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Quer­ein­stieg durch das Stu­di­um in Sozi­al­ma­nage­ment – im Gespräch mit Mas­ter-Absol­ven­tin Cora Döhn

Mai 2024 | Stu­di­um

Quereinstieg durch das Studium in Sozialmanagement –  

im Gespräch mit Master-Absolventin Cora Döhn  


Cora Döhn war nach ihrem ers­ten Stu­di­um zunächst Deutsch als Fremd­spra­che Leh­re­rin und Online-Redak­teu­rin. Doch sie ent­schied sie sich für den Quer­ein­stieg in die Sozia­le Arbeit durch ein Stu­di­um in Sozi­al­ma­nage­ment und dem Antre­ten einer Stel­le bei der Ber­li­ner Aids-Hil­fe e.V.. In die­sem Inter­view spre­chen wir mit der Mas­ter-Absol­ven­tin, die heu­te die Koor­di­na­ti­on der Jugend­prä­ven­ti­on bei der Ber­li­ner Aids-Hil­fe aus­führt, über ihren heu­ti­gen Beruf und ihren Weg dort­hin. 

Was genau machst du als Youthwork-Koordinatorin bei der Berliner Aids-Hilfe und wie sieht dein Arbeitsalltag aus? 

Cora Döhn: Ich bin aktu­ell die Koor­di­na­ti­on des You­thwork-Teams der Ber­li­ner Aids-Hil­fe. Das bedeu­tet, ich gestal­te gemein­sam mit mei­nem Team die Jugend­prä­ven­ti­on bei uns im Haus. Mei­ne Haupt­auf­ga­ben sind ver­gleich­bar mit der einer Pro­jekt­ma­na­ge­rin. Bei mir liegt unse­re Ehren­amts­ko­or­di­na­ti­on für unser Team sowie die Koor­di­na­ti­on mit den Lehr­kräf­ten und den Schu­len, die zu uns kom­men. Ich orga­ni­sie­re unse­re Events und Pro­jek­te – wie z.B. eine Schüler:innenkonferenz, Pro­jekt­ta­ge und Events zu Anläs­sen wie dem Welt Aids Tag. Ich schrei­be den News­let­ter an die Schu­len, ich betreue unse­re Social Media-Accounts und tra­ge die päd­ago­gi­sche Ver­ant­wor­tung für unser Kon­zept und für die Work­shop-Inhal­te wie auch die Aus­bil­dung der Ehren­amt­li­chen, die bei uns ankom­men. Außer­dem küm­me­re ich mich um die Team­ent­wick­lung bei uns intern. 

 

Ein Teil mei­ner Stel­le in der Ber­li­ner Aids-Hil­fe wid­met sich dem Team des Ehren­amts­ma­nage­ments. Wir eta­blie­ren eine wert­schät­zen­de Aus­bil­dungs­kul­tur für Ehren­amt­li­che der gesam­ten Ber­li­ner Aids-Hil­fe und hal­ten die­se auf­recht. Wer bei uns neu ehren­amt­lich anfängt, absol­viert ver­schie­de­ne Kur­se. Das sind zum Bei­spiel Kom­mu­ni­ka­ti­ons­trai­nings unter ande­rem mit Zuhör­tech­ni­ken – das bie­ten wir für unse­re Ehren­amt­li­che kos­ten­los an. Um unse­re Qua­li­täts­stan­dards ein­zu­hal­ten, sind die­se Kur­se bei uns auch ver­pflich­tend. Sie ler­nen auch die Ber­li­ner Aids-Hil­fe als Orga­ni­sa­ti­on samt ihrer Hal­tung ken­nen. So haben neue Ehren­amt­li­che hier auch noch­mal die Mög­lich­keit einen Abgleich zu machen, ob sie sich mit der poli­ti­schen Hal­tung der Ber­li­ner Aids-Hil­fe iden­ti­fi­zie­ren kön­nen und sich damit wohl­füh­len, die­se Hal­tung auch nach außen zu ver­tre­ten. 

 

Seit Neus­tem gehe ich auch mit in Test­be­ra­tun­gen. Das sind Bera­tun­gen bei uns im Haus, die vor einem Test auf HIV und ande­re sexu­ell über­trag­ba­re Infek­tio­nen ange­bo­ten wer­den. Da kön­nen Per­so­nen, die sich zum Bei­spiel auf HIV tes­ten las­sen möch­ten, erfah­ren, wie ein Test abläuft und wo sie sich hin­wen­den kön­nen, falls ein Test posi­tiv aus­fällt. 

Was motiviert dich, diesen Job auszuüben? 

 

Für mich ist die Ber­li­ner Aids-Hil­fe ein ganz ideell auf­ge­la­de­ner Arbeits­be­reich. Das fin­de ich wun­der­schön. Es ist eine Mischung aus Job und Lebens­ge­fühl. Die Arbeit ist sinn­voll und das ist sehr moti­vie­rend für mich. 

 

Das Team hält auch sehr zusam­men, was mich unge­mein moti­viert. Im Team gibt es fla­che Hier­ar­chien. Wir arbei­ten sehr gleich­be­rech­tigt und selbst­be­stimmt. 

 

Was hast du vor deinem Masterstudium gemacht? Und wie bist du dann dazu gekommen, dich neu zu orientieren? 

 

Ich war in einer Redak­ti­on in einem Online-Medi­um erst als Volon­tä­rin und dann als Redak­teu­rin tätig. Das hat mir zunächst viel Spaß gemacht. Mein Ste­cken­pferd-The­ma war die finan­zi­el­le Selbst­be­stim­mung von Frau­en in der Grün­dung und ihr Weg in die Selb­stän­dig­keit. Ich habe Infor­ma­tio­nen zusam­men­ge­tra­gen, von denen ande­re pro­fi­tie­ren kön­nen, die sich auch selbst­stän­dig machen wol­len. Mich hat also schon immer inter­es­siert, wel­che Infor­ma­tio­nen die Welt noch braucht. Auch hier woll­te ich unbe­dingt eine Art Bera­tungs­an­ge­bot schaf­fen. 

 

Nach mei­nem Quer­ein­stieg hat­te ich das Gefühl, kei­ne for­ma­le Qua­li­fi­ka­ti­on zu haben, um im Bereich sozia­le Arbeit anknüp­fen zu kön­nen. Für mich per­sön­lich war es also wich­tig, eine Zusatz­qua­li­fi­ka­ti­on zu erwer­ben, um mich hier wohl­zu­füh­len. Denn ich habe ein Selbst­ver­ständ­nis, dass ich mit hoher Pro­fes­sio­na­li­tät an neue Her­aus­for­de­run­gen her­an­ge­he. Den Mut und das Selbst­be­wusst­sein sowie das Know-How hät­te ich ohne das Stu­di­um lei­der nicht gehabt, mit dem ich jetzt mei­ne Arbeit aus­füh­ren kann. 

 

Das Errech­nen von Bilan­zen aus dem Stu­di­um bei­spiels­wei­se brau­che ich in mei­nem aktu­el­len Job zwar nicht mehr so im Detail, denn dafür haben wir hier im Haus die Buch­hal­tung und die Geschäfts­füh­rung. Aber trotz­dem gehe ich durch die­ses erwor­be­ne Wis­sen kom­pe­tent mit Bud­gets für mei­nen Arbeits­be­reich um. Das gibt natür­lich auch mei­nen Chef:innen Sicher­heit und Ver­trau­en.  

Den Mut und das Selbst­be­wusst­sein sowie das Know-How hät­te ich ohne das Stu­di­um lei­der nicht gehabt, mit dem ich jetzt mei­ne Arbeit aus­füh­ren kann. 

 

Konntest du Arbeit und Studium gut unter einen Hut bringen? Und hat das ausgereicht, um dein Leben und die Studienkosten zu finanzieren? 

 

Ich habe das Stu­di­um 2018 begon­nen und 2020 habe ich den Abschluss gemacht. Finan­ziert habe ich das Gan­ze dadurch, dass ich par­al­lel gear­bei­tet habe. Ich habe in der Zeit des Stu­di­ums ca. 10 Stun­den bei der Ber­li­ner Aids Hil­fe im Ehren­amts­ma­nage­ment gear­bei­tet und neben­bei selbst­stän­dig als Deutsch als Fremd­spra­che Leh­re­rin. 

 

Zuge­ge­be­ner­ma­ßen war damals der Mie­ten­wahn­sinn auch noch nicht so extrem wie jetzt. Es war also für mich stemm­bar. In der Steu­er­erklä­rung kam mir das Stu­di­um spä­ter auch zugu­te. Ich war zu dem Zeit­punkt bereits ver­hei­ra­tet. Das Stu­di­um habe ich abset­zen kön­nen, was finan­zi­ell eine gro­ße Erleich­te­rung war.  

 

Nach einem vol­len Prä­senz­tag an der Pari­tä­ti­schen Aka­de­mie hat­te man auch das Gefühl, ganz viel mit­ge­nom­men zu haben. Und natür­lich habe ich mich dann auch am Wochen­en­de noch ein­mal hin­ge­setzt und bin alles durch­ge­gan­gen und habe ich eben Mathe gepaukt oder nach­ge­holt, wie ich Social Media Inhal­te gut gestal­ten kann. Ich habe mich dann auch mit mei­nen Kommiliton:innen in Lern­grup­pen getrof­fen. Wir haben das Stu­di­um schon sehr ernst genom­men. 

Es wird sehr gut dar­auf ein­ge­gan­gen, dass Men­schen in dem Stu­di­um meist Vollzeit-Arbeitnehmer:innen sind.

 

Es kommt wirk­lich auch dar­auf an, wie man Prio­ri­tä­ten gut setzt. Das Stu­di­um an der Pari­tä­ti­schen Aka­de­mie in Sozi­al­ma­nage­ment ist her­aus­for­dernd, aber nicht über­for­dernd. Denn es wird sehr gut dar­auf ein­ge­gan­gen, dass Men­schen in dem Stu­di­um meist Vollzeit-Arbeitnehmer:innen sind. Außer­dem wuss­ten wir auch alle Ter­mi­ne vor­her. So konn­te ich im Vor­hin­ein immer sehr gut mit mei­nem Arbeit­ge­ber abspre­chen, wann ich arbei­ten kann und wann nicht. 

Das Stu­di­um habe ich abset­zen kön­nen, was finan­zi­ell eine gro­ße Erleich­te­rung war. 

 

Wie waren der Austausch und Kontakt unter den Studierenden? 

 

Sehr gut. Aller­dings kam dann die Coro­na-Pan­de­mie 2020. Das hat lei­der dazu geführt, dass unser letz­tes Semes­ter und auch unse­re Abschluss­fei­er nur über Zoom statt­fin­den konn­te. Vie­le Leu­te, mit denen ich im Stu­di­um sehr eng war, habe ich dann andert­halb Jah­re nicht mehr zu Gesicht bekom­men.  

Eine Freund­schaft hat sich pri­vat gehal­ten. Aber auch, wenn ich mit allen ande­ren nicht jeden Tag im Kon­takt ste­he, weiß ich mit Sicher­heit, dass ich auf sie heu­te immer noch zuge­hen und wir uns beruf­lich aus­tau­schen könn­ten. 

 

Welche Inhalte des Studiums konntest du im Berufsleben unmittelbar anwenden? 

 

Die Social Media-Inhal­te haben mir sehr viel Sicher­heit gege­ben. Da ging es dar­um, wie ich zum Bei­spiel reagie­ren kann, wenn ein Shit­s­torm kommt oder wie schnell man auf sol­che Inhal­te reagie­ren soll­te. Aber auch das recht­li­che Wis­sen in die­sem Zusam­men­hang war sehr wich­tig für mei­ne Arbeit heu­te. Social Media ist schließ­lich nicht nur ein Fun-Fak­tor mei­nes Arbeits­be­reichs, son­dern ein inte­gra­ler Bestand­teil.  

 

Ganz wich­tig war auch das The­ma Diver­si­tät und Diver­si­täts­ori­en­tie­rung. Wie schafft man es, den Arbeits­be­reich divers zu gestal­ten? Es ist sehr span­nend, wie kom­plex und schwie­rig das eigent­lich ist. Das spielt auch in unse­rem Arbeits­all­tag heu­te eine gro­ße Rol­le.  

Ich habe ein Ver­ständ­nis dafür bekom­men, wie wirt­schaft­lich eine sozia­le Orga­ni­sa­ti­on eigent­lich arbei­ten muss und was alles dahin­ter­steckt. 

Außer­dem konn­te ich im Stu­di­um ein grund­sätz­li­ches Ver­ständ­nis davon erwer­ben, wie die Sozi­al­wirt­schaft funk­tio­niert. Finan­zie­rungs­fra­gen spie­len im sozia­len Bereich immer eine ganz gro­ße Rol­le. Denn Res­sour­cen sind chro­nisch knapp und müs­sen des­halb immer ziel­ge­rich­tet und effi­zi­ent ein­ge­setzt wer­den. Dar­um ist man ange­hal­ten, sehr exakt zu sein und sehr gut zu pla­nen. Dahin­ge­hend hat das Stu­di­um mei­nen Hori­zont sehr erwei­tert. Ich habe ein Ver­ständ­nis dafür bekom­men, wie wirt­schaft­lich eine sozia­le Orga­ni­sa­ti­on eigent­lich arbei­ten muss und was alles dahin­ter­steckt. So habe ich das Selbst­be­wusst­sein erlangt, mich im sozia­len Bereich fle­xi­bel zu bewe­gen und mit­re­den zu kön­nen. Das hat mir per­sön­lich am aller­meis­ten gebracht. 

 

Haben sich deine Erwartungen an das Studium erfüllt? 

 

Am Anfang hat­te ich die Vor­stel­lung, dass ich schon viel wis­sen wer­de und die Stu­di­en­in­hal­te mich eher dar­in bestär­ken wer­den, dass ich im rich­ti­gen Arbeits­feld ange­kom­men bin. Ich habe mich also ehr­li­cher­wei­se zunächst gefragt, ob mir das Stu­di­um was bringt oder ob ich es als per­sön­li­chen Selbst­be­wusst­seins-Boost benö­ti­ge. Ich war jedoch spä­tes­tens nach dem ers­ten Semes­ter davon über­zeugt, wie qua­li­ta­tiv hoch­wer­tig und wie divers die Inhal­te des Stu­di­ums sind. Es hat mir rück­bli­ckend sehr viel gehol­fen, mich im Arbeits­feld der Sozi­al­wirt­schaft gut bewe­gen zu kön­nen.   

Ich war (…) nach dem ers­ten Semes­ter davon über­zeugt, wie qua­li­ta­tiv hoch­wer­tig und wie divers die Inhal­te des Stu­di­ums sind.

 

Was hat dir im Studium gefehlt? 

 

Wäh­rend mei­nes Stu­di­ums war ich noch eine rela­tiv neue Mit­ar­bei­te­rin mit wenig Stun­den. So hat­te ich noch nicht so kom­ple­xe Arbeits­be­rei­che und auch nicht so viel Ver­ant­wor­tung wie heu­te. Die Manage­ment-Inhal­te im Stu­di­um waren des­halb zwar sehr prak­tisch und für mich total span­nend, aber die Inhal­te pas­sier­ten für mich noch im luft­lee­ren Raum. In mei­ner Arbeits­pra­xis wur­den die Inhal­te erst spä­ter rele­vant. Glück­li­cher­wei­se konn­te ich vie­les Wis­sen wie­der abru­fen als ich es brauch­te.  

 

Den­noch wür­de ich manch­mal ger­ne noch mal die Zeit zurück­dre­hen und einen Kurs dar­in bele­gen, um mein Wis­sen auf­zu­fri­schen. Dann könn­te ich par­al­lel zu dem, was ich theo­re­tisch gelernt habe, jetzt die Mög­lich­keit nut­zen, das prak­tisch anzu­wen­den. Auch das Coa­ching, das im Stu­di­um ange­bo­ten wur­de, konn­te ich dahin­ge­hend noch nicht gut in Anspruch neh­men.  

Vie­len Dank für das Inter­view.

 

An der Pari­tä­ti­schen Aka­de­mie bie­ten wir im Berufs­feld Ehren­amts­ma­nage­ment einen Zer­ti­fi­kats­kurs an. Dazu haben wir mit Cora Döhn, die auf die­sem Gebiet heu­te Exper­tin ist, gespro­chen. Der Bei­trag dazu wird bald im Online-Maga­zin erschei­nen.


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Redak­ti­on: Julia Mann (Pari­tä­ti­sche Aka­de­mie Ber­lin)

Foto im Titel­bild: Cora Döhn in ihrem Büro der Ber­li­ner Aids-Hil­fe e.V. (Foto: Ele­na Gav­risch)

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