Interview mit Unmani Kuchinsky
Unmani Kuchinsky ist Sozialpädagogin und Ordnungsexpertin aus Köln. Derzeit noch im ambulanten betreuten Wohnen tätig, tritt sie im März 2022 eine neue Stelle als Jobcoach und Netzwerkkoordination bei der christlichen Sozialhilfe (CSH) an. Mit unserer Bildungsreferentin Dilek Yüksel spricht sie über ihre Teilnahme am Zertifikatskurs Messie-Fachkraft nach Veronika Schröter © und die Auswirkungen auf ihre berufliche Entwicklung.
Inwiefern hat der Kurs Ihr Berufslaufbahn beeinflusst?
Nach Beendigung des Kurses, fand ich eine neue Anstellung im ambulant betreuten Wohnen. Dort gibt es vereinzelt auch Messie-Klientel, von Wertbeimessungsstörung bis zur Vermüllung. Mein neu erworbenes Fachwissen wurde von den Kolleg:innen sehr interessiert wahrgenommen. Als Ordnungsexpertin hatte ich bereits seit vielen Jahren Messie-Kund:innen mit Wertbeimessungsstörung als Selbstzahler:innen. Mein ganzer Ansatz hat sich durch die Weiterbildung komplett verändert und vertieft und ich biete nun für diese Klientel eine sehr behutsame Wohnraumarbeit (jenseits von pragmatischen Ordnungskonzepten), und für die Angehörigen zusätzlich telefonische Beratungsgespräche an.
Würden Sie den Kurs erneut wählen und wenn ja, warum?
Auch wenn es namenstechnisch so aussieht, es gibt in Deutschland keine Alternative zu Frau Veronika Schröter, die mit so unglaublichem Fachwissen und einer großen Sensibilität und Tiefe aufwarten kann. Durch ihren gestalttherapeutischen Ansatz und die Einbeziehung der persönlichen Prägungen und Muster einer jeden Teilnehmerin, bekommt das Messie-Thema in der eigenen Tiefe ganz viel Substanz und Verstehen.
Wie konnten Sie die Inhalte in Ihre Berufspraxis einbringen?
Als Sozialpädagogin im ambulant betreuten Wohnen gehe ich mit meinem Messie-Klienten mit Wertbeimessungsstörung genauso um, wie mit der Selbstzahlerin als Kundin, nämlich non-direktiv. Ich bilde ein starkes Vertrauensverhältnis mit den Menschen und wir versuchen gemeinsam Ziele zu setzen, Erfolge schrittweise zuzulassen. Das kann sehr unterschiedlich aussehen. Bisher hatte ich als Ordnungsexpertin nur einen
Menschen mit einem Vermüllungs-Syndrom, der aufgrund von Eigentum und Erbschaft durch den städtischen Fachdienst aus finanziellen Gründen nicht angenommen wurde. Die von ihm angeforderte Aufräumarbeit als Kunde stellte sich schon nach wenigen Einsätzen als „Sisiphusarbeit“ heraus. Ein Fachdienst, der unabhängig von finanzieller Bedürftigkeit tätig werden könnte, wäre in diesem Fall eine große Erleichterung gewesen.
War der Kurs gut mit Ihrem Beru und Privatleben vereinbar?
Der damalige Kurs 2019/2020 war wegen Corona und der daraus anstehenden Kurzarbeit über viele Monate die ideale Zeit, diese wunderbare Weiterbildung zu machen. Eigentlich, unter diesen Bedingungen, ein Glücksfall. Diese Weiterbildung ist kein theoretisches Absitzen und mitschreiben, sondern bezieht die eigene Biographie mit ein. Daher sollte ein Nachwirken und nachschwingen des Erlebten und Erfahrenen eingeplant werden.
Konnten Sie wertvolle Kontakt knüpfen?
Ja, zu Frau Schröter und weiteren Teilnehmer:innen aus der ersten Weiterbildungsgruppe. In Köln bin ich die erste
und einzige Messie-Fachkraft. Der Fachdienst (Sozialamt) deckt nur finanziell schwache Menschen mit Vermüllungs-Syndrom ab. Die Menschen mit dem sogenannten pathologischen Horten kommen nach wie vor als Selbstzahler zu mir. Es wäre in vieler Hinsicht innovativ, einen Fachdienst wie es in in Esslingen bei Stuttgart (die Wabe) gibt, aufzubauen. Dazu benötigt es viel mehr weitergebildete Sozialpädagogen hier für Köln.
Vielen Dank für das Gespräch!