Studieren mit Kind – im Masterstudium Sozialmanagement
Studieren und Elternschaft. Wie klappt das? Nika studiert aktuell den berufsbegleitenden Masterstudiengang Sozialmanagement. Mit dabei in den Vorlesungen ist auch ihr gerade acht Monate altes Kind. Die Sozialarbeiterin erzählt uns im Interview, wie ihr das Studium mit Kind gelingt.
Paritätische Akademie: In welchem Semester befindest du dich gerade und was ist deine berufliche Tätigkeit?
Nika: Ich arbeite seit vier Jahren in einem Träger der stationären Jugendhilfe in Berlin als Sozialarbeiterin. Aktuell befinde ich mich in Elternzeit und studiere im dritten Semester den Master in Sozialmanagement.
Wie kam es zu der Entscheidung, das Masterstudium aufzunehmen?
Nika: Es war schon lange mein Wunsch, ein Masterstudium zu machen. Ich war mir nur lange nicht sicher, in welchem Bereich. Als ich mich für diesen Master entschieden hatte, habe ich ziemlich zeitgleich festgestellt, dass ich schwanger bin. Nach kurzem Überlegen habe ich die Zusage zum Studium trotzdem abgeschickt.
Da du jetzt in Elternzeit bist, hast du neben dem Studium noch die Verpflichtung, dein Kind zu betreuen. Wie organisierst und finanzierst du das alles?
Nika: Ich bekomme noch Elterngeld. So kann ich für mein Kind da sein und studieren. Zusätzliche Einkünfte würden wieder vom Elterngeld abgezogen werden. Ich habe ein gut funktionierendes privates Netzwerk, wofür ich sehr dankbar bin. Meine Freundinnen unterstützen mich und haben seit Beginn an eine Beziehung zu meinem Kind. In dieser Situation habe ich gemerkt, wie wichtig Freundschaften sind.
Was motiviert dich besonders daran, Sozialmanagement zu studieren?
Nika: Eine wichtige Rolle spielt meine intrinsische Motivation. Mich interessiert die betriebswirtschaftliche Perspektive auf ein gemeinnütziges und sozialwirtschaftliches Unternehmen. Ich bin überzeugt, dass mir dieses Studium neue Türen öffnet und bin froh, die Elternzeit dafür nutzen zu können, mich weiter zu qualifizieren.
Was möchtest du mit dem Studium machen?
Nika: Das wird sich vielleicht erst im Nachhinein herausstellen. Ich finde es zum Beispiel interessant, dadurch die Möglichkeit und das Wissen zu haben, einmal zu gründen. Außerdem schließe ich es auch nicht aus, mich damit auf eine Leitungsposition zu bewerben.
Welche Inhalte des Studiums waren für dich bisher besonders wertvoll?
Nika: In Arbeitsrecht zum Beispiel kannte ich mich vor dem Studium wenig aus. Auch die Finanzierungsfragen, die im Studium behandelt werden, empfinde ich als sehr wichtig. Wenn ich weiß, was sich hinter bestimmten Begriffen versteckt, kann ich professioneller in diesem Gebiet handeln. Wo muss ich nachschauen, um zu prüfen, ob etwas gesetzeskonform ist? Dieses Wissen finde ich sehr nützlich, da es mir Sicherheit im Berufsalltag verschafft.
Wie erlebst du das Studieren mit Kind an der Paritätischen Akademie Berlin?
Nika: Die Toleranz gegenüber studierenden Eltern ist recht hoch. Das liegt sicher auch am sozialen Bereich. Ich kann zum Beispiel mein Kind mit in die Akademie bringen, wenn ich das vorher mit den Dozierenden und der Gruppe abspreche. Das ist eine große Unterstützung.
Ein Kind entwickelt sich permanent und somit verändert sich die Situation ständig. Mein Kind ist jetzt acht Monate alt. Bald wird es anfangen zu Laufen und weniger schlafen. Dem muss ich mich anpassen. Dadurch habe ich aber auch das Gefühl, immer wieder über mich hinauszuwachsen.
Was wünscht du dir von der von der Politik und von Arbeitgeber:innen?
Nika: Ich finde, dass Elternschaft generell zu wenig wertgeschätzt wird. Und das fängt schon bei der Bezahlung der Kitakräfte an, die in Deutschland vergleichsweise sehr gering ist.
Das Studium ist auch nochmal etwas anderes als die Arbeitswelt. Ich würde mir grundsätzlich mehr eine Integration von Kindern in der Arbeitswelt wünschen.
Vielen Dank für das Gespräch und deine Offenheit. Wir wünschen dir viel Erfolg im Studium!
Mehr Infos zum Studiengang Sozialmanagement (M.A.) hier.
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Redaktion: Paritätische Akademie Berlin
Foto im Titelbild: Studentin Nika (Foto: Elena Gavrisch)
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Ein Benefit für Organisation und Mitarbeiter:in –
im Gespräch über das Studium Sozialmanagement (M.A.) mit Daniela Radlbeck
In diesem kurzen Interview sprechen wir mit Daniela Radlbeck, Alumni des Masterstudiengangs Sozialmanagement an der Paritätischen Akademie, und heute Fachreferentin beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Berlin, über ihren beruflichen Werdegang.
Paritätische Akademie: Liebe Frau Radlbeck, Sie sind Fachreferentin beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Berlin für die Themenbereiche Wohnungsnotfallhilfe und Wohnungspolitik. Wie genau sieht Ihr Tätigkeitsbereich aus?
Daniela Radlbeck: Mein Tätigkeitsbereich umfasst Themen, die mit Wohnungslosigkeit in Zusammenhang stehen. Dies beinhaltet die Soziale Arbeit, die speziell für wohnungslose Menschen in der Stadt notwendig ist. Ich vertrete die Interessen unserer Mitgliedsorganisationen und setze mich für wohnungslose Menschen ein. Ich engagiere mich im Bereich der Wohnungspolitik im Sinne unserer Träger. Ziel ist es, dass jeder Mensch in Berlin eine Wohnung oder eine Unterkunft findet, unabhängig von Alter, Einkommen oder Armut.
In Berlin ist der Wohnraum knapp, weshalb wir uns als Sozial- und Wohlfahrtsverband dazu entschieden haben, uns nicht nur sozialpolitisch, sondern auch wohnungspolitisch zu engagieren. In meiner Funktion stehe ich im Austausch mit den zuständigen Senatsverwaltungen. Dabei wird deutlich: auch soziale Angebote benötigen Räume, nicht nur Wohnräume sind teuer, sondern auch Gewerberäume für eine soziale Nutzung. Dieses Thema bearbeite ich ebenfalls als Referentin.
Als Referentin berate ich keine wohnungslosen Menschen direkt, sondern unterstütze die Strukturen und Organisationen, die diese Beratung durchführen. Häufig nehme ich eine Vermittlerinnenrolle ein und vernetze verschiedene Akteure innerhalb der Stadt. Unser Landesverband verfügt über Expertise in vielen Bereichen, die es gilt, miteinander zu verbinden.
Wann haben Sie Sozialmanagement berufsbegleitend studiert und in welchem Bereich haben Sie in dieser Zeit tätig?
Daniela Radlbeck: 2014 habe ich das Studium in Sozialmanagement (M.A.) an der Paritätischen Akademie Berlin begonnen und 2018 abgeschlossen. Vor dem Studium war ich als Bereichsleiterin in einem Wohnprojekt für Frauen mit Suchterkrankungen tätig. Diese Arbeit war sehr intensiv und vielfältig. Während des Studiums habe ich Vollzeit gearbeitet, daher habe ich mir während der Masterarbeit etwas mehr Zeit genommen, um alles parallel zu bewältigen.
„Nach vielen Jahren in Leitungspositionen wollte ich mein betriebswirtschaftliches Wissen erweitern und über den Tellerrand hinausblicken. Mir war es wichtig, auch die theoretischen Grundlagen kennenzulernen und die Soziale Arbeit innovativ, wirkungsvoll und effizienter zu gestalten.“
Sie hatten also bereits Leitungsverantwortung, bevor Sie den Master in Sozialmanagement studiert haben. Wie kam es dazu?
Daniela Radlbeck: Nach meinem Studium der Sozialen Arbeit übernahm ich schnell Leitungsverantwortung. Zunächst befristet als Elternzeitvertretung. Wenn man einmal Leitungsverantwortung übernommen hat, ist es schwierig, wieder zurückzutreten. So zog sich Leitungs- und Personalverantwortung durch meine gesamte berufliche Laufbahn. Zusätzlich absolvierte ich eine dreieinhalbjährige Ausbildung zur systemischen Therapeutin, um die Perspektiven von Kindern, Jugendlichen und Eltern besser verstehen und bestehende Konflikte innerhalb der Familie besser lösen zu können.
Warum haben Sie sich dann noch für ein Masterstudium in Sozialmanagement entschieden?
Daniela Radlbeck: Nach vielen Jahren in Leitungspositionen wollte ich mein betriebswirtschaftliches Wissen erweitern und über den Tellerrand hinausblicken. Mir war es wichtig, auch die theoretischen Grundlagen kennenzulernen und die Soziale Arbeit innovativ, wirkungsvoll und effizienter zu gestalten.
Was waren die wertvollsten Dinge, die Sie im Masterstudiengang erlernt haben? Was hat Ihnen in Ihrem Berufsleben weitergeholfen?
Daniela Radlbeck: Besonders spannend fand ich den Themenbereich Organisationsentwicklung und Change Management. Ich habe stets bei freien, gemeinnützigen Trägern gearbeitet. Aufgrund von sich verändernden Rahmenbedingungen müssen Menschen in Leitungsverantwortung Veränderungen und Innovationen in der Organisation umsetzen. Man nutzt dabei meist bekannte Methoden innerhalb der eigenen Komfortzone. In der Organisationsentwicklung geht es darum, Veränderungsimpulse zu starten und mit Widerstand konstruktiv umzugehen. Hier konnte ich viel lernen.
Im Studium wurden wir durch ein Coaching begleitet, was sich als sehr hilfreich erwies. Der Austausch mit anderen Studierenden und Coaches hat meinen „Handwerkskoffer“ deutlich erweitert und mich „mutiger“ gemacht, neue Instrumente auszuprobieren und meinen Stil zu finden.
Zu Beginn meiner beruflichen Tätigkeit als Sozialarbeiterin hätte ich nicht gedacht, dass ich einmal als Referentin bei einem Wohlfahrtsverband arbeiten würde. Ich dachte, ich würde weiter in der direkten Beratung oder in einer therapeutischen Beziehung mit Menschen arbeiten. Durch das Studium hat sich mein beruflicher Horizont erheblich erweitert.
Konnten Sie sich das Studium selbst finanzieren? Und wie haben Sie es geschafft, Arbeit und Studium zu vereinbaren?
Daniela Radlbeck: Ja, ich habe das Studium komplett selbst finanziert. Neben dem Studium hatte ich eine Vollzeitstelle und musste meine Zeit gut organisieren. Für die Präsenzzeiten konnte ich Bildungsurlaub nehmen, aber alle zusätzlichen Studienleistungen wurden nebenbei erbracht. Aus dem Grund gestaltete ich Präsentationen oder Studienleitungen so, dass mein Arbeitgeber davon profitieren konnte.
Während des Studiums hatte ich einen Unfall, der mich zu einer Pause zwang. Diese Zeit nutzte ich, um mich zu sortieren und meine Prioritäten zu überdenken. Nach dem Unfall wechselte ich zum Paritätischen Wohlfahrtsverband und arbeitete dort zunächst in Teilzeit, um meine Masterarbeit abzuschließen, der Landesverband kam mir dabei sehr entgegen.
Wenn mir etwas Spaß und Freude macht, kann ich sehr viel leisten. Das Studium hat mir größtenteils Spaß gemacht und ich hatte wunderbare Kommilitoninnen und Kommilitonen.
Haben Sie durch das Studium ein gutes Netzwerk aufgebaut?
Daniela Radlbeck: Ja. Mit einigen ehemaligen Mitstudierenden bin ich weiterhin in losem Kontakt. Beim letzten Alumni-Treffen war sogar eine kleine Gruppe von ehemaligen Kommilitonen anwesend. Mit meinen engsten Studienfreunden bin ich über eine Messenger-Gruppe verbunden und wir versuchen, uns mindestens einmal im Jahr zu treffen.
„Zu Beginn meiner beruflichen Tätigkeit als Sozialarbeiterin hätte ich nicht gedacht, dass ich einmal als Referentin bei einem Wohlfahrtsverband arbeiten würde. Ich dachte, ich würde weiter in der direkten Beratung oder in einer therapeutischen Beziehung mit Menschen arbeiten. Durch das Studium hat sich mein beruflicher Horizont erheblich erweitert.“
Wenn Mitarbeitende den Wunsch haben, sich beispielsweise durch ein Studium weiterzubilden, welche Inhalte und Fähigkeiten würden dem Arbeitgeber Ihrer Meinung nach zugutekommen?
Daniela Radlbeck: Sowohl die Organisation als auch die Person profitieren. Die Studieninhalte sind immer projekt- oder prozessbezogen bzw. praxisbezogen. Es wird immer einen Austausch zwischen den Themen des Studiums und der Organisation geben. Ich glaube, dass es einen Benefit für beide hat. Wichtig ist, dass die Organisation diesen Austausch ermöglicht, fördert und die dann gute ausgebildete Person hält.
Die Verbindung von Theorie und Praxis ist sehr wichtig. Studierende erwerben nicht nur theoretisches Wissen, sondern sollten dieses Wissen auch in Projekten oder in Ihrem Tätigkeitsfeld umsetzen. Es ist wichtig, dass Studierende zum Beispiel nicht nur etwas über das Zuwendungsrecht lernen, sondern auch die Möglichkeit haben beim Projekt oder beim Träger die Umsetzung kennenzulernen und das gelernte Wissen in der Praxis anwenden.
Seit meinem Abschluss 2018 hat sich die Arbeitswelt stark verändert, vor allem durch Corona. Digitale Medien und künstliche Intelligenz spielen eine immer größere Rolle. Auch in der sozialen Arbeit ist es wichtig, auf dem neuesten Stand zu bleiben, innovativ zu sein aber auch weiterhin persönliche Begegnungen zu ermöglichen.
Vielen Dank für das Interview! Wir freuen uns darauf, in einem weiteren Gespräch mehr über Ihren Arbeitsbereich zu erfahren.
Das Interview führten Elena Gavrisch und Julia Mann von der Paritätischen Akademie Berlin.
Weiterführende Links:
Paritätischer Wohlfahrtsverband Berlin: https://www.paritaet-berlin.de
Mehr Infos zum Studiengang Sozialmanagement (M.A.) hier.
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Redaktion: Julia Mann (Paritätische Akademie Berlin)
Foto im Titelbild: Daniela Radlbeck (Foto: Elena Gavrisch)
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Quereinstieg durch das Studium in Sozialmanagement –
im Gespräch mit Master-Absolventin Cora Döhn
Cora Döhn war nach ihrem ersten Studium zunächst Deutsch als Fremdsprache Lehrerin und Online-Redakteurin. Doch sie entschied sie sich für den Quereinstieg in die Soziale Arbeit durch ein Studium in Sozialmanagement und dem Antreten einer Stelle bei der Berliner Aids-Hilfe e.V.. In diesem Interview sprechen wir mit der Master-Absolventin, die heute die Koordination der Jugendprävention bei der Berliner Aids-Hilfe ausführt, über ihren heutigen Beruf und ihren Weg dorthin.
Was genau machst du als Youthwork-Koordinatorin bei der Berliner Aids-Hilfe und wie sieht dein Arbeitsalltag aus?
Cora Döhn: Ich bin aktuell die Koordination des Youthwork-Teams der Berliner Aids-Hilfe. Das bedeutet, ich gestalte gemeinsam mit meinem Team die Jugendprävention bei uns im Haus. Meine Hauptaufgaben sind vergleichbar mit der einer Projektmanagerin. Bei mir liegt unsere Ehrenamtskoordination für unser Team sowie die Koordination mit den Lehrkräften und den Schulen, die zu uns kommen. Ich organisiere unsere Events und Projekte – wie z.B. eine Schüler:innenkonferenz, Projekttage und Events zu Anlässen wie dem Welt Aids Tag. Ich schreibe den Newsletter an die Schulen, ich betreue unsere Social Media-Accounts und trage die pädagogische Verantwortung für unser Konzept und für die Workshop-Inhalte wie auch die Ausbildung der Ehrenamtlichen, die bei uns ankommen. Außerdem kümmere ich mich um die Teamentwicklung bei uns intern.
Ein Teil meiner Stelle in der Berliner Aids-Hilfe widmet sich dem Team des Ehrenamtsmanagements. Wir etablieren eine wertschätzende Ausbildungskultur für Ehrenamtliche der gesamten Berliner Aids-Hilfe und halten diese aufrecht. Wer bei uns neu ehrenamtlich anfängt, absolviert verschiedene Kurse. Das sind zum Beispiel Kommunikationstrainings unter anderem mit Zuhörtechniken – das bieten wir für unsere Ehrenamtliche kostenlos an. Um unsere Qualitätsstandards einzuhalten, sind diese Kurse bei uns auch verpflichtend. Sie lernen auch die Berliner Aids-Hilfe als Organisation samt ihrer Haltung kennen. So haben neue Ehrenamtliche hier auch nochmal die Möglichkeit einen Abgleich zu machen, ob sie sich mit der politischen Haltung der Berliner Aids-Hilfe identifizieren können und sich damit wohlfühlen, diese Haltung auch nach außen zu vertreten.
Seit Neustem gehe ich auch mit in Testberatungen. Das sind Beratungen bei uns im Haus, die vor einem Test auf HIV und andere sexuell übertragbare Infektionen angeboten werden. Da können Personen, die sich zum Beispiel auf HIV testen lassen möchten, erfahren, wie ein Test abläuft und wo sie sich hinwenden können, falls ein Test positiv ausfällt.
Was motiviert dich, diesen Job auszuüben?
Für mich ist die Berliner Aids-Hilfe ein ganz ideell aufgeladener Arbeitsbereich. Das finde ich wunderschön. Es ist eine Mischung aus Job und Lebensgefühl. Die Arbeit ist sinnvoll und das ist sehr motivierend für mich.
Das Team hält auch sehr zusammen, was mich ungemein motiviert. Im Team gibt es flache Hierarchien. Wir arbeiten sehr gleichberechtigt und selbstbestimmt.
Was hast du vor deinem Masterstudium gemacht? Und wie bist du dann dazu gekommen, dich neu zu orientieren?
Ich war in einer Redaktion in einem Online-Medium erst als Volontärin und dann als Redakteurin tätig. Das hat mir zunächst viel Spaß gemacht. Mein Steckenpferd-Thema war die finanzielle Selbstbestimmung von Frauen in der Gründung und ihr Weg in die Selbständigkeit. Ich habe Informationen zusammengetragen, von denen andere profitieren können, die sich auch selbstständig machen wollen. Mich hat also schon immer interessiert, welche Informationen die Welt noch braucht. Auch hier wollte ich unbedingt eine Art Beratungsangebot schaffen.
Nach meinem Quereinstieg hatte ich das Gefühl, keine formale Qualifikation zu haben, um im Bereich soziale Arbeit anknüpfen zu können. Für mich persönlich war es also wichtig, eine Zusatzqualifikation zu erwerben, um mich hier wohlzufühlen. Denn ich habe ein Selbstverständnis, dass ich mit hoher Professionalität an neue Herausforderungen herangehe. Den Mut und das Selbstbewusstsein sowie das Know-How hätte ich ohne das Studium leider nicht gehabt, mit dem ich jetzt meine Arbeit ausführen kann.
Das Errechnen von Bilanzen aus dem Studium beispielsweise brauche ich in meinem aktuellen Job zwar nicht mehr so im Detail, denn dafür haben wir hier im Haus die Buchhaltung und die Geschäftsführung. Aber trotzdem gehe ich durch dieses erworbene Wissen kompetent mit Budgets für meinen Arbeitsbereich um. Das gibt natürlich auch meinen Chef:innen Sicherheit und Vertrauen.
Den Mut und das Selbstbewusstsein sowie das Know-How hätte ich ohne das Studium leider nicht gehabt, mit dem ich jetzt meine Arbeit ausführen kann.
Konntest du Arbeit und Studium gut unter einen Hut bringen? Und hat das ausgereicht, um dein Leben und die Studienkosten zu finanzieren?
Ich habe das Studium 2018 begonnen und 2020 habe ich den Abschluss gemacht. Finanziert habe ich das Ganze dadurch, dass ich parallel gearbeitet habe. Ich habe in der Zeit des Studiums ca. 10 Stunden bei der Berliner Aids Hilfe im Ehrenamtsmanagement gearbeitet und nebenbei selbstständig als Deutsch als Fremdsprache Lehrerin.
Zugegebenermaßen war damals der Mietenwahnsinn auch noch nicht so extrem wie jetzt. Es war also für mich stemmbar. In der Steuererklärung kam mir das Studium später auch zugute. Ich war zu dem Zeitpunkt bereits verheiratet. Das Studium habe ich absetzen können, was finanziell eine große Erleichterung war.
Nach einem vollen Präsenztag an der Paritätischen Akademie hatte man auch das Gefühl, ganz viel mitgenommen zu haben. Und natürlich habe ich mich dann auch am Wochenende noch einmal hingesetzt und bin alles durchgegangen und habe ich eben Mathe gepaukt oder nachgeholt, wie ich Social Media Inhalte gut gestalten kann. Ich habe mich dann auch mit meinen Kommiliton:innen in Lerngruppen getroffen. Wir haben das Studium schon sehr ernst genommen.
Es wird sehr gut darauf eingegangen, dass Menschen in dem Studium meist Vollzeit-Arbeitnehmer:innen sind.
Es kommt wirklich auch darauf an, wie man Prioritäten gut setzt. Das Studium an der Paritätischen Akademie in Sozialmanagement ist herausfordernd, aber nicht überfordernd. Denn es wird sehr gut darauf eingegangen, dass Menschen in dem Studium meist Vollzeit-Arbeitnehmer:innen sind. Außerdem wussten wir auch alle Termine vorher. So konnte ich im Vorhinein immer sehr gut mit meinem Arbeitgeber absprechen, wann ich arbeiten kann und wann nicht.
Das Studium habe ich absetzen können, was finanziell eine große Erleichterung war.
Wie waren der Austausch und Kontakt unter den Studierenden?
Sehr gut. Allerdings kam dann die Corona-Pandemie 2020. Das hat leider dazu geführt, dass unser letztes Semester und auch unsere Abschlussfeier nur über Zoom stattfinden konnte. Viele Leute, mit denen ich im Studium sehr eng war, habe ich dann anderthalb Jahre nicht mehr zu Gesicht bekommen.
Eine Freundschaft hat sich privat gehalten. Aber auch, wenn ich mit allen anderen nicht jeden Tag im Kontakt stehe, weiß ich mit Sicherheit, dass ich auf sie heute immer noch zugehen und wir uns beruflich austauschen könnten.
Welche Inhalte des Studiums konntest du im Berufsleben unmittelbar anwenden?
Die Social Media-Inhalte haben mir sehr viel Sicherheit gegeben. Da ging es darum, wie ich zum Beispiel reagieren kann, wenn ein Shitstorm kommt oder wie schnell man auf solche Inhalte reagieren sollte. Aber auch das rechtliche Wissen in diesem Zusammenhang war sehr wichtig für meine Arbeit heute. Social Media ist schließlich nicht nur ein Fun-Faktor meines Arbeitsbereichs, sondern ein integraler Bestandteil.
Ganz wichtig war auch das Thema Diversität und Diversitätsorientierung. Wie schafft man es, den Arbeitsbereich divers zu gestalten? Es ist sehr spannend, wie komplex und schwierig das eigentlich ist. Das spielt auch in unserem Arbeitsalltag heute eine große Rolle.
Ich habe ein Verständnis dafür bekommen, wie wirtschaftlich eine soziale Organisation eigentlich arbeiten muss und was alles dahintersteckt.
Außerdem konnte ich im Studium ein grundsätzliches Verständnis davon erwerben, wie die Sozialwirtschaft funktioniert. Finanzierungsfragen spielen im sozialen Bereich immer eine ganz große Rolle. Denn Ressourcen sind chronisch knapp und müssen deshalb immer zielgerichtet und effizient eingesetzt werden. Darum ist man angehalten, sehr exakt zu sein und sehr gut zu planen. Dahingehend hat das Studium meinen Horizont sehr erweitert. Ich habe ein Verständnis dafür bekommen, wie wirtschaftlich eine soziale Organisation eigentlich arbeiten muss und was alles dahintersteckt. So habe ich das Selbstbewusstsein erlangt, mich im sozialen Bereich flexibel zu bewegen und mitreden zu können. Das hat mir persönlich am allermeisten gebracht.
Haben sich deine Erwartungen an das Studium erfüllt?
Am Anfang hatte ich die Vorstellung, dass ich schon viel wissen werde und die Studieninhalte mich eher darin bestärken werden, dass ich im richtigen Arbeitsfeld angekommen bin. Ich habe mich also ehrlicherweise zunächst gefragt, ob mir das Studium was bringt oder ob ich es als persönlichen Selbstbewusstseins-Boost benötige. Ich war jedoch spätestens nach dem ersten Semester davon überzeugt, wie qualitativ hochwertig und wie divers die Inhalte des Studiums sind. Es hat mir rückblickend sehr viel geholfen, mich im Arbeitsfeld der Sozialwirtschaft gut bewegen zu können.
Ich war (…) nach dem ersten Semester davon überzeugt, wie qualitativ hochwertig und wie divers die Inhalte des Studiums sind.
Was hat dir im Studium gefehlt?
Während meines Studiums war ich noch eine relativ neue Mitarbeiterin mit wenig Stunden. So hatte ich noch nicht so komplexe Arbeitsbereiche und auch nicht so viel Verantwortung wie heute. Die Management-Inhalte im Studium waren deshalb zwar sehr praktisch und für mich total spannend, aber die Inhalte passierten für mich noch im luftleeren Raum. In meiner Arbeitspraxis wurden die Inhalte erst später relevant. Glücklicherweise konnte ich vieles Wissen wieder abrufen als ich es brauchte.
Dennoch würde ich manchmal gerne noch mal die Zeit zurückdrehen und einen Kurs darin belegen, um mein Wissen aufzufrischen. Dann könnte ich parallel zu dem, was ich theoretisch gelernt habe, jetzt die Möglichkeit nutzen, das praktisch anzuwenden. Auch das Coaching, das im Studium angeboten wurde, konnte ich dahingehend noch nicht gut in Anspruch nehmen.
Vielen Dank für das Interview.
An der Paritätischen Akademie bieten wir im Berufsfeld Ehrenamtsmanagement einen Zertifikatskurs an. Dazu haben wir mit Cora Döhn, die auf diesem Gebiet heute Expertin ist, gesprochen. Der Beitrag dazu wird bald im Online-Magazin erscheinen.
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Redaktion: Julia Mann (Paritätische Akademie Berlin)
Foto im Titelbild: Cora Döhn in ihrem Büro der Berliner Aids-Hilfe e.V. (Foto: Elena Gavrisch)
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Verhinderte Fachkräfte – Wie qualifizierte Frauen mit Fluchterfahrung auf ihrem Weg in den deutschen Arbeitsmarkt ausgeschlossen werden
Gut qualifizierte muslimische Frauen arbeiten unter ihrem Qualifikationsniveau bzw. im Helferbereich. Das stellt Forough Hossein Pour in ihrer Beratungstätigkeit von Frauen mit Fluchterfahrungen immer wieder fest. Um sich mit den Gründen näher zu befassen, untersucht sie die Situation im Rahmen Ihres Bachelorstudiums Soziale Arbeit an der Paritätischen Akademie Berlin*. Eine herausragende Arbeit, auf die auch die Friedrich-Ebert-Stiftung aufmerksam geworden ist.
Heute arbeitet Frau Hossein Pour mit ihrer Expertise im Rahmen ihrer Tätigkeit als Bildungsberaterin an Publikationen mit und setzt sich damit gegen rassistische Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt ein. Im Interview sprechen wir mit ihr über die Aspekte der Mehrfachdiskriminierung von muslimischen Frauen aus ihrer Beratungspraxis und wie sie im berufsbegleitenden Bachelorstudium tiefer in die Materie einsteigen konnte.
Frau Hossein Pour, wo waren Sie vor dem Studium tätig und was hat Sie dazu motiviert, Soziale Arbeit an der Paritätischen Akademie Berlin zu studieren?
Hossein Pour: Ich arbeite seit August 2016 als Bildungs- und Berufsberaterin für Frauen mit Fluchterfahrung und Migrationsgeschichte bei KOBRA, einem Projekt, das im Rahmen der Gleichstellung vom Land Berlin öffentlich gefördert wird. Seitdem beschäftige ich mich täglich mit der Frage des Übergangsmanagements für Ratsuchende mit ausländischen Abschlüssen bzw. mit deren eingeschränkten Zugang zu Rechten und Teilhabemöglichkeiten.
Die Ursachen dieser strukturellen Benachteiligung zu erforschen war meine größte Motivation. Da unser Träger, der Berliner Frauenbund 1945 e.V., Mitglied des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Berlin ist, kam uns der Start des berufsbegleitenden Studiums im Herbst 2019 sehr entgegen. So habe ich mich in Absprache mit meiner Vorgesetzten Frau Dr. Hildegard Schicke für das berufsbegleitende Studium der Sozialen Arbeit an der Paritätischen Akademie entschieden.
Welche Themen hat das Bachelorstudium aufgegriffen, die Sie direkt in Ihrer Tätigkeit
anwenden konnten?
Hossein Pour: Die Rechts-Module (Grundsicherung, Familienrecht, das Allgemeine Gleichstellungsgesetz, Aufenthalts- und Asylrecht) waren für mich sehr praxisnah. Denn Asylsuchende finden sich nach ihrer Ankunft in Deutschland in einem hochkomplexen, selektiven und besonders dynamischen Verwaltungsprozess wieder.
Die Logik des Aufenthaltsrechts und Verwaltungsrechts zu verstehen, komplexe Fragstellungen analysieren zu können und unsere Profession als „Soziale Anwaltschaft“ gegenüber den Ratsuchenden zu begreifen, gab mir die Kompetenz die Interessen der Frauen besser durchzusetzen.
In Ihrer Abschlussarbeit haben Sie sich mit Mehrfachdiskriminierung von qualifizierten muslimischen Frauen mit Fluchterfahrung beschäftigt. Wie sind Sie zu dem Thema gekommen? Haben Ihnen dabei Inhalte aus dem Studium geholfen?
Hossein Pour: Die Frage nach beruflichen Perspektiven von geflüchteten Frauen in Deutschland gehört zu meiner täglichen Arbeit als Bildungsberaterin bei KOBRA.
Wir beraten qualifizierte muslimische Frauen, die ausgesprochen erwerbsorientiert sind und eine qualifikationsadäquate Beschäftigung suchen. Sie kommen, aber auf dem Arbeitsmarkt nicht an. Gleichzeitig haben wir eine Arbeitsmarktforschung, die die mangelhafte Arbeitsmarktintegration darauf zurückführt, dass die geflüchteten Frauen kein Humankapital mitbringen, in traditionellen Familien leben und für Kinder sorgen, oder durch gesundheitliche Einschränkungen belastet sind.
Im Juni 2022 wurde die quantitative Studie zu „Rassistischen Realitäten in Deutschland“ des Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitors (NaDiRa) veröffentlicht, die den Rassismus in Strukturen und im Alltag von rassifizierten Menschen nachweist. Ich erkannte, dank der Theorien sozialer Ungleichheit des Moduls Soziologie und der im Modul Gender und Diversity vermittelten Postkolonialen Perspektiven, dass wir es hier mit einer Forschungslücke zu tun haben. Die NaDiRa-Studie bestätigte meine Annahme, dass dieser Ansatz der Berufsforschung die Barrieren beim Zugang zum Arbeitsmarkt, die muslimischen Frauen behindern, nicht erklären kann. Denn er beruht ausschließlich auf Geschlechterdifferenzierung, was nicht ausreicht. Wir brauchen auch eine qualitative Forschung, die die Mechanismen des Rassismus als Treiber der sozialen Ungleichheit im deutschen Kontext untersucht.
Was macht es weiblichen muslimischen Fachkräften mit Fluchterfahrung in Deutschland so schwer ihrem Abschluss entsprechend arbeiten zu können? Und wie genau haben Sie das untersucht?
Hossein Pour: In der Analyse konnte ich drei strukturelle Barrieren für qualifizierte muslimische Frauen mit Fluchterfahrung identifizieren, die sie auf dem Weg in eine ausbildungsadäquate Erwerbsarbeit ausschließen.:
(1) Der Kampf um einen gesicherten Aufenthaltsstatus. Hier geht es um Frauen, die im Asylverfahren sind und die gemäß der Gesetzgebung aufgrund ihres Herkunftslandes der Kategorie „Geflüchtete mit einer schlechten Bleibeperspektive‘“ zugeteilt werden. Hier wurde deutlich, dass ihre mitgebrachte Qualifikation keine Rolle spielt. Es wird ihnen stattdessen der Weg über eine Ausbildung als Garantie für eine Bleiberecht geboten.
(2) Der Kampf um die Anerkennung der im Herkunftsland erworbenen Qualifikationen. Hier wurde deutlich, dass Personen aus bestimmten Ländern durch selektive Verfahrensbestimmung von einer Gleichwertigkeitsprüfung ausgeschlossen werden.
(3) Der Kampf gegen die Diskriminierung von muslimischen Frauen mit Kopftuch auf dem Arbeitsmarkt. Hier konnte gezeigt werden, dass Frauen, deren im Ausland erworbene ausländische Qualifikation in Deutschland anerkannt wurde und die ein Kopftuch tragen, trotz allem keine bildungsadäquaten Jobs bekommen.
Ich habe die Lebensbedingungen von drei Frauen mit Fluchterfahrung untersucht, die ihre Hochschulqualifikation im Ausland erworben hatten und motiviert waren, in Berlin in ihrem Berufsfeld zu arbeiten. Dafür habe ich mit Hilfe des Intersektionalen Mehrebenenansatzes (Degele/Winker 2009) eine theoretische Perspektive und zugleich einen
praxeologischen Zugang gewählt. Zuerst habe ich eine empirische Analyse sozialer Ungleichheit im Alltag von geflüchteten Frauen durchgeführt. Daran habe ich die Ergebnisse systematisch auf theoretisches Wissen über
intersektional verwobene Herrschaftsverhältnisse bezogen. Hierbei habe ich Bourdieus Theorie der Kapitalarten und des sozialen Feldes sowie die postkolonialen Perspektiven nach Said und Hall einbezogen, die den empirisch nachgewiesenen Rassismus als Systeme erklären.
Teile Ihrer Bachelorarbeit sind von der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) publiziert worden. Wie kam es dazu?
Hossein Pour: Das Team der „Beruflichen Orientierung für Frauen“ von KOBRA wurde von der FES für einen Vortrag angefragt. Sie wollten im wissenschaftlichen Fachworkshop „Aus Hilfskräfte Fachkräfte machen“ unsere Sicht aus der Beratungspraxis auf die Fragestellung.
Da wir jedoch in der Praxis die Probleme bereits gut qualifizierter Frauen sehen, die entweder unter ihrem Qualifikationsniveau bzw. im Helferbereich arbeiten, habe ich mich in meinem Input in der Fachveranstaltung auf die Ursachen struktureller Diskriminierung und Rassismus konzentriert. Dabei habe ich mich auf die Ergebnisse aus meiner Bachelor-Thesis zur Ausblendung der Mehrfachdiskriminierung von qualifizierten Geflüchteten bei der Fachkräftediskussion bezogen. Einige Monate später erhielt ich von der FES-Referentin eine E‑Mail mit der Anfrage, ob ich bereit wäre, an einer Reihe von Kurzpublikationen mitzuarbeiten, in denen die im Workshop angesprochenen Aspekte vertieft werden sollen. Ich habe mich sehr über ihr Interesse gefreut und sofort zugesagt. Mein Impulsbeitrag „Verhinderte Fachkräfte“ wurde dann im Januar dieses Jahres veröffentlicht.
Erzählen Sie etwas mehr über das Projekt KOBRA, in dem Sie arbeiten!
Hossein Pour: Hinter KOBRA steht als Träger der Berliner Frauenbund 1945 e.V., der in der Tradition der emanzipatorischen Frauenrechte entstanden ist und sich seit Jahrzehnten für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter einsetzt. In den achtziger Jahren ist KOBRA als eine überbezirkliche Beratungseinrichtung entstanden. Wir sind ein multidisziplinäres Team, das Frauen in ihrer Vielfalt in allen Fragen von Beruf, Bildung und Beschäftigung berät. Bei besonderen beruflichen Übergängen im Kontext der Vereinbarkeit von Beruf und Familie bzw. Beruf und Pflege – z. B. Elternzeit, Familienpflegezeit oder dem Wiedereinstieg – werden Menschen mit Fürsorgeverantwortung beraten, egal welchem Geschlecht sie sich zugehörig fühlen.
KOBRA unterstützt Unternehmen bei einer lebensphasengerechten Personalentwicklung. Am Sitz der Beratungsstelle KOBRA wurde ab 2021 auch eine Anlauf- und Koordinierungsstelle für Alleinerziehende in Berlin Kreuzberg-Friedrichshain aufgebaut.
Mehr zu der Bildungsberatung für geflüchtete Frauen und Veröffentlichungen von Forough Houssein Pour:
Mehr zu KOBRA: https://www.kobra-berlin.de
Was haben Sie jetzt nach dem Studienabschluss vor?
Hossein Pour: Ich werde mich gezielter in Gremien einbringen, die sich mit den Hindernissen beschäftigen, die die Arbeitsmarktintegration von Menschen mit ausländischen Berufsabschlüssen verhindern. Mit Sorge sehe ich die Verschiebung des öffentlichen Diskurses weg von einer Willkommenskultur für Geflüchtete hin zu einer die humanitären Standards des Grundgesetztes gefährdenden Perspektive der Abschottung oder Rückführung. Deswegen finde ich es wichtig, vor allem in diesen Zeiten, wo der politische Rechtsruck die Demokratie gefährdet, über Strategien nachzudenken, die zur Bekämpfung und Beseitigung von rassistischer Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt beitragen.
Vielen Dank für das Interview, Frau Hossein Pour. Wir wünschen Ihnen für Ihre wichtige Arbeit und Ihren Einsatz für eine demokratische, offene Gesellschaft weiterhin sehr viel Erfolg!
*ein berufsbegleitender Studiengang in Kooperation mit der Hochschule für soziale Arbeit und Pädagogik (HSAP). Mehr Informationen hier.
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Redaktion: Julia Mann (Paritätische Akademie Berlin)
Foto im Titelbild: Forough Hossein Pour
AUCH INTERESSANT
Haltung als Leitung im Studium entwickeln
Oliver Heymann hat an der Paritätischen Akademie Berlin den Master Sozialmanagement studiert. Wir sprechen mit ihm über seine Rolle als Leitungskraft einer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung und darüber, wie das M.A. Studium seine berufliche Laufbahn beeinflusst hat.
Herr Heymann, wann haben Sie an der Paritätischen Akademie studiert? Mit welchem Abschluss und Arbeitserfahrung haben Sie sich an der Paritätischen Akademie damals beworben?
Oliver Heymann: Ich habe 2017 bis 2020 an der Paritätischen Akademie Berlin studiert. Davor habe ich einen Bachelor in Allgemeinpädagogik Bildungswissenschaften mit Nebenfach Psychologie an der LMU in München absolviert. Im Zusammenhang mit Arbeitserfahrung und dem Wunsch nach beruflicher Weiterentwicklung, habe ich mich für den M.A. Sozialmanagement an der Paritätischen Akademie beworben und wurde angenommen.
Wo haben Sie neben dem Studium gearbeitet?
Oliver Heymann: Ich habe in der Eingliederungshilfe bei einem nicht allzu großen Träger im Norden von Berlin gearbeitet. Das war vergleichbar und relativ nahe an der pädagogischen Arbeit, die hier bei uns in den Wohngruppen erfolgt. Es war hauptsächlich die Tagesbetreuung in einer Wohngruppe für Menschen mit Behinderung.
Und wie ließ sich das Studium mit dem Arbeitsalltag verbinden? Wie haben Sie das damals erlebt?
Oliver Heymann: Ich konnte unter Heranziehung des eigenen Urlaubs, des Bildungsurlaubs sowie über den Abbau von Überstunden die
Präsenzwochen gut abdecken. Ich habe damals in einem Schichtdienstsystem gearbeitet. Hier wurde der Dienstplan monatlich und nicht wöchentlich strukturiert. So war es möglich sich die Präsenzzeiten freizuhalten und einfach in den anderen Wochen mehr Dienste zu übernehmen. Die Mitarbeitenden in unseren Wohngruppen arbeiten hier ähnlich. Zudem ließ die Gestaltung der Arbeitsinhalte außerhalb der Präsenzzeiten* in Form von Forenbeiträgen im Masterstudium eine große zeitliche Flexibilität zu.
*Anmerkung Paritätische Akademie Berlin: Die Struktur der Lerneinheiten werden laufend den Bedürfnissen der berufsbegleitend Studierenden angepasst. Die Terminübersicht für den Studiendurchgang ab WiSe 2024/25 werden wir zeitnah auf unserer Webseite veröffentlichen.
Haben Sie das Studium selbst finanziert? Die Studiengebühren können mittlerweile in 30 Monatsraten entrichtet werden. Eine anteilige oder vollständige Übernahme der Studiengebühren durch den Arbeitgeber ist möglich.
Oliver Heymann: Ich habe keine finanzielle Unterstützung bekommen. Aber dank Ratenaushandlung* ging das ganz gut.
In welcher Einrichtung arbeiten Sie heute und was ist Ihre Rolle in der Organisation?
Oliver Heymann: Ich bin Bereichsleiter im Kinder- und Jugendhilfe Zentrum Neukölln des Evangelischen Jugend und Fürsorgewerks. Wir sind der größte Anbieter von stationärer Kinder- und Jugendhilfe in Berlin Neukölln. Insgesamt umfasst die Abteilung Jugendhilfe im EJF (Evangelisches Jugend- und Fürsorgewerk) ungefähr 1800 Mitarbeitende. Hier an unserem Standort im Verbund sind wir etwa 150 Menschen, davon 120 Kolleg:innen mit pädagogischen Berufen in verschiedenen Wohngruppen. Wir haben bei uns Kinder und Jugendliche in allen Altersgruppen in verschiedenen Schwerpunkten in den eigenen Bedarfen wohnen, die hier ihren Lebensmittelpunkt haben.
Und wie sieht Ihr Tagesablauf aus?
Oliver Heymann: Insgesamt bin ich als Bereichsleitung für sechs Wohngruppen zuständig. Das bedeutet, dass ich für etwa 35 Mitarbeitende in der Personalverantwortung bin und etwas über 40 Kinder und Jugendliche in meinem Bereich leben. Gleich zu Tagesbeginn trete ich mit den pädagogischen Fachkräften der jeweiligen Gruppen in Kontakt, um zu gucken, ob bei ihnen alles in Ordnung ist. Ich bin wöchentlich in relativ vielen Teamsitzungen, höre intern und extern viel zu, steuere an den notwendigen Punkten und mache Controlling. Entwickelt sich die jeweilige Gruppe in die richtige Richtung? Gibt es da Unterstützungsbedarf meinerseits? Bestehen aktuell irgendwelche Krisen oder Entwicklungen, die meiner Person bedürfen? Es kann ab und zu Vorfälle geben. Das können persönliche Krisen eines jungen Menschen sein. Oder wir hatten letzte Woche die Situation, dass es einen kleinen Brand in einer Gruppe gab. Der hat mich diese Woche sehr intensiv beschäftigt. Es musste nachgeforscht werden, wie es dazu kam und wie das vermieden werden kann. Solche Situationen müssen gründlich geklärt werden und das gehört auch zu meiner leitenden Tätigkeit.
Was haben Sie vor der Arbeit in der stationären Kinder- und Jugendhilfe in Berlin Neukölln gemacht?
Oliver Heymann: Als ich mein Masterstudium in Sozialmanagement angefangen habe, war ich in der Eingliederungshilfe tätig und musste später aus familiären Gründen in eine andere Stadt ziehen. Durch den Master und die flexible Struktur des berufsbegleitenden Studiengangs gelang mir am neuen Ort der Wechsel in die Altenhilfe. Ich hatte einen spannenden Job als Einrichtungsleitung für offene Altenhilfe gefunden, die für einen ganzen Stadtteil und mehrere Tausend ältere Menschen zuständig war. Aber nach einer Weile stand der Beschluss, dass wir zurück nach Berlin möchten, und ich musste mich erneut auf die Suche nach einer passenden Stelle umschauen. Hier in der stationären Kinder- und Jugendhilfe in Berlin Neukölln fand ich das ansprechendste Angebot. Schon im Rahmen der Bewerbungsgespräche merkte ich, dass es hier von den Arbeitsstrukturen und Klima angenehm war. Ich bin jetzt seit eineinhalb Jahren hier und bereue diese Entscheidung nicht. Ich gehe jeden Tag gerne in die Arbeit.
„Durch den Master und die flexible Struktur des berufsbegleitenden Studiengangs gelang mir am neuen Ort der Wechsel in die Altenhilfe. Ich hatte einen spannenden Job als Einrichtungsleitung für offene Altenhilfe gefunden, die für einen ganzen Stadtteil und mehrere Tausend ältere Menschen zuständig war.“
Welchen Unterschied macht Ihre Arbeit im Leben der Kinder und jungen Erwachsenen?
Oliver Heymann: Es gibt viele junge Menschen, die aus unterschiedlichsten Gründen nicht mehr bei den Eltern wohnen können. Oft sind
hier Schicksalsschläge und das Zusammenkommen von vielen hinderlichen Faktoren ausschlaggebend. Zum Beispiel weil die Eltern in die Obdachlosigkeit gerutscht sind, oder unter schweren körperlichen oder psychischen Erkrankungen leiden. In manchen Situationen gibt es keine Eltern mehr oder zu Hause entsteht eine so große Krise, dass es zumindest für eine gewisse Zeit nicht möglich oder nicht mehr sicher ist, die Kinder bei den Eltern leben zu lassen. Und dann greift die Kinder- und Jugendhilfe. In starker Zusammenarbeit mit den Jugendämtern und in den meisten Fällen der Zustimmung der Sorgeberechtigten, finden diese Kinder bei uns Platz und werden in ihren individuellen Situationen betreut und begleitet. Die Wiederzusammenführung mit den Eltern wird natürlich, mit aller gebotener Vorsicht, in den Vordergrund gestellt. Denn keine Betreuungsperson kann die Eltern ersetzen. In Zusammenarbeit mit dem Jugendamt arbeiten wir daran, die Eltern zu befähigen ein gutes elterliches Verhältnis mit dem Kind aufzubauen und ihnen ein stabiles Umfeld zu bieten. Auf der anderen Seite arbeiten wir mit vielen Kooperationspartnern aus dem unmittelbaren Umfeld der Kinder, mit den jeweiligen Vormundschaften, mit den Schulen, Großfamilien und Freundeskreisen, die eine Rolle im Leben des Kindes haben und neben dem Erziehungsberechtigten für eine gelungene Rückführung in die elterliche Familie wichtig sind. Das ist eine sehr komplexe Arbeit, die hier von unseren Erzieher:innen und Sozialarbeiter:innen durchgeführt wird.
Meine Rolle dabei ist unter anderem, die Metaebene einzunehmen und ihre pädagogische Arbeit zu unterstützen in dem ich schaue: Wie müssen wir unsere Gruppen so ausrichten, dass sie dem Bedarf und den multiplen Problemlagen der Kinder und Jugendlichen gerecht werden und auch die sich immer wieder verändernden gesamtgesellschaftlichen Bedarfe und Zielgruppen berücksichtigen. Welche fachlichen Standards setzen wir uns, wie halten wir diese ein? Wie findet Wissens- und Informationsweitergabe statt? Nach welchen pädagogischen Richtlinien handeln wir? Wie gehen wir vor im Krisenfall? Ich bin die Person, die praktisch etwas abseits der Gruppe steht, aber jederzeit reinkommt und da unterstützt, wo Not an der Person ist.


Was passiert, wenn junge Erwachsene die Wohngruppen verlassen müssen, gelingt ihnen ein guter Übergang in das erwachsene Leben?
Oliver Heymann: Je nach Ausrichtung der Wohngruppe und nach dem individuellen Verlauf der einzelnen Kindessituation, ob es wieder zu den Eltern geht oder praktisch in eine eigene Wohnung, begleiten wir unterschiedlich. Nach dem Auszug aus unserer Einrichtung endet unsere Arbeit meist nicht. In vielen Fällen begleiten wir unsere Careleaver mehrere Monate ambulant nach, je nach Bedarfslage. Mit vielen halten wir auch noch einen losen Kontakt, wenn die Kinder bei den Eltern wieder eingezogen sind. Außerdem haben wir viele Eltern, die sich noch Jahre später immer wieder Rat suchend an uns wenden.
Wir hatten letztes Jahr eine größere Feier, weil ein langjähriger Mitarbeiter in Rente gegangen ist. Er hat ein Leben lang in der Kinder- und Jugendhilfe gearbeitet. Und bei dieser Verabschiedungsfeier waren tatsächlich damalige Jugendlichen aus seiner ersten Wohngruppe, die der Kollege begleitet hat, anwesend. Sie waren alle Anfang Fünfzig, inzwischen mitten im Leben stehend mit ihren eigenen Familien und Kindern da und haben ganz rührend über den Kollegen gesprochen. Das war sehr schön auf der Feier mitzubekommen, wie dieser Mensch ihr Leben beeinflusst hat und dass es ihnen jetzt gut geht, und dass die Unterstützung, die sie damals erhalten haben, nach eigenen Aussagen, eine große Hilfe war. Und in das Erbe treten wir natürlich weiterhin.
Welche Aspekte oder Inhalte des Masterstudiums in Sozialmanagement sind in Ihrem Berufsalltag noch heute relevant?
Oliver Heymann: Es gibt Vieles. Ich denke mitunter das Wichtigste war einen Habitus und Haltung als Leitung zu entwickeln. Dabei wurden wir auf allen Ebenen unterstützt, mit der Wissens- und der Kompetenzvermittlung, um diese Rolle ausfüllen zu können. Wir haben sehr viele Bereiche abgedeckt und Methoden kennengelernt, die ich jetzt noch in meiner Arbeit anwende. Im Studium habe ich die Möglichkeiten kennengelernt und kann sie mir nach Bedarf heranziehen, Kenntnisse auffrischen und anwenden. Und was im sozialen Bereich oft in der Ausbildung zu kurz kommt und im Studium gut abgedeckt war, sind die BWL-Lernanteile, die für mich in der Leitungsfunktion sehr wertvoll sind. Mir hilft es tatsächlich sehr, dass ich sagen kann – hier ist eine Bilanz und ich kann sie analysieren und Probleme anhand der Zahlen erkennen.
Arbeitsrecht ist auch ein wertvoller Teil des Studiums gewesen. Viele studieren Soziale Arbeit oder Ähnliches, sie sind gute Fachkräfte, sehr gute Teamleiter:innen und haben sehr gute soziale Kompetenzen in der Zusammenwirkung mit den Kolleg:innen. Oft rutschen sie jedoch, praktisch unvorbereitet, in die Leitungsrollen in ihren Organisationen. In diesen Rollen fehlen ihnen die fachliche Qualifikation als Leitung, die wirtschaftlichen und technischen Kenntnisse, so gehen diese Aspekte auch in ihrem Berufsalltag en bisschen unter. Mit dem wirtschaftlichen Verständnis und mit der Stärke in diesen Bereichen der Geschäftsführung macht man sich im sozialen Bereich durchaus manchmal Freunde.
„Ich denke mitunter das Wichtigste war, einen Habitus und Haltung als Leitung zu entwickeln. Dabei wurden wir auf allen Ebenen unterstützt, mit der Wissens- und der Kompetenzvermittlung, um diese Rolle ausfüllen zu können. Wir haben sehr viele Bereiche abgedeckt und Methoden kennengelernt, die ich jetzt noch in meiner Arbeit anwende.“
Welche Kenntnisse oder welches Know-How fehlt Ihnen jetzt, das im Job gewachsen ist und im Studium nicht behandelt wurde?
Oliver Heymann: Ich weiß nicht, ob der Studiengang tatsächlich die großen Problemfelder, die meine Arbeit jetzt betreffen, abdecken könnte. Das sind hauptsächlich gesamtgesellschaftliche Phänomene wie der Fachkräftemangel, der einfach sehr gravierend zu Tage tritt. Und jetzt gerade in Berlin ist es der Wohnungsmangel, der unsere Arbeit erschwert. Vielleicht könnte man im Studiengang darauf vorbereitet werden, stärker in diese politische Arbeit reinzugehen und sozialpolitisch den Fachkräftemangel anzugehen, der uns die nächsten Jahrzehnte begleiten wird. Oder eben innovativ an diesen Problemlösungen zu arbeiten und schauen welche Rolle neue Technologien wie KI bei der Arbeitsentlastung spielen könnten. Vielleich könnte KI nicht gerade die Wohngruppen unterstützen, aber vielleicht bei anderen Arbeitsprozessen entlastende Funktion einnehmen?
Digitalisierung ist mittlerweile Teil des Studiengangprogramms. Als Akademie wollen wir auf dem letzten Stand der technischen Möglichkeiten sein und auf deren Potenzial für Soziale Organisationen durch unsere Studierende verweisen.
Oliver Heymann: Insgesamt kann ich sagen, dass der Masterstudiengang meine weitere berufliche Entwicklung, aber auch mich als Mensch, maßgeblich beeinflusst hat. Wenn ich mit Menschen spreche die sich als Führungskraft entwickeln wollen, empfehle ich diesen Master.
Das Interview mit Oliver Heymann führte Elena Gavrisch (Marketing und Öffentlichkeitsarbeit, Paritätische Akademie Berlin)
Titelbild: Oliver Heymann
Fotos: Elena Gavrisch
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Im Gespräch mit Dr. Joachim Rock, Dozent im Master Sozialmanagement
Unser berufsbegleitender Masterstudiengang Sozialmanagement vermittelt die Kenntnisse und Fähigkeiten, soziale Organisationen auf der Basis fundierter rechtlicher und betriebswirtschaftlicher Managementkenntnisse zu führen und zu leiten. Wie viele unserer Dozierenden verbindet Dr. Joachim Rock dort Praxis und Lehre. Im Interview mit unserer Referentin Johanna Brömer gibt er Einblicke in seine Arbeit und spricht über die Herausforderungen für Führungskräfte in der Sozialwirtschaft.
Herr Rock, neben Ihrer Tätigkeit als Dozent bei uns im Studiengang arbeiten Sie für den Paritätischen Gesamtverband. Welche Aufgaben haben Sie dort genau?
Im Paritätischen Gesamtverband leite ich die Abteilung „Arbeit, Soziales und Europa“. Hier bearbeiten wir das gesamte Arbeitsfeld der „Architektur der Sozialen Sicherungssysteme“, vom Hartz-IV-System über Arbeitsmarkt- und Alterssicherungspolitik bis hin zu den Interessen der Beschäftigungsträger im Paritätischen. Weitere Referate sind der kommunalen Sozialpolitik und der Europa- und Bildungspolitik gewidmet. In unserer Abteilung ist auch die Paritätische Forschungsstelle angesiedelt. Wir arbeiten dort an der Weiterentwicklung der Sozialstaates und der Sozialen Arbeit im Sinne des Paritätischen und seiner Mitglieder. Langweilig wird’s nicht.
Was ist Ihre Motivation, zusätzlich als Dozent im Studiengang Sozialmanagement zu unterrichten?
In den Studiengängen treffen sehr engagierte und motivierte Kolleginnen und Kollegen mit unterschiedlichen
Hintergründen, aus den verschiedensten Arbeitsfeldern und Regionen zusammen. Die Akademie schafft damit eine inspirierende Lernumgebung, selbst für die Dozentinnen und Dozenten. Das reizt mich. Die Vernetzungsmöglichkeiten sind ein zusätzliches Plus. Viele der Absolventinnen und Absolventen treffe ich später
in der Praxis, häufig in Leitungspositionen, wieder.
Was sind die inhaltlichen Schwerpunkte Ihrer Veranstaltungen? Welche Themen lehren Sie bei uns?
Ich widme die Lehre den sogenannten Rahmenbedingungen des Sozialmanagements und versuche Entwicklungslinien aufzuzeigen: wie hat sich Soziale Arbeit, wie hat sich Wohlfahrtspflege und Sozialwirtschaft entwickelt? Was bedeutete das heute für uns, und welche Herausforderungen ergeben sich daraus für die Zukunft? Was machen wir damit?
Ein Schwerpunkt des Masterstudiengangs Sozialmanagement ist ja die Qualifizierung von (zukünftigen) Führungskräften in der Sozialwirtschaft. Warum ist diese Qualifizierung wichtig und welchen Beitrag leistet das Studium an der Akademie dabei?
Die Sozialwirtschaft, vor allem aber die gemeinnützige Wohlfahrtspflege, ist ein Arbeitsfeld mit Zukunft. Der
Bedarf an Leistungen in diesem Bereich wird künftig noch weiter wachsen. Die damit verbundenen Herausforderungen lassen sich nicht mit Lösungen von der Stange bewältigen. Dazu braucht es Kompetenzen aus Theorie und Praxis, vor allem aber die angewandte Liebe zur Welt und den Menschen, wie es Johannes Rau gerne formulierte.
Inwiefern ist das Thema „Wohlfahrtsstaatliche Rahmenbedingungen“ dafür relevant?
Niemand schafft sich seine Umwelt selbst, wir alle leben in einem Rahmen, der gegeben ist, aber gestaltet werden
kann. Wir müssen dazu wissen, was gestern war und was das Heute geprägt hat, wenn wir uns heute schon für morgen engagieren möchten. Die Bedingungen dafür müssen wir uns bewusst machen.
Haben Sie bei Ihren Vorlesungen bestimmte Lern- oder Qualifikationsziele vor Augen?
Natürlich. Vor allem geht es nicht darum, einzelne Zahlen, Daten und Fakten zu wiederholen. Es geht darum, sich die „Regeln des Spiels“, seine Grundlagen und Mechanismen nicht nur zu erschließen und transparent zu machen, sondern immer wieder neue Antworten auf die Fragen zu formulieren, wie wir Wirkung in der Welt, in der wir leben, erzielen können: Nicht abstrakt, sondern ganz konkret, für die Gesellschaft und die Menschen, die sie ausmachen.
Welche Erkenntnisse wünschen Sie sich für die Studierenden im Rahmen des Studiums? Gibt es irgendetwas, das Ihnen besonders am Herzen liegt?
Wenige hundert Meter trennen die Akademie vom Lebens‑, Arbeits- und Ruheort Bertolt Brechts. Er hat uns einen Imperativ überlassen, den es zu beherzigen gilt: Ändere die Welt. Sie braucht es.
Vielen Dank für das Gespräch!
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Konflikt – ewiger Fluch oder Chance im Job?
Ein Gastbeitrag von Judit Teichert
Unruhe und Konflikte in Teams und Organisationen sind lästig und ärgerlich und nervig und so wahnsinnig unproduktiv. Streit ist doch eigentlich immer überflüssig und kräftezehrend. Wie schön wäre die Welt ohne Konflikte?
Wirklich? Ja, irgendwie schon. Natürlich wäre es toll, wenn alles immer nur harmonisch wäre. Wir verwenden entsprechend auch sehr viel Zeit, Energie und Geld darauf, Konflikte möglichst gar nicht erst entstehen zu lassen oder zumindest so schnell wie möglich aus dem Weg zu räumen. Die Führungskräfte, die ich begleite, berichten oft davon, wieviel „Druck von oben“ sie nicht an ihr Team weitergeben, um keinen Konflikt aufkommen zu lassen.
Aber wenn ich ehrlich bin, habe ich immer dann am meisten gelernt, wenn ich mich einem Konflikt gestellt habe und ihm so richtig auf den Grund gegangen bin. Ich möchte dich einladen, eine neue Perspektive auf Konflikte im Arbeitsumfeld einzunehmen: Konflikte sind – fast immer – produktiv und bieten eine Chance, das Lernen und Fortschritt stattfindet. Das alles ist natürlich einfacher gesagt als getan. Deswegen stelle ich einige Ideen vor, wie du erkennst, ob ein Konflikt produktiv ist, wie du ihn in produktive Bahnen lenken kannst und wie du deine eigene Konflikttoleranz aufbauen kannst.
Die eigene Konflikttoleranz entwickeln
Für Menschen ist es unterschiedlich leicht, Konflikte auszuhalten. Mir fällt es beruflich als Trainerin und Beraterin recht leicht, weil ich dort von außen beobachte und Impulse gebe. Privat tue ich mich schwerer. Hier bin ich selbst Teil des Systems und vertrete eigene Interessen. Ob jemand Konflikte gut toleriert hängt also nicht nur von der Persönlichkeit ab, sondern variiert auch je nach Situation.
Viele Menschen reagieren innerlich panisch, wenn es konflikthaft wird und versuchen dann Harmonie herzustellen: Lösungen anbieten oder durchsetzen, beruhigen und
besänftigen, den Konflikt vermeiden oder es „schön“ machen. Dadurch wird es schwer, den Konflikt als Lernmoment zu nutzen.
Konflikte auszuhalten und in produktive Bahnen zu lenken kann man lernen. Ähnlich wie
Schwimmen. So wie man schwimmen nicht im offenen Atlantik lernt, sondern im Nichtschwimmerbecken, so geht es im ersten Schritt darum, den Konflikt zu beobachten und besser zu verstehen.
Konflikte als Lernmomente
Wenn du das nächste Mal mit einem Konflikt konfrontiert bist – mit einem Kollegen oder einer Kollegin, im Team oder in deiner Organisation – dann halte inne und sage dir: Was für eine großartige Gelegenheit! Was mag mir dieser Konflikt aufzeigen? (Schon okay, wenn dir das zunächst nur schwer über die Lippen kommt).
Hier zwei typische Beispiele, die mir in der Arbeit mit Sozialorganisationen häufig begegnen:
1. In einer Jugendhilfsorganisation rangelten Abteilungen mit wirtschaftlichem Hintergrund (Controlling, Personalbüro, betriebswirtschaftliches Management) mit den pädagogischen Abteilungen darum, wer wichtiger für das Fortkommen der Organisation ist. Nicht so direkt natürlich, aber immer wieder schwangen in Sitzungen Sticheleien mit, dass die einen „nur auf die Zahlen achten“ während die anderen „kein Gespür dafür haben,
dass es finanzielle Grenzen gibt“. Es gab wenig Austausch zwischen den verschiedenen Lagern, die Pädagogen fühlten sich zu wenig als wertschöpfende Kraft wertgeschätzt und die administrativen Abteilungen fühlten sich zu wenig in ihrer Arbeit unterstützt und in ihrer Wichtigkeit ebenfalls nicht anerkannt.
2. In einer anderen Organisation fand ein Generationenwechsel statt. Viele langjährige Mitarbeitende sollten nun mit einigen neuen, deutlich jüngeren Kolleg:innen zusammenarbeiten, die andere Vorstellungen von Zusammenarbeit hatten und sehr motiviert Veränderungen diesbezüglich anstoßen wollten. Auch hier war die Atmosphäre in Teamterminen angespannt, immer wieder entstanden Reibungen darum, wie Prozesse bisher
gestaltet waren, wie dringend Veränderungen angegangen werden sollten und was gut lief, so wie es war.
Konflikte sind zunächst ein spannender Indikator dafür, dass es sich lohnt, genau hinzuschauen und hinzuhören. Denn Konflikte zeigen auf:
- wo Veränderungsarbeit stattfinden muss.
- wo Dissens in einem Team vorherrscht und ernst genommen werden muss.
- wo Brücken zwischen verschiedenen Teilen eines Teams oder eines Unternehmens gebaut werden sollten.
- wo Leitung und andere Teammitglieder neugierig nachfragen können: Du scheinst das anders als ich
zu sehen. Kannst du mir bitte mehr erzählen?
Die Produktivität von Konflikten einschätzen
Natürlich sind nicht alle Konflikte produktiv. Nur: Woran merke ich, dass ein Konflikt schadet und nicht nützt? Eine Möglichkeit ist sich vorzustellen, dass bei einem Konflikt „Hitze“ oder auch „Unruhe“ entsteht. Das Ausmaß der Hitze kann jedoch schwanken:
1 Geringe Hitze = Komfortzone: Hier findet wenig produktive Auseinandersetzung statt. Oft ist das der Zustand, in dem Menschen einen Konflikt unter den Teppich kehren.
2 Sehr hohe Hitze = Panikzone: Hier findet auch wenig produktive Auseinandersetzung statt, denn die Menschen fühlen sich durch den Konflikt überfordert.
3 Zwischen diesen beiden Zonen = Lernzone: Der Bereich, in dem Lernen und nachhaltige Veränderung stattfindet, in dem die Menschen sich beteiligen und Fortschritte erzielen.

Konflikte sind also immer dann produktiv, wenn die Hitze angemessen dosiert ist: Es muss dringend und heiß genug sein, dass sich die betroffenen Personen aus ihrer Komfortzone herausbewegen und dass Lernen und Auseinandersetzung möglich sind. Gleichzeitig darf die Toleranzschwelle der Personen für Hitze nicht überschritten werden – es darf nicht zu heiß werden. Es lohnt sich, gut einzuordnen, ob das, was man beobachtet, Anzeichen
für Lernen, für Panik oder für Komfort ist.
Mögliche Indikatoren für Lernen sind:
- Es wird inhaltlich und authentisch diskutiert.
- Es werden offen kontroverse Standpunkte angesprochen.
Einige Indikatoren für Panik (und Achtung! Panik bedeutet nicht nur „wütendes oder ängstliches Ausagieren“ sondern kann alle Formen von Kämpfen, Flüchten und Erstarren annehmen), z.B.:
- mentales Rausbeamen
- tatsächliches Verlassen des Raumes
- Attackieren, Bloßstellen, schwarze Peter zuschieben
- Diskussionen über die Art der Treffen, die Art der Moderation, …
- Festhalten an technischen Aspekten des Problems
Einige Indikatoren für Komfort können sein:
- passive Teilnahmekeine oder nur vereinzelte Verantwortungsübernahme
- wenig Beteiligung (explizit verbal oder auch wenig Mitdenken)

Produktive Konflikte regulieren und Lernen befördern
Im ersten Schritt lohnt es sich, besser darin zu werden, Konflikte, die Hitze, die dadurch entsteht und den Umgang damit gelassener zu beobachten. Anschließend stellen sich natürlich die Fragen: Wie kann ich die Temperatur regulieren? Wann und wie greife ich in Konflikte ein, damit Lernen stattfindet?
Um die Temperatur zu erhöhen eignen sich folgende Strategien:
1. schwierige und zentrale Fragen fokussieren
2. den Beteiligten mehr Verantwortung geben als das Maß, mit dem sie sich wohl fühlen (wohl dosierte (Über-)Forderung)
3. Konflikte spürbar und explizit werden lassen
4. provokative Kommentare tolerieren
5. die Gruppendynamik im Hier-und-Jetzt benennen und als Spiegel zentraler Herausforderungen der Gruppe nutzbar machen (z.B. die Verantwortung komplett an die Autorität abgeben bei einer Organisation, die mit steiler Hierarchie hadert; jemand einzelnen als schwarzen Peter brandmarken und alle Verantwortung bei dieser Person sehen bei einer Organisation, die sich mit der Marginalisierung von Minderheiten beschäftigt)
Wenn es zu heiß wird, wird Lernen unmöglich. Diese Strategien reduzieren Hitze:
1. diejenigen Aspekte mit den offensichtlichsten Lösungen adressieren, ebenso wie solche, die
durch Expertise oder Autorität entschieden werden können
2. Struktur geben, indem (a) das Problem in Teile aufgebrochen wird, (b) ein zeitlicher Horizont vorgegeben wird oder © Regeln für Entscheidungen und Aufgaben für
verschiedene Rollen aufgestellt werden
3. kurzzeitig die Verantwortung für schwierige Probleme übernehmen (aber nicht vergessen, die Menschen wieder zu beteiligen bei kollektiven Herausforderungen!)
4. Vermeidungsmechanismen nutzen (eine Pause nehmen, eine Geschichte oder einen Witz erzählen, eine Übung machen, …)
5. den Prozess entschleunigen: Normen und Erwartungen weniger rasant oder weniger auf einmal hinterfragen
Insbesondere Führungskräfte regulieren die Hitze oft allzu schnell herunter, um für Harmonie zu sorgen. Im obigen Beispiel der Jugendhilfsorganisation war die Versuchung für den Geschäftsführer groß, die verschiedenen
Lager (Pädagog:innen, administrative Abteilungen) immer wieder zu besänftigen und sich an den hohen Erwartungen beider Seiten aufzureiben anstatt den Konflikt direkt zu benennen und einen produktiven Austausch der beteiligten Personen zu fördern. Dieses Verhalten einer Führungskraft ist sehr verständlich. Sie möchte damit eine Eskalation vermeiden, nicht an angespannter Atmosphäre schuldig sein und für gute Stimmung sorgen. Doch oftmals ist genau das kontraproduktiv und verhindert Lernen. Insbesondere Führungskräfte sollten deshalb ihre
Fähigkeit, Konflikte auszuhalten, zu regulieren und gar zu orchestrieren bewusst entwickeln.

Quellen und Weiterführende Literatur
Heifetz, R. A., Grashow, A., & Linsky, M. (2009). The practice of adaptive leadership: Tools and tactics
for changing your organization and the world. Boston, MA: Harvard Business Press.
O’Brien, T. (2019, June 18). When Your Job Is Your Identity, Professional Failure Hurts More [Web log post]. Retrieved from https://hbr.org/2019/06/how-we-confuse-our-roles-with-our-self
Foto: © Lupo // Cordero
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Die neue Multiplikator:innen-Qualifikation der Paritätischen Akademie in Kooperation mit der Humboldt-Universität zu Berlin
Die Weiterbildung wird von Herrn Prof. Dr. Wolfgang Lamers und Frau Dr. Nadja Melina Burgio, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Humboldt-Universität zu Berlin, koordiniert und unter ihrer Leitung in die Praxis umgesetzt. Dafür haben sie hervorragende Dozierende aus dem Fachbereich Pädagogik bei geistiger Behinderung gewinnen können, um gemeinsam eine umfassende und auf das Aufgabenfeld bezogene (Weiter-)Qualifizierung der Multiplikator:innen zu gewährleisten. Im Folgenden stellt Frau Dr. Burgio Hintergründe und Ziele der Weiterbildung ausführlich vor.
Hintergrund der Weiterbildung
In mehreren Forschungsprojekten hat sich gezeigt, dass ein bis dato organisatorisch und qualitativ sehr unterschiedliches Bild bezogen auf die Förder- und Bildungsangebote in Förder- und Betreuungseinrichtungen besteht. Teilweise orientieren sich diese nicht an den Bedürfnissen und Fähigkeiten der Menschen mit schwerer und mehrfacher Behinderung. Es mangelt an arbeitsweltbezogenen Angeboten und einer damit verbundenen Bildungsbegleitung für diesen Personenkreis. Dies konnte u.a. darauf zurückgeführt werden, dass für die tagesstrukturierenden Einrichtungen bisher weder in der Praxis noch im Bereich der Fachwissenschaft umfängliche und fundierte Konzepte existieren, die für die Planung und Gestaltung von Angeboten als Orientierung dienen können. Darüber hinaus wurde deutlich, dass bei vielen Mitarbeiter:innen ein Qualifikationsbedarf hinsichtlich des pädagogischen Grundlagenwissens und der methodisch-didaktischen Fähigkeiten besteht.
Den hier skizzierten Problemfeldern hat sich das Forschungsprojekt Qualitätsoffensive Förderbereich (Quo F) der Humboldt-Universität zu Berlin angenommen. Für die Wissenschaftler:innen war es Motiv und Herausforderung zugleich, sich mit der Frage auseinander zu setzen, welchen Beitrag sie für die Praxis leisten können, der Mitarbeiter:innen darin unterstützt, erwachsenen Menschen mit schwerer Behinderung einen vielfältigen und interessanten Alltag durch eine umfassende gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen.
Dabei sind Materialien entstanden, die im Rahmen eines Multiplikator:innenprogramms dazu
beitragen, Fachkräfte in der Arbeit mit Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen im Erwachsenenalter weiter zu professionalisieren und sie darin unterstützt adäquate Förder- und Bildungsangebote zu planen und durchzuführen.
Ziele der Multiplikator:innen-Qualifikation
Die Multiplikator:innen-Qualifikation verfolgt zwei wesentliche Ziele:
1. Ziel: Ausbau von Handlungskompetenzen der Fachkräfte in der Arbeit mit Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen
Im Forschungsprojekt Quo F wurden ausgehend von theoretischen Überlegungen zur Lebensqualität und ‑zufriedenheit sowie zu Entwicklungsaufgaben im Erwachsenenalter von Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen zentrale Themenfelder für die inhaltliche Arbeit in den Bereichen Alltag, Arbeit und Kultur bestimmt. Es wurden spezifische Module entwickelt, die praxisrelevantes Grundlagenwissen in unterschiedlichen
Themenbereichen beispielsweise Biografiearbeit, Erkennen und Fördern von Kompetenzen sowie Wissen zu Kommunikation und Sprache vermitteln. In der Weiterbildung wird zum einen dieses Wissen gemeinsam mit den Teilnehmenden erarbeitet, zum anderen wird methodisch-didaktisches Knowhow zur Angebotsgestaltung erfahren. Fachkräfte mit unterschiedlichem Qualifikationshintergrund in verschiedenen Bereichen sollen so professionalisiert werden, im Alltag arbeitsweltorientierte, alltagsorientierte und kulturelle Angebote entsprechend der individuellen Bedürfnisse der schwer und mehrfachbehinderten Menschen zu planen, umzusetzen und zu reflektieren.
2. Ziel: Tätigkeit als Multiplikator:in
Als zukünftige:r Multiplikator:in soll das in der Weiterbildung vermittelte Wissen an andere Fachkräfte weitergeben werden können, deshalb beinhaltet die Qualifikation zudem die Vermittlung von didaktisch-methodischen Elementen aus der Erwachsenenpädagogik. Da der E‑Learning-Bereich ein essentieller Bestandteil aktuellen und zukünftigen Lernens darstellt und durch den derzeitigen Digitalisierungsschub sich immer weiter entwickeln wird, sind auch Elemente des Online-Learning bei der Konzeption berücksichtigt und werden den Teilnehmenden im Rahmen der Weiterbildung vorgestellt.
Bedeutung der Multiplikator:innen-Qualifikation
Fachkräfte erhalten durch die Teilnahme an der Weiterbildung die Möglichkeit sich bezüglich der methodisch-didaktischen Gestaltung von Angeboten weiter zu qualifizieren. Sie erlernen für den Personenkreis entsprechende Angebote zu konzipieren und umzusetzen. Menschen mit schwerer und mehrfacher Behinderung können nur durch eine entsprechende Bildung und Förderung ihre eigene (Selbst-)Wirksamkeit und Produktivität erfahren und damit auch ihre Chance auf soziale und gesellschaftliche Teilhabe verbessern. Durch die Qualifizierung von Multiplikator:innen erhalten Einrichtungen die Möglichkeit das erworbene Wissen an Mitarbeiter:innen weiterzugeben und innerhalb der Organisation zu sichern. Kompetenzen können dadurch langfristig erhalten bleiben. Dies ist nicht nur wichtig für die Einrichtungen, sondern auch bedeutsam für die Menschen mit schwerer und mehrfacher Behinderung. Sie haben damit die Chance langfristig auf sie abgestimmte Bildungs- und Förderangebote durch qualifiziertes Personal zu erhalten.
Foto: © Marcus Schlichting
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Unser Dozent Marek Körner im Interview
In unserem Masterlehrgang Management von Sozialeinrichtungen – Schwerpunkt Kinder- und Jugendeinrichtungen werden Fähigkeiten vermittelt, soziale Einrichtungen auf der Basis rechtlicher, betriebswirtschaftlicher und in der Praxis bewährter Managementkenntnisse zu führen und zu leiten. Mit wissenschaftlicher Herangehensweise entwickeln die Studierenden ein Verständnis für Organisationsstrukturen in komplexen gesellschaftlichen und politischen Zusammenhängen. Das praxisorientierte Studium ist so konzipiert, dass durch die Bearbeitung realer und aktueller Problemstellungen das Gelernte sofort im Berufsalltag anwendbar ist. In den Studiengängen lehren neben Professor:innen und Lehrbeauftragten auch Praktiker:innen aus der Sozialwirtschaft. Seit 6 Jahren gehört auch Marek Körner zu unseren Dozierenden.
Im Interview mit Viola Strittmatter spricht er über seine Motivation, in diesem Studiengang zu lehren und über die Besonderheiten des Studienangebots.
Wo und in welcher Position arbeiten Sie derzeit?
Ich arbeite Bei FRÖBEL Bildung und Erziehung gGmbH als Prokurist, Bereichsleiter West, sowie als Geschäftsleiter der Region Köln-Berg. FRÖBEL Bildung und Erziehung gGmbH ist im Bereich der Kindertageseinrichtungen mit knapp 17.000 betreuten Kindern und ca. 4.000 Mitarbeiter:innen Deutschlands größter Freier Träger.
Was ist Ihre Motivation als Dozent in diesem Studiengang tätig zu sein? Was führte sie zu uns?
Durch meine langjährige Beschäftigung beim Paritätischen Hessen als Referent für Soziale Arbeit war mir die Paritätische Akademie als Fort- und Weiterbildungsstätte natürlich umfassend bekannt und geschätzt. Die Verbindung und auch Grenzen von wissenschaftlicher Theorie und Lehre sowie deren Entsprechung und Umsetzung in die Praxis Sozialer Arbeit sind spannend und herausfordernd.
Was lehren Sie im Studiengang und warum ist dieses Thema für die Qualifizierung von (zukünftigen) Führungskräften in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe so wichtig?
Meine Lehre befasst sich mit den Rahmenbedingungen und Grundsätzen der Finanzierung in der Kinder- und Jugendhilfe, sowie der Theorie und Praxis der Sozialraumorientierung. Die Befassung mit den individuellen, aber auch sozialräumlichen Bedürfnissen und Bedarfen der betroffenen Menschen, deren sozialrechtliche Interpretation und gesetzliche Einordnung, ist eine bedeutende Grundlage der Sozialen Arbeit und des Sozialstaatsprinzips. Führungskräfte haben u.a. die Aufgabe diesen Anspruch in strategisches, wirtschaftliches und finanzielles Handeln für ihre soziale Institution umzusetzen. Die gelungene Aushandlung von Kooperationen, Verträgen und Vereinbarungen stellt dabei eine wichtige Basis des Erfolges und letztlich der guten Wirkung für die Betroffenen dar.
Was ist aus ihrer Sicht das Besondere an dem Studiengang?
Eindeutig die Teilnehmer:innen! Sie kommen aus den unterschiedlichen Feldern der Sozialen Arbeit, bringen ihre bereits gemachten persönlichen und fachlichen Erfahrungen, Kenntnisse, aber natürlich auch Fragen und kritischen Aspekte direkt ein und tragen dazu bei, eine besondere Atmosphäre des Dialoges, Nachdenkens und Lernens zu gestalten.
Haben Sie von den Studierenden etwas gelernt und wenn ja, was?
Soziale Arbeit – überhaupt die Arbeit mit Menschen – lebt vom Diskurs und vom Betrachtungsstandpunkt. Ich habe mit den Studierenden gelernt, Dinge aus ihren verschiedenen fachlichen Perspektiven zu betrachten und dabei andere Herangehensweisen und Lösungen zu sehen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Foto: © Bettina Straub
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Seit 2001 führt die Paritätische Akademie gemeinsam mit der Alice Salomon Hochschule den berufsbegleitenden Fernstudiengang Sozialmanagement durch. An diesem Studiengang, der das Ziel hat Führungspersonal in der Sozialarbeit zu professionalisieren, haben inzwischen über 1.000 Studentinnen und Studenten teilgenommen.
Dabei ist der Anteil der Studentinnen von 57 Prozent in den Jahren von 2001 – 2009 auf 66 Prozent in der letzten Dekade gestiegen. Das spiegelt wider, dass sich inzwischen mehr Frauen eine Führungsposition in sozialen Organisationen zutrauen. Das Durchschnittsalter beim Studienbeginn beträgt 35 Jahre. Knapp die Hälfte der Studentinnen und Studenten arbeiteten als Fachkräfte, ein Drittel hatte bereits eine Position in der Team- oder Bereichsleitung.
Wir haben im Oktober 2019 die Absolventinnen und Absolventen der letzten fünf Jahrgänge befragt, wie zufrieden Sie mit diesem Studium waren. Mit sehr gut oder gut wurden von 81 Prozent der Befragten die Studieninhalte insgesamt eingeschätzt, wobei die fachliche Qualität der Lehre (94 %) und die Aktualität der Inhalte (91 %) besonders positiv gesehen wurden.
Die Befragten gaben an, am meisten von den Modulen Management in Organisationen (88 %), Führen und Leiten (85 %), Organisationsentwicklung (84 %) und Recht (82 %) profitiert zu haben.
Als größtes Defizit wurde genannt, dass der Themenbereich Digitalisierung/Social Media in der Sozialwirtschaft zu wenig behandelt wurde. An dieser Stelle haben wir bereits gegengesteuert und im aktuellen Curriculum diesen Bereich deutlich aufgewertet.
Von welchen der folgenden Module und Studieninhalte haben Sie am meisten profitiert?

Eine Besonderheit dieses Studienganges ist, dass in allen Präsenzblöcken jeweils die Betreuung durch professionelle Coaches angeboten wird. Von 85 Prozent der Befragten wurde dies als eine Bereicherung sowohl für das Studium als auch die berufliche Praxis gewertet.
Rückblickend beurteilten 90 Prozent der Absolventinnen und Absolventen die Vereinbarkeit des Studiums mit ihrem ausgeübten Beruf, und 80 Prozent die Vereinbarkeit mit ihren damals bestehenden privaten und familiären Verpflichtungen als gut oder eher gut. Dementsprechend konnten 73 Prozent ihr Studium in der Regelstudienzeit abschließen. Weitere 17 Prozent benötigten nur ein Urlaubssemester.
Unterstützung durch Ihren Arbeitgeber erhielten 60 % der Befragten, wobei es schon für 42 Prozent während des Studiums eine berufliche Veränderung gab, für weitere 32% nach dem Studium. Besonders zufrieden waren die Befragten mit der Betreuung durch die Referentinnen der Paritätischen Akademie (95 % zufrieden oder eher zufrieden) und dem Aufbau und der Struktur des Studiengangs (94 %) und, besonders wichtig, mit dem erreichten Wissen und Können (92 %).
Daher würden auch 90 Prozent der Befragten diesen Studiengang weiterempfehlen.