Maga­zin

Mehr Teil­ha­be von Men­schen mit schwe­rer Behin­de­rung

März 2021 | Manage­ment

Die neue Multiplikator:innen-Qualifikation der Pari­tä­ti­schen Aka­de­mie in Koope­ra­ti­on mit der Hum­boldt-Uni­ver­si­tät zu Ber­lin

Die Wei­ter­bil­dung wird von Herrn Prof. Dr. Wolf­gang Lamers und Frau Dr. Nad­ja Melina Bur­gio, wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­te­rin an der Hum­boldt-Uni­ver­si­tät zu Ber­lin, koor­di­niert und unter ihrer Lei­tung in die Pra­xis umge­setzt. Dafür haben sie her­vor­ra­gen­de Dozie­ren­de aus dem Fach­be­reich Päd­ago­gik bei geis­ti­ger Behin­de­rung gewin­nen kön­nen, um gemein­sam eine umfas­sen­de und auf das Auf­ga­ben­feld bezo­ge­ne (Weiter-)Qualifizierung der Multiplikator:innen zu gewähr­leis­ten. Im Fol­gen­den stellt Frau Dr. Bur­gio Hin­ter­grün­de und Zie­le der Wei­ter­bil­dung aus­führ­lich vor.


Hin­ter­grund der Wei­ter­bil­dung

In meh­re­ren For­schungs­pro­jek­ten hat sich gezeigt, dass ein bis dato orga­ni­sa­to­risch und qua­li­ta­tiv sehr unter­schied­li­ches Bild bezo­gen auf die För­der- und Bil­dungs­an­ge­bo­te in För­der- und Betreu­ungs­ein­rich­tun­gen besteht. Teil­wei­se ori­en­tie­ren sich die­se nicht an den Bedürf­nis­sen und Fähig­kei­ten der Men­schen mit schwe­rer und mehr­fa­cher Behin­de­rung. Es man­gelt an arbeits­welt­be­zo­ge­nen Ange­bo­ten und einer damit ver­bun­de­nen Bil­dungs­be­glei­tung für die­sen Per­so­nen­kreis. Dies konn­te u.a. dar­auf zurück­ge­führt wer­den, dass für die tages­struk­tu­rie­ren­den Ein­rich­tun­gen bis­her weder in der Pra­xis noch im Bereich der Fach­wis­sen­schaft umfäng­li­che und fun­dier­te Kon­zep­te exis­tie­ren, die für die Pla­nung und Gestal­tung von Ange­bo­ten als Ori­en­tie­rung die­nen kön­nen. Dar­über hin­aus wur­de deut­lich, dass bei vie­len Mitarbeiter:innen ein Qua­li­fi­ka­ti­ons­be­darf hin­sicht­lich des päd­ago­gi­schen Grund­la­gen­wis­sens und der metho­disch-didak­ti­schen Fähig­kei­ten besteht.

Den hier skiz­zier­ten Pro­blem­fel­dern hat sich das For­schungs­pro­jekt Qua­li­täts­of­fen­si­ve För­der­be­reich (Quo F) der Hum­boldt-Uni­ver­si­tät zu Ber­lin ange­nom­men. Für die Wissenschaftler:innen war es Motiv und Her­aus­for­de­rung zugleich, sich mit der Fra­ge aus­ein­an­der zu set­zen, wel­chen Bei­trag sie für die Pra­xis leis­ten kön­nen, der Mitarbeiter:innen dar­in unter­stützt, erwach­se­nen Men­schen mit schwe­rer Behin­de­rung einen viel­fäl­ti­gen und inter­es­san­ten All­tag durch eine umfas­sen­de gesell­schaft­li­che Teil­ha­be zu ermög­li­chen.


Dabei sind Mate­ria­li­en ent­stan­den, die im Rah­men eines Multiplikator:innenprogramms dazu

bei­tra­gen, Fach­kräf­te in der Arbeit mit Men­schen mit schwe­ren und mehr­fa­chen Behin­de­run­gen im Erwach­se­nen­al­ter wei­ter zu pro­fes­sio­na­li­sie­ren und sie dar­in unter­stützt adäqua­te För­der- und Bil­dungs­an­ge­bo­te zu pla­nen und durch­zu­füh­ren.

Zie­le der Multiplikator:innen-Qualifikation

Die Multiplikator:innen-Qualifikation ver­folgt zwei wesent­li­che Zie­le:

1. Ziel: Aus­bau von Hand­lungs­kom­pe­ten­zen der Fach­kräf­te in der Arbeit mit Men­schen mit schwe­ren und mehr­fa­chen Behin­de­run­gen

Im For­schungs­pro­jekt Quo F wur­den aus­ge­hend von theo­re­ti­schen Über­le­gun­gen zur Lebens­qua­li­tät und ‑zufrie­den­heit sowie zu Ent­wick­lungs­auf­ga­ben im Erwach­se­nen­al­ter von Men­schen mit schwe­ren und mehr­fa­chen Behin­de­run­gen zen­tra­le The­men­fel­der für die inhalt­li­che Arbeit in den Berei­chen All­tag, Arbeit und Kul­tur bestimmt. Es wur­den spe­zi­fi­sche Modu­le ent­wi­ckelt, die pra­xis­re­le­van­tes Grund­la­gen­wis­sen in unter­schied­li­chen

The­men­be­rei­chen bei­spiels­wei­se Bio­gra­fie­ar­beit, Erken­nen und För­dern von Kom­pe­ten­zen sowie Wis­sen zu Kom­mu­ni­ka­ti­on und Spra­che ver­mit­teln. In der Wei­ter­bil­dung wird zum einen die­ses Wis­sen gemein­sam mit den Teil­neh­men­den erar­bei­tet, zum ande­ren wird metho­disch-didak­ti­sches Know­how zur Ange­bots­ge­stal­tung erfah­ren. Fach­kräf­te mit unter­schied­li­chem Qua­li­fi­ka­ti­ons­hin­ter­grund in ver­schie­de­nen Berei­chen sol­len so pro­fes­sio­na­li­siert wer­den, im All­tag arbeits­welt­ori­en­tier­te, all­tags­ori­en­tier­te und kul­tu­rel­le Ange­bo­te ent­spre­chend der indi­vi­du­el­len Bedürf­nis­se der schwer und mehr­fach­be­hin­der­ten Men­schen zu pla­nen, umzu­set­zen und zu reflek­tie­ren.

2. Ziel: Tätig­keit als Multiplikator:in

Als zukünftige:r Multiplikator:in soll das in der Wei­ter­bil­dung ver­mit­tel­te Wis­sen an ande­re Fach­kräf­te wei­ter­ge­ben wer­den kön­nen, des­halb beinhal­tet die Qua­li­fi­ka­ti­on zudem die Ver­mitt­lung von didak­tisch-metho­di­schen Ele­men­ten aus der Erwach­se­nen­päd­ago­gik. Da der E‑Lear­ning-Bereich ein essen­ti­el­ler Bestand­teil aktu­el­len und zukünf­ti­gen Ler­nens dar­stellt und durch den der­zei­ti­gen Digi­ta­li­sie­rungs­schub sich immer wei­ter ent­wi­ckeln wird, sind auch Ele­men­te des Online-Lear­ning bei der Kon­zep­ti­on berück­sich­tigt und wer­den den Teil­neh­men­den im Rah­men der Wei­ter­bil­dung vor­ge­stellt.

Bedeu­tung der Multiplikator:innen-Qualifikation

Fach­kräf­te erhal­ten durch die Teil­nah­me an der Wei­ter­bil­dung die Mög­lich­keit sich bezüg­lich der metho­disch-didak­ti­schen Gestal­tung von Ange­bo­ten wei­ter zu qua­li­fi­zie­ren. Sie erler­nen für den Per­so­nen­kreis ent­spre­chen­de Ange­bo­te zu kon­zi­pie­ren und umzu­set­zen. Men­schen mit schwe­rer und mehr­fa­cher Behin­de­rung kön­nen nur durch eine ent­spre­chen­de Bil­dung und För­de­rung ihre eige­ne (Selbst-)Wirksamkeit und Pro­duk­ti­vi­tät erfah­ren und damit auch ihre Chan­ce auf sozia­le und gesell­schaft­li­che Teil­ha­be ver­bes­sern. Durch die Qua­li­fi­zie­rung von Multiplikator:innen erhal­ten Ein­rich­tun­gen die Mög­lich­keit das erwor­be­ne Wis­sen an Mitarbeiter:innen wei­ter­zu­ge­ben und inner­halb der Orga­ni­sa­ti­on zu sichern. Kom­pe­ten­zen kön­nen dadurch lang­fris­tig erhal­ten blei­ben. Dies ist nicht nur wich­tig für die Ein­rich­tun­gen, son­dern auch bedeut­sam für die Men­schen mit schwe­rer und mehr­fa­cher Behin­de­rung. Sie haben damit die Chan­ce lang­fris­tig auf sie abge­stimm­te Bil­dungs- und För­der­an­ge­bo­te durch qua­li­fi­zier­tes Per­so­nal zu erhal­ten.

Foto: © Mar­cus Schlicht­ing

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