haus­halt bera­ten, auf: Las­sen Sie den Wor­ten im Koali­ti­ons­ver­trag Taten fol­gen. Sor­gen Sie dafür, dass in 2018 / 2019 mit den Qua­li­täts­ver­bes­se­run­gen für die Ganz­tags­be­treu­ung begon­nen wird.

Das Ber­li­ner Bünd­nis „Qua­li­tät im Ganz­tag“ hat für die Umset­zung der Koali­ti­ons­vor­ha­ben kon­kre­te Vor­schlä­ge gemacht und Kos­ten­be­rech­nun­gen vor­ge­legt.

„Ganz­tags­an­ge­bo­te müs­sen allen Kin­dern offen­ste­hen. Das Recht auf Bil­dung darf nicht von der Erwerbs­si­tua­ti­on der Eltern abhän­gen.“

Roland Kern, Dach­ver­band Ber­li­ner Kin­der- und Schü­ler­lä­den – DaKS

„Nach Aus­sa­gen von Staats­se­kre­tär Rack­les im Bil­dungs­aus­schuss März 2016 kos­tet die Abschaf­fung der Bedarfs­prü­fung ´kei­nen rie­si­gen Mil­lio­nen­be­trag‘. Damit muss eine Abschaf­fung sofort umge­setzt wer­den“.

Elvi­ra Krie­bel, Pari­tä­ti­scher Wohl­fahrts­ver­band LV Ber­lin e.V.

„Unum­gäng­lich sind Inves­ti­tio­nen in die struk­tu­rel­len Rah­men­beding­ungen und die päd­ago­gi­sche Wei­ter­ent­wick­lung der Ganz­tags­schu­le – für unse­re Kin­der und für gute Arbeits­be­din­gun­gen der Erzie­he­rin­nen und Erzie­her“.

Doreen Sie­ber­nik, GEW BER­LIN

Mehr unter: www.qualitaet-im-ganztag.de l Kon­takt über: Pari­tä­ti­sche Wohl­fahrts­ver­band Ber­lin, Elvi­ra Krie­bel, Tel. 030 86001–166, kriebel@paritaet-berlin.de

GEW BER­LIN, Ron­ny Feh­ler, Tel. 030 219993–40, ronny.fehler@gew-berlin.de

Vol­ker Berg ist Mit­ar­bei­ter im Bereich Pres­se- und Öffent­lich­keits­ar­beit beim Pari­tä­ti­schen Wohl­fahrts­ver­band Ber­lin.

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Okto­ber 2020 | Sozi­al­ar­beit

Inhal­te und Metho­den der Sozia­len Grup­pen­ar­beit

Aus­gangs­punkt aller (sozial)pädagogischen Akti­vi­tä­ten sind die jewei­li­gen Bedürf­nis­se und Ent­wick­lungs­auf­ga­ben von Kin­dern und Jugend­li­chen. Dabei ste­hen die Grund­sät­ze der Offen­heit, Frei­wil­lig­keit, Ziel­grup­pen ­ und Lebens­welt­ori­en­tie­rung in Ver­bin­dung mit Ver­bind­lich­keit und Kon­ti­nui­tät in den per­so­nel­len und struk­tu­rel­len Gege­ben­hei­ten im Vor­der­grund. Die Mit­ar­bei­te­rin­nen machen kla­re, ver­läss­li­che Bezie­hungs­an­ge­bo­te, auf deren Basis sich ein ver­trau­ens­vol­les Mitei­nander ent­wi­ckelt. SGA erfolgt ziel- ­ und lösungs­ori­en­tiert unter Berück­sich­ti­gung der Hil­fe­plan­zie­le, unter Anwen­dung eines päd­ago­gi­schen Kon­zep­tes und einer Viel­falt päd­ago­gi­scher Metho­den. Gruppen‑, Einzel‑, Eltern‑, Netz­werk- ­ und Umfeld­ar­beit bil­den die Bau­stei­ne des Ange­bo­tes.

Grup­pen­ar­beit

Eine Grup­pe stellt einen wich­ti­gen sozia­len Rah­men für die Ent­wick­lung und Selbst­ver­wirk­li­chung des jun­gen Men­schen dar. Für eine posi­ti­ve Iden­ti­fi­ka­ti­on und den Auf­bau von Bezie­hun­gen ist es not­wen­dig, den Anfor­de­run­gen, die eine Grup­pe (z.B. Schu­le, Freun­des­kreis) an den Ein­zel­nen stellt, gerecht zu wer­den. Eben­so ist es not­wen­dig, Grup­pen nut­zen zu kön­nen, um Aner­ken­nung und das Gefühl sozia­ler Sicher­heit und Gebor­gen­heit zu erfah­ren. Die sozia­le Grup­pe nimmt selbst als ein bewusst gewähl­tes und von den Grup­pen­päd­ago­gen kon­trol­lier­tes Arran­ge­ment Ein­fluss auf Ver­än­de­rungs­pro­zes­se des Ein­zel­nen. In einer Grup­pe von Gleich­alt­ri­gen wer­den die jun­gen Men­schen unter stützt, Fähig­kei­ten zu ent­wi­ckeln, ihr Selbst­bild und ihre Per­spek­ti­ve zu ver­än­dern, neue Ver­hal­tens­mus­ter ein­zu­üben, um sich auf die Über­nah­me sozi­al akzep­tier­ter Rol­len vor­zu­be­rei­ten. In der Grup­pe tau­schen sie sich über adäqua­tes Ver­hal­ten aus.

Durch ziel­ge­rich­te­te Grup­pen­er­leb­nis­se sol­len die sozia­len Fähig­kei­ten erwei­tert und ange­mes­se­ne Umgangs ­ und Aus­ein­an­der­set­zungs­for­men mit Gleich­alt­ri­gen ent­wi­ckelt wer­den. Im schüt­zen­den Rah­men der Grup­pe kön­nen die Kin­der und Jugend­li­chen wech­sel­sei­tig ler­nen, sich über eige­ne Kon­flikt­kon­stel­la­tio­nen bewusst zu wer­den, über Erleb­nis­se und Gefüh­le, die sie bewe­gen, zu reden, ihr Ver­hal­ten zu reflek­tie­ren und mit den ande­ren Grup­pen­mit­glie­dern gemein­sam nach Lösungsstra­tegien zu suchen. Dadurch kön­nen sie erle­ben, was es heißt, akti­ves Mit­glied einer Grup­pe zu sein sowie ver­ständ­nis­voll und tole­rant mit­ein­an­der umzu­ge­hen. Die Inte­gra­ti­on in eine fes­te Grup­pe för­dert das Erle­ben von sozia­ler Zuge­hö­rig­keit und stei­gert das Selbst­wert­ge­fühl. Dabei wer­den die grup­pen­dy­na­mi­schen Pro­zes­se von den Grup­pen­lei­tern gezielt genutzt.

Metho­den des sozia­len Ler­nens in der Grup­pe wer­den ein­ge­setzt, um mit ­ und von­ein­an­der zu ler­nen, den Umgang mit Kon­flik­ten und mit Kri­tik zu üben, sozia­le Kom­mu­ni­ka­ti­on zu beför­dern, die For­mu­lie­rung eige­ner Wün­sche und Gren­zen zu erler­nen, Ver­hal­ten zu inter­pre­tie­ren und ein inter­kul­tu­rel­les Mit­ein­an­der zu ent­wi­ckeln. Die Grup­pen­teil­neh­me­rin­nen erfah­ren durch Situa­ti­ons­ge­stal­tung, Spie­le, Kom­mu­ni­ka­ti­ons ­ und Inter­ak­ti­ons­übun­gen, wie Kon­flik­te gelöst und Impul­se re­guliert wer­den kön­nen.

Dar­über hin­aus erwer­ben bzw. fes­ti­gen die Teil­neh­me­rin­nen einer SGA eine Viel­zahl an all­tags­prak­ti­schen Kom­pe­ten­zen. Dazu gehö­ren Fer­tig­kei­ten wie Kochen und Backen, Tisch­diens­te, der Um ­ gang mit Geld (z. B. beim Ein­kau­fen für die Grup­pe) oder das ver­ant­wor­tungs­be­wuss­te Han­deln im Stra­ßen­ver­kehr. Hilf­reich für die Ori­en­tie­rung der jun­gen Men­schen im Tages­ver­lauf sind die ritua­lisierten Abläu­fe in der Grup­pe sowie eine kla­re Zeit­pla­nung.

Par­ti­zi­pa­ti­on als grund­le­gen­de Struk­tur­ma­xi­me nimmt einen hohen Stel­len­wert im päd­ago­gi­schen Han­deln ein: Es gilt, jun­ge Men­schen zu moti­vie­ren sich ein­zu­brin­gen – so wie sie sind, mit dem was sie kön­nen und wol­len. Sie dür­fen sich enga­gie­ren, betei­li­gen, mit­ent­schei­den und mit­ge­stal­ten. Sie erhal­ten Gele­gen­heit, ihre eige­nen Inter­es­sen zu ver­tre­ten und in demo­kra­ti­schen Pro­zes­sen aus­zu­han­deln. Gemein­sam gestal­te­te Aus­hand­lungs­pro­zes­se stär­ken selbst­be­wuss­tes Han­deln und befä­hi­gen jun­ge Men­schen dazu, sozia­le Ver­ant­wor­tung zu über­neh­men. Vor allem geht es um das Mut machen und die Befä­hi­gung, die Her­aus­for­de­run­gen des Lebens mit eige­nem Enga­ge­ment aktiv wahr­zu­neh­men. Die jun­gen Men­schen erhal­ten Frei­räu­me zur Mit­be­stim­mung, um dar­über ihre Eigen­in­itia­ti­ve zu för­dern. Auf die­se Wei­se wird ange­regt, selbst­stän­dig Kon­flik­te lösen zu ler­nen bzw. eige­ne Inte­gra­ti­ons­mus­ter zu fin­den. Die Ange­bo­te bezie­hen sich auf die Inter­es­sen und Fähig­kei­ten der jun­gen Men­schen und eröff­nen ihnen zugleich neue Per­spek­ti­ven. Auf die­se Wei­se wird Kin­dern und Jugend­li­chen die Mög­lich­keit gege­ben, sich als eigen­ver­ant­wort­lich, selbst­wirk­sam, schöp­fe­risch und wert­voll zu erfah­ren.

In den Feri­en die­nen ganz­tä­gi­ge Grup­pen­tref­fen, Grup­pen­rei­sen, Tages­fahr­ten oder gemein­sa­me Über­nach­tun­gen der inten­si­ven Grup­pen­fin­dung und ­-aus­ein­an­der­set­zung der Teil­neh­mer. Der lau­fen­de Grup­pen­pro­zess erhält star­ke Impul­se. Dar­über hin­aus stär­ken posi­ti­ve gemein­sa­me Erleb­nis­se die gegen­sei­ti­gen Bezie­hun­gen unter­ein­an­der und unter­stüt­zen so den Auf­bau eines ver­trau­ens­vol­len Rah­mens. Die Kin­der wer­den in die Vor­be­rei­tung und Durch­füh­rung aktiv mit­ein­be­zo­gen und erle­ben so ihre Selbst­wirk­sam­keit.

Ein­zel­ar­beit

Neben der Arbeit mit der gesam­ten Grup­pe beinhal­tet die Hil­fe­form der SGA auch ver­schie­de­ne Ele­mente indi­vi­du­el­ler Unter­stüt­zung und Auf­merk­sam­keit, die situa­tions- ­ und bedarfs­ori­en­tiert in die Arbeit ein­flie­ßen. Die Zuwen­dung zu jedem Ein­zel­nen

  • ermög­licht die Wert­schät­zung der indi­vi­du­el­len Inter­es­sen, Mög­lich­kei­ten und Wün­sche der Kin­der
  • wird genutzt, um die per­sön­li­chen Belan­ge, Sor­gen und The­men der jun­gen Men­schen stär­ker the­ma­ti­sie­ren zu kön­nen
  • stärkt und formt die Bezie­hung und das Ver­trau­en der jun­gen Men­schen zu den Fach­kräf­ten und ist somit wich­ti­ger Grund­bau­stein der Zusam­men­ar­beit
  • ist not­wen­dig, um jun­ge Men­schen und ihre Zugän­ge zu The­men ken­nen­zu­ler­nen und so die Ange­bo­te pass­ge­nau gestal­ten zu kön­nen.

For­men der indi­vi­du­el­len För­de­rung sind:

  • indi­vi­du­el­le Gesprä­che, Bio­gra­fie­ar­beit
  • schu­li­sche Unter­stüt­zung, Lern­för­de­rung
  • Ein­zel­ar­beit im Rah­men von Pro­jek­ten
  • Moti­va­ti­on zur Selbst­re­fle­xi­on
  • Benen­nen indi­vi­du­el­ler Res­sour­cen und Stär­ken
  • Ver­ga­be von Auf­trä­gen, die sich an den indi­vi­du­el­len Fähig­kei­ten ori­en­tie­ren
  • Erar­bei­tung indi­vi­du­el­ler Zie­le und Refle­xi­on des Hil­fe­ver­laufs
  • gemein­sa­me Vor ­ und Nach­be­rei­tung der Hil­fe­plan­ge­sprä­che
  • Erar­bei­tung von Lösun­gen bei aktu­el­len Schwierigkeiten/Problemlagen > Kri­sen­in­ter­ven­ti­on

Eltern­ar­beit

Der Eltern­ar­beit kommt in der SGA beson­de­re Bedeu­tung zu, sie ist inte­gra­ler Bestand­teil der päd­ago­gi­schen Arbeit. Der regel­mä­ßi­ge Aus­tausch über die Ent­wick­lung ihrer Kin­der – nicht nur im Kon­flikt­fall, son­dern gera­de auch bei posi­ti­ven Rück­mel­dun­gen über das Ver­hal­ten oder die Leis­tun­gen – sind ein Bei­trag zur Auf­lö­sung von Span­nun­gen inner­halb der Fami­lie oder zwi­schen Fami­lie und Schu­le. Die Eltern­ar­beit hat dar­über hin­aus das Ziel, dys­funk­tio­na­le Mus­ter wahr­zu­neh­men, anzu­sprechen und nach Mög­lich­keit die Fami­lie dabei zu unter­stüt­zen, neue, funk­tio­na­le­re Mus­ter auf­zu­bau­en und zu fes­ti­gen. Dazu gehört:

  • Klar­heit über Regeln, Nor­men, Auf­ga­ben und Bezie­hun­gen inner­halb des Fami­li­en­sys­tems zu schaf­fen
  • Rol­len­klä­rung, zu der eine kla­re Grenz­zie­hung zwi­schen den Gene­ra­tio­nen inner­halb der Fami­lie und den jewei­li­gen Auf­ga­ben gehört
  • Ver­stän­di­gung über alters­an­ge­mes­se­ne Regeln, Nor­men und Auf­ga­ben
  • Klä­rung der Rol­len mög­li­cher Stief­eltern
  • Abstim­mung der Erzie­hungs­zie­le unter­schied­li­cher Erzie­hungs­be­rech­tig­ter.

Die Kin­der erle­ben die gemein­sa­men Gesprä­che in der Regel posi­tiv als Wert­schät­zung und Inter­es­se ihrer Eltern, obwohl sie sich mit dem eige­nen Ver­hal­ten aus­ein­an­der­set­zen müs­sen und auch schwie­ri­ge Situa­tio­nen the­ma­ti­siert wer­den.

Ein­la­dun­gen zu gemein­sa­men Ver­an­stal­tun­gen, Fes­ten und Eltern­aben­den ergän­zen die indi­vi­du­el­len Gesprä­che und stel­len den Bezug zum fami­liä­ren Umfeld der Kin­der und Jugend­li­chen her. Sie geben den Eltern die Mög­lich­keit, sich aktiv zu betei­li­gen und sich mit ande­ren Eltern aus­zu­tau­schen.

Bau­stei­ne der Eltern­ar­beit:

  • gemein­sa­me Ent­wick­lung von Zie­len
  • regel­mä­ßi­ge Bera­tungs­ge­sprä­che zu Erzie­hungs­fra­gen
  • Bera­tung und Unter­stüt­zung der Eltern im Umgang mit den Her­aus­for­de­run­gen des Kin­des
  • Refle­xi­on der päd­ago­gi­schen Pro­zes­se in der SGA und Über­prü­fung der Über­tra­gung in den fami­liä­ren Kon­text
  • Stär­kung der Fami­li­en­res­sour­cen
  • Eltern­grup­pen­an­ge­bo­te, Eltern­aben­de
  • Unter­stüt­zung und Bera­tung in Kri­sen­si­tua­tio­nen

Netz­werk­ar­beit

Die Zusam­men­ar­beit mit für die Hil­fe rele­van­ten Insti­tu­tio­nen und Per­so­nen, wie Schu­len, Jugend­äm­ter, Ärz­te, The­ra­peu­ten, ist eine Bedin­gung für das Gelin­gen der Hil­fen. Vor allem der regel­mä­ßi­ge Aus­tausch mit Leh­rern und Schul­so­zi­al­ar­bei­tern ist von beson­de­rer Bedeu­tung, da der Lern­ort Schu­le die betreu­ten jun­gen Men­schen in der Regel vor gro­ße Her­aus­for­de­run­gen stellt. Des­halb fin­den bedarfs­ent­spre­chend und in Abstim­mung mit den Eltern regel­mä­ßi­ge Gesprä­che mit den Leh­re­rin­nen und Schul­so­zi­al­ar­bei­tern statt. Die Eltern wer­den bei Bedarf im Umgang mit der Schu­le so beglei­tet und bera­ten, dass sie im Sin­ne ihres Kin­des eine kon­struk­ti­ve Form der Zusam­men­ar­beit prak­ti­zie­ren.

Die Ver­net­zung der Fach­kräf­te der SGA durch die Teil­nah­me an rele­van­ten bezirk­li­chen Gre­mi­en ist hilf­reich für die Arbeit, da die Fach­kräf­te so stets über wich­ti­ge Ange­bo­te und Ent­wick­lun­gen in den Sozi­al­räu­men infor­miert sind und die­ses Wis­sen wie­der­um an die Fami­li­en wei­ter­ge­ben kön­nen.

Erschlie­ßung und Nut­zung sozi­al­räum­li­cher Ange­bo­te

Das gemein­sa­me Erkun­den von Ange­bo­ten und Frei­zeit­mög­lich­kei­ten im Kiez erleich­tert den Kin­dern und Jugend­li­chen an den grup­pen­frei­en Tagen oder im Anschluss an eine Hil­fe den Zugang zum Sozi­al­raum. Akti­vi­tä­ten der Grup­pe för­dern das Wis­sen der Grup­pen­teil­neh­mer um die Möglichkei­ten in ihrer Umge­bung, erhö­hen die Selb­stän­dig­keit im öffent­li­chen Raum, die­nen der Interessen­erweiterung und füh­ren idea­ler­wei­se zu neu­en Kon­tak­ten und Ansprech­part­nern für die Kin­der und Jugend­li­chen (z. B. zu Mit­ar­bei­tern von Kin­der ­ und Jugend­frei­zeit­ein­rich­tun­gen).

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Maga­zin

Okto­ber 2020 | Manage­ment

Eine Wei­ter­bil­dung für Mit­glieds­or­ga­ni­sa­tio­nen des Pari­tä­ti­schen Wohl­fahrts­ver­ban­des Ber­lin

Was uns antreibt

Sozia­le Orga­ni­sa­tio­nen wol­len etwas in der Gesell­schaft zum Posi­ti­ven ver­än­dern. Sie wol­len die Situa­ti­on ihrer Ziel­grup­pe ver­bes­sern – älte­re, kran­ke oder abhän­gi­ge Men­schen, Fami­li­en, arme Men­schen oder Men­schen mit Behin­de­rung. Das heißt, sozia­le Orga­ni­sa­tio­nen bemü­hen sich dar­um, dass ihre Arbeit eine gesell­schaft­li­che Wir­kung zeigt. Aber wie kön­nen sie beur­tei­len, ob ihre Arbeit die gewünsch­te Ver­än­de­rung erreicht?

Die­se Kon­zept­viel­falt erschwert Geld­ge­bern wie auch Ver­tre­tern der Sozi­al­wirt­schaft mög­lich­wei­se, sich mit den Ansät­zen der Wir­kungs­ori­en­tie­rung ver­tieft aus­ein­an­der­zu­set­zen. Die­se Wei­ter­bil­dung Wir­kungs­ma­nage­ment führt in die Denk­wei­sen der Wir­kungs­ori­en­tie­rung ein und befä­higt die Teil­neh­men­den dazu, die Arbeits­pro­zes­se in ihrer Orga­ni­sa­ti­on wir­kungs­ori­en­tiert zu pla­nen, zu steu­ern und ihre Wir­kung trans­pa­rent zu machen.

Als Dach- und Spit­zen­ver­band der frei­en Wohl­fahrts­pfle­ge wol­len wir das The­ma Wir­kungs­ori­en­tie­rung im Kon­text der sozia­len Arbeit kon­kret mit­ge­stal­ten, die Debat­te um die Wirk­sam­keit sozia­ler Arbeit wei­ter vor­an­brin­gen, und bie­ten des­halb ein Pro­gramm zur Wir­kungs­ori­en­tie­rung an. Unse­re Erfah­run­gen damit zei­gen: Es gibt Metho­den, die uns hel­fen, die Wir­kungs­ori­en­tie­rung zum Nut­zen sozia­ler Orga­ni­sa­tio­nen und deren Kli­en­tel zu imple­men­tie­ren.

Zwei Part­ner – ein gemein­sa­mes Ziel

Der Pari­tä­ti­sche Wohl­fahrts­ver­band Ber­lin hat in Koope­ra­ti­on mit der Phi­neo gAG, einem gemein­nüt­zi­gen Ana­ly­se- und Bera­tungs­haus für wir­kungs­vol­les gesell­schaft­li­ches Enga­ge­ment, von 2014 bis 2017 ein umfang­rei­ches Pilot­pro­jekt zur Wir­kungs­ori­en­tie­rung durch­ge­führt. Der Pilot umfass­te 17 Mit­glieds­or­ga­ni­sa­tio­nen aus zwei Refe­ra­ten (Jugend­hil­fe /Hilfen zur Erzie­hung und Sucht/HIV/Aids/Gesundheit). Die Erfah­run­gen der sozia­len Orga­ni­sa­tio­nen und ihren Mit­ar­bei­ten­den in der prak­ti­schen Umset­zung von Wir­kungs­ori­en­tie­rung wur­den als äußerst gewinn­brin­gend ein­ge­schätzt. Der Fokus lag dar­auf, Vor­aus­set­zun­gen, Chan­cen und Gren­zen von Wir­kungs­ori­en­tie­rung aus­zu­lo­ten.

Zie­le und Ziel­grup­pen – wen wir errei­chen wol­len

Wir wol­len Mit­ar­bei­ten­de der teil­neh­men­den Orga­ni­sa­tio­nen und all­ge­mein Inter­es­sier­te zu Wir­kungs­ma­na­ge­rin­nen und ‑mana­gern aus­bil­den. Im Zusam­men­hang mit der Wei­ter­bil­dung sol­len Wir­kungs­pro­jek­te in den Orga­ni­sa­tio­nen umge­setzt wer­den. Ziel­grup­pen der Wei­ter­bil­dung sind Pari­tä­ti­sche Mit­glieds­or­ga­ni­sa­tio­nen sowie deren Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter auf der Fach‑, Pro­jekt- und Lei­tungs­ebe­ne und all­ge­mein Inter­es­sier­te an dem Bereich Wir­kungs­ori­en­tie­rung.

Ansatz und Aus­rich­tung

Die Wir­kungs­ma­nage­ment-Wei­ter­bil­dung basiert auf dem Ansatz, Pro­jek­te und Ange­bo­te sozia­ler Arbeit auf ihre Wir­kung hin zu ana­ly­sie­ren, zu pla­nen und umzu­set­zen. Wir­kungs­ori­en­tier­te Orga­ni­sa­tio­nen betrei­ben die­sen Pro­zess bewusst und steu­ern ihn aktiv. Sie klä­ren ihre Wir­kungs­lo­gik, for­mu­lie­ren kon­kre­te Wir­kungs­zie­le, lei­ten Indi­ka­to­ren ab und über­prü­fen sys­te­ma­tisch ihre Ziel­er­rei­chung mit ange­mes­se­nen Metho­den. In der Wei­ter­bil­dung ste­hen das Üben der Metho­den und ihre Anwen­dung im Vor­der­grund, wobei Dis­kus­sio­nen theo­re­ti­scher Model­le unver­zicht­ba­rer Bestand­teil sind. Eine Pro­zess­be­glei­tung der ein­zel­nen Wir­kungs-Pro­jek­te der Teil­neh­men­den erfolgt.

Aus­blick in die Zukunft – nach der Wei­ter­bil­dung geht es wei­ter

Die Wei­ter­bil­dung „Wir­kungs­ma­nage­ment“ in der Pari­tä­ti­schen Aka­de­mie ist ein ers­ter und wich­ti­ger Schritt, der das The­ma Wir­kungs­ori­en­tie­rung für Mit­glieds­or­ga­ni­sa­tio­nen zugäng­lich machen soll – aber bei Wei­tem nicht der letz­te. Mit­tel­fris­tig wol­len wir im Lan­des­ver­band Ber­lin zusam­men mit der Pari­tä­ti­schen Aka­de­mie und den Pari­tä­ti­schen Mit­glieds­or­ga­ni­sa­tio­nen den Bereich Wir­kungs­ori­en­tie­rung wei­ter aus­bau­en. Wir wol­len Raum schaf­fen für Ver­net­zung und Aus­tausch und uns kol­le­gi­al dar­in unter­stüt­zen, die Wirk­sam­keit unse­rer Pro­jek­te zu stär­ken und zu kom­mu­ni­zie­ren.

Ziel ist dabei immer, einen sozia­len Mehr­wert für die Gesell­schaft zu schaf­fen.

Gabrie­le Schl­im­per,

Geschäfts­füh­re­rin Pari­tä­ti­scher Wohl­fahrts­ver­band LV Ber­lin e.V.

Die Aus­schrei­bung zur Wei­ter­bil­dung Wir­kungs­ma­nage­ment fin­den Sie hier.

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen und Bei­spie­le aus der Pra­xis lesen Sie hier im aktu­el­len Arti­kel zur Wir­kungs­ori­en­tie­rung in der sozia­len Arbeit in der Fach­zeit­schrift „Sozi­al­wirt­schaft aktu­ell“.

Nach­fra­gen beant­wor­ten:

Hans-Jür­gen Wan­ke, Pari­tä­ti­scher Wohl­fahrts­ver­band LV Ber­lin e.V.

Tel: 030 86001 186

Anne Jeg­lin­ski, Pari­tä­ti­scher Wohl­fahrts­ver­band LV Ber­lin e.V.

Tel: 030 86001 601

Dilek Yük­sel, Pari­tä­ti­sche Aka­de­mie Ber­lin gGmbH

Tel: 030 2758282 17

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Maga­zin

Auf­takt zum Inno­va­ti­ons­fo­rum: Social Entre­pre­neur­ship

Meets Wohl­fahrt

DEZEM­BER 2019 | ORGA­NI­SA­TI­ON & ENT­WICK­LUNG

Im Rah­men der Rei­he Pari­tä­ti­sche Per­spek­ti­ven kamen Ver­tre­ter aus Social Start-ups und aus der „klas­si­schen“ Wohl­fahrt mit­ein­an­der ins Gespräch. Unter dem Titel „Social Entre­pre­neur­ship Meets Wohl­fahrt“ hat­ten der Pari­tä­ti­sche Wohl­fahrts­ver­band Ber­lin und die Pari­tä­ti­sche Aka­de­mie Ber­lin dazu ein­ge­la­den, am 5. Dezem­ber 2019 im Umspann­werk Kreuz­berg die Chan­cen und Gren­zen der Zusam­men­ar­beit von sozia­len Orga­ni­sa­tio­nen und Sozi­al­un­ter­neh­men aus­zu­lo­ten.

Die Dis­kus­si­ons­ver­an­stal­tung bil­de­te zugleich den Auf­takt des neu­en Pari­tä­ti­schen Inno­va­ti­ons­fo­rums, in dem das The­ma tie­fer­ge­hend behan­delt wer­den wird.

Auf dem Podi­um dis­ku­tier­ten die Geschäfts­füh­re­rin des Pari­tä­ti­schen Wohl­fahrts­ver­bands Dr. Gabrie­le Schl­im­per, der Geschäfts­füh­rer der USE gGmbH, Andre­as Sper­lich, der Vor­stands­vor­sit­zen­de des Social Entre­pre­neur­ship Netz­werks Deutsch­land, Mar­kus Sau­er­ham­mer und Prof. Dr. Thorn Kring, Insti­tuts­lei­ter des Insti­tuts für Ethik, Füh­rung und Per­so­nal­ma­nage­ment der Stein­beis-Hoch­schu­le Ber­lin. Die bei­den Letzt­ge­nann­ten führ­ten mit Key­notes in die Ver­an­stal­tung ein.

Mar­kus Sau­er­ham­mer beschrieb Wohl­fahrts­or­ga­ni­sa­tio­nen und Social Start-ups als kom­ple­men­tä­re Bau­stein ein einer Zeit gro­ßer Umbrü­che wie demo­gra­fi­schen Wan­del, digi­ta­le Trans­for­ma­ti­on, Kli­ma­wan­del und Glo­ba­li­sie­rung. Auf die­se Her­aus­for­de­run­gen gebe es nicht die eine Ant­wort. Sau­er­ham­mer nann­te eine Rei­he von Unter­neh­men, die spe­zi­fi­sche Ant­wor­ten gefun­den haben. Zum Bei­spiel sei Eco­sia, die größ­te euro­päi­sche Such­ma­schi­ne, durch das Pflan­zen von Bäu­men eine gro­ße Umwelt­be­we­gung gewor­den. Aber wenn es um Steu­er­gel­der für Grün­dun­gen gehe, wür­den Social Start-ups gegen­über gewöhn­li­chen Start-ups benach­tei­ligt. Außer­dem feh­le eine kla­re Defi­ni­ti­on, was ein Social Start-up ist und ein Con­trol­ling, ob es wirk­lich ein Pro­blem löst.

Prof. Dr. Thorn Kring sah in sei­nem Vor­trag die Wohl­fahrt und das Social Entre­pre­neur­ship eben­falls auf einem gemein­sa­men Weg. Man kön­ne von­ein­an­der ler­nen: Die Start-ups könn­ten sich Wis­sen über die Bedar­fe von Kli­en­ten und den Umgang mit ihnen, über Regu­la­ri­en, Struk­tu­ren, Pro­zes­se und Netz­wer­ke von Orga­ni­sa­tio­nen der Wohl­fahrt abschau­en. Die Wohl­fahrt kön­ne im Bereich Unter­neh­mer­tum dazu­ler­nen, bei der Suche nach Geld­quel­len und dar­in, lan­ge gewach­se­ne Struk­tu­ren infra­ge zu stel­len und krea­ti­ve Poten­zia­le zu wecken.

Dr. Gabrie­le Schl­im­per beton­te das Neue der Ver­an­stal­tung: Noch nie habe ein Wohl­fahrts­ver­band ein sol­ches Zusam­men­kom­men orga­ni­siert. Sie sehe tol­le Ideen bei den Start-ups und emp­fahl, bei der Umset­zung nicht auf die Erfah­rung der Wohl­fahrts­ver­bän­de zu ver­zich­ten: „Haben Sie kei­ne Berüh­rungs­ängs­te. Fra­gen Sie uns.“

Andre­as Sper­lich äußer­te Selbst­kri­tik: Die klas­si­sche Wohl­fahrt müs­se sich öfter hin­ter­fra­gen, wie wirk­sam sie sei. „Social Entre­pre­neurs sind da so ein biss­chen der Sta­chel. Und das fin­de ich gut.“

Kon­tro­vers dis­ku­tiert wur­de, ob es sen­si­ble Tätig­keits­be­rei­che gebe, in die Start-ups sich nicht hin­ein­wa­gen wer­den oder soll­ten. Ent­we­der weil es an den nöti­gen Kom­pe­ten­zen fehlt oder weil die Qua­li­tät der Arbeit – bei­spiels­wei­se in der Ster­be­be­glei­tung – nicht an mess­ba­ren Erfol­gen ables­bar ist. Doch Einig­keit bestand über das gemein­sa­me Ziel – in den Wor­ten von Dr. Gabrie­le Schl­im­per: „Wir haben uns alle auf den Weg gemacht, um für Men­schen in schwie­ri­gen Lebens­la­gen das Leben ein biss­chen bes­ser zu machen.“

Foto: © Mar­tin Tho­ma

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Okto­ber 2020 | Orga­ni­sa­ti­on und Ent­wick­lung

Wir­kungs­ori­en­tie­rung gewinnt in der Sozia­len Arbeit stei­gen­de Bedeu­tung. Ein Koope­ra­ti­ons­pro­jekt des Pari­tä­ti­schen Wohl­fahrts­ver­bands Ber­lin mit Phi­neo soll prak­ti­sche Mög­lich­kei­ten der Pla­nung und Durch­füh­rung sozia­ler Ange­bo­te im Hin­blick auf Wir­kungs­zie­le erkun­den. Von Dr. Gabrie­le Schl­im­per

Wor­an erken­nen wir, ob wir mit unse­rer Arbeit erfolg­reich sind? Die­se Fra­ge beschäf­tigt Mar­cus Neu­en­feldt-Kock, seit dem er mit sich mit dem The­ma Wir­kungs­ori­en­tie­rung aus­ein­an­der­setzt. Beim Trä­ger Jugend­hil­fe in Lich­ten­berg gGmbH lei­tet er die Wohn­grup­pe Rücken­wind, in der Kin­der von sechs bis zwölf Jah­ren an fünf Tagen in der Woche woh­nen. Eine wich­ti­ge Erkennt­nis war für Neu­en­feldt Kock: Die Wir­kungs­zie­le der Hilfs­an­ge­bo­te müs­sen klar gesteckt und prä­zi­se for­mu­liert sein, damit man ihren Erfolg ermit­teln kann.

So zum Bei­spiel bei einem elf­jäh­ri­gen Jun­gen, der Pro­ble­me in der Schu­le hat­te. In der Hil­fe­pla­nung des Jugend­amts ist für sol­che Fäl­le fest­ge­schrie­ben, dass sich das Ver­hal­ten des Kin­des in der Schu­le ver­bes­sern soll. »So for­mu­liert, ist ein Erfolg, das Errei­chen des Ziels, nur schwer fest zustel­len. Denn was genau soll sich denn ver­bes­sern?«, erklärt Mar­cus Neu­en­feldt Kock.

Gehol­fen hat es dem Team der Wohn­grup­pe, das Ziel durch kon­kre­te Fra­gen in klei­ne­re Ein­zel­zie­le auf­zu­tei­len. Es wur­de deut­lich: Es ging gar nicht gene­rell um das Ver­hal­ten des Kin­des in der Schu­le, son­dern nur um Pro­ble­me mit einem bestimm­ten Leh­rer. »Nach­dem wir das ermit­telt hat­ten, konn­ten wir uns gemein­sam mit den Eltern wöchent­lich mit die­sem Leh­rer zusam­men­set­zen und kon­kre­te Maß­nah­men erar­bei­ten, deren Erfolg wir auch mes­sen konn­ten«, berich­tet Mar­cus Neu­en­feldt-Kock. Die Wir­kung der Arbeit war dadurch viel bes­ser erkenn­bar: »Uns wur­de klar: Wir haben Erfolg, wenn es uns gelingt, das Kind zum Mit­ma­chen an die­ser Unter­richts­stun­de zu moti­vie­ren. Und auch für den Jun­gen gab es dadurch ein Erfolgs­er­leb­nis.«

Wie lässt sich Sozia­le Arbeit mit Blick auf ihre gesell­schaft­li­che Wir­kung pla­nen und steu­ern? Wie kann Sozia­le Arbeit sinn­voll und nach­hal­tig wir­ken – und wie kann ihre Wir­kung in die Kon­zep­ti­on und Durch­füh­rung von Pro­jek­ten ein­flie­ßen? Die­se Fra­gen beschäf­ti­gen den Trä­ger Jugend­hil­fe in Lich­ten­berg gGmbH, aber auch vie­le sozia­le Orga­ni­sa­tio­nen und Ver­bän­de. Denn sie sehen sich immer wie­der mit einer Steue­rungs­po­li­tik kon­fron­tiert, die vor allem öko­no­mi­sche Kri­te­ri­en im Blick hat. Gera­de bei der Pla­nung öffent­li­cher Haus­hal­te wer­den sozia­le Orga­ni­sa­tio­nen als stei­gen­der Kos­ten­fak­tor gewer­tet und ihre gesell­schaft­li­che Wir­kung aus­ge­klam­mert. Durch mehr betriebs­wirt­schaft­li­che Kon­trol­le, so eine gän­gi­ge Annah­me, las­se sich die Effek­ti­vi­tät erhö­hen und die Stei­ge­rung der Ent­gel­te für Sozia­le Arbeit ein­däm­men.

Dabei ist der allei­ni­ge Fokus auf die Kos­ten für Ein­zel­leis­tun­gen kon­tra­pro­duk­tiv. Denn statt Hil­fe zur Selbst­hil­fe zu för­dern und Fäl­le zu been­den, also Men­schen aus dem Hil­fe­sys­tem in die Selb­stän­dig­keit zu ent­las­sen, ent­steht ein finan­zi­el­ler Anreiz, die rei­nen Fall­men­gen zu stei­gern. Ver­nach­läs­sigt wird dabei, wel­che sozia­len Ange­bo­te wirk­lich sinn­voll sind und lang­fris­tig den bes­ten Effekt für Nut­ze­rin­nen und Kli­en­ten haben. So zu arbei­ten, ist frus­trie­rend für alle Betei­lig­ten und nicht im Inter­es­se der Kli­en­tin­nen. Die Sozia­le Arbeit ver­liert durch die­ses Sys­tem ihre pro­fes­sio­nel­le Auto­no­mie. Kos­ten wer­den dadurch nicht gesenkt, im Gegen­teil.

Gesucht: Eine Alter­na­ti­ve zum Kos­ten­fo­kus

Um die­ser Ent­wick­lung kon­struk­tiv ent­ge­gen­zu­wir­ken, ent­schloss sich der Pari­tä­ti­sche Wohl­fahrts­ver­band Ber­lin e. V. im Jahr 2014, ein Pilot­pro­jekt in Koope­ra­ti­on mit der gemein­nüt­zi­gen Phi­neo AG zu star­ten. Im August 2014 schlos­sen die Part­ner eine Koope­ra­ti­ons­ver­ein­ba­rung ab, die beinhal­te­te, dass Phi­neo und der Pari­tä­ti­sche Wohl­fahrts­ver­band Ber­lin gemein­sam das The­ma Wir­kungs­ori­en­tie­rung in den Blick neh­men. Dazu soll­ten gemein­sa­me Pro­jek­te zum The­ma Wir­kungs­ori­en­tie­rung bei Mit­glieds­or­ga­ni­sa­tio­nen des Pari­tä­ti­schen Wohl­fahrts­ver­bands Ber­lin umge­setzt wer­den. Die teil­neh­men­den Orga­ni­sa­tio­nen konn­ten aus zwei Refe­ra­ten gewon­nen wer­den: Trä­ger der Hil­fen zur Erzie­hung aus dem Refe­rat Jugend­hil­fe, ein pri­mär ent­gelt­fi­nan­zier­ter Bereich, sowie Trä­ger aus den Fel­dern Sucht­hil­fe, Gesund­heit, HIV und Aids, pri­mär zuwen­dungs­fi­nan­zier­te Berei­che.

Ein­zel­ge­sprä­che zwi­schen Refe­ren­tin­nen und Refe­ren­ten des Pari­tä­ti­schen, Bera­tern von Phi­neo und Ver­tre­tern der Mit­glieds­or­ga­ni­sa­tio­nen schu­fen den Rah­men, um die Inter­pre­ta­tio­nen von Wir­kungs­ori­en­tie­rung sowie die Zie­le und Inter­es­sen der Betei­lig­ten aus­zu­lo­ten. Bei anschlie­ßen­den Work­shops wur­den die Kennt­nis­se im Hin­blick auf Wir­kungs­ori­en­tie­rung aus­ge­baut und ver­tieft. 18 Mit­glieds­or­ga­ni­sa­tio­nen des Pari­tä­ti­schen Wohl­fahrts­ver­bands Ber­lin ent­schie­den sich schließ­lich für die Teil­nah­me am Pro­jekt: Die sie­ben Orga­ni­sa­tio­nen aus dem Bereich Hil­fen zur Erzie­hung haben Trä­ger­ver­trä­ge mit dem Land Ber­lin auf Grund­la­ge des Ber­li­ner Rah­men­ver­trag und bie­ten ambu­lan­te und sta­tio­nä­re Hil­fen zur Erzie­hung an. Die elf Mit­glieds­or­ga­ni­sa­tio­nen aus dem Refe­rat Sucht­hil­fe, Gesund­heit und HIV/Aids sind Trä­ger von zuwen­dungs­fi­nan­zier­ten Ange­bo­ten und Ein­rich­tun­gen nach § 75 SGB XII.

Das Koope­ra­ti­ons­pro­jekt war zu Beginn bewusst offen aus­ge­legt, um das Pro­jekt­kon­zept gege­be­nen­falls anpas­sen zu kön­nen. In den Bera­tungs­pro­zes­sen, die 2015 began­nen, wur­den unter ande­rem die Inten­si­tät der Bera­tung vor Ort und die jewei­li­ge Rol­le der Part­ner dis­ku­tiert. Zudem galt es, den Ansatz von Phi­neo für Wir­kungs­ori­en­tie­rung und den Blick der Trä­ger auf Steue­rung sinn­voll zu ver­knüp­fen. Es ent­stand ein kon­text­be­zo­ge­nes Wir­kungs­mo­dell. Mit­ar­bei­ten­de der betei­lig­ten Trä­ger nah­men an einem Schu­lungs­pro­gramm zum Wir­kungs­ma­na­ger oder zur Wir­kungs­ma­na­ge­rin mit vier Prä­senz­zei­ten und einer neun­mo­na­ti­gen Pra­xis­pha­se teil.

Jede teil­neh­men­de Mit­glieds­or­ga­ni­sa­ti­on setz­te ein Wir­kungs­pro­jekt in der eige­nen Orga­ni­sa­ti­on um – basie­rend auf den gemein­sam erar­bei­te­ten Arbeits­ma­te­ria­li­en und Ablauf­plä­nen. Zusätz­lich wur­den die Trä­ger indi­vi­du­ell bera­ten. Beglei­tet wur­de die Wei­ter­bil­dung durch soge­nann­te Wir­kungs­dia­lo­ge, auf denen sich sowohl die Teil­neh­men­den als auch die Geschäfts füh­ren­den der betei­lig­ten Trä­ger über Chan­cen und Gren­zen von Wir­kungs­ori­en­tie­rung aus­tausch­ten.

Wir­kungs­ori­en­tie­rung als Hal­tungs­fra­ge

Was wir vom Pari­tä­ti­schen Wohl­fahrts­ver­band Ber­lin nach Abschluss der ers­ten Pha­se des Wir­kungs­pro­jekts bereits sagen kön­nen: Ein Umden­ken hat ein­ge­setzt – von der rei­nen Leis­tungs­be­schrei­bung hin zu der Fra­ge: »Wie kön­nen wir den gesell­schaft­li­chen Nut­zen errei­chen, auf den wir hin­ar­bei­ten?« Das Kon­zept von Wir­kungs­ori­en­tie­rung geht über klas­si­sches Qua­li­täts­ma­nage­ment hin­aus. Viel­mehr steht es für eine Hal­tung, Pro­jek­te und Ange­bo­te mit Blick auf ihre Wir­kun­gen – also Ver­än­de­run­gen bei den Ziel­grup­pen – zu pla­nen, umzu­set­zen, zu ana­ly­sie­ren und zu ver­bes­sern.

Die Orga­ni­sa­tio­nen ler­nen durch die Refle­xi­on, sich stär­ker mit dem Kern ihrer Arbeit aus­ein­an­der­zu­set­zen: der Hil­fe für bedürf­ti­ge Ziel­grup­pen ange­sichts eines her­aus­for­dern­den Arbeits­um­felds und öko­no­mi­scher Knapp­heit. Wer­den erziel­te Wir­kun­gen sicht­bar, stärkt das nicht nur das pro­fes­sio­nel­le Selbst­ver­ständ­nis der Pro­jekt­mit­ar­bei­ten den. Wer plau­si­bel machen kann, dass die ein­ge­setz­ten Res­sour­cen zu Ver­än­de­run­gen bei den Ziel­grup­pen füh­ren, hat gewich­ti­ge Argu­men­te gegen­über Mit­tel­ge­ben­den. Wenn sich der Blick auf Sozia­le Arbeit dadurch ver­än­dert – weg von rei­ner Kos­ten­ori­en­tie­rung hin zum Fokus auf gesell­schaft­li­che Wir­kung – wird das per­spek­ti­visch auch Aus­wir­kung auf Ver­trä­ge mit der öffent­li­chen Hand haben. Wir wol­len dazu bei­tra­gen, dass das Ge lern­te fest in den Orga­ni­sa­tio­nen ver­an­kert wird und dort von Nut­zen ist. Wir möch­ten aber auch, dass mög­lichst vie­le Trä­ger von dem Pilot­pro­jekt pro­fi­tie­ren. Daher haben wir begon­nen, die Erfah­run­gen und Ergeb­nis­se unse­rer Mit­glie­der­auf­zu­be­rei­ten und der Öffent­lich­keit zu prä­sen­tie­ren.

Bei­spiel Rheu­ma-Liga Ber­lin: Infor­ma­ti­on auf Augen­hö­he

Die Rheu­ma-Liga Ber­lin konn­te das in der Schu­lung erwor­be­ne theo­re­ti­sche Wis­sen in ihr exem­pla­ri­sches Pra­xis­pro­jekt ein­brin­gen: Das Pro­gramm der Infor­ma­ti­ons­ver­an­stal­tung »Arth­ro­se­tag« am 27. Okto­ber 2016 soll­te durch mehr Ein­be­zie­hung von Pati­en­ten und Mit­ar­bei­tern bes­ser auf die Bedürf­nis­se der Ziel­grup­pe abge­stimmt wer­den. Es galt also, er wünsch­te Wir­kun­gen als kon­kre­te Zie­le zu for­mu­lie­ren, an denen sich die gesam­te Arbeit aus­rich­tet und gesteu­ert wer­den soll­te. Das ent­schei­den­de Wir­kungs­ziel war, Men­schen mit Rheu­ma noch ziel­ge­rich­te­ter über die Ange­bo­te der Rheu­ma-Liga Ber­lin zu infor­mie­ren. Zudem soll­te durch die Ein­bin­dung die Moti­va­ti­on der Betei­lig­ten gestärkt wer­den.

Um die Ziel­grup­pe bes­ser ein­zu­be­zie­hen, fan­den im Vor­feld der Ver­an­stal­tung Tref­fen, per­sön­li­che Gesprä­che und tele­fo­ni­sche Inter­views statt, aus denen zahl­rei­che Hin­wei­se und kon­kre­te Anre­gun­gen kamen. Auf die­ser Grund­la­ge konn­te die Rheu­ma-Liga Ber­lin beim Arth­ro­se­tag, der mit über 500 Gäs­ten sehr gut besucht war, die Gestal­tung des Büh­nen und Rah­men­pro­gramms ent­spre­chend anpas­sen: Ein zusätz­li­che sin­ter­ak­ti­ves Bewe­gungs­pro­gramm durch einen The­ra­peu­ten wur­de in das Büh­nen­pro­gramm auf­ge­nom­men. Zwei ehren­amt­li­che Gebär­den­sprach-Dol­met­sche­rin­nen über­set­zen alle wis­sen­schaft­li­chen Vor­trä­ge. Am Infor­ma­ti­ons­stand der Rheu­ma-Liga Ber­lin wur­de eine Prä­sen­ta­ti­ons­wand zu neu­en Bewe­gungs- und Akti­v­an­ge­bo­ten aus­ge­stellt. Fra­gen hier zu beant­wor­te­ten haupt- und ehren­amt­li­chen Ansprech­part­ner.

Die Her­aus­for­de­rung wird es in der Rheu­ma-Liga Ber­lin nun sein, Aspek­te der Wir­kungs­ori­en­tie­rung auf ande­re Berei­che zu über­tra­gen. Dafür bie­tet sich die Aus­ge­stal­tung ande­rer Infor­ma­ti­ons­ver­an­stal­tun­gen nach dem erfolg­rei­chen Vor­bild des Arth­ro­se­ta­ges an. Aber auch bei ande­ren Vor­ha­ben sol­len Ele­men­te der Wir­kungs­ori­en­tie­rung künf­tig stär­ker berück­sich­tigt wer­den.

Bei­spiel Schwu­len­be­ra­tung Ber­lin: Von der Wir­kung aus den­ken

»Wir­kungs­ori­en­tie­rung ist eine ande­re Denk­wei­se: Pro­jek­te wer­den nicht vom Ange­bot aus gedacht, son­dern von der gewünsch­ten Wir­kung«, sagt Ste­phan Jäkel von der Schwu­len­be­ra­tung Ber­lin. »Es gelingt mir dadurch viel bes­ser, unse­re Zie­le und Vor­ha­ben prä­gnan­ter und nach­voll­zieh­ba­rer dar­zu­stel­len.« Die Schwu­len­be­ra­tung ist einer von elf Trä­gern aus dem Bereich Sucht­hil­fe, Gesund­heit und HIV/Aids, die am Pilot­pro­jekt Wir­kungs­ori­en­tie­rung des Pari­tä­ti­schen Wohl­fahrts­ver­bands Ber­lin mit Phi­neo teil­nah­men.

In einem der ers­ten Tref­fen lern­ten die Teil­neh­men­den die Wir­kungs­trep­pe als Instru­ment der wir­kungs­ori­en­tier­ten Steue­rung ken­nen. Sie defi­niert in sie­ben Stu­fen, wel­che Zie­le ein Pro­jekt bei der Ziel grup­pe und in der Gesell­schaft errei­chen soll. Auf die­ser Basis ent­wi­ckel­te die Schwu­len­be­ra­tung Ber­lin ein Ange­bot zur Inklu­si­on von LSBTI-Geflüch­te­ten (schwul, les­bisch, bi‑, trans- und inter­se­xu­ell). »Die Zie­le unse­res Ange­bots ent­lang der Wir­kungs­trep­pe zu defi­nie­ren, war für mich ein Schlüs­sel­er­leb­nis«, sagt Ste­phan Jäkel.

Die­se wir­kungs­ori­en­tier­te Her­an­ge­hens wei­se blieb bei den übri­gen Mit­ar­bei­ten­den der Schwu­len­be­ra­tung Ber­lin nicht unbe­merkt, über alle Abtei­lun­gen hin­weg gab es Inter­es­se für den wir­kungs­ori­en­tier­ten Ansatz. »Auch die Kol­le­gen, die nicht direkt mit LSBTI-Geflüch­te­ten arbei­ten, iden­ti­fi­zie­ren sich noch stär­ker mit unse­rer Orga­ni­sa­ti­on, weil sie sehen, dass wir bei die­sem The­ma vie­le Geflüch­te­te unter­stüt­zen kön­nen und dar­über hin­aus einen ech­ten Bei­trag zur struk­tu­rel­len Ver­bes­se­rung der Lebens­si­tua­ti­on der Ziel­grup­pe leis­ten.« Er habe schon meh­re­re Fort­bil­dun­gen zu Qua­li­täts­ma­nage­ment gemacht, sagt Ste­phan Jäkel, aber der Ansatz von Wir­kungs­ori­en­tie­rung sei bis­lang am umfas­sends­ten. Den­noch sieht der Abtei­lungs­lei­ter auch Gren­zen. »Jedes Detail von Beginn an wir­kungs­ori­en­tiert zu pla­nen, kos­tet viel Zeit und Ener­gie. Des­halb fin­de ich die Fra­ge völ­lig legi­tim, ob die Inves­ti­ti­on für jedes Pro­jekt Sinn macht.«

Für die Schwu­len­be­ra­tung Ber­lin und die Ziel­grup­pe der LSBTI-Geflüch­te­ten habe sich der Auf­wand in jedem Fall gelohnt, sagt Jäkel. Der­zeit über­ar­bei­ten er und sei­ne Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen das Leit­bild ihrer Orga­ni­sa­ti­on mit dem Fokus auf Wir­kungs­ori­en­tie­rung. Anschlie­ßend wol­len sie sich auch die ande­ren Tätig­keits­be­rei­che der Schwu­len­be­ra­tung Ber­lin anse­hen. »Ich bin mir sicher, dass Wir­kungs­ori­en­tie­rung auch für wei­te­re Pro­jek­te ein hilf­rei­ches Instru­ment bleibt.«

Bewuss­te­re Hal­tung ent­wi­ckelt

Auch in der Wohn­grup­pe Rücken­wind JuLi gGmbH will man dran­blei­ben und das The­ma Wir­kungs­ori­en­tie­rung wei­ter­ver­fol­gen. »Wir haben gemerkt, dass man die­se Her­an­ge­hens­wei­se auf wei­te­re Berei­che der eige­nen Arbeit über­tra­gen kann«, berich­tet Wohn­grup­pen­lei­ter Neu­en­feldt-Kock. Wenn jetzt zum Bei­spiel die Eltern zu einem gemein­sa­men Koch­abend in der Wohn­grup­pe ein­ge­la­den wer­den, über­legt das Team vor­her: Was wol­len wir mit die­sem Vor­ha­ben errei­chen? Was muss erfüllt sein, damit die Ver­an­stal­tung ein Erfolg war? Und hin­ter­her wird geschaut, ob die­se Zie­le auch erreicht wur­den.

Wir­kungs­ori­en­tie­rung immer und über­all mit­zu­den­ken, das sei nicht immer umzu­set­zen, berich­tet Mar­cus Neu­en­feldt Kock. Der Blick auf die Wir­kung sei im Lauf der Zeit ein Aspekt gewor­den, der bei der Arbeit immer im Hin­ter­kopf blei­be. Eine Inves­ti­ti­on, die sich lohnt: »Wir haben eine Hal­tung ent­wi­ckelt, mit der wir unse­re Arbeit bewuss­ter auf unse­re Zie­le und die Ein­be­zie­hung aller Betei­lig­ten hin über­prü­fen. Durch die Wir­kungs­ori­en­tie­rung ist unser Han­deln ein­fach greif­ba­rer gewor­den.«

Der Bei­trag ist erschie­nen in: Sozi­al­wirt­schaft aktu­ell, Nomos, Okto­ber 2017

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Maga­zin

Janu­ar 2020 | Stu­di­en­gän­ge

Seit 2001 führt die Pari­tä­ti­sche Aka­de­mie gemein­sam mit der Ali­ce Salo­mon Hoch­schu­le den berufs­be­glei­ten­den Fern­stu­di­en­gang Sozi­al­ma­nage­ment durch. An die­sem Stu­di­en­gang, der das Ziel hat Füh­rungs­per­so­nal in der Sozi­al­ar­beit zu pro­fes­sio­na­li­sie­ren, haben inzwi­schen über 1.000 Stu­den­tin­nen und Stu­den­ten teil­ge­nom­men.

Dabei ist der Anteil der Stu­den­tin­nen von 57 Pro­zent in den Jah­ren von 2001 – 2009 auf 66 Pro­zent in der letz­ten Deka­de gestie­gen. Das spie­gelt wider, dass sich inzwi­schen mehr Frau­en eine Füh­rungs­po­si­ti­on in sozia­len Orga­ni­sa­tio­nen zutrau­en. Das Durch­schnitts­al­ter beim Stu­di­en­be­ginn beträgt 35 Jah­re. Knapp die Hälf­te der Stu­den­tin­nen und Stu­den­ten arbei­te­ten als Fach­kräf­te, ein Drit­tel hat­te bereits eine Posi­ti­on in der Team- oder Bereichs­lei­tung.

Wir haben im Okto­ber 2019 die Absol­ven­tin­nen und Absol­ven­ten der letz­ten fünf Jahr­gän­ge befragt, wie zufrie­den Sie mit die­sem Stu­di­um waren. Mit sehr gut oder gut wur­den von 81 Pro­zent der Befrag­ten die Stu­di­en­in­hal­te ins­ge­samt ein­ge­schätzt, wobei die fach­li­che Qua­li­tät der Leh­re (94 %) und die Aktua­li­tät der Inhal­te (91 %) beson­ders posi­tiv gese­hen wur­den.

Die Befrag­ten gaben an, am meis­ten von den Modu­len Manage­ment in Orga­ni­sa­tio­nen (88 %), Füh­ren und Lei­ten (85 %), Organisations­entwicklung (84 %) und Recht (82 %) pro­fi­tiert zu haben.

Als größ­tes Defi­zit wur­de genannt, dass der The­men­be­reich Digitalisierung/Social Media in der Sozi­al­wirt­schaft zu wenig behan­delt wur­de. An die­ser Stel­le haben wir bereits gegen­ge­steu­ert und im aktu­el­len Cur­ri­cu­lum die­sen Bereich deut­lich auf­ge­wer­tet. 

Von wel­chen der fol­gen­den Modu­le und Stu­di­en­in­hal­te haben Sie am meis­ten pro­fi­tiert?

Eine Beson­der­heit die­ses Stu­di­en­gan­ges ist, dass in allen Prä­senz­blö­cken jeweils die Betreu­ung durch pro­fes­sio­nel­le Coa­ches ange­bo­ten wird. Von 85 Pro­zent der Befrag­ten wur­de dies als eine Berei­che­rung sowohl für das Stu­di­um als auch die beruf­li­che Pra­xis gewer­tet.

Rück­bli­ckend beur­teil­ten 90 Pro­zent der Absol­ven­tin­nen und Absol­ven­ten die Ver­ein­bar­keit des Stu­di­ums mit ihrem aus­ge­üb­ten Beruf, und 80 Pro­zent die Ver­ein­bar­keit mit ihren damals bestehen­den pri­va­ten und fami­liä­ren Ver­pflich­tun­gen als gut oder eher gut. Dem­entspre­chend konn­ten 73 Pro­zent ihr Stu­di­um in der Regel­stu­di­en­zeit abschlie­ßen. Wei­te­re 17 Pro­zent benö­tig­ten nur ein Urlaubs­se­mes­ter.

Unter­stüt­zung durch Ihren Arbeit­ge­ber erhiel­ten 60 % der Befrag­ten, wobei es schon für 42 Pro­zent wäh­rend des Stu­di­ums eine beruf­li­che Ver­än­de­rung gab, für wei­te­re 32% nach dem Stu­di­um. Beson­ders zufrie­den waren die Befrag­ten mit der Betreu­ung durch die Refe­ren­tin­nen der Pari­tä­ti­schen Aka­de­mie (95 % zufrie­den oder eher zufrie­den) und dem Auf­bau und der Struk­tur des Stu­di­en­gangs (94 %) und, beson­ders wich­tig, mit dem erreich­ten Wis­sen und Kön­nen (92 %).

Daher wür­den auch 90 Pro­zent der Befrag­ten die­sen Stu­di­en­gang wei­ter­emp­feh­len.

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