In 100 Stun­den zum/zur Ehrenamtsmanager:in

Wer sich für Men­schen mit Beein­träch­ti­gung ehren­amt­lich enga­gie­ren will, ist bei der Lebens­hil­fe Ber­lin an

der rich­ti­gen Adres­se. Die Mög­lich­kei­ten rei­chen von Ein­zel­be­treu­ung, Paten­schaf­ten in Wohn­grup­pen und Wohn­ge­mein­schaf­ten über die Unter­stüt­zung von Lese­klubs oder Eltern-Kind-Grup­pen bis zu Sport­pa­ten­schaf­ten. Hil­fe und Unter­stüt­zung wer­den auch bei Ver­an­stal­tun­gen gebraucht. Grund­sätz­lich ist die Lebens­hil­fe in allen

Berei­chen offen für Ideen und Vor­schlä­ge für frei­wil­li­ges Enga­ge­ment. Mehr als 100 ehren­amt­lich Enga­gier­te zählt die Lebens­hil­fe Ber­lin. Die erfolg­rei­che Bilanz kommt nicht von unge­fähr. Vor über 20 Jah­ren wur­de das Frei­wil­li­gen­ma­nage­ment in der Lebens­hil­fe Ber­lin ein­ge­führt und von Tan­ja Weiß­lein auf­ge­baut. Seit­dem

enga­gie­ren sich Men­schen für Men­schen mit kogni­ti­ver Beein­träch­ti­gung und Lern­schwie­rig­kei­ten.

Kor­ne­lia Gold­bach lei­tet seit 2021 das Frei­wil­li­gen­ma­nage­ment in der Lebens­hil­fe Ber­lin. Obwohl sie seit

vie­len Jah­ren in der Ein­rich­tung arbei­tet, war die Lei­tung des Frei­wil­li­gen­ma­nage­ments für sie neu. Dar­um nahm sie von Okto­ber 2021 bis Mai 2022 am Zer­ti­fi­kats­kurs Ehren­amts­ma­nage­ment inten­siv an der Pari­tä­ti­schen Aka­de­mie Ber­lin teil.

In 100 Stun­den qua­li­fi­zie­ren sich die Teilnehmer:innen zum/zur Ehrenamtsmanager:in. In dem Kurs erwer­ben die

Teilnehmer*innen die not­wen­di­gen Fach­kennt­nis­se und Metho­den für die stra­te­gi­sche Ent­wick­lung, Gestal­tung, Beglei­tung und Koor­di­na­ti­on von ehren­amt­lich Enga­gier­ten sowie für die Zusam­men­ar­beit von Haupt- und Ehren­amt­li­chen in Ein­rich­tun­gen der Sozi­al­wirt­schaft. Schon nach den ers­ten Semi­nar­ta­gen war für Kor­ne­lia Gold­bach klar: „Die Fort­bil­dung ist eine ganz tol­le Ver­an­stal­tung und ich freue mich sehr, dar­an teil­neh­men zu kön­nen.“

Die Lebens­hil­fe Ber­lin ist eine von vie­len Orga­ni­sa­tio­nen und Ein­rich­tun­gen im Pari­tä­ti­schen Lan­des­ver­band, die­Wert auf ein pro­fes­sio­nel­les Ehren­amts- bzw. Frei­wil­li­gen­ma­nage­ment legen. Denn ehren­amt­li­ches und frei­wil­li­ges Enga­ge­ment ist kei­ne Rand­er­schei­nung. Im Ber­li­ner Lan­des­ver­band kom­men zu rund 55.000 Mit­ar­bei­ten­den etwa 30.000 Ehren­amt­li­che hin­zu. Ehren­amt­lich Enga­gier­te zu gewin­nen und zu hal­ten, ist aller­dings kein Selbst­läu­fer. Der aktu­el­le Deut­sche Frei­wil­li­gen­sur­vey und wei­te­re Stu­di­en ver­wei­sen auf die Auf­ga­ben, die in der Pra­xis her­aus­for­dernd sind, wie bei­spiels­wei­se die Abnah­me zeit­in­ten­si­ver ehren­amt­li­cher Tätig­kei­ten, die Gewin­nung jun­ger Enga­gier­ter sowie die zeit­li­che und fach­li­che Über­for­de­rung von ehren­amt­lich

Enga­gier­ten. Ehren­amts­ma­nage­ment ist eine aner­kann­te haupt­amt­li­che Lei­tungs- und Füh­rungs­auf­ga­be in der Sozi­al­wirt­schaft.

Vor über 20 Jah­ren wur­de der Kurs „Ehren­amts­ma­nage­ment inten­siv“ durch Prof. Dr. Ste­phan Wag­ner an

der Pari­tä­ti­sche Aka­de­mie Ber­lin ins Leben geru­fen. Seit­dem haben zahl­rei­che Ver­ant­wort­li­che für Enga­ge­ment, Ehrenamtsmanager:innen und Freiwilligenkoordinator:innen aus den Mit­glieds­or­ga­ni­sa­tio­nen den Zer­ti­fi­kats­kurs durch­lau­fen.

Im Fokus ste­hen drei Schwer­punk­te des Ehren­amts­ma­nage­men­tes: Die Ehrenamtlichen/Freiwilligen, Anfor­de­run-gen an die Organisations­entwicklung und an die Ehrenamtsmanager:innen. Der Kurs wur­de über die Jah­re modi­fi­ziert und wei­ter­ent­wi­ckelt. Aktu­ell wird der Kurs als Blen­ded Lear­ning ange­bo­ten, sprich Prä­senz- und Online-Semi­na­re wech­seln sich ab. So lässt sich der Kurs auch noch bes­ser in den Arbeits­all­tag inte­grie­ren. Die Teilnehmer:innen bau­en sich in Peer-Group-Mee­tings ihr Netz­werk auf. In Pra­xis-Talks ler­nen sie ande­re Ehrenamtsmanager:innen und ihre Arbeit ken­nen. Die Dozie­ren­den Chris­tia­ne Bie­der­mann und Bea­te Här­ing brin­gen ihr lang­jäh­ri­ges Know­how als Trai­ne­rin­nen im Frei­wil­li­gen­ma­nage­ment ein, der Jurist Erik Judis die recht­li­chen Grund­la­gen im Ehren­amt.

Kor­ne­lia Gold­bach, ehe­ma­li­ge Teil­neh­me­rin: Was hat der Kurs kon­kret gebracht?

„Neben der kom­pe­ten­ten fach­li­chen Anlei­tung der Refe­ren­tin­nen, sich das The­ma „Ehren­amt“ im

gesell­schaft­li­chen Kon­text zu erschlie­ßen, erleb­te ich den Kurs als sehr hilf­reich, um den

Manage­ment­pro­zess in der Frei­wil­li­gen­ar­beit in sei­ner voll­kom­me­nen Gän­ze zu erfas­sen

und in mei­ner prak­ti­schen Arbeit in der eige­nen Orga­ni­sa­ti­on umzu­set­zen.“

Ehren­amts­ma­nage­ment inten­siv

Hybrid-Kurs

Start 19. Okto­ber 2022

Ein Fami­li­en­zen­trum inno­va­tiv und nach­hal­tig füh­ren

Zer­ti­fi­kats­kurs

Start 28. Novem­ber 2022

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Maga­zin

Juni 2022 | Manage­ment

Ist eine psy­chi­sche Stö­rung (auch) eine Bezie­hungs­stö­rung?

Die Fra­ge lässt sich mehr­fach mit Ja beant­wor­ten. Ja, weil in der psy­chi­schen Ent­wick­lung (ver­mut­lich ver­stö­ren­de) Bezie­hungs­er­fah­run­gen auf eine Art und Wei­se von den Betrof­fe­nen ver­ar­bei­tet wur­den, dass die­se ihre Psy­che nur ein­ge­schränkt ent­wi­ckeln konn­ten. Ja, weil Betrof­fe­ne des­halb in ihrer eige­nen intra­psy­chi­schen Kom­mu­ni­ka­ti­on ein­ge­schränkt sind. Ja, weil Betrof­fe­ne in ihrer Bezie­hungs- und Inter­ak­ti­ons­fä­hig­keit gestört sind. Ja, weil auch Hel­fer in der Inter­ak­ti­on mit Betrof­fe­nen in sol­che gestör­ten Bezie­hungs­mus­ter hin­ein­ge­ra­ten. Die Fra­ge mit so vie­len Jas zu beant­wor­ten, ermög­licht ein ver­tief­tes Ver­ständ­nis von dem, was in Men­schen mit psy­chi­scher Beein­träch­ti­gung inner­lich abläuft. Ein sol­ches Ver­ständ­nis erlaubt, den Kli­en­ten gegen­über gelas­sen und somit hilf­reich zu sein.

Neben dem psy­cho­ana­ly­ti­schen Ver­ständ­nis gibt vor allem die Bin­dungs­theo­rie nach John Bowl­by und Mary Ains­worth ver­ständ­li­che Kon­zep­te an die Hand, um den Zusam­men­hang von psy­chi­scher Stö­rung und gestör­ter Bezie­hungs­er­fah­rung zu begrei­fen. Ein Kind wird mit der Fähig­keit, sich zu bin­den, gebo­ren. Wie die­se Fähig­keit im Ein­zel­nen aus­ge­prägt wird, hängt von indi­vi­du­el­len Bin­dungs- und Bezie­hungs­er­fah­run­gen ab. Das indungs­sys­tem regt einer­seits die Suche nach Gebor­gen­heit, Sicher­heit und das Bedürf­nis, Teil der Grup­pe zu sein, sowie ande­rer­seits den For­scher­drang, das Neu­gier­de- und Risi­ko­ver­hal­ten an. Bezie­hungs­er­fah­run­gen wer­den ver­in­ner­licht. Hier­bei ent­steht eine inne­re Büh­ne mit ver­schie­de­nen Dar­stel­lern, die sowohl das „Ich“ reprä­sen­tie­ren als auch Vor­stel­lun­gen von „dem/den Ande­ren“.

Hat man unter­stüt­zen­de, wich­ti­ge Bezugs­per­so­nen erlebt, kann man z. B. in eine Prü­fungs­si­tua­ti­on mit fol­gen­der

intra­psy­chi­scher Büh­ne gehen: ein „Ich“ mit einem guten Selbst­wert­ge­fühl, einem ver­mu­te­ten Bild des Prü­fers, das ange­mes­sen rea­li­täts­nah ist, einem Selbst­ver­trau­en, das einem sagt: „Du schaffst das!“, einer Kom­mu­ni­ka­ti­ons-fähig­keit, die in der Lage ist, auch bei Auf­re­gung nach­zu­fra­gen und rich­tig zuzu­hö­ren, einer Hand­lungs­fä­hig­keit nach innen, wel­che es ermög­licht, die gelern­ten Inhal­te abru­fen zu kön­nen und einer Hand­lungs­fä­hig­keit nach außen, um die­se Inhal­te aus­zu­spre­chen und zu prä­sen­tie­ren. Hin­zu kom­men intra­psy­chi­sche Hel­fer­in­stan­zen, wel­che intra­psy­chi­sche Befürch­tun­gen und Erre­gungs­zu­stän­de beru­hi­gen kön­nen und somit hel­fen, den Blick nach vor­ne zu rich­ten.

Hat jemand eher abwer­ten­de und ungu­te Bezie­hungs­er­fah­run­gen gemacht, kann die Büh­ne wie folgt aus­se­hen: ein klei­nes Kin­der-Ich, etwas ver­ängs­tigt, steht gegen­über einer oder meh­re­ren gro­ßen Auto­ri­tä­ten, die mit stren­gem Blick alles schnell abwer­ten. Als Hel­fer­in­stan­zen in der Situa­ti­on gibt es Angst­ver­stär­ker, die sagen; „Auf­pas­sen!“, da ansons­ten noch mehr Gefahr droht. Das Adre­na­lin­sys­tem wird auf Hoch­tou­ren gepusht, weil viel Gefahr ver­or­tet wird. Die Hand­lungs­sys­te­me sind dar­auf aus­ge­rich­tet, psy­chi­sche Ernied­ri­gung zu ver­mei­den oder mit die­ser klar­zu­kom­men.

Sicher­lich sind die­se bei­den Bil­der extrem, aber sie ver­deut­li­chen, wie bio­gra­fi­sche Bezie­hungs­er­fah­run­gen und psy­chi­sche Stö­rung bzw. aktu­el­les Ver­hal­ten mit­ein­an­der zusam­men­hän­gen kön­nen. Sie bie­ten auch Erklä­rungs­mus­ter, wie psy­chi­sche Stö­rungs­mus­ter auf der inne­ren Büh­ne auf­recht­erhal­ten wer­den. Und es

wird auch ver­ständ­lich, war­um man als Hel­fer sei­tens des Kli­en­ten mal in die eine oder ande­re Rol­le gedrängt wird, obwohl man sich fach­lich gleich ver­hält.

Betrach­tet man psy­chi­sche Stö­run­gen unter dem Aspekt einer Fol­ge nach innen ver­la­ger­ter dys­funk­tio­na­ler Bezie­hungs­mus­ter, ermög­licht das Fol­gen­des: als Hel­fer gewinnt man ein dif­fe­ren­zier­te­res Bild, was in den Kli­en­ten vor sich geht und wel­che Aus­wir­kung das auch auf das Bezie­hungs­ver­hal­ten zum Hel­fer und zu sei­ner Umwelt

hat. Das ist natür­lich ein weit­aus tie­fe­res Ver­ständ­nis einer psy­chi­schen Stö­rung als das Erler­nen von Sym­pto­men und von Regeln des Umgangs. Man kann also dif­fe­ren­zier­ter, situa­tiv ange­pass­ter und indi­vi­du­ell effi­zi­en­ter mit dem Kli­en­ten umge­hen. Gleich­zei­tig wird das eige­ne Krän­kungs­po­ten­ti­al bzw. die Ten­denz, sich im Hil­fe­ge­sche­hen zu ver­aus­ga­ben, redu­ziert.

Zu guter Letzt: Bezie­hungs­ar­beit schafft nicht nur Ver­trau­en, son­dern, wenn man sich als Hel­fer die eige­nen inne­ren Wahr­neh­mun­gen und Reak­tio­nen auf den Kli­en­ten bewusst macht, gewinnt man vie­le Infor­ma­tio­nen über ihn. Die­se kann man ent­we­der als eine empa­thi­sche Spie­ge­lung zurück­ge­ben oder sie ermög­li­chen es einem, bes­ser zu

ver­ste­hen, war­um bestimm­te Ver­wick­lun­gen ent­ste­hen kön­nen und wie man sich davor schützt. Das betrifft den Bereich der Über­tra­gung und Gegen­über­tra­gung.

Unter der Über­tra­gung ver­steht man die unbe­wuss­te Dyna­mik, dass der Kli­ent im Hel­fer nicht mehr das rea­le Gegen­über sieht, son­dern in ihn (meist) eine bekann­te Bezie­hungs­per­son pro­ji­ziert. Bei die­sem Vor­gang, der unbe­wusst abläuft, bleibt auch der Kli­ent selbst nicht mehr auf Augen­hö­he, son­dern fällt z.B. in die „Kin­der­rol­le“. Obwohl plötz­lich ein Rück­fall in den Ver­gan­gen­heits­film statt­fin­det, wird es meist vom Kli­en­ten als sehr aktu­ell und

mit star­ken Gefüh­len erlebt. Das Erle­ben des Hel­fers wird als Gegen­über­tra­gung defi­niert. Das kann unter­schied­lichs­te Aspek­te auf­wei­sen: Fühlt sich der Hel­fer bei einem Kli­en­ten mit Angst­stö­rung z.B. auch stark ver­un­si­chert, gestresst, hilf­los, so kann das die Gefüh­le des Kli­en­ten spie­geln. Man ver­steht mehr, wie es in dem Kli­en­ten aus­sieht, kann empha­tisch spie­gelnd reagie­ren. Wird der Hel­fer unge­dul­dig, ärger­lich etc. so kann dies die Reak­ti­on bekann­ter Bezie­hungs­per­so­nen oder das eige­ne Über-Ich des Kli­en­ten spie­geln. Wenn ein Kli­ent sei­ne Angst sehr ver­steckt und statt­des­sen aggres­siv nach Außen auf­tritt, kön­nen die Ver­un­si­che­rungs- und

Befürch­tungs­ge­füh­le des Hel­fers nicht unbe­dingt sei­ne eige­ne rea­le Ein­schät­zung der Situa­ti­on spie­geln, son­dern viel­mehr gewinnt er so ein Bild, was im Kli­en­ten hin­ter der Fas­sa­de pas­siert. Kurz­um: Wenn man als Hel­fer sei­ne eige­nen Reak­tio­nen in der Bezie­hung mit dem Kli­en­ten nicht nur der rea­len Situa­ti­on zuord­net, son­dern auch erkennt, dass man Infor­ma­tio­nen über Innen­le­ben und Bezie­hungs­struk­tu­ren des Kli­en­ten erhält, muss man nicht in jede Bezie­hungs­fal­le tap­pen.

Fazit: Bezie­hungs­er­fah­run­gen wer­den intra­psy­chisch ver­ar­bei­tet und bil­den eine Art Pro­gram­mie­rung, die zur Selbst­re­gu­la­ti­on, Kom­mu­ni­ka­ti­on und Hand­lungs­fä­hig­keit die­nen. Nega­ti­ve Bezie­hungs­er­fah­rung wir­ken sich destruk­tiv auf die­ses Sys­tem und die Vor­stel­lung von einem selbst und sei­ner Umwelt aus. Gute Bezie­hungs­er­fah­run­gen jedoch stär­ken das Ich und damit auch die Selbst­wirk­sam­keit im Außen. In der Inter­ak­ti­on mit dem Kli­en­ten tre­ten dem Hel­fer gegen­über Phä­no­me­ne auf, die als Über­tra­gung und Gegen­über­tra­gung bezeich­net wer­den.

Das Wis­sen um die Bedeu­tung von Bin­dung? Bezie­hungs­er­fah­run­gen? in der Arbeit mit Men­schen mit psy­chi­scher Beein­träch­ti­gung ermög­licht ein tie­fe­res Ver­ständ­nis wovon? Dies unter­stützt eine kla­re, für den Kli­en­ten hilf­rei­che

Bezie­hungs­ge­stal­tung. Der Hel­fer gewinnt Infor­ma­tio­nen über das Innen­le­ben der Kli­en­ten sowie deren Bezie­hungs­struk­tu­ren. All dies sind Fak­to­ren, die für ein aktu­el­les, meist dys­funk­tio­na­les Ver­hal­ten bedeut­sam sind.

Foto: Ilka Perc

Bezie­hungs­dy­na­mik bei psy­chi­schen Stö­run­gen

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28.–30. Sep­tem­ber 2022

Psy­chisch belas­te­te Eltern und ihre Kin­der

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Im April 2023

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Juni 2022 | Manage­ment

Inter­view mit Ben­ja­min Schorn

Ben­ja­min Schorn ist Foren­sic Inves­ti­ga­ti­on Spe­zia­list und besitzt mehr­jäh­ri­ge Erfah­rung in der Durch­füh­rung foren­si­scher Son­der­un­ter­su­chun­gen in Kri­mi­nal­ver­dachts­fäl­len, zuletzt bei der KPMG AG in Mün­chen, wo er unter ande­rem an der Auf­klä­rung des Wire­card-Skan­dals mit­ge­wirkt hat. Im Rah­men sei­ner Tätig­keit beschäf­tigt er sich inten­siv mit psy­cho­lo­gi­schen Befra­gungs­tech­ni­ken mit Tätern, Opfern und Zeu­gen sowie den Moti­va­to­ren, Stres­so­ren und der Ver­hal­tens­an­ti­zi­pa­ti­on von unter­schied­li­chen Per­sön­lich­keits­pro­fi­len. Er ist Trä­ger des ein­zi­gen welt­weit aner­kann­ten Titels im Bereich Foren­sik und Wirt­schafts­kri­mi­na­li­tät und wur­de 2021 als akkre­di­tier­ter Exper­te in die Exper­ten-Daten­bank der euro­päi­schen Straf­ver­fol­gungs­be­hör­de EURO­POL auf­ge­nom­men. Sei­ne wis­sen­schaft­li­chen Bei­trä­ge über sozi­al- und per­sön­lich­keits­psy­cho­lo­gi­sche Erkennt­nis­se im Bereich Wirt­schafts- kri­mi­na­li­tät wer­den regel­mä­ßig im ACFE Fraud Maga­zin ver­öf­fent­licht.

Im Jahr 2021 hat er das Insti­tut für Gover­nan­ce & Psy­cho­lo­gie gegrün­det und lei­tet dort ein Team aus Kri­mi­nal-psy­cho­lo­gen und Psy­cho­the­ra­peu­ten.

Was ver­ste­hen wir unter Foren­sic Lea­der­ship – Per­sön­lich­keits­pro­fil­ing als Füh­rungs­in­stru­ment bzw. Foren­sic Nego­tia­ti­on-Per­sön­lich­keits­pro­fil­ing als Ver­hand­lungs­in­stru­ment?

Im Semi­nar Foren­sic Lea­der­ship wer­den die Erkennt­nis­se aus der kri­mi­nal­psy­cho­lo­gi­schen Arbeit in die täg­li­che

Füh­rungs­pra­xis über­tra­gen. Dazu gehö­ren sowohl Gesprächs­tech­ni­ken, die bei Ver­neh­mun­gen von Zeu­gen, Opfern und Beschul­dig­ten her­an­ge­zo­gen wer­den, als auch pro­fes­sio­nel­le Ein­schät­zun­gen unter­schied­li­cher Ver­hal­tens­wei­sen. Im Semi­nar Foren­sic Nego­tia­ti­on nut­zen Sie die­ses Wis­sen, um psy­cho­lo­gisch wir­kungs­voll

mit ver­schie­de­nen Per­sön­lich­keits­sti­len Ihrer Geschäftspartner:innen zu ver­han­deln.

Was ist beson­ders rele­vant, wel­che aktu­el­len Bezü­ge gibt es zu den ange­bo­te­nen Inhal­ten?

Die Auf­ga­be eines Foren­si­kers und Wirt­schafts­kri­mi­no­lo­gen besteht zu einem wesent­li­chen Teil dar­aus, die Ursa­che-Wir­kungs-Zusam­men­hän­ge für (teil­wei­se schäd­li­ches) Ver­hal­ten zu begrei­fen. Für die­ses Ver­ste­hen zie­hen wir wis­sen­schaft­li­che Model­le aus der (Sozial-)psychologie und Kri­mi­no­lo­gie her­an, deren Kennt­nis­se sich eben­falls in die Füh­rungs­pra­xis ablei­ten las­sen. Denn die Her­aus­for­de­rung einer heu­ti­gen Füh­rungs­kraft besteht zuneh­mend dar­in, den Anfor­de­run­gen und Ansprü­chen nach einer indi­vi­du­el­len Behand­lung und Berück­sich­ti­gung der ein­zel­nen Mit­ar­bei­ter gerecht zu wer­den.

Wel­che Vor­tei­le bie­tet Per­sön­lich­keits­pro­fil­ing, aber auch wel­che Schwierigkeiten/Hemmnisse? Was sind Ihre per­sön­li­chen Erfah­run­gen?

Per­sön­lich­keits­pro­fil­ing bie­tet zunächst ein­mal die Chan­ce, anhand von wis­sen­schaft­li­chen Para­me­tern eine gute Ein­schät­zung unse­res Gegen­übers zu erzie­len. In der foren­si­schen Arbeit hilft uns eine sol­che Dia­gnos­tik auf der einen Sei­te dabei, ein bes­se­res Ver­ständ­nis für die Moti­ve von Straf­tä­tern zu erlan­gen. Auf der ande­ren Sei­te ver­langt auch eine pro­fes­sio­nel­le Befra­gung eine ent­spre­chen­de Anti­zi­pa­ti­on unter­schied­li­cher Gefühls­wel­ten und Ver­hal­tens­wei­sen des Gesprächs­part­ners. Eine pro­fes­sio­nel­le Ein­schät­zung der inne­ren Dyna­mi­ken von Zeu­gen, Opfern und Beschul­dig­ten, ver­hilft uns in der Ver­neh­mung also an auf­rich­ti­ge und ehr­li­che Infor­ma­tio­nen

zu gelan­gen, die für die Fall­auf­klä­rung bedeut­sam sind. Gleich­zei­tig besteht in der Ein­ord­nung von Ver­hal­tens­wei­sen die Gefahr einer vor­schnel­len Stig­ma­ti­sie­rung im Sin­ne von „Der ist so und so eine Per­son.“ Hier gilt es, die eige­ne Hypo­the­se hin­sicht­lich der Hin­ein­ka­te­go­ri­sie­rung von Per­sön­lich­keits­ei­gen­schaf­ten auch immer wie­der refle­xiv zu hin­ter­fra­gen.

Wie läuft Kurs ab? Was ist kon­kre­ter Inhalt des Kur­ses? Wie gelingt eine Ver­bin­dung von Theo­rie und Selbst­re­fle­xi­on?

Der Kurs beschäf­tigt sich im Wesent­li­chen mit dem Begrei­fen von unter­schied­li­chen (teil­wei­se schwie­ri­gen) Ver­hal­tens­wei­sen von Mitarbeiter:innen und Füh­rungs­kräf­ten sowie der dazu­ge­hö­ri­gen Ver­hal­tens­an­ti­zi­pa­ti­on, die stets – ana­log zu foren­si­schen Ver­neh­mun­gen – auf Bezie­hungs­för­de­rung aus­ge­rich­tet ist.

Das Beson­de­re an die­sem Kurs ist, dass neben pro­fun­den Model­len aus der Wis­sen­schaft und span­nen­den Pra­xis­bei­spie­len aus dem foren­si­schen All­tag, ein Schau­spie­ler zur Ver­fü­gung steht, mit dem her­aus­for­dern­de Situa­tio­nen real­ge­treu geübt wer­den kön­nen.

Gibt es Vor­aus­set­zun­gen, die die Teil­neh­men­den des Semi­na­res erfül­len müs­sen? Für wen ist die Ver­an­stal­tung beson­ders emp­feh­lens­wert?

Die Teilnehmer:innen benö­ti­gen kei­ne Vor­kennt­nis­se. Die Ver­an­stal­tung ist sowohl für Fach­kräf­te rele­vant, die regel­mä­ßig in Teams zusam­men­ar­bei­ten und grup­pen­dy­na­mi­schen Phä­no­me­nen aus­ge­setzt sind, als auch für Füh­rungs­kräf­te, die eige­ne Mitarbeiter:innen anlei­ten sol­len.

Vie­len Dank für das Gespräch!

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Das Gespräch führ­te Sol­vejg Hes­se, Bil­dungs­re­fe­ren­tin an der Pari­tä­ti­schen Aka­de­mie Ber­lin

Foren­sic Lea­der­ship – Per­sön­lich­keits­pro­fil­ing als Füh­rungs­in­stru­ment

Semi­nar

19.–20. Sep­tem­ber 2022

Foren­sic Nego­tia­ti­on – Per­sön­lich­keits­pro­fil­ing für die Ver­hand­lungs­füh­rung

Semi­nar

14.–15. Novem­ber 2022

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Juni 2022 | Manage­ment

Im Gespräch mit unse­rer Dozen­tin Sina Roh­ner

 

Neben Pro­fes­so­rin­nen und Pro­fes­so­ren sowie wis­sen­schaft­li­chen Mit­ar­bei­ten­den unse­rer koope­rie­ren­den Hoch­schu­le dozie­ren auch Praktiker:innen im Stu­di­en­gang Sozia­le Arbeit. Sina Roh­ner unter­stützt im Modul „Arbeits­fel­der und Ziel­grup­pen“ unse­re Stu­die­ren­den beim Theo­rie Pra­xis­trans­fer.

1. Frau Roh­ner, neben Ihrer Tätig­keit als Dozen­tin bei uns im Stu­di­en­gangs- und Semi­nar­be­reich arbei­ten Sie für die INDE­PEN­DENT LIVING Stif­tung. Wel­che Auf­ga­ben haben Sie dort?

Ich bin seit 2009 für die INDE­PEN­DENT LIVING Stif­tung als Sozi­al­päd­ago­gin tätig. Vie­le Jah­re arbei­te­te ich als BEW-Bera­te­rin mit jun­gen Men­schen. Ich absol­vier­te eine Aus­bil­dung zur „inso­fern erfah­re­nen Fach­kraft nach § 8a SGB VIII“ und somit auch eine Auf­ga­be als Kin­der­schutz­fach­kraft inne. Seit eini­gen Jah­ren arbei­te­te ich als Qua­li­täts­be­auf­trag­te für die Stif­tung und lei­te das Pro­jekt „Betreu­tes Ein­zel­woh­nen für Mäd­chen* und jun­ge Frau­en*“.

2. Was ist Ihre Moti­va­ti­on, zusätz­lich als Dozen­tin zu unter­rich­ten – sowohl im Stu­di­en­gang Sozia­le Arbeit als auch in unse­rem neu­en Kom­pakt­kurs Jugend­hil­fe für Quereinsteiger:innen und sozi­al­päd­ago­gi­sche

Fach­kräf­te?

Mir ist es wich­tig Theo­rie und Pra­xis in Ver­bin­dung zu brin­gen. Durch mei­ne all­täg­li­che prak­ti­sche Arbeit ist es mir mög­lich auf aktu­el­le The­men, Schwer­punk­te und Metho­den der Sozia­len Arbeit ein­zu­ge­hen. Dies hat in der Leh­re den Vor­teil, dass Erfah­run­gen geteilt wer­den und im bes­ten Fal­le Syn­er­gien ent­ste­hen kön­nen.

3.

Was sind inhalt­li­chen Schwer­punk­te Ihrer Ver­an­stal­tun­gen? Wel­che The­men, Theo­rien bzw. Metho­den leh­ren Sie bei uns?

Aktu­ell unter­rich­te ich im Bache­lor-Stu­di­en­gang das Modul „Arbeits­fel­der und Ziel­grup­pen“. Ich stel­le den Stu­die­ren­den ver­schie­de­ne Arbeits­be­rei­che der Sozia­len Arbeit vor und las­se hier Expert*innen eben­so zu Wort kom­men, wie auch Theo­rien und Metho­den ihre Anwen­dung fin­den.

Schwer­punk­te in die­sem Semes­ter sind der HzE-Bereich mit den beglei­ten­den The­men Kin­der­schutz, Par­ti­zi­pa­ti­on, Metho­den zur kol­le­gia­len Fall­be­ra­tung und wei­te­res. Ich ach­te sehr dar­auf die The­men inter­sek­tio­nal zu

betrach­ten und lade hier zum Aus­tausch und zur Dis­kus­si­on ein.

4. Die Ziel­grup­pe im Bache­lor­stu­di­en­gang Sozia­le Arbeit umfasst ja gera­de auch die Qua­li­fi­zie­rung von Neu- bzw. Quereinsteiger*innen im Sozia­len Bereich. War­um ist die­se Qua­li­fi­zie­rung wich­tig und wel­chen Bei­trag leis­tet das Stu­di­um an der Aka­de­mie dabei?

Sozia­le Arbeit ist eine sehr anspruchs­vol­le Tätig­keit und soll­te des­we­gen auch wis­sen­schafts­ba­siert sein.

Will die Sozia­le Arbeit den Anspruch einer Pro­fes­si­on ein­lö­sen, muss sozi­al­ar­bei­te­ri­sches Han­deln auf Metho­den und Theo­rien begrün­det sein.

5. Haben Sie bei Ihren Vor­le­sun­gen bestimm­te Lern- oder Qua­li­fi­ka­ti­ons­zie­le vor Augen?

 

Mir ist es beson­ders wich­tig, dass die Stu­die­ren­den (Quereinsteiger*innen) den Raum bekom­men, ihre eige­ne Fach­lich­keit und ihre bis­he­ri­gen Erfah­run­gen in der Sozia­len Arbeit zu benen­nen, ihren Kommiliton*innen zur Ver­fü­gung zu stel­len und zu dis­ku­tie­ren. Des Wei­te­ren sol­len sie in mei­nen Semi­na­ren die aktu­el­len Ent­wick­lun­gen im Bereich der Sozia­len Arbeit ver­mit­telt bekom­men, um die­se in der eige­nen Pra­xis anzu­wen­den.

6. Wel­che Erkennt­nis­se wün­schen Sie sich für die Stu­die­ren­den im Rah­men Ihres Stu­di­ums? Gibt es irgend­et­was, das Ihnen da beson­ders am Her­zen liegt?

In mei­nen Semi­na­ren haben die Stu­die­ren­den die Gele­gen­heit die diver­sen und mit­un­ter auch sehr kom­ple­xen Arbeits­ge­bie­te der Sozia­len Arbeit ken­nen­zu­ler­nen. Die Viel­fäl­tig­keit und auch die Fle­xi­bi­li­tät, mit wel­cher Sozi­al­ar­bei­ten­de im Arbeits­all­tag umge­hen müs­sen über­rascht die Teil­neh­men­den immer wie­der. 

7. Was neh­men Sie als Dozen­tin auch von unse­ren Teil­neh­men­den und Stu­die­ren­den mit für Ihre Pra­xis?

Ich erle­be die Zusam­men­ar­beit mit den Stu­die­ren­den als sehr leben­dig und berei­chernd. Die Semi­na­re füh­ren dazu, dass wir uns aus den ver­schie­de­nen Arbeits­be­rei­chen ken­nen­ler­nen und sich dadurch pro­duk­ti­ve Netz­wer­ke bil­den.

Vie­len Dank für das Gespräch!

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Das Inter­view führ­te Chris­tin Fritz­sche, Bil­dungs­re­fe­ren­tin und Bereichs­lei­tung Stu­di­en­gän­ge an der Pari­tä­ti­schen Aka­de­mie Ber­lin

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