Unser Dozent Marek Körner im Interview
In unserem Masterlehrgang Management von Sozialeinrichtungen – Schwerpunkt Kinder- und Jugendeinrichtungen werden Fähigkeiten vermittelt, soziale Einrichtungen auf der Basis rechtlicher, betriebswirtschaftlicher und in der Praxis bewährter Managementkenntnisse zu führen und zu leiten. Mit wissenschaftlicher Herangehensweise entwickeln die Studierenden ein Verständnis für Organisationsstrukturen in komplexen gesellschaftlichen und politischen Zusammenhängen. Das praxisorientierte Studium ist so konzipiert, dass durch die Bearbeitung realer und aktueller Problemstellungen das Gelernte sofort im Berufsalltag anwendbar ist. In den Studiengängen lehren neben Professor:innen und Lehrbeauftragten auch Praktiker:innen aus der Sozialwirtschaft. Seit 6 Jahren gehört auch Marek Körner zu unseren Dozierenden.
Im Interview mit Viola Strittmatter spricht er über seine Motivation, in diesem Studiengang zu lehren und über die Besonderheiten des Studienangebots.
Wo und in welcher Position arbeiten Sie derzeit?
Ich arbeite Bei FRÖBEL Bildung und Erziehung gGmbH als Prokurist, Bereichsleiter West, sowie als Geschäftsleiter der Region Köln-Berg. FRÖBEL Bildung und Erziehung gGmbH ist im Bereich der Kindertageseinrichtungen mit knapp 17.000 betreuten Kindern und ca. 4.000 Mitarbeiter:innen Deutschlands größter Freier Träger.
Was ist Ihre Motivation als Dozent in diesem Studiengang tätig zu sein? Was führte sie zu uns?
Durch meine langjährige Beschäftigung beim Paritätischen Hessen als Referent für Soziale Arbeit war mir die Paritätische Akademie als Fort- und Weiterbildungsstätte natürlich umfassend bekannt und geschätzt. Die Verbindung und auch Grenzen von wissenschaftlicher Theorie und Lehre sowie deren Entsprechung und Umsetzung in die Praxis Sozialer Arbeit sind spannend und herausfordernd.
Was lehren Sie im Studiengang und warum ist dieses Thema für die Qualifizierung von (zukünftigen) Führungskräften in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe so wichtig?
Meine Lehre befasst sich mit den Rahmenbedingungen und Grundsätzen der Finanzierung in der Kinder- und Jugendhilfe, sowie der Theorie und Praxis der Sozialraumorientierung. Die Befassung mit den individuellen, aber auch sozialräumlichen Bedürfnissen und Bedarfen der betroffenen Menschen, deren sozialrechtliche Interpretation und gesetzliche Einordnung, ist eine bedeutende Grundlage der Sozialen Arbeit und des Sozialstaatsprinzips. Führungskräfte haben u.a. die Aufgabe diesen Anspruch in strategisches, wirtschaftliches und finanzielles Handeln für ihre soziale Institution umzusetzen. Die gelungene Aushandlung von Kooperationen, Verträgen und Vereinbarungen stellt dabei eine wichtige Basis des Erfolges und letztlich der guten Wirkung für die Betroffenen dar.
Was ist aus ihrer Sicht das Besondere an dem Studiengang?
Eindeutig die Teilnehmer:innen! Sie kommen aus den unterschiedlichen Feldern der Sozialen Arbeit, bringen ihre bereits gemachten persönlichen und fachlichen Erfahrungen, Kenntnisse, aber natürlich auch Fragen und kritischen Aspekte direkt ein und tragen dazu bei, eine besondere Atmosphäre des Dialoges, Nachdenkens und Lernens zu gestalten.
Haben Sie von den Studierenden etwas gelernt und wenn ja, was?
Soziale Arbeit – überhaupt die Arbeit mit Menschen – lebt vom Diskurs und vom Betrachtungsstandpunkt. Ich habe mit den Studierenden gelernt, Dinge aus ihren verschiedenen fachlichen Perspektiven zu betrachten und dabei andere Herangehensweisen und Lösungen zu sehen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Foto: © Bettina Straub
AUCH INTERESSANT
Die Paradoxie in Veränderungsprozessen
Ein Gastbeitrag unserer Dozentin Marion Schenk
Organisationen aktiv zu verändern – ist das nicht eigentlich eine Illusion? Diese Frage stellt sich, wenn man ein systemisches Verständnis von Organisationen hat und Selbststeuerung als grundlegende Prozesse akzeptiert. Dennoch stehen die speziellen Anforderungen, die an Führungskräfte als Gestaltende im System gestellt werden, immer wieder im Fokus.
Wer leitet den Wandel in Organisationen ein bzw. unterstützt ihn? Kann das überhaupt eine (Führungs-) Person sein? Niklas Luhmann sagt dazu, dass Entscheidungen in Organisationen immer Personen zugeschrieben werden müssen[1]. Das entspricht dem allgemeinen Verständnis von Führung und Entscheidungsfindung im Arbeitsleben. Vermutlich, weil die Vorstellung, dass sich Organisationen über Entscheidungen reproduzieren, die Entscheidungsprämissen in Systemen zentral sind und das unabhängig von Personen, noch immer stark irritiert. Deshalb brauchen wir die Idee der wirkmächtigen Führung. Die Frage, was sie bewirkt und wie sie das macht, ist damit aber noch nicht beantwortet.
Führungstheorien und ‑praktiken beschäftigen uns besonders, wenn wir uns mit Wandel und Organisationsveränderung auseinandersetzen. Wie muss Führung erscheinen, um die Prozesse der Selbststeuerung hilfreich zu unterstützen oder die Menschen mitzunehmen und dabei für ein angemessene Verhältnis an Beweglichkeit und Robustheit in der Organisation zu sorgen?
Drei Konzepte der Führung scheinen da interessant zu sein: zum einen die Idee der postheroischen Führung, wie sie Dirk Baecker [2] beschreibt zum anderen das Konzept der lateralen Führung[3]. Ein dritter Ansatz ist das stark an die Persönlichkeit der Führenden gebundene Konstrukt der transformationalen Führungskultur, das in der Praxis derzeit regen Zuspruch findet.
Wir beleuchten hier die Aspekte der Konzepte, die in Veränderungsprozessen hilfreich sein können. Welche Ansätze können Selbststeuerungsprozesse unterstützen und zugleich Widerstände minimieren? Wir gehen davon aus, dass bei Berücksichtigung dieser beiden Themen durch Führung die Chancen für eine erfolgreiche Veränderung in Organisationen erhöht wird.
[1] Niklas Luhmann 2011
[2] Dirk Baecker 2015
[3] Stefan Kühl 2016
Postheroische Führung vs. Heroische Führung
Führung bedeutet Verantwortungsübernahme für die Selbststeuerung des Systems. Diese Paradoxie besagt, dass Systeme eine eigene Logik haben, sich selbst steuern und Führung keinen trivial kausalen Einfluss auf das Organisationsgeschehen hat. Dennoch ist es nicht irrelevant, wer führt und wie er oder sie es tut.
Baecker grenzt die heroische Führung als eine eher historische von der heute zeitgemäßeren postheroischen Führung ab.
Heroische Führung hatte ein klares Ziel oder eine Idee vor Augen, startete einen Angriff mit Sieg oder Untergang und kannte nur einen Helden. „Unterwirf die Welt – oder verschwinde für immer“. Scheitern hatte, im Auge des Heroen, seine Ursache meist in der ignoranten Umwelt. Diese Form der Führung spart sich die Mühe, immer wieder einen Abgleich zwischen der Organisation und der Umwelt zu machen. Sie fragt nicht danach, wie sich die Welt verändert und momentan zeigt. Sie hat nur ihre eine Wirklichkeit.
Das Modell passt nicht mehr so richtig in unsere heutige, komplex organisierte Gesellschaft.
Postheroische Führung erobert die Welt nicht, sondern steht mit ihr in Beziehung und Wechselwirkung, sie bindet ein, sie informiert und fragt nach. Interventionen sind nicht eindimensional, sondern werden in ihren oft widersprüchlichen Auswirkungen betrachtet.
Die Problemlösekompetenz liegt in der Organisation bei allen und nicht nur an der Spitze der Hierarchie. Man wägt ab, unter welchen Bedingungen man gute Erfahrungen gemacht hat, vergleicht Umwelt und interne Prozesse und trifft häufig vorläufige Entscheidungen. Ein Vorgehen, das in Veränderungsprozessen meist die Zustimmung der Geführten findet. Denn jedwede Veränderung führt bei einer großen Zahl der Mitarbeitenden dazu, dass sie ihre Rolle anpassen und sich neu verorten müssen. Das fragile Gleichgewicht zwischen Macht und Einfluss sowie Ohnmacht und der eigenen Bedeutsamkeit gerät bei allen in Bewegung. Das ist für viele Organisationsmitglieder ein – wenn auch nicht offen genannter – Grund, sich Veränderungen zu widersetzen.
Laterale Führung
Das Konzept der lateralen Führung trägt den Erfahrungen Rechnung, dass sich jenseits hierarchischer Strukturen in Unternehmen auch vielfach „zur Seite gerichtete“ Führungsprozesse beobachten lassen, fernab der klassischen Hierarchie. Diese mit zu berücksichtigen und gegebenenfalls zu nutzen kann in bewegten Zeiten sinnvoll sein. Laterale Führung zieht sich nicht auf rein hierarchische Prozesse zurück, sondern sucht Prozesse der Verständigung anzuregen und zu leben, um gemeinschaftliche Sichtweisen zu entwickeln oder unterschiedliche Positionen zu verstehen.
Stefan Kühl [1] sieht wichtige Fähigkeiten von Führung in sich verändernden Umwelten darin, Kontingenz möglichst lange zu erhalten. Das bedeutet, Möglichkeiten zu erhalten und Dinge nicht zu schnell ein- oder auszugrenzen.
In der Praxis heißt das, Veränderungen und neue Strukturen zunächst als Erprobungsphase zu deklarieren, das heißt die Vorläufigkeit zu betonen. Das mindert Widerstand und es wird nicht alles zerredet, da nicht alle Alternativen sofort betrauert und beerdigt werden müssen.
Jede echte Veränderung ist immer nur EINE Entscheidung unter Unsicherheit. Niemand weiß mit hundertprozentiger Sicherheit, was „das Beste“ ist. Offenheit zu behalten und die Möglichkeit zur Korrektur mitzudenken, bedeutet nicht Führungsschwäche, sondern ist ein Kennzeichen kompetenter lateraler und/oder postheroischer Führung. Gemeinsames Erkunden, im Gegensatz zum schnellen Verkünden, ermöglicht es, Zukunft lange konstruktiv unbestimmt zu halten ohne dabei unnötige Unsicherheit zu erzeugen.
Wo die landläufige heroische Anmutung von Führung schon lange entschieden und entschlossen aufgetreten wäre, um Sicherheit zu suggerieren, erhält die laterale Führung ihr „Signum der Vorläufigkeit“ [2]. Für sie ist das Kunst, Kompetenz und Qualitätsmerkmal von Führung im Veränderungsprozess.
Der „dosierte Glaube an Helden“ (Baecker) scheint zwar punktuell wichtig zu sein, um kurzfristig Begeisterung zu erwecken und einige Mitstreitende zu finden. Diese „Fallweise vorkommenden Heroismen“, die Baecker als Opium fürs Volk bezeichnet, stehen aber nur scheinbar im Widerspruch zur postheroischen und lateralen Führung.
Kluge, flexible Führung weiß, wann es auf die postheroische komplexe Intelligenz ankommt und wann man heroisch erscheinen muss, um zum Beispiel Entscheidungen sichtbar zu treffen, bzw. wirkungsvoll zu kommunizieren. Ebenso weiß sie das Zusammenspiel von Macht, Vertrauen und Verständnis zu gestalten. Dem Mechanismus, der nach Kühl die Stärke lateraler Führung ausmacht.
In sich verändernden Konstellationen und Strukturen müssen sich alle Beteiligten die Frage stellen: Was heißt die Veränderung für mich? Wem kann und will ich vertrauen? Wie viel Macht habe ich noch? Hat jemand Macht über mich? In welche Verständigungs- beziehungsweise Kommunikationsprozesse werde ich einbezogen? Die Bewertung dieser Fragen entscheidet mit darüber, wer zum Widerständler und wer zum Unterstützer der Veränderung wird.
Das führt uns dann wieder zur Idee der Vorläufigkeit. Kann Führung vermitteln, dass nicht alles in Stein gemeißelt und für die Ewigkeit ist, fällt es leichter, sich diesen Themen mit weniger Verbissenheit, Stress und Widerstand zu widmen. Es entsteht wieder Lust, sich an diesem Spiel konstruktiv zu beteiligen.
[1] Kühl 2016
[2] Kühl 2016
Transformationale Führungskultur
Ein drittes Modell – vielleicht auch ein Mythos – ist die transformationale Führungskultur. Sie beinhaltet sowohl die Idee des Charismas, wie sie auch bei den Helden zu finden ist, als auch das Prinzip der individuellen Förderung und Nutzung der Beiträge aller an der Organisation Beteiligten. Die Beziehungen der Führungskraft zu den Mitarbeitenden steht im Mittelpunkt.
Dynamik in Organisation kann ich als Führung nur nutzen, wenn ich als Person mit anderen Personen in Beziehung treten kann. Das Verständnis für die Motivlagen und Besonderheiten der Mitarbeitenden wird eine wesentliche Kompetenz der Führungskraft.
Luhmann sagt dazu auch: „Kein Mensch handelt ohne selbst dabei zu sein, er bringt sich selbst, seine Persönlichkeit, mit an die Arbeitsstelle. Die Organisation fordert ihm jedoch nur spezifische Leistungen ab. Seine Gefühle und seine Selbstdarstellungsinteressen werden dabei kaum beansprucht. Sie lungern während der Arbeit funktionslos herum und stiften Schaden, wenn sie nicht unter Kontrolle gehalten werden.“ [1]
Die Basiselemente einer transformationalen Führungskultur sind die sogenannten vier I´s. Inspiration, individuelle Behandlung, intellektuelle Stimulierung der Mitarbeitenden und die als Modell wirkende Persönlichkeit der Führung (idealized personality).
Dies beinhaltet, Mitarbeiter*innen zu inspirieren und zu motivieren, sie nach ihren Fähigkeiten und Bedürfnissen individuell zu führen, alte Denkmuster aufzubrechen und zu stimulieren, sowie als integres Modell Enthusiasmus zu vermitteln und als Identifikationsfigur zur Verfügung zu stehen. Hier finden sich viele Elemente aus lateraler Führung und postheroischem Management wieder, ebenso wie das zu Beginn formulierte Prinzip der Verantwortungsübernahme für die Selbststeuerung des Systems.
Zugleich erscheint das Konzept jedoch in einem personifiziertem Gewand. Man spricht zwar von transformationaler Führungskultur, denkt dabei aber meist an Persönlichkeiten, die diese beispielhaft verkörpern. Es lauert die Gefahr, dass sie wieder als heldenhafte Lichtgestalten fungieren, zumal die Anforderung an das, was die Führungskraft hierbei zu leisten hat, immens sind.
Nicht mehr Heldentum im Sinne der Heroen, sondern „grandios charismatische und allumfassende Persönlichkeiten“, die Mitarbeitende fördern, treten als neue Bilder auf.
Oft müssen wir uns eingestehen, in schnelllebigen und unberechenbaren Zeiten als Einzelpersonen nur geringe Einflussmöglichkeiten zu haben. Die Paradoxie von Führung besteht hier darin, mit transformationaler Haltung und als Persönlichkeit mit Charisma trotz „struktureller Ohnmacht“ zu wirken.Gleichzeitig stärkt diese unbequeme Erfahrung den Mythos um Personen, die scheinbar einen Unterschied im System machen können.
Gemeinsam ist allen drei Konzepten, dass die Mitarbeitenden eine wichtige Rolle bei der Gestaltung von Organisation und Veränderungsprozessen spielen und nicht eine einzige Person die Unternehmensgeschicke lenkt. Das Zusammenspiel vieler trägt dazu bei, die Organisation je nach Bedarf zu verändern, zu stabilisieren oder zu entwickeln. Eine Idee, die der Selbststeuerung und der Vorstellung von Organisation als Spiel mit Spielregeln und Mustern schon viel näher kommt.Führung kann in ihren eher indirekten Formen dazu einen guten Beitrag leisten und so die Paradoxie der Wirkung im Kontext von Selbststeuerung aufrecht erhalten.
Denn wir brauchen im Luhmannschen Sinne eben die Personen, denen wir Entscheidungen zurechnen können!
[1] Niklas Luhmann: 2016
Zur Autorin: Marion Schenk, Dipl. Psych. Dipl. Kffr. arbeitet in Berlin als selbstständige Organisationsberaterin und ist Gesellschafterin des SIFB, Systemisches Institut für Führung und Beratung.
Literatur zum Weiterlesen:
Dirk Baecker: Postheroische Führung: Vom Rechnen mit Komplexität. (essentials)Taschenbuch 2015
Stefan Kühl: Laterales Führen: Eine kurze organisationstheoretisch informierte Handreichung. Taschenbuch 2016
Niklas Luhmann: Der neue Chef. Gebundene Ausgabe 2016 neu herausgegeben von Jürgen Kaube.
Niklas Luhmann: Organisation und Entscheidung (Rheinisch-Westfälische Akademie der Wissenschaften) Gebundene Ausgabe 2011
Foto: © Michael Jungblut / michaeljungblut.com
Pressemitteilung des Berliner Bündnis für Qualität im Ganztag:
Mehr als 100.000 Berliner Grundschulkinder nehmen ein Ganztagsangebot in Anspruch. Das begrüßen wir außerordentlich, denn gute Ganztagsangebote befördern erfolgreiche Bildungsprozesse.
Weniger erfreulich sind die Rahmenbedingungen für die Ganztagsangebote in Berlin: Der Zugang über einen Bedarfsbescheid schließt gerade die Kinder aus, die von ganztägiger Bildung besonders profitieren können. Der unzureichende Personalschlüssel lässt aus Förderung und Betreuung oftmals Aufbewahrung und Beaufsichtigung werden. Und viele Schulen sind räumlich wenig geeignet, Kindern ein guter Ort für den ganzen Tag zu sein.
Vor diesem Hintergrund setzt sich das Berliner Bündnis Qualität im Ganztag für verbesserte Rahmenbedingungen für die Berliner Ganztagsgrundschulen ein, die die Perspektiven von Grundschulkindern, Pädagoginnen und Pädagogen, Eltern und Trägern berücksichtigen.
Wir haben folgende Kernforderungen aufgestellt:
• Freier Zugang für alle Kinder bis 16 Uhr – unabhängig von der Erwerbssituation ihrer Eltern
• Mehr Personal für einen besseren Betreuungsschlüssel und eine bessere Leitungsausstattung
• Ausreichend Platz in den Schulen für vielfältige Ganztagsangebote
Erfreut haben wir zur Kenntnis genommen, dass einige unserer Forderungen Widerhall im Koalitionsvertrag fanden. Enttäuscht stellen wir jetzt fest, dass sich nichts von diesen Vorhaben im Haushaltsentwurf 2018/19 wiederfindet.
Wir fordern deshalb die Abgeordneten, die gerade über den Doppelhaushalt beraten, auf: Lassen Sie den Worten im Koalitionsvertrag Taten folgen. Sorgen Sie dafür, dass in 2018 / 2019 mit den Qualitätsverbesserungen für die Ganztagsbetreuung begonnen wird.
Das Berliner Bündnis „Qualität im Ganztag“ hat für die Umsetzung der Koalitionsvorhaben konkrete Vorschläge gemacht und Kostenberechnungen vorgelegt.
„Ganztagsangebote müssen allen Kindern offenstehen. Das Recht auf Bildung darf nicht von der Erwerbssituation der Eltern abhängen.“
Roland Kern, Dachverband Berliner Kinder- und Schülerläden – DaKS
„Nach Aussagen von Staatssekretär Rackles im Bildungsausschuss März 2016 kostet die Abschaffung der Bedarfsprüfung ´keinen riesigen Millionenbetrag‘. Damit muss eine Abschaffung sofort umgesetzt werden“.
Elvira Kriebel, Paritätischer Wohlfahrtsverband LV Berlin e.V.
„Unumgänglich sind Investitionen in die strukturellen Rahmenbedingungen und die pädagogische Weiterentwicklung der Ganztagsschule – für unsere Kinder und für gute Arbeitsbedingungen der Erzieherinnen und Erzieher“.
Doreen Siebernik, GEW BERLIN
Mehr unter: www.qualitaet-im-ganztag.de l Kontakt über: Paritätische Wohlfahrtsverband Berlin, Elvira Kriebel, Tel. 030 86001–166, kriebel@paritaet-berlin.de
GEW BERLIN, Ronny Fehler, Tel. 030 219993–40, ronny.fehler@gew-berlin.de
Volker Berg ist Mitarbeiter im Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Berlin.
Inhalte und Methoden der Sozialen Gruppenarbeit
Ausgangspunkt aller (sozial)pädagogischen Aktivitäten sind die jeweiligen Bedürfnisse und Entwicklungsaufgaben von Kindern und Jugendlichen. Dabei stehen die Grundsätze der Offenheit, Freiwilligkeit, Zielgruppen und Lebensweltorientierung in Verbindung mit Verbindlichkeit und Kontinuität in den personellen und strukturellen Gegebenheiten im Vordergrund. Die Mitarbeiterinnen machen klare, verlässliche Beziehungsangebote, auf deren Basis sich ein vertrauensvolles Miteinander entwickelt. SGA erfolgt ziel- und lösungsorientiert unter Berücksichtigung der Hilfeplanziele, unter Anwendung eines pädagogischen Konzeptes und einer Vielfalt pädagogischer Methoden. Gruppen‑, Einzel‑, Eltern‑, Netzwerk- und Umfeldarbeit bilden die Bausteine des Angebotes.
Gruppenarbeit
Eine Gruppe stellt einen wichtigen sozialen Rahmen für die Entwicklung und Selbstverwirklichung des jungen Menschen dar. Für eine positive Identifikation und den Aufbau von Beziehungen ist es notwendig, den Anforderungen, die eine Gruppe (z.B. Schule, Freundeskreis) an den Einzelnen stellt, gerecht zu werden. Ebenso ist es notwendig, Gruppen nutzen zu können, um Anerkennung und das Gefühl sozialer Sicherheit und Geborgenheit zu erfahren. Die soziale Gruppe nimmt selbst als ein bewusst gewähltes und von den Gruppenpädagogen kontrolliertes Arrangement Einfluss auf Veränderungsprozesse des Einzelnen. In einer Gruppe von Gleichaltrigen werden die jungen Menschen unter stützt, Fähigkeiten zu entwickeln, ihr Selbstbild und ihre Perspektive zu verändern, neue Verhaltensmuster einzuüben, um sich auf die Übernahme sozial akzeptierter Rollen vorzubereiten. In der Gruppe tauschen sie sich über adäquates Verhalten aus.
Durch zielgerichtete Gruppenerlebnisse sollen die sozialen Fähigkeiten erweitert und angemessene Umgangs und Auseinandersetzungsformen mit Gleichaltrigen entwickelt werden. Im schützenden Rahmen der Gruppe können die Kinder und Jugendlichen wechselseitig lernen, sich über eigene Konfliktkonstellationen bewusst zu werden, über Erlebnisse und Gefühle, die sie bewegen, zu reden, ihr Verhalten zu reflektieren und mit den anderen Gruppenmitgliedern gemeinsam nach Lösungsstrategien zu suchen. Dadurch können sie erleben, was es heißt, aktives Mitglied einer Gruppe zu sein sowie verständnisvoll und tolerant miteinander umzugehen. Die Integration in eine feste Gruppe fördert das Erleben von sozialer Zugehörigkeit und steigert das Selbstwertgefühl. Dabei werden die gruppendynamischen Prozesse von den Gruppenleitern gezielt genutzt.
Methoden des sozialen Lernens in der Gruppe werden eingesetzt, um mit und voneinander zu lernen, den Umgang mit Konflikten und mit Kritik zu üben, soziale Kommunikation zu befördern, die Formulierung eigener Wünsche und Grenzen zu erlernen, Verhalten zu interpretieren und ein interkulturelles Miteinander zu entwickeln. Die Gruppenteilnehmerinnen erfahren durch Situationsgestaltung, Spiele, Kommunikations und Interaktionsübungen, wie Konflikte gelöst und Impulse reguliert werden können.
Darüber hinaus erwerben bzw. festigen die Teilnehmerinnen einer SGA eine Vielzahl an alltagspraktischen Kompetenzen. Dazu gehören Fertigkeiten wie Kochen und Backen, Tischdienste, der Um gang mit Geld (z. B. beim Einkaufen für die Gruppe) oder das verantwortungsbewusste Handeln im Straßenverkehr. Hilfreich für die Orientierung der jungen Menschen im Tagesverlauf sind die ritualisierten Abläufe in der Gruppe sowie eine klare Zeitplanung.
Partizipation als grundlegende Strukturmaxime nimmt einen hohen Stellenwert im pädagogischen Handeln ein: Es gilt, junge Menschen zu motivieren sich einzubringen – so wie sie sind, mit dem was sie können und wollen. Sie dürfen sich engagieren, beteiligen, mitentscheiden und mitgestalten. Sie erhalten Gelegenheit, ihre eigenen Interessen zu vertreten und in demokratischen Prozessen auszuhandeln. Gemeinsam gestaltete Aushandlungsprozesse stärken selbstbewusstes Handeln und befähigen junge Menschen dazu, soziale Verantwortung zu übernehmen. Vor allem geht es um das Mut machen und die Befähigung, die Herausforderungen des Lebens mit eigenem Engagement aktiv wahrzunehmen. Die jungen Menschen erhalten Freiräume zur Mitbestimmung, um darüber ihre Eigeninitiative zu fördern. Auf diese Weise wird angeregt, selbstständig Konflikte lösen zu lernen bzw. eigene Integrationsmuster zu finden. Die Angebote beziehen sich auf die Interessen und Fähigkeiten der jungen Menschen und eröffnen ihnen zugleich neue Perspektiven. Auf diese Weise wird Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit gegeben, sich als eigenverantwortlich, selbstwirksam, schöpferisch und wertvoll zu erfahren.
In den Ferien dienen ganztägige Gruppentreffen, Gruppenreisen, Tagesfahrten oder gemeinsame Übernachtungen der intensiven Gruppenfindung und -auseinandersetzung der Teilnehmer. Der laufende Gruppenprozess erhält starke Impulse. Darüber hinaus stärken positive gemeinsame Erlebnisse die gegenseitigen Beziehungen untereinander und unterstützen so den Aufbau eines vertrauensvollen Rahmens. Die Kinder werden in die Vorbereitung und Durchführung aktiv miteinbezogen und erleben so ihre Selbstwirksamkeit.
Einzelarbeit
Neben der Arbeit mit der gesamten Gruppe beinhaltet die Hilfeform der SGA auch verschiedene Elemente individueller Unterstützung und Aufmerksamkeit, die situations- und bedarfsorientiert in die Arbeit einfließen. Die Zuwendung zu jedem Einzelnen
- ermöglicht die Wertschätzung der individuellen Interessen, Möglichkeiten und Wünsche der Kinder
- wird genutzt, um die persönlichen Belange, Sorgen und Themen der jungen Menschen stärker thematisieren zu können
- stärkt und formt die Beziehung und das Vertrauen der jungen Menschen zu den Fachkräften und ist somit wichtiger Grundbaustein der Zusammenarbeit
- ist notwendig, um junge Menschen und ihre Zugänge zu Themen kennenzulernen und so die Angebote passgenau gestalten zu können.
Formen der individuellen Förderung sind:
- individuelle Gespräche, Biografiearbeit
- schulische Unterstützung, Lernförderung
- Einzelarbeit im Rahmen von Projekten
- Motivation zur Selbstreflexion
- Benennen individueller Ressourcen und Stärken
- Vergabe von Aufträgen, die sich an den individuellen Fähigkeiten orientieren
- Erarbeitung individueller Ziele und Reflexion des Hilfeverlaufs
- gemeinsame Vor und Nachbereitung der Hilfeplangespräche
- Erarbeitung von Lösungen bei aktuellen Schwierigkeiten/Problemlagen > Krisenintervention
Elternarbeit
Der Elternarbeit kommt in der SGA besondere Bedeutung zu, sie ist integraler Bestandteil der pädagogischen Arbeit. Der regelmäßige Austausch über die Entwicklung ihrer Kinder – nicht nur im Konfliktfall, sondern gerade auch bei positiven Rückmeldungen über das Verhalten oder die Leistungen – sind ein Beitrag zur Auflösung von Spannungen innerhalb der Familie oder zwischen Familie und Schule. Die Elternarbeit hat darüber hinaus das Ziel, dysfunktionale Muster wahrzunehmen, anzusprechen und nach Möglichkeit die Familie dabei zu unterstützen, neue, funktionalere Muster aufzubauen und zu festigen. Dazu gehört:
- Klarheit über Regeln, Normen, Aufgaben und Beziehungen innerhalb des Familiensystems zu schaffen
- Rollenklärung, zu der eine klare Grenzziehung zwischen den Generationen innerhalb der Familie und den jeweiligen Aufgaben gehört
- Verständigung über altersangemessene Regeln, Normen und Aufgaben
- Klärung der Rollen möglicher Stiefeltern
- Abstimmung der Erziehungsziele unterschiedlicher Erziehungsberechtigter.
Die Kinder erleben die gemeinsamen Gespräche in der Regel positiv als Wertschätzung und Interesse ihrer Eltern, obwohl sie sich mit dem eigenen Verhalten auseinandersetzen müssen und auch schwierige Situationen thematisiert werden.
Einladungen zu gemeinsamen Veranstaltungen, Festen und Elternabenden ergänzen die individuellen Gespräche und stellen den Bezug zum familiären Umfeld der Kinder und Jugendlichen her. Sie geben den Eltern die Möglichkeit, sich aktiv zu beteiligen und sich mit anderen Eltern auszutauschen.
Bausteine der Elternarbeit:
- gemeinsame Entwicklung von Zielen
- regelmäßige Beratungsgespräche zu Erziehungsfragen
- Beratung und Unterstützung der Eltern im Umgang mit den Herausforderungen des Kindes
- Reflexion der pädagogischen Prozesse in der SGA und Überprüfung der Übertragung in den familiären Kontext
- Stärkung der Familienressourcen
- Elterngruppenangebote, Elternabende
- Unterstützung und Beratung in Krisensituationen
Netzwerkarbeit
Die Zusammenarbeit mit für die Hilfe relevanten Institutionen und Personen, wie Schulen, Jugendämter, Ärzte, Therapeuten, ist eine Bedingung für das Gelingen der Hilfen. Vor allem der regelmäßige Austausch mit Lehrern und Schulsozialarbeitern ist von besonderer Bedeutung, da der Lernort Schule die betreuten jungen Menschen in der Regel vor große Herausforderungen stellt. Deshalb finden bedarfsentsprechend und in Abstimmung mit den Eltern regelmäßige Gespräche mit den Lehrerinnen und Schulsozialarbeitern statt. Die Eltern werden bei Bedarf im Umgang mit der Schule so begleitet und beraten, dass sie im Sinne ihres Kindes eine konstruktive Form der Zusammenarbeit praktizieren.
Die Vernetzung der Fachkräfte der SGA durch die Teilnahme an relevanten bezirklichen Gremien ist hilfreich für die Arbeit, da die Fachkräfte so stets über wichtige Angebote und Entwicklungen in den Sozialräumen informiert sind und dieses Wissen wiederum an die Familien weitergeben können.
Erschließung und Nutzung sozialräumlicher Angebote
Das gemeinsame Erkunden von Angeboten und Freizeitmöglichkeiten im Kiez erleichtert den Kindern und Jugendlichen an den gruppenfreien Tagen oder im Anschluss an eine Hilfe den Zugang zum Sozialraum. Aktivitäten der Gruppe fördern das Wissen der Gruppenteilnehmer um die Möglichkeiten in ihrer Umgebung, erhöhen die Selbständigkeit im öffentlichen Raum, dienen der Interessenerweiterung und führen idealerweise zu neuen Kontakten und Ansprechpartnern für die Kinder und Jugendlichen (z. B. zu Mitarbeitern von Kinder und Jugendfreizeiteinrichtungen).
Eine Weiterbildung für Mitgliedsorganisationen des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Berlin
Was uns antreibt
Soziale Organisationen wollen etwas in der Gesellschaft zum Positiven verändern. Sie wollen die Situation ihrer Zielgruppe verbessern – ältere, kranke oder abhängige Menschen, Familien, arme Menschen oder Menschen mit Behinderung. Das heißt, soziale Organisationen bemühen sich darum, dass ihre Arbeit eine gesellschaftliche Wirkung zeigt. Aber wie können sie beurteilen, ob ihre Arbeit die gewünschte Veränderung erreicht?
Diese Konzeptvielfalt erschwert Geldgebern wie auch Vertretern der Sozialwirtschaft möglichweise, sich mit den Ansätzen der Wirkungsorientierung vertieft auseinanderzusetzen. Diese Weiterbildung Wirkungsmanagement führt in die Denkweisen der Wirkungsorientierung ein und befähigt die Teilnehmenden dazu, die Arbeitsprozesse in ihrer Organisation wirkungsorientiert zu planen, zu steuern und ihre Wirkung transparent zu machen.
Als Dach- und Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege wollen wir das Thema Wirkungsorientierung im Kontext der sozialen Arbeit konkret mitgestalten, die Debatte um die Wirksamkeit sozialer Arbeit weiter voranbringen, und bieten deshalb ein Programm zur Wirkungsorientierung an. Unsere Erfahrungen damit zeigen: Es gibt Methoden, die uns helfen, die Wirkungsorientierung zum Nutzen sozialer Organisationen und deren Klientel zu implementieren.
Zwei Partner – ein gemeinsames Ziel
Der Paritätische Wohlfahrtsverband Berlin hat in Kooperation mit der Phineo gAG, einem gemeinnützigen Analyse- und Beratungshaus für wirkungsvolles gesellschaftliches Engagement, von 2014 bis 2017 ein umfangreiches Pilotprojekt zur Wirkungsorientierung durchgeführt. Der Pilot umfasste 17 Mitgliedsorganisationen aus zwei Referaten (Jugendhilfe /Hilfen zur Erziehung und Sucht/HIV/Aids/Gesundheit). Die Erfahrungen der sozialen Organisationen und ihren Mitarbeitenden in der praktischen Umsetzung von Wirkungsorientierung wurden als äußerst gewinnbringend eingeschätzt. Der Fokus lag darauf, Voraussetzungen, Chancen und Grenzen von Wirkungsorientierung auszuloten.
Ziele und Zielgruppen – wen wir erreichen wollen
Wir wollen Mitarbeitende der teilnehmenden Organisationen und allgemein Interessierte zu Wirkungsmanagerinnen und ‑managern ausbilden. Im Zusammenhang mit der Weiterbildung sollen Wirkungsprojekte in den Organisationen umgesetzt werden. Zielgruppen der Weiterbildung sind Paritätische Mitgliedsorganisationen sowie deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf der Fach‑, Projekt- und Leitungsebene und allgemein Interessierte an dem Bereich Wirkungsorientierung.
Ansatz und Ausrichtung
Die Wirkungsmanagement-Weiterbildung basiert auf dem Ansatz, Projekte und Angebote sozialer Arbeit auf ihre Wirkung hin zu analysieren, zu planen und umzusetzen. Wirkungsorientierte Organisationen betreiben diesen Prozess bewusst und steuern ihn aktiv. Sie klären ihre Wirkungslogik, formulieren konkrete Wirkungsziele, leiten Indikatoren ab und überprüfen systematisch ihre Zielerreichung mit angemessenen Methoden. In der Weiterbildung stehen das Üben der Methoden und ihre Anwendung im Vordergrund, wobei Diskussionen theoretischer Modelle unverzichtbarer Bestandteil sind. Eine Prozessbegleitung der einzelnen Wirkungs-Projekte der Teilnehmenden erfolgt.
Ausblick in die Zukunft – nach der Weiterbildung geht es weiter
Die Weiterbildung „Wirkungsmanagement“ in der Paritätischen Akademie ist ein erster und wichtiger Schritt, der das Thema Wirkungsorientierung für Mitgliedsorganisationen zugänglich machen soll – aber bei Weitem nicht der letzte. Mittelfristig wollen wir im Landesverband Berlin zusammen mit der Paritätischen Akademie und den Paritätischen Mitgliedsorganisationen den Bereich Wirkungsorientierung weiter ausbauen. Wir wollen Raum schaffen für Vernetzung und Austausch und uns kollegial darin unterstützen, die Wirksamkeit unserer Projekte zu stärken und zu kommunizieren.
Ziel ist dabei immer, einen sozialen Mehrwert für die Gesellschaft zu schaffen.
Gabriele Schlimper,
Geschäftsführerin Paritätischer Wohlfahrtsverband LV Berlin e.V.
Die Ausschreibung zur Weiterbildung Wirkungsmanagement finden Sie hier.
Weitere Informationen und Beispiele aus der Praxis lesen Sie hier im aktuellen Artikel zur Wirkungsorientierung in der sozialen Arbeit in der Fachzeitschrift „Sozialwirtschaft aktuell“.
Nachfragen beantworten:
Hans-Jürgen Wanke, Paritätischer Wohlfahrtsverband LV Berlin e.V.
Tel: 030 86001 186
Anne Jeglinski, Paritätischer Wohlfahrtsverband LV Berlin e.V.
Tel: 030 86001 601
Dilek Yüksel, Paritätische Akademie Berlin gGmbH
Tel: 030 2758282 17
Im Rahmen der Reihe Paritätische Perspektiven kamen Vertreter aus Social Start-ups und aus der „klassischen“ Wohlfahrt miteinander ins Gespräch. Unter dem Titel „Social Entrepreneurship Meets Wohlfahrt“ hatten der Paritätische Wohlfahrtsverband Berlin und die Paritätische Akademie Berlin dazu eingeladen, am 5. Dezember 2019 im Umspannwerk Kreuzberg die Chancen und Grenzen der Zusammenarbeit von sozialen Organisationen und Sozialunternehmen auszuloten.
Die Diskussionsveranstaltung bildete zugleich den Auftakt des neuen Paritätischen Innovationsforums, in dem das Thema tiefergehend behandelt werden wird.
Auf dem Podium diskutierten die Geschäftsführerin des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Dr. Gabriele Schlimper, der Geschäftsführer der USE gGmbH, Andreas Sperlich, der Vorstandsvorsitzende des Social Entrepreneurship Netzwerks Deutschland, Markus Sauerhammer und Prof. Dr. Thorn Kring, Institutsleiter des Instituts für Ethik, Führung und Personalmanagement der Steinbeis-Hochschule Berlin. Die beiden Letztgenannten führten mit Keynotes in die Veranstaltung ein.
Markus Sauerhammer beschrieb Wohlfahrtsorganisationen und Social Start-ups als komplementäre Baustein ein einer Zeit großer Umbrüche wie demografischen Wandel, digitale Transformation, Klimawandel und Globalisierung. Auf diese Herausforderungen gebe es nicht die eine Antwort. Sauerhammer nannte eine Reihe von Unternehmen, die spezifische Antworten gefunden haben. Zum Beispiel sei Ecosia, die größte europäische Suchmaschine, durch das Pflanzen von Bäumen eine große Umweltbewegung geworden. Aber wenn es um Steuergelder für Gründungen gehe, würden Social Start-ups gegenüber gewöhnlichen Start-ups benachteiligt. Außerdem fehle eine klare Definition, was ein Social Start-up ist und ein Controlling, ob es wirklich ein Problem löst.
Prof. Dr. Thorn Kring sah in seinem Vortrag die Wohlfahrt und das Social Entrepreneurship ebenfalls auf einem gemeinsamen Weg. Man könne voneinander lernen: Die Start-ups könnten sich Wissen über die Bedarfe von Klienten und den Umgang mit ihnen, über Regularien, Strukturen, Prozesse und Netzwerke von Organisationen der Wohlfahrt abschauen. Die Wohlfahrt könne im Bereich Unternehmertum dazulernen, bei der Suche nach Geldquellen und darin, lange gewachsene Strukturen infrage zu stellen und kreative Potenziale zu wecken.
Dr. Gabriele Schlimper betonte das Neue der Veranstaltung: Noch nie habe ein Wohlfahrtsverband ein solches Zusammenkommen organisiert. Sie sehe tolle Ideen bei den Start-ups und empfahl, bei der Umsetzung nicht auf die Erfahrung der Wohlfahrtsverbände zu verzichten: „Haben Sie keine Berührungsängste. Fragen Sie uns.“
Andreas Sperlich äußerte Selbstkritik: Die klassische Wohlfahrt müsse sich öfter hinterfragen, wie wirksam sie sei. „Social Entrepreneurs sind da so ein bisschen der Stachel. Und das finde ich gut.“
Kontrovers diskutiert wurde, ob es sensible Tätigkeitsbereiche gebe, in die Start-ups sich nicht hineinwagen werden oder sollten. Entweder weil es an den nötigen Kompetenzen fehlt oder weil die Qualität der Arbeit – beispielsweise in der Sterbebegleitung – nicht an messbaren Erfolgen ablesbar ist. Doch Einigkeit bestand über das gemeinsame Ziel – in den Worten von Dr. Gabriele Schlimper: „Wir haben uns alle auf den Weg gemacht, um für Menschen in schwierigen Lebenslagen das Leben ein bisschen besser zu machen.“
Foto: © Martin Thoma
Wirkungsorientierung gewinnt in der Sozialen Arbeit steigende Bedeutung. Ein Kooperationsprojekt des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Berlin mit Phineo soll praktische Möglichkeiten der Planung und Durchführung sozialer Angebote im Hinblick auf Wirkungsziele erkunden. Von Dr. Gabriele Schlimper
Woran erkennen wir, ob wir mit unserer Arbeit erfolgreich sind? Diese Frage beschäftigt Marcus Neuenfeldt-Kock, seit dem er mit sich mit dem Thema Wirkungsorientierung auseinandersetzt. Beim Träger Jugendhilfe in Lichtenberg gGmbH leitet er die Wohngruppe Rückenwind, in der Kinder von sechs bis zwölf Jahren an fünf Tagen in der Woche wohnen. Eine wichtige Erkenntnis war für Neuenfeldt Kock: Die Wirkungsziele der Hilfsangebote müssen klar gesteckt und präzise formuliert sein, damit man ihren Erfolg ermitteln kann.
So zum Beispiel bei einem elfjährigen Jungen, der Probleme in der Schule hatte. In der Hilfeplanung des Jugendamts ist für solche Fälle festgeschrieben, dass sich das Verhalten des Kindes in der Schule verbessern soll. »So formuliert, ist ein Erfolg, das Erreichen des Ziels, nur schwer fest zustellen. Denn was genau soll sich denn verbessern?«, erklärt Marcus Neuenfeldt Kock.
Geholfen hat es dem Team der Wohngruppe, das Ziel durch konkrete Fragen in kleinere Einzelziele aufzuteilen. Es wurde deutlich: Es ging gar nicht generell um das Verhalten des Kindes in der Schule, sondern nur um Probleme mit einem bestimmten Lehrer. »Nachdem wir das ermittelt hatten, konnten wir uns gemeinsam mit den Eltern wöchentlich mit diesem Lehrer zusammensetzen und konkrete Maßnahmen erarbeiten, deren Erfolg wir auch messen konnten«, berichtet Marcus Neuenfeldt-Kock. Die Wirkung der Arbeit war dadurch viel besser erkennbar: »Uns wurde klar: Wir haben Erfolg, wenn es uns gelingt, das Kind zum Mitmachen an dieser Unterrichtsstunde zu motivieren. Und auch für den Jungen gab es dadurch ein Erfolgserlebnis.«
Wie lässt sich Soziale Arbeit mit Blick auf ihre gesellschaftliche Wirkung planen und steuern? Wie kann Soziale Arbeit sinnvoll und nachhaltig wirken – und wie kann ihre Wirkung in die Konzeption und Durchführung von Projekten einfließen? Diese Fragen beschäftigen den Träger Jugendhilfe in Lichtenberg gGmbH, aber auch viele soziale Organisationen und Verbände. Denn sie sehen sich immer wieder mit einer Steuerungspolitik konfrontiert, die vor allem ökonomische Kriterien im Blick hat. Gerade bei der Planung öffentlicher Haushalte werden soziale Organisationen als steigender Kostenfaktor gewertet und ihre gesellschaftliche Wirkung ausgeklammert. Durch mehr betriebswirtschaftliche Kontrolle, so eine gängige Annahme, lasse sich die Effektivität erhöhen und die Steigerung der Entgelte für Soziale Arbeit eindämmen.
Dabei ist der alleinige Fokus auf die Kosten für Einzelleistungen kontraproduktiv. Denn statt Hilfe zur Selbsthilfe zu fördern und Fälle zu beenden, also Menschen aus dem Hilfesystem in die Selbständigkeit zu entlassen, entsteht ein finanzieller Anreiz, die reinen Fallmengen zu steigern. Vernachlässigt wird dabei, welche sozialen Angebote wirklich sinnvoll sind und langfristig den besten Effekt für Nutzerinnen und Klienten haben. So zu arbeiten, ist frustrierend für alle Beteiligten und nicht im Interesse der Klientinnen. Die Soziale Arbeit verliert durch dieses System ihre professionelle Autonomie. Kosten werden dadurch nicht gesenkt, im Gegenteil.
Gesucht: Eine Alternative zum Kostenfokus
Um dieser Entwicklung konstruktiv entgegenzuwirken, entschloss sich der Paritätische Wohlfahrtsverband Berlin e. V. im Jahr 2014, ein Pilotprojekt in Kooperation mit der gemeinnützigen Phineo AG zu starten. Im August 2014 schlossen die Partner eine Kooperationsvereinbarung ab, die beinhaltete, dass Phineo und der Paritätische Wohlfahrtsverband Berlin gemeinsam das Thema Wirkungsorientierung in den Blick nehmen. Dazu sollten gemeinsame Projekte zum Thema Wirkungsorientierung bei Mitgliedsorganisationen des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Berlin umgesetzt werden. Die teilnehmenden Organisationen konnten aus zwei Referaten gewonnen werden: Träger der Hilfen zur Erziehung aus dem Referat Jugendhilfe, ein primär entgeltfinanzierter Bereich, sowie Träger aus den Feldern Suchthilfe, Gesundheit, HIV und Aids, primär zuwendungsfinanzierte Bereiche.
Einzelgespräche zwischen Referentinnen und Referenten des Paritätischen, Beratern von Phineo und Vertretern der Mitgliedsorganisationen schufen den Rahmen, um die Interpretationen von Wirkungsorientierung sowie die Ziele und Interessen der Beteiligten auszuloten. Bei anschließenden Workshops wurden die Kenntnisse im Hinblick auf Wirkungsorientierung ausgebaut und vertieft. 18 Mitgliedsorganisationen des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Berlin entschieden sich schließlich für die Teilnahme am Projekt: Die sieben Organisationen aus dem Bereich Hilfen zur Erziehung haben Trägerverträge mit dem Land Berlin auf Grundlage des Berliner Rahmenvertrag und bieten ambulante und stationäre Hilfen zur Erziehung an. Die elf Mitgliedsorganisationen aus dem Referat Suchthilfe, Gesundheit und HIV/Aids sind Träger von zuwendungsfinanzierten Angeboten und Einrichtungen nach § 75 SGB XII.
Das Kooperationsprojekt war zu Beginn bewusst offen ausgelegt, um das Projektkonzept gegebenenfalls anpassen zu können. In den Beratungsprozessen, die 2015 begannen, wurden unter anderem die Intensität der Beratung vor Ort und die jeweilige Rolle der Partner diskutiert. Zudem galt es, den Ansatz von Phineo für Wirkungsorientierung und den Blick der Träger auf Steuerung sinnvoll zu verknüpfen. Es entstand ein kontextbezogenes Wirkungsmodell. Mitarbeitende der beteiligten Träger nahmen an einem Schulungsprogramm zum Wirkungsmanager oder zur Wirkungsmanagerin mit vier Präsenzzeiten und einer neunmonatigen Praxisphase teil.
Jede teilnehmende Mitgliedsorganisation setzte ein Wirkungsprojekt in der eigenen Organisation um – basierend auf den gemeinsam erarbeiteten Arbeitsmaterialien und Ablaufplänen. Zusätzlich wurden die Träger individuell beraten. Begleitet wurde die Weiterbildung durch sogenannte Wirkungsdialoge, auf denen sich sowohl die Teilnehmenden als auch die Geschäfts führenden der beteiligten Träger über Chancen und Grenzen von Wirkungsorientierung austauschten.
Wirkungsorientierung als Haltungsfrage
Was wir vom Paritätischen Wohlfahrtsverband Berlin nach Abschluss der ersten Phase des Wirkungsprojekts bereits sagen können: Ein Umdenken hat eingesetzt – von der reinen Leistungsbeschreibung hin zu der Frage: »Wie können wir den gesellschaftlichen Nutzen erreichen, auf den wir hinarbeiten?« Das Konzept von Wirkungsorientierung geht über klassisches Qualitätsmanagement hinaus. Vielmehr steht es für eine Haltung, Projekte und Angebote mit Blick auf ihre Wirkungen – also Veränderungen bei den Zielgruppen – zu planen, umzusetzen, zu analysieren und zu verbessern.
Die Organisationen lernen durch die Reflexion, sich stärker mit dem Kern ihrer Arbeit auseinanderzusetzen: der Hilfe für bedürftige Zielgruppen angesichts eines herausfordernden Arbeitsumfelds und ökonomischer Knappheit. Werden erzielte Wirkungen sichtbar, stärkt das nicht nur das professionelle Selbstverständnis der Projektmitarbeiten den. Wer plausibel machen kann, dass die eingesetzten Ressourcen zu Veränderungen bei den Zielgruppen führen, hat gewichtige Argumente gegenüber Mittelgebenden. Wenn sich der Blick auf Soziale Arbeit dadurch verändert – weg von reiner Kostenorientierung hin zum Fokus auf gesellschaftliche Wirkung – wird das perspektivisch auch Auswirkung auf Verträge mit der öffentlichen Hand haben. Wir wollen dazu beitragen, dass das Ge lernte fest in den Organisationen verankert wird und dort von Nutzen ist. Wir möchten aber auch, dass möglichst viele Träger von dem Pilotprojekt profitieren. Daher haben wir begonnen, die Erfahrungen und Ergebnisse unserer Mitgliederaufzubereiten und der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Beispiel Rheuma-Liga Berlin: Information auf Augenhöhe
Die Rheuma-Liga Berlin konnte das in der Schulung erworbene theoretische Wissen in ihr exemplarisches Praxisprojekt einbringen: Das Programm der Informationsveranstaltung »Arthrosetag« am 27. Oktober 2016 sollte durch mehr Einbeziehung von Patienten und Mitarbeitern besser auf die Bedürfnisse der Zielgruppe abgestimmt werden. Es galt also, er wünschte Wirkungen als konkrete Ziele zu formulieren, an denen sich die gesamte Arbeit ausrichtet und gesteuert werden sollte. Das entscheidende Wirkungsziel war, Menschen mit Rheuma noch zielgerichteter über die Angebote der Rheuma-Liga Berlin zu informieren. Zudem sollte durch die Einbindung die Motivation der Beteiligten gestärkt werden.
Um die Zielgruppe besser einzubeziehen, fanden im Vorfeld der Veranstaltung Treffen, persönliche Gespräche und telefonische Interviews statt, aus denen zahlreiche Hinweise und konkrete Anregungen kamen. Auf dieser Grundlage konnte die Rheuma-Liga Berlin beim Arthrosetag, der mit über 500 Gästen sehr gut besucht war, die Gestaltung des Bühnen und Rahmenprogramms entsprechend anpassen: Ein zusätzliche sinteraktives Bewegungsprogramm durch einen Therapeuten wurde in das Bühnenprogramm aufgenommen. Zwei ehrenamtliche Gebärdensprach-Dolmetscherinnen übersetzen alle wissenschaftlichen Vorträge. Am Informationsstand der Rheuma-Liga Berlin wurde eine Präsentationswand zu neuen Bewegungs- und Aktivangeboten ausgestellt. Fragen hier zu beantworteten haupt- und ehrenamtlichen Ansprechpartner.
Die Herausforderung wird es in der Rheuma-Liga Berlin nun sein, Aspekte der Wirkungsorientierung auf andere Bereiche zu übertragen. Dafür bietet sich die Ausgestaltung anderer Informationsveranstaltungen nach dem erfolgreichen Vorbild des Arthrosetages an. Aber auch bei anderen Vorhaben sollen Elemente der Wirkungsorientierung künftig stärker berücksichtigt werden.
Beispiel Schwulenberatung Berlin: Von der Wirkung aus denken
»Wirkungsorientierung ist eine andere Denkweise: Projekte werden nicht vom Angebot aus gedacht, sondern von der gewünschten Wirkung«, sagt Stephan Jäkel von der Schwulenberatung Berlin. »Es gelingt mir dadurch viel besser, unsere Ziele und Vorhaben prägnanter und nachvollziehbarer darzustellen.« Die Schwulenberatung ist einer von elf Trägern aus dem Bereich Suchthilfe, Gesundheit und HIV/Aids, die am Pilotprojekt Wirkungsorientierung des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Berlin mit Phineo teilnahmen.
In einem der ersten Treffen lernten die Teilnehmenden die Wirkungstreppe als Instrument der wirkungsorientierten Steuerung kennen. Sie definiert in sieben Stufen, welche Ziele ein Projekt bei der Ziel gruppe und in der Gesellschaft erreichen soll. Auf dieser Basis entwickelte die Schwulenberatung Berlin ein Angebot zur Inklusion von LSBTI-Geflüchteten (schwul, lesbisch, bi‑, trans- und intersexuell). »Die Ziele unseres Angebots entlang der Wirkungstreppe zu definieren, war für mich ein Schlüsselerlebnis«, sagt Stephan Jäkel.
Diese wirkungsorientierte Herangehens weise blieb bei den übrigen Mitarbeitenden der Schwulenberatung Berlin nicht unbemerkt, über alle Abteilungen hinweg gab es Interesse für den wirkungsorientierten Ansatz. »Auch die Kollegen, die nicht direkt mit LSBTI-Geflüchteten arbeiten, identifizieren sich noch stärker mit unserer Organisation, weil sie sehen, dass wir bei diesem Thema viele Geflüchtete unterstützen können und darüber hinaus einen echten Beitrag zur strukturellen Verbesserung der Lebenssituation der Zielgruppe leisten.« Er habe schon mehrere Fortbildungen zu Qualitätsmanagement gemacht, sagt Stephan Jäkel, aber der Ansatz von Wirkungsorientierung sei bislang am umfassendsten. Dennoch sieht der Abteilungsleiter auch Grenzen. »Jedes Detail von Beginn an wirkungsorientiert zu planen, kostet viel Zeit und Energie. Deshalb finde ich die Frage völlig legitim, ob die Investition für jedes Projekt Sinn macht.«
Für die Schwulenberatung Berlin und die Zielgruppe der LSBTI-Geflüchteten habe sich der Aufwand in jedem Fall gelohnt, sagt Jäkel. Derzeit überarbeiten er und seine Kolleginnen und Kollegen das Leitbild ihrer Organisation mit dem Fokus auf Wirkungsorientierung. Anschließend wollen sie sich auch die anderen Tätigkeitsbereiche der Schwulenberatung Berlin ansehen. »Ich bin mir sicher, dass Wirkungsorientierung auch für weitere Projekte ein hilfreiches Instrument bleibt.«
Bewusstere Haltung entwickelt
Auch in der Wohngruppe Rückenwind JuLi gGmbH will man dranbleiben und das Thema Wirkungsorientierung weiterverfolgen. »Wir haben gemerkt, dass man diese Herangehensweise auf weitere Bereiche der eigenen Arbeit übertragen kann«, berichtet Wohngruppenleiter Neuenfeldt-Kock. Wenn jetzt zum Beispiel die Eltern zu einem gemeinsamen Kochabend in der Wohngruppe eingeladen werden, überlegt das Team vorher: Was wollen wir mit diesem Vorhaben erreichen? Was muss erfüllt sein, damit die Veranstaltung ein Erfolg war? Und hinterher wird geschaut, ob diese Ziele auch erreicht wurden.
Wirkungsorientierung immer und überall mitzudenken, das sei nicht immer umzusetzen, berichtet Marcus Neuenfeldt Kock. Der Blick auf die Wirkung sei im Lauf der Zeit ein Aspekt geworden, der bei der Arbeit immer im Hinterkopf bleibe. Eine Investition, die sich lohnt: »Wir haben eine Haltung entwickelt, mit der wir unsere Arbeit bewusster auf unsere Ziele und die Einbeziehung aller Beteiligten hin überprüfen. Durch die Wirkungsorientierung ist unser Handeln einfach greifbarer geworden.«
Der Beitrag ist erschienen in: Sozialwirtschaft aktuell, Nomos, Oktober 2017
Seit 2001 führt die Paritätische Akademie gemeinsam mit der Alice Salomon Hochschule den berufsbegleitenden Fernstudiengang Sozialmanagement durch. An diesem Studiengang, der das Ziel hat Führungspersonal in der Sozialarbeit zu professionalisieren, haben inzwischen über 1.000 Studentinnen und Studenten teilgenommen.
Dabei ist der Anteil der Studentinnen von 57 Prozent in den Jahren von 2001 – 2009 auf 66 Prozent in der letzten Dekade gestiegen. Das spiegelt wider, dass sich inzwischen mehr Frauen eine Führungsposition in sozialen Organisationen zutrauen. Das Durchschnittsalter beim Studienbeginn beträgt 35 Jahre. Knapp die Hälfte der Studentinnen und Studenten arbeiteten als Fachkräfte, ein Drittel hatte bereits eine Position in der Team- oder Bereichsleitung.
Wir haben im Oktober 2019 die Absolventinnen und Absolventen der letzten fünf Jahrgänge befragt, wie zufrieden Sie mit diesem Studium waren. Mit sehr gut oder gut wurden von 81 Prozent der Befragten die Studieninhalte insgesamt eingeschätzt, wobei die fachliche Qualität der Lehre (94 %) und die Aktualität der Inhalte (91 %) besonders positiv gesehen wurden.
Die Befragten gaben an, am meisten von den Modulen Management in Organisationen (88 %), Führen und Leiten (85 %), Organisationsentwicklung (84 %) und Recht (82 %) profitiert zu haben.
Als größtes Defizit wurde genannt, dass der Themenbereich Digitalisierung/Social Media in der Sozialwirtschaft zu wenig behandelt wurde. An dieser Stelle haben wir bereits gegengesteuert und im aktuellen Curriculum diesen Bereich deutlich aufgewertet.
Von welchen der folgenden Module und Studieninhalte haben Sie am meisten profitiert?

Eine Besonderheit dieses Studienganges ist, dass in allen Präsenzblöcken jeweils die Betreuung durch professionelle Coaches angeboten wird. Von 85 Prozent der Befragten wurde dies als eine Bereicherung sowohl für das Studium als auch die berufliche Praxis gewertet.
Rückblickend beurteilten 90 Prozent der Absolventinnen und Absolventen die Vereinbarkeit des Studiums mit ihrem ausgeübten Beruf, und 80 Prozent die Vereinbarkeit mit ihren damals bestehenden privaten und familiären Verpflichtungen als gut oder eher gut. Dementsprechend konnten 73 Prozent ihr Studium in der Regelstudienzeit abschließen. Weitere 17 Prozent benötigten nur ein Urlaubssemester.
Unterstützung durch Ihren Arbeitgeber erhielten 60 % der Befragten, wobei es schon für 42 Prozent während des Studiums eine berufliche Veränderung gab, für weitere 32% nach dem Studium. Besonders zufrieden waren die Befragten mit der Betreuung durch die Referentinnen der Paritätischen Akademie (95 % zufrieden oder eher zufrieden) und dem Aufbau und der Struktur des Studiengangs (94 %) und, besonders wichtig, mit dem erreichten Wissen und Können (92 %).
Daher würden auch 90 Prozent der Befragten diesen Studiengang weiterempfehlen.