Studieren mit Kind – im Masterstudium Sozialmanagement
Studieren und Elternschaft. Wie klappt das? Nika studiert aktuell den berufsbegleitenden Masterstudiengang Sozialmanagement. Mit dabei in den Vorlesungen ist auch ihr gerade acht Monate altes Kind. Die Sozialarbeiterin erzählt uns im Interview, wie ihr das Studium mit Kind gelingt.
Paritätische Akademie: In welchem Semester befindest du dich gerade und was ist deine berufliche Tätigkeit?
Nika: Ich arbeite seit vier Jahren in einem Träger der stationären Jugendhilfe in Berlin als Sozialarbeiterin. Aktuell befinde ich mich in Elternzeit und studiere im dritten Semester den Master in Sozialmanagement.
Wie kam es zu der Entscheidung, das Masterstudium aufzunehmen?
Nika: Es war schon lange mein Wunsch, ein Masterstudium zu machen. Ich war mir nur lange nicht sicher, in welchem Bereich. Als ich mich für diesen Master entschieden hatte, habe ich ziemlich zeitgleich festgestellt, dass ich schwanger bin. Nach kurzem Überlegen habe ich die Zusage zum Studium trotzdem abgeschickt.
Da du jetzt in Elternzeit bist, hast du neben dem Studium noch die Verpflichtung, dein Kind zu betreuen. Wie organisierst und finanzierst du das alles?
Nika: Ich bekomme noch Elterngeld. So kann ich für mein Kind da sein und studieren. Zusätzliche Einkünfte würden wieder vom Elterngeld abgezogen werden. Ich habe ein gut funktionierendes privates Netzwerk, wofür ich sehr dankbar bin. Meine Freundinnen unterstützen mich und haben seit Beginn an eine Beziehung zu meinem Kind. In dieser Situation habe ich gemerkt, wie wichtig Freundschaften sind.
Was motiviert dich besonders daran, Sozialmanagement zu studieren?
Nika: Eine wichtige Rolle spielt meine intrinsische Motivation. Mich interessiert die betriebswirtschaftliche Perspektive auf ein gemeinnütziges und sozialwirtschaftliches Unternehmen. Ich bin überzeugt, dass mir dieses Studium neue Türen öffnet und bin froh, die Elternzeit dafür nutzen zu können, mich weiter zu qualifizieren.
Was möchtest du mit dem Studium machen?
Nika: Das wird sich vielleicht erst im Nachhinein herausstellen. Ich finde es zum Beispiel interessant, dadurch die Möglichkeit und das Wissen zu haben, einmal zu gründen. Außerdem schließe ich es auch nicht aus, mich damit auf eine Leitungsposition zu bewerben.
Welche Inhalte des Studiums waren für dich bisher besonders wertvoll?
Nika: In Arbeitsrecht zum Beispiel kannte ich mich vor dem Studium wenig aus. Auch die Finanzierungsfragen, die im Studium behandelt werden, empfinde ich als sehr wichtig. Wenn ich weiß, was sich hinter bestimmten Begriffen versteckt, kann ich professioneller in diesem Gebiet handeln. Wo muss ich nachschauen, um zu prüfen, ob etwas gesetzeskonform ist? Dieses Wissen finde ich sehr nützlich, da es mir Sicherheit im Berufsalltag verschafft.
Wie erlebst du das Studieren mit Kind an der Paritätischen Akademie Berlin?
Nika: Die Toleranz gegenüber studierenden Eltern ist recht hoch. Das liegt sicher auch am sozialen Bereich. Ich kann zum Beispiel mein Kind mit in die Akademie bringen, wenn ich das vorher mit den Dozierenden und der Gruppe abspreche. Das ist eine große Unterstützung.
Ein Kind entwickelt sich permanent und somit verändert sich die Situation ständig. Mein Kind ist jetzt acht Monate alt. Bald wird es anfangen zu Laufen und weniger schlafen. Dem muss ich mich anpassen. Dadurch habe ich aber auch das Gefühl, immer wieder über mich hinauszuwachsen.
Was wünscht du dir von der von der Politik und von Arbeitgeber:innen?
Nika: Ich finde, dass Elternschaft generell zu wenig wertgeschätzt wird. Und das fängt schon bei der Bezahlung der Kitakräfte an, die in Deutschland vergleichsweise sehr gering ist.
Das Studium ist auch nochmal etwas anderes als die Arbeitswelt. Ich würde mir grundsätzlich mehr eine Integration von Kindern in der Arbeitswelt wünschen.
Vielen Dank für das Gespräch und deine Offenheit. Wir wünschen dir viel Erfolg im Studium!
Mehr Infos zum Studiengang Sozialmanagement (M.A.) hier.
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Redaktion: Paritätische Akademie Berlin
Foto im Titelbild: Studentin Nika (Foto: Elena Gavrisch)
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Ein Benefit für Organisation und Mitarbeiter:in –
im Gespräch über das Studium Sozialmanagement (M.A.) mit Daniela Radlbeck
In diesem kurzen Interview sprechen wir mit Daniela Radlbeck, Alumni des Masterstudiengangs Sozialmanagement an der Paritätischen Akademie, und heute Fachreferentin beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Berlin, über ihren beruflichen Werdegang.
Paritätische Akademie: Liebe Frau Radlbeck, Sie sind Fachreferentin beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Berlin für die Themenbereiche Wohnungsnotfallhilfe und Wohnungspolitik. Wie genau sieht Ihr Tätigkeitsbereich aus?
Daniela Radlbeck: Mein Tätigkeitsbereich umfasst Themen, die mit Wohnungslosigkeit in Zusammenhang stehen. Dies beinhaltet die Soziale Arbeit, die speziell für wohnungslose Menschen in der Stadt notwendig ist. Ich vertrete die Interessen unserer Mitgliedsorganisationen und setze mich für wohnungslose Menschen ein. Ich engagiere mich im Bereich der Wohnungspolitik im Sinne unserer Träger. Ziel ist es, dass jeder Mensch in Berlin eine Wohnung oder eine Unterkunft findet, unabhängig von Alter, Einkommen oder Armut.
In Berlin ist der Wohnraum knapp, weshalb wir uns als Sozial- und Wohlfahrtsverband dazu entschieden haben, uns nicht nur sozialpolitisch, sondern auch wohnungspolitisch zu engagieren. In meiner Funktion stehe ich im Austausch mit den zuständigen Senatsverwaltungen. Dabei wird deutlich: auch soziale Angebote benötigen Räume, nicht nur Wohnräume sind teuer, sondern auch Gewerberäume für eine soziale Nutzung. Dieses Thema bearbeite ich ebenfalls als Referentin.
Als Referentin berate ich keine wohnungslosen Menschen direkt, sondern unterstütze die Strukturen und Organisationen, die diese Beratung durchführen. Häufig nehme ich eine Vermittlerinnenrolle ein und vernetze verschiedene Akteure innerhalb der Stadt. Unser Landesverband verfügt über Expertise in vielen Bereichen, die es gilt, miteinander zu verbinden.
Wann haben Sie Sozialmanagement berufsbegleitend studiert und in welchem Bereich haben Sie in dieser Zeit tätig?
Daniela Radlbeck: 2014 habe ich das Studium in Sozialmanagement (M.A.) an der Paritätischen Akademie Berlin begonnen und 2018 abgeschlossen. Vor dem Studium war ich als Bereichsleiterin in einem Wohnprojekt für Frauen mit Suchterkrankungen tätig. Diese Arbeit war sehr intensiv und vielfältig. Während des Studiums habe ich Vollzeit gearbeitet, daher habe ich mir während der Masterarbeit etwas mehr Zeit genommen, um alles parallel zu bewältigen.
„Nach vielen Jahren in Leitungspositionen wollte ich mein betriebswirtschaftliches Wissen erweitern und über den Tellerrand hinausblicken. Mir war es wichtig, auch die theoretischen Grundlagen kennenzulernen und die Soziale Arbeit innovativ, wirkungsvoll und effizienter zu gestalten.“
Sie hatten also bereits Leitungsverantwortung, bevor Sie den Master in Sozialmanagement studiert haben. Wie kam es dazu?
Daniela Radlbeck: Nach meinem Studium der Sozialen Arbeit übernahm ich schnell Leitungsverantwortung. Zunächst befristet als Elternzeitvertretung. Wenn man einmal Leitungsverantwortung übernommen hat, ist es schwierig, wieder zurückzutreten. So zog sich Leitungs- und Personalverantwortung durch meine gesamte berufliche Laufbahn. Zusätzlich absolvierte ich eine dreieinhalbjährige Ausbildung zur systemischen Therapeutin, um die Perspektiven von Kindern, Jugendlichen und Eltern besser verstehen und bestehende Konflikte innerhalb der Familie besser lösen zu können.
Warum haben Sie sich dann noch für ein Masterstudium in Sozialmanagement entschieden?
Daniela Radlbeck: Nach vielen Jahren in Leitungspositionen wollte ich mein betriebswirtschaftliches Wissen erweitern und über den Tellerrand hinausblicken. Mir war es wichtig, auch die theoretischen Grundlagen kennenzulernen und die Soziale Arbeit innovativ, wirkungsvoll und effizienter zu gestalten.
Was waren die wertvollsten Dinge, die Sie im Masterstudiengang erlernt haben? Was hat Ihnen in Ihrem Berufsleben weitergeholfen?
Daniela Radlbeck: Besonders spannend fand ich den Themenbereich Organisationsentwicklung und Change Management. Ich habe stets bei freien, gemeinnützigen Trägern gearbeitet. Aufgrund von sich verändernden Rahmenbedingungen müssen Menschen in Leitungsverantwortung Veränderungen und Innovationen in der Organisation umsetzen. Man nutzt dabei meist bekannte Methoden innerhalb der eigenen Komfortzone. In der Organisationsentwicklung geht es darum, Veränderungsimpulse zu starten und mit Widerstand konstruktiv umzugehen. Hier konnte ich viel lernen.
Im Studium wurden wir durch ein Coaching begleitet, was sich als sehr hilfreich erwies. Der Austausch mit anderen Studierenden und Coaches hat meinen „Handwerkskoffer“ deutlich erweitert und mich „mutiger“ gemacht, neue Instrumente auszuprobieren und meinen Stil zu finden.
Zu Beginn meiner beruflichen Tätigkeit als Sozialarbeiterin hätte ich nicht gedacht, dass ich einmal als Referentin bei einem Wohlfahrtsverband arbeiten würde. Ich dachte, ich würde weiter in der direkten Beratung oder in einer therapeutischen Beziehung mit Menschen arbeiten. Durch das Studium hat sich mein beruflicher Horizont erheblich erweitert.
Konnten Sie sich das Studium selbst finanzieren? Und wie haben Sie es geschafft, Arbeit und Studium zu vereinbaren?
Daniela Radlbeck: Ja, ich habe das Studium komplett selbst finanziert. Neben dem Studium hatte ich eine Vollzeitstelle und musste meine Zeit gut organisieren. Für die Präsenzzeiten konnte ich Bildungsurlaub nehmen, aber alle zusätzlichen Studienleistungen wurden nebenbei erbracht. Aus dem Grund gestaltete ich Präsentationen oder Studienleitungen so, dass mein Arbeitgeber davon profitieren konnte.
Während des Studiums hatte ich einen Unfall, der mich zu einer Pause zwang. Diese Zeit nutzte ich, um mich zu sortieren und meine Prioritäten zu überdenken. Nach dem Unfall wechselte ich zum Paritätischen Wohlfahrtsverband und arbeitete dort zunächst in Teilzeit, um meine Masterarbeit abzuschließen, der Landesverband kam mir dabei sehr entgegen.
Wenn mir etwas Spaß und Freude macht, kann ich sehr viel leisten. Das Studium hat mir größtenteils Spaß gemacht und ich hatte wunderbare Kommilitoninnen und Kommilitonen.
Haben Sie durch das Studium ein gutes Netzwerk aufgebaut?
Daniela Radlbeck: Ja. Mit einigen ehemaligen Mitstudierenden bin ich weiterhin in losem Kontakt. Beim letzten Alumni-Treffen war sogar eine kleine Gruppe von ehemaligen Kommilitonen anwesend. Mit meinen engsten Studienfreunden bin ich über eine Messenger-Gruppe verbunden und wir versuchen, uns mindestens einmal im Jahr zu treffen.
„Zu Beginn meiner beruflichen Tätigkeit als Sozialarbeiterin hätte ich nicht gedacht, dass ich einmal als Referentin bei einem Wohlfahrtsverband arbeiten würde. Ich dachte, ich würde weiter in der direkten Beratung oder in einer therapeutischen Beziehung mit Menschen arbeiten. Durch das Studium hat sich mein beruflicher Horizont erheblich erweitert.“
Wenn Mitarbeitende den Wunsch haben, sich beispielsweise durch ein Studium weiterzubilden, welche Inhalte und Fähigkeiten würden dem Arbeitgeber Ihrer Meinung nach zugutekommen?
Daniela Radlbeck: Sowohl die Organisation als auch die Person profitieren. Die Studieninhalte sind immer projekt- oder prozessbezogen bzw. praxisbezogen. Es wird immer einen Austausch zwischen den Themen des Studiums und der Organisation geben. Ich glaube, dass es einen Benefit für beide hat. Wichtig ist, dass die Organisation diesen Austausch ermöglicht, fördert und die dann gute ausgebildete Person hält.
Die Verbindung von Theorie und Praxis ist sehr wichtig. Studierende erwerben nicht nur theoretisches Wissen, sondern sollten dieses Wissen auch in Projekten oder in Ihrem Tätigkeitsfeld umsetzen. Es ist wichtig, dass Studierende zum Beispiel nicht nur etwas über das Zuwendungsrecht lernen, sondern auch die Möglichkeit haben beim Projekt oder beim Träger die Umsetzung kennenzulernen und das gelernte Wissen in der Praxis anwenden.
Seit meinem Abschluss 2018 hat sich die Arbeitswelt stark verändert, vor allem durch Corona. Digitale Medien und künstliche Intelligenz spielen eine immer größere Rolle. Auch in der sozialen Arbeit ist es wichtig, auf dem neuesten Stand zu bleiben, innovativ zu sein aber auch weiterhin persönliche Begegnungen zu ermöglichen.
Vielen Dank für das Interview! Wir freuen uns darauf, in einem weiteren Gespräch mehr über Ihren Arbeitsbereich zu erfahren.
Das Interview führten Elena Gavrisch und Julia Mann von der Paritätischen Akademie Berlin.
Weiterführende Links:
Paritätischer Wohlfahrtsverband Berlin: https://www.paritaet-berlin.de
Mehr Infos zum Studiengang Sozialmanagement (M.A.) hier.
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Redaktion: Julia Mann (Paritätische Akademie Berlin)
Foto im Titelbild: Daniela Radlbeck (Foto: Elena Gavrisch)
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Quereinstieg durch das Studium in Sozialmanagement –
im Gespräch mit Master-Absolventin Cora Döhn
Cora Döhn war nach ihrem ersten Studium zunächst Deutsch als Fremdsprache Lehrerin und Online-Redakteurin. Doch sie entschied sie sich für den Quereinstieg in die Soziale Arbeit durch ein Studium in Sozialmanagement und dem Antreten einer Stelle bei der Berliner Aids-Hilfe e.V.. In diesem Interview sprechen wir mit der Master-Absolventin, die heute die Koordination der Jugendprävention bei der Berliner Aids-Hilfe ausführt, über ihren heutigen Beruf und ihren Weg dorthin.
Was genau machst du als Youthwork-Koordinatorin bei der Berliner Aids-Hilfe und wie sieht dein Arbeitsalltag aus?
Cora Döhn: Ich bin aktuell die Koordination des Youthwork-Teams der Berliner Aids-Hilfe. Das bedeutet, ich gestalte gemeinsam mit meinem Team die Jugendprävention bei uns im Haus. Meine Hauptaufgaben sind vergleichbar mit der einer Projektmanagerin. Bei mir liegt unsere Ehrenamtskoordination für unser Team sowie die Koordination mit den Lehrkräften und den Schulen, die zu uns kommen. Ich organisiere unsere Events und Projekte – wie z.B. eine Schüler:innenkonferenz, Projekttage und Events zu Anlässen wie dem Welt Aids Tag. Ich schreibe den Newsletter an die Schulen, ich betreue unsere Social Media-Accounts und trage die pädagogische Verantwortung für unser Konzept und für die Workshop-Inhalte wie auch die Ausbildung der Ehrenamtlichen, die bei uns ankommen. Außerdem kümmere ich mich um die Teamentwicklung bei uns intern.
Ein Teil meiner Stelle in der Berliner Aids-Hilfe widmet sich dem Team des Ehrenamtsmanagements. Wir etablieren eine wertschätzende Ausbildungskultur für Ehrenamtliche der gesamten Berliner Aids-Hilfe und halten diese aufrecht. Wer bei uns neu ehrenamtlich anfängt, absolviert verschiedene Kurse. Das sind zum Beispiel Kommunikationstrainings unter anderem mit Zuhörtechniken – das bieten wir für unsere Ehrenamtliche kostenlos an. Um unsere Qualitätsstandards einzuhalten, sind diese Kurse bei uns auch verpflichtend. Sie lernen auch die Berliner Aids-Hilfe als Organisation samt ihrer Haltung kennen. So haben neue Ehrenamtliche hier auch nochmal die Möglichkeit einen Abgleich zu machen, ob sie sich mit der politischen Haltung der Berliner Aids-Hilfe identifizieren können und sich damit wohlfühlen, diese Haltung auch nach außen zu vertreten.
Seit Neustem gehe ich auch mit in Testberatungen. Das sind Beratungen bei uns im Haus, die vor einem Test auf HIV und andere sexuell übertragbare Infektionen angeboten werden. Da können Personen, die sich zum Beispiel auf HIV testen lassen möchten, erfahren, wie ein Test abläuft und wo sie sich hinwenden können, falls ein Test positiv ausfällt.
Was motiviert dich, diesen Job auszuüben?
Für mich ist die Berliner Aids-Hilfe ein ganz ideell aufgeladener Arbeitsbereich. Das finde ich wunderschön. Es ist eine Mischung aus Job und Lebensgefühl. Die Arbeit ist sinnvoll und das ist sehr motivierend für mich.
Das Team hält auch sehr zusammen, was mich ungemein motiviert. Im Team gibt es flache Hierarchien. Wir arbeiten sehr gleichberechtigt und selbstbestimmt.
Was hast du vor deinem Masterstudium gemacht? Und wie bist du dann dazu gekommen, dich neu zu orientieren?
Ich war in einer Redaktion in einem Online-Medium erst als Volontärin und dann als Redakteurin tätig. Das hat mir zunächst viel Spaß gemacht. Mein Steckenpferd-Thema war die finanzielle Selbstbestimmung von Frauen in der Gründung und ihr Weg in die Selbständigkeit. Ich habe Informationen zusammengetragen, von denen andere profitieren können, die sich auch selbstständig machen wollen. Mich hat also schon immer interessiert, welche Informationen die Welt noch braucht. Auch hier wollte ich unbedingt eine Art Beratungsangebot schaffen.
Nach meinem Quereinstieg hatte ich das Gefühl, keine formale Qualifikation zu haben, um im Bereich soziale Arbeit anknüpfen zu können. Für mich persönlich war es also wichtig, eine Zusatzqualifikation zu erwerben, um mich hier wohlzufühlen. Denn ich habe ein Selbstverständnis, dass ich mit hoher Professionalität an neue Herausforderungen herangehe. Den Mut und das Selbstbewusstsein sowie das Know-How hätte ich ohne das Studium leider nicht gehabt, mit dem ich jetzt meine Arbeit ausführen kann.
Das Errechnen von Bilanzen aus dem Studium beispielsweise brauche ich in meinem aktuellen Job zwar nicht mehr so im Detail, denn dafür haben wir hier im Haus die Buchhaltung und die Geschäftsführung. Aber trotzdem gehe ich durch dieses erworbene Wissen kompetent mit Budgets für meinen Arbeitsbereich um. Das gibt natürlich auch meinen Chef:innen Sicherheit und Vertrauen.
Den Mut und das Selbstbewusstsein sowie das Know-How hätte ich ohne das Studium leider nicht gehabt, mit dem ich jetzt meine Arbeit ausführen kann.
Konntest du Arbeit und Studium gut unter einen Hut bringen? Und hat das ausgereicht, um dein Leben und die Studienkosten zu finanzieren?
Ich habe das Studium 2018 begonnen und 2020 habe ich den Abschluss gemacht. Finanziert habe ich das Ganze dadurch, dass ich parallel gearbeitet habe. Ich habe in der Zeit des Studiums ca. 10 Stunden bei der Berliner Aids Hilfe im Ehrenamtsmanagement gearbeitet und nebenbei selbstständig als Deutsch als Fremdsprache Lehrerin.
Zugegebenermaßen war damals der Mietenwahnsinn auch noch nicht so extrem wie jetzt. Es war also für mich stemmbar. In der Steuererklärung kam mir das Studium später auch zugute. Ich war zu dem Zeitpunkt bereits verheiratet. Das Studium habe ich absetzen können, was finanziell eine große Erleichterung war.
Nach einem vollen Präsenztag an der Paritätischen Akademie hatte man auch das Gefühl, ganz viel mitgenommen zu haben. Und natürlich habe ich mich dann auch am Wochenende noch einmal hingesetzt und bin alles durchgegangen und habe ich eben Mathe gepaukt oder nachgeholt, wie ich Social Media Inhalte gut gestalten kann. Ich habe mich dann auch mit meinen Kommiliton:innen in Lerngruppen getroffen. Wir haben das Studium schon sehr ernst genommen.
Es wird sehr gut darauf eingegangen, dass Menschen in dem Studium meist Vollzeit-Arbeitnehmer:innen sind.
Es kommt wirklich auch darauf an, wie man Prioritäten gut setzt. Das Studium an der Paritätischen Akademie in Sozialmanagement ist herausfordernd, aber nicht überfordernd. Denn es wird sehr gut darauf eingegangen, dass Menschen in dem Studium meist Vollzeit-Arbeitnehmer:innen sind. Außerdem wussten wir auch alle Termine vorher. So konnte ich im Vorhinein immer sehr gut mit meinem Arbeitgeber absprechen, wann ich arbeiten kann und wann nicht.
Das Studium habe ich absetzen können, was finanziell eine große Erleichterung war.
Wie waren der Austausch und Kontakt unter den Studierenden?
Sehr gut. Allerdings kam dann die Corona-Pandemie 2020. Das hat leider dazu geführt, dass unser letztes Semester und auch unsere Abschlussfeier nur über Zoom stattfinden konnte. Viele Leute, mit denen ich im Studium sehr eng war, habe ich dann anderthalb Jahre nicht mehr zu Gesicht bekommen.
Eine Freundschaft hat sich privat gehalten. Aber auch, wenn ich mit allen anderen nicht jeden Tag im Kontakt stehe, weiß ich mit Sicherheit, dass ich auf sie heute immer noch zugehen und wir uns beruflich austauschen könnten.
Welche Inhalte des Studiums konntest du im Berufsleben unmittelbar anwenden?
Die Social Media-Inhalte haben mir sehr viel Sicherheit gegeben. Da ging es darum, wie ich zum Beispiel reagieren kann, wenn ein Shitstorm kommt oder wie schnell man auf solche Inhalte reagieren sollte. Aber auch das rechtliche Wissen in diesem Zusammenhang war sehr wichtig für meine Arbeit heute. Social Media ist schließlich nicht nur ein Fun-Faktor meines Arbeitsbereichs, sondern ein integraler Bestandteil.
Ganz wichtig war auch das Thema Diversität und Diversitätsorientierung. Wie schafft man es, den Arbeitsbereich divers zu gestalten? Es ist sehr spannend, wie komplex und schwierig das eigentlich ist. Das spielt auch in unserem Arbeitsalltag heute eine große Rolle.
Ich habe ein Verständnis dafür bekommen, wie wirtschaftlich eine soziale Organisation eigentlich arbeiten muss und was alles dahintersteckt.
Außerdem konnte ich im Studium ein grundsätzliches Verständnis davon erwerben, wie die Sozialwirtschaft funktioniert. Finanzierungsfragen spielen im sozialen Bereich immer eine ganz große Rolle. Denn Ressourcen sind chronisch knapp und müssen deshalb immer zielgerichtet und effizient eingesetzt werden. Darum ist man angehalten, sehr exakt zu sein und sehr gut zu planen. Dahingehend hat das Studium meinen Horizont sehr erweitert. Ich habe ein Verständnis dafür bekommen, wie wirtschaftlich eine soziale Organisation eigentlich arbeiten muss und was alles dahintersteckt. So habe ich das Selbstbewusstsein erlangt, mich im sozialen Bereich flexibel zu bewegen und mitreden zu können. Das hat mir persönlich am allermeisten gebracht.
Haben sich deine Erwartungen an das Studium erfüllt?
Am Anfang hatte ich die Vorstellung, dass ich schon viel wissen werde und die Studieninhalte mich eher darin bestärken werden, dass ich im richtigen Arbeitsfeld angekommen bin. Ich habe mich also ehrlicherweise zunächst gefragt, ob mir das Studium was bringt oder ob ich es als persönlichen Selbstbewusstseins-Boost benötige. Ich war jedoch spätestens nach dem ersten Semester davon überzeugt, wie qualitativ hochwertig und wie divers die Inhalte des Studiums sind. Es hat mir rückblickend sehr viel geholfen, mich im Arbeitsfeld der Sozialwirtschaft gut bewegen zu können.
Ich war (…) nach dem ersten Semester davon überzeugt, wie qualitativ hochwertig und wie divers die Inhalte des Studiums sind.
Was hat dir im Studium gefehlt?
Während meines Studiums war ich noch eine relativ neue Mitarbeiterin mit wenig Stunden. So hatte ich noch nicht so komplexe Arbeitsbereiche und auch nicht so viel Verantwortung wie heute. Die Management-Inhalte im Studium waren deshalb zwar sehr praktisch und für mich total spannend, aber die Inhalte passierten für mich noch im luftleeren Raum. In meiner Arbeitspraxis wurden die Inhalte erst später relevant. Glücklicherweise konnte ich vieles Wissen wieder abrufen als ich es brauchte.
Dennoch würde ich manchmal gerne noch mal die Zeit zurückdrehen und einen Kurs darin belegen, um mein Wissen aufzufrischen. Dann könnte ich parallel zu dem, was ich theoretisch gelernt habe, jetzt die Möglichkeit nutzen, das praktisch anzuwenden. Auch das Coaching, das im Studium angeboten wurde, konnte ich dahingehend noch nicht gut in Anspruch nehmen.
Vielen Dank für das Interview.
An der Paritätischen Akademie bieten wir im Berufsfeld Ehrenamtsmanagement einen Zertifikatskurs an. Dazu haben wir mit Cora Döhn, die auf diesem Gebiet heute Expertin ist, gesprochen. Der Beitrag dazu wird bald im Online-Magazin erscheinen.
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Redaktion: Julia Mann (Paritätische Akademie Berlin)
Foto im Titelbild: Cora Döhn in ihrem Büro der Berliner Aids-Hilfe e.V. (Foto: Elena Gavrisch)
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Haltung als Leitung im Studium entwickeln
Oliver Heymann hat an der Paritätischen Akademie Berlin den Master Sozialmanagement studiert. Wir sprechen mit ihm über seine Rolle als Leitungskraft einer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung und darüber, wie das M.A. Studium seine berufliche Laufbahn beeinflusst hat.
Herr Heymann, wann haben Sie an der Paritätischen Akademie studiert? Mit welchem Abschluss und Arbeitserfahrung haben Sie sich an der Paritätischen Akademie damals beworben?
Oliver Heymann: Ich habe 2017 bis 2020 an der Paritätischen Akademie Berlin studiert. Davor habe ich einen Bachelor in Allgemeinpädagogik Bildungswissenschaften mit Nebenfach Psychologie an der LMU in München absolviert. Im Zusammenhang mit Arbeitserfahrung und dem Wunsch nach beruflicher Weiterentwicklung, habe ich mich für den M.A. Sozialmanagement an der Paritätischen Akademie beworben und wurde angenommen.
Wo haben Sie neben dem Studium gearbeitet?
Oliver Heymann: Ich habe in der Eingliederungshilfe bei einem nicht allzu großen Träger im Norden von Berlin gearbeitet. Das war vergleichbar und relativ nahe an der pädagogischen Arbeit, die hier bei uns in den Wohngruppen erfolgt. Es war hauptsächlich die Tagesbetreuung in einer Wohngruppe für Menschen mit Behinderung.
Und wie ließ sich das Studium mit dem Arbeitsalltag verbinden? Wie haben Sie das damals erlebt?
Oliver Heymann: Ich konnte unter Heranziehung des eigenen Urlaubs, des Bildungsurlaubs sowie über den Abbau von Überstunden die
Präsenzwochen gut abdecken. Ich habe damals in einem Schichtdienstsystem gearbeitet. Hier wurde der Dienstplan monatlich und nicht wöchentlich strukturiert. So war es möglich sich die Präsenzzeiten freizuhalten und einfach in den anderen Wochen mehr Dienste zu übernehmen. Die Mitarbeitenden in unseren Wohngruppen arbeiten hier ähnlich. Zudem ließ die Gestaltung der Arbeitsinhalte außerhalb der Präsenzzeiten* in Form von Forenbeiträgen im Masterstudium eine große zeitliche Flexibilität zu.
*Anmerkung Paritätische Akademie Berlin: Die Struktur der Lerneinheiten werden laufend den Bedürfnissen der berufsbegleitend Studierenden angepasst. Die Terminübersicht für den Studiendurchgang ab WiSe 2024/25 werden wir zeitnah auf unserer Webseite veröffentlichen.
Haben Sie das Studium selbst finanziert? Die Studiengebühren können mittlerweile in 30 Monatsraten entrichtet werden. Eine anteilige oder vollständige Übernahme der Studiengebühren durch den Arbeitgeber ist möglich.
Oliver Heymann: Ich habe keine finanzielle Unterstützung bekommen. Aber dank Ratenaushandlung* ging das ganz gut.
In welcher Einrichtung arbeiten Sie heute und was ist Ihre Rolle in der Organisation?
Oliver Heymann: Ich bin Bereichsleiter im Kinder- und Jugendhilfe Zentrum Neukölln des Evangelischen Jugend und Fürsorgewerks. Wir sind der größte Anbieter von stationärer Kinder- und Jugendhilfe in Berlin Neukölln. Insgesamt umfasst die Abteilung Jugendhilfe im EJF (Evangelisches Jugend- und Fürsorgewerk) ungefähr 1800 Mitarbeitende. Hier an unserem Standort im Verbund sind wir etwa 150 Menschen, davon 120 Kolleg:innen mit pädagogischen Berufen in verschiedenen Wohngruppen. Wir haben bei uns Kinder und Jugendliche in allen Altersgruppen in verschiedenen Schwerpunkten in den eigenen Bedarfen wohnen, die hier ihren Lebensmittelpunkt haben.
Und wie sieht Ihr Tagesablauf aus?
Oliver Heymann: Insgesamt bin ich als Bereichsleitung für sechs Wohngruppen zuständig. Das bedeutet, dass ich für etwa 35 Mitarbeitende in der Personalverantwortung bin und etwas über 40 Kinder und Jugendliche in meinem Bereich leben. Gleich zu Tagesbeginn trete ich mit den pädagogischen Fachkräften der jeweiligen Gruppen in Kontakt, um zu gucken, ob bei ihnen alles in Ordnung ist. Ich bin wöchentlich in relativ vielen Teamsitzungen, höre intern und extern viel zu, steuere an den notwendigen Punkten und mache Controlling. Entwickelt sich die jeweilige Gruppe in die richtige Richtung? Gibt es da Unterstützungsbedarf meinerseits? Bestehen aktuell irgendwelche Krisen oder Entwicklungen, die meiner Person bedürfen? Es kann ab und zu Vorfälle geben. Das können persönliche Krisen eines jungen Menschen sein. Oder wir hatten letzte Woche die Situation, dass es einen kleinen Brand in einer Gruppe gab. Der hat mich diese Woche sehr intensiv beschäftigt. Es musste nachgeforscht werden, wie es dazu kam und wie das vermieden werden kann. Solche Situationen müssen gründlich geklärt werden und das gehört auch zu meiner leitenden Tätigkeit.
Was haben Sie vor der Arbeit in der stationären Kinder- und Jugendhilfe in Berlin Neukölln gemacht?
Oliver Heymann: Als ich mein Masterstudium in Sozialmanagement angefangen habe, war ich in der Eingliederungshilfe tätig und musste später aus familiären Gründen in eine andere Stadt ziehen. Durch den Master und die flexible Struktur des berufsbegleitenden Studiengangs gelang mir am neuen Ort der Wechsel in die Altenhilfe. Ich hatte einen spannenden Job als Einrichtungsleitung für offene Altenhilfe gefunden, die für einen ganzen Stadtteil und mehrere Tausend ältere Menschen zuständig war. Aber nach einer Weile stand der Beschluss, dass wir zurück nach Berlin möchten, und ich musste mich erneut auf die Suche nach einer passenden Stelle umschauen. Hier in der stationären Kinder- und Jugendhilfe in Berlin Neukölln fand ich das ansprechendste Angebot. Schon im Rahmen der Bewerbungsgespräche merkte ich, dass es hier von den Arbeitsstrukturen und Klima angenehm war. Ich bin jetzt seit eineinhalb Jahren hier und bereue diese Entscheidung nicht. Ich gehe jeden Tag gerne in die Arbeit.
„Durch den Master und die flexible Struktur des berufsbegleitenden Studiengangs gelang mir am neuen Ort der Wechsel in die Altenhilfe. Ich hatte einen spannenden Job als Einrichtungsleitung für offene Altenhilfe gefunden, die für einen ganzen Stadtteil und mehrere Tausend ältere Menschen zuständig war.“
Welchen Unterschied macht Ihre Arbeit im Leben der Kinder und jungen Erwachsenen?
Oliver Heymann: Es gibt viele junge Menschen, die aus unterschiedlichsten Gründen nicht mehr bei den Eltern wohnen können. Oft sind
hier Schicksalsschläge und das Zusammenkommen von vielen hinderlichen Faktoren ausschlaggebend. Zum Beispiel weil die Eltern in die Obdachlosigkeit gerutscht sind, oder unter schweren körperlichen oder psychischen Erkrankungen leiden. In manchen Situationen gibt es keine Eltern mehr oder zu Hause entsteht eine so große Krise, dass es zumindest für eine gewisse Zeit nicht möglich oder nicht mehr sicher ist, die Kinder bei den Eltern leben zu lassen. Und dann greift die Kinder- und Jugendhilfe. In starker Zusammenarbeit mit den Jugendämtern und in den meisten Fällen der Zustimmung der Sorgeberechtigten, finden diese Kinder bei uns Platz und werden in ihren individuellen Situationen betreut und begleitet. Die Wiederzusammenführung mit den Eltern wird natürlich, mit aller gebotener Vorsicht, in den Vordergrund gestellt. Denn keine Betreuungsperson kann die Eltern ersetzen. In Zusammenarbeit mit dem Jugendamt arbeiten wir daran, die Eltern zu befähigen ein gutes elterliches Verhältnis mit dem Kind aufzubauen und ihnen ein stabiles Umfeld zu bieten. Auf der anderen Seite arbeiten wir mit vielen Kooperationspartnern aus dem unmittelbaren Umfeld der Kinder, mit den jeweiligen Vormundschaften, mit den Schulen, Großfamilien und Freundeskreisen, die eine Rolle im Leben des Kindes haben und neben dem Erziehungsberechtigten für eine gelungene Rückführung in die elterliche Familie wichtig sind. Das ist eine sehr komplexe Arbeit, die hier von unseren Erzieher:innen und Sozialarbeiter:innen durchgeführt wird.
Meine Rolle dabei ist unter anderem, die Metaebene einzunehmen und ihre pädagogische Arbeit zu unterstützen in dem ich schaue: Wie müssen wir unsere Gruppen so ausrichten, dass sie dem Bedarf und den multiplen Problemlagen der Kinder und Jugendlichen gerecht werden und auch die sich immer wieder verändernden gesamtgesellschaftlichen Bedarfe und Zielgruppen berücksichtigen. Welche fachlichen Standards setzen wir uns, wie halten wir diese ein? Wie findet Wissens- und Informationsweitergabe statt? Nach welchen pädagogischen Richtlinien handeln wir? Wie gehen wir vor im Krisenfall? Ich bin die Person, die praktisch etwas abseits der Gruppe steht, aber jederzeit reinkommt und da unterstützt, wo Not an der Person ist.
Was passiert, wenn junge Erwachsene die Wohngruppen verlassen müssen, gelingt ihnen ein guter Übergang in das erwachsene Leben?
Oliver Heymann: Je nach Ausrichtung der Wohngruppe und nach dem individuellen Verlauf der einzelnen Kindessituation, ob es wieder zu den Eltern geht oder praktisch in eine eigene Wohnung, begleiten wir unterschiedlich. Nach dem Auszug aus unserer Einrichtung endet unsere Arbeit meist nicht. In vielen Fällen begleiten wir unsere Careleaver mehrere Monate ambulant nach, je nach Bedarfslage. Mit vielen halten wir auch noch einen losen Kontakt, wenn die Kinder bei den Eltern wieder eingezogen sind. Außerdem haben wir viele Eltern, die sich noch Jahre später immer wieder Rat suchend an uns wenden.
Wir hatten letztes Jahr eine größere Feier, weil ein langjähriger Mitarbeiter in Rente gegangen ist. Er hat ein Leben lang in der Kinder- und Jugendhilfe gearbeitet. Und bei dieser Verabschiedungsfeier waren tatsächlich damalige Jugendlichen aus seiner ersten Wohngruppe, die der Kollege begleitet hat, anwesend. Sie waren alle Anfang Fünfzig, inzwischen mitten im Leben stehend mit ihren eigenen Familien und Kindern da und haben ganz rührend über den Kollegen gesprochen. Das war sehr schön auf der Feier mitzubekommen, wie dieser Mensch ihr Leben beeinflusst hat und dass es ihnen jetzt gut geht, und dass die Unterstützung, die sie damals erhalten haben, nach eigenen Aussagen, eine große Hilfe war. Und in das Erbe treten wir natürlich weiterhin.
Welche Aspekte oder Inhalte des Masterstudiums in Sozialmanagement sind in Ihrem Berufsalltag noch heute relevant?
Oliver Heymann: Es gibt Vieles. Ich denke mitunter das Wichtigste war einen Habitus und Haltung als Leitung zu entwickeln. Dabei wurden wir auf allen Ebenen unterstützt, mit der Wissens- und der Kompetenzvermittlung, um diese Rolle ausfüllen zu können. Wir haben sehr viele Bereiche abgedeckt und Methoden kennengelernt, die ich jetzt noch in meiner Arbeit anwende. Im Studium habe ich die Möglichkeiten kennengelernt und kann sie mir nach Bedarf heranziehen, Kenntnisse auffrischen und anwenden. Und was im sozialen Bereich oft in der Ausbildung zu kurz kommt und im Studium gut abgedeckt war, sind die BWL-Lernanteile, die für mich in der Leitungsfunktion sehr wertvoll sind. Mir hilft es tatsächlich sehr, dass ich sagen kann – hier ist eine Bilanz und ich kann sie analysieren und Probleme anhand der Zahlen erkennen.
Arbeitsrecht ist auch ein wertvoller Teil des Studiums gewesen. Viele studieren Soziale Arbeit oder Ähnliches, sie sind gute Fachkräfte, sehr gute Teamleiter:innen und haben sehr gute soziale Kompetenzen in der Zusammenwirkung mit den Kolleg:innen. Oft rutschen sie jedoch, praktisch unvorbereitet, in die Leitungsrollen in ihren Organisationen. In diesen Rollen fehlen ihnen die fachliche Qualifikation als Leitung, die wirtschaftlichen und technischen Kenntnisse, so gehen diese Aspekte auch in ihrem Berufsalltag en bisschen unter. Mit dem wirtschaftlichen Verständnis und mit der Stärke in diesen Bereichen der Geschäftsführung macht man sich im sozialen Bereich durchaus manchmal Freunde.
„Ich denke mitunter das Wichtigste war, einen Habitus und Haltung als Leitung zu entwickeln. Dabei wurden wir auf allen Ebenen unterstützt, mit der Wissens- und der Kompetenzvermittlung, um diese Rolle ausfüllen zu können. Wir haben sehr viele Bereiche abgedeckt und Methoden kennengelernt, die ich jetzt noch in meiner Arbeit anwende.“
Welche Kenntnisse oder welches Know-How fehlt Ihnen jetzt, das im Job gewachsen ist und im Studium nicht behandelt wurde?
Oliver Heymann: Ich weiß nicht, ob der Studiengang tatsächlich die großen Problemfelder, die meine Arbeit jetzt betreffen, abdecken könnte. Das sind hauptsächlich gesamtgesellschaftliche Phänomene wie der Fachkräftemangel, der einfach sehr gravierend zu Tage tritt. Und jetzt gerade in Berlin ist es der Wohnungsmangel, der unsere Arbeit erschwert. Vielleicht könnte man im Studiengang darauf vorbereitet werden, stärker in diese politische Arbeit reinzugehen und sozialpolitisch den Fachkräftemangel anzugehen, der uns die nächsten Jahrzehnte begleiten wird. Oder eben innovativ an diesen Problemlösungen zu arbeiten und schauen welche Rolle neue Technologien wie KI bei der Arbeitsentlastung spielen könnten. Vielleich könnte KI nicht gerade die Wohngruppen unterstützen, aber vielleicht bei anderen Arbeitsprozessen entlastende Funktion einnehmen?
Digitalisierung ist mittlerweile Teil des Studiengangprogramms. Als Akademie wollen wir auf dem letzten Stand der technischen Möglichkeiten sein und auf deren Potenzial für Soziale Organisationen durch unsere Studierende verweisen.
Oliver Heymann: Insgesamt kann ich sagen, dass der Masterstudiengang meine weitere berufliche Entwicklung, aber auch mich als Mensch, maßgeblich beeinflusst hat. Wenn ich mit Menschen spreche die sich als Führungskraft entwickeln wollen, empfehle ich diesen Master.
Das Interview mit Oliver Heymann führte Elena Gavrisch (Marketing und Öffentlichkeitsarbeit, Paritätische Akademie Berlin)
Titelbild: Oliver Heymann
Fotos: Elena Gavrisch
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Seit 2001 führt die Paritätische Akademie gemeinsam mit der Alice Salomon Hochschule den berufsbegleitenden Fernstudiengang Sozialmanagement durch. An diesem Studiengang, der das Ziel hat Führungspersonal in der Sozialarbeit zu professionalisieren, haben inzwischen über 1.000 Studentinnen und Studenten teilgenommen.
Dabei ist der Anteil der Studentinnen von 57 Prozent in den Jahren von 2001 – 2009 auf 66 Prozent in der letzten Dekade gestiegen. Das spiegelt wider, dass sich inzwischen mehr Frauen eine Führungsposition in sozialen Organisationen zutrauen. Das Durchschnittsalter beim Studienbeginn beträgt 35 Jahre. Knapp die Hälfte der Studentinnen und Studenten arbeiteten als Fachkräfte, ein Drittel hatte bereits eine Position in der Team- oder Bereichsleitung.
Wir haben im Oktober 2019 die Absolventinnen und Absolventen der letzten fünf Jahrgänge befragt, wie zufrieden Sie mit diesem Studium waren. Mit sehr gut oder gut wurden von 81 Prozent der Befragten die Studieninhalte insgesamt eingeschätzt, wobei die fachliche Qualität der Lehre (94 %) und die Aktualität der Inhalte (91 %) besonders positiv gesehen wurden.
Die Befragten gaben an, am meisten von den Modulen Management in Organisationen (88 %), Führen und Leiten (85 %), Organisationsentwicklung (84 %) und Recht (82 %) profitiert zu haben.
Als größtes Defizit wurde genannt, dass der Themenbereich Digitalisierung/Social Media in der Sozialwirtschaft zu wenig behandelt wurde. An dieser Stelle haben wir bereits gegengesteuert und im aktuellen Curriculum diesen Bereich deutlich aufgewertet.
Von welchen der folgenden Module und Studieninhalte haben Sie am meisten profitiert?
Eine Besonderheit dieses Studienganges ist, dass in allen Präsenzblöcken jeweils die Betreuung durch professionelle Coaches angeboten wird. Von 85 Prozent der Befragten wurde dies als eine Bereicherung sowohl für das Studium als auch die berufliche Praxis gewertet.
Rückblickend beurteilten 90 Prozent der Absolventinnen und Absolventen die Vereinbarkeit des Studiums mit ihrem ausgeübten Beruf, und 80 Prozent die Vereinbarkeit mit ihren damals bestehenden privaten und familiären Verpflichtungen als gut oder eher gut. Dementsprechend konnten 73 Prozent ihr Studium in der Regelstudienzeit abschließen. Weitere 17 Prozent benötigten nur ein Urlaubssemester.
Unterstützung durch Ihren Arbeitgeber erhielten 60 % der Befragten, wobei es schon für 42 Prozent während des Studiums eine berufliche Veränderung gab, für weitere 32% nach dem Studium. Besonders zufrieden waren die Befragten mit der Betreuung durch die Referentinnen der Paritätischen Akademie (95 % zufrieden oder eher zufrieden) und dem Aufbau und der Struktur des Studiengangs (94 %) und, besonders wichtig, mit dem erreichten Wissen und Können (92 %).
Daher würden auch 90 Prozent der Befragten diesen Studiengang weiterempfehlen.
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