Haltung als Leitung im Studium entwickeln
Oliver Heymann hat an der Paritätischen Akademie Berlin den Master Sozialmanagement studiert. Wir sprechen mit ihm über seine Rolle als Leitungskraft einer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung und darüber, wie das M.A. Studium seine berufliche Laufbahn beeinflusst hat.
Herr Heymann, wann haben Sie an der Paritätischen Akademie studiert? Mit welchem Abschluss und Arbeitserfahrung haben Sie sich an der Paritätischen Akademie damals beworben?
Oliver Heymann: Ich habe 2017 bis 2020 an der Paritätischen Akademie Berlin studiert. Davor habe ich einen Bachelor in Allgemeinpädagogik Bildungswissenschaften mit Nebenfach Psychologie an der LMU in München absolviert. Im Zusammenhang mit Arbeitserfahrung und dem Wunsch nach beruflicher Weiterentwicklung, habe ich mich für den M.A. Sozialmanagement an der Paritätischen Akademie beworben und wurde angenommen.
Wo haben Sie neben dem Studium gearbeitet?
Oliver Heymann: Ich habe in der Eingliederungshilfe bei einem nicht allzu großen Träger im Norden von Berlin gearbeitet. Das war vergleichbar und relativ nahe an der pädagogischen Arbeit, die hier bei uns in den Wohngruppen erfolgt. Es war hauptsächlich die Tagesbetreuung in einer Wohngruppe für Menschen mit Behinderung.
Und wie ließ sich das Studium mit dem Arbeitsalltag verbinden? Wie haben Sie das damals erlebt?
Oliver Heymann: Ich konnte unter Heranziehung des eigenen Urlaubs, des Bildungsurlaubs sowie über den Abbau von Überstunden die
Präsenzwochen gut abdecken. Ich habe damals in einem Schichtdienstsystem gearbeitet. Hier wurde der Dienstplan monatlich und nicht wöchentlich strukturiert. So war es möglich sich die Präsenzzeiten freizuhalten und einfach in den anderen Wochen mehr Dienste zu übernehmen. Die Mitarbeitenden in unseren Wohngruppen arbeiten hier ähnlich. Zudem ließ die Gestaltung der Arbeitsinhalte außerhalb der Präsenzzeiten* in Form von Forenbeiträgen im Masterstudium eine große zeitliche Flexibilität zu.
*Anmerkung Paritätische Akademie Berlin: Die Struktur der Lerneinheiten werden laufend den Bedürfnissen der berufsbegleitend Studierenden angepasst. Die Terminübersicht für den Studiendurchgang ab WiSe 2024/25 werden wir zeitnah auf unserer Webseite veröffentlichen.
Haben Sie das Studium selbst finanziert? Die Studiengebühren können mittlerweile in 30 Monatsraten entrichtet werden. Eine anteilige oder vollständige Übernahme der Studiengebühren durch den Arbeitgeber ist möglich.
Oliver Heymann: Ich habe keine finanzielle Unterstützung bekommen. Aber dank Ratenaushandlung* ging das ganz gut.
In welcher Einrichtung arbeiten Sie heute und was ist Ihre Rolle in der Organisation?
Oliver Heymann: Ich bin Bereichsleiter im Kinder- und Jugendhilfe Zentrum Neukölln des Evangelischen Jugend und Fürsorgewerks. Wir sind der größte Anbieter von stationärer Kinder- und Jugendhilfe in Berlin Neukölln. Insgesamt umfasst die Abteilung Jugendhilfe im EJF (Evangelisches Jugend- und Fürsorgewerk) ungefähr 1800 Mitarbeitende. Hier an unserem Standort im Verbund sind wir etwa 150 Menschen, davon 120 Kolleg:innen mit pädagogischen Berufen in verschiedenen Wohngruppen. Wir haben bei uns Kinder und Jugendliche in allen Altersgruppen in verschiedenen Schwerpunkten in den eigenen Bedarfen wohnen, die hier ihren Lebensmittelpunkt haben.
Und wie sieht Ihr Tagesablauf aus?
Oliver Heymann: Insgesamt bin ich als Bereichsleitung für sechs Wohngruppen zuständig. Das bedeutet, dass ich für etwa 35 Mitarbeitende in der Personalverantwortung bin und etwas über 40 Kinder und Jugendliche in meinem Bereich leben. Gleich zu Tagesbeginn trete ich mit den pädagogischen Fachkräften der jeweiligen Gruppen in Kontakt, um zu gucken, ob bei ihnen alles in Ordnung ist. Ich bin wöchentlich in relativ vielen Teamsitzungen, höre intern und extern viel zu, steuere an den notwendigen Punkten und mache Controlling. Entwickelt sich die jeweilige Gruppe in die richtige Richtung? Gibt es da Unterstützungsbedarf meinerseits? Bestehen aktuell irgendwelche Krisen oder Entwicklungen, die meiner Person bedürfen? Es kann ab und zu Vorfälle geben. Das können persönliche Krisen eines jungen Menschen sein. Oder wir hatten letzte Woche die Situation, dass es einen kleinen Brand in einer Gruppe gab. Der hat mich diese Woche sehr intensiv beschäftigt. Es musste nachgeforscht werden, wie es dazu kam und wie das vermieden werden kann. Solche Situationen müssen gründlich geklärt werden und das gehört auch zu meiner leitenden Tätigkeit.
Was haben Sie vor der Arbeit in der stationären Kinder- und Jugendhilfe in Berlin Neukölln gemacht?
Oliver Heymann: Als ich mein Masterstudium in Sozialmanagement angefangen habe, war ich in der Eingliederungshilfe tätig und musste später aus familiären Gründen in eine andere Stadt ziehen. Durch den Master und die flexible Struktur des berufsbegleitenden Studiengangs gelang mir am neuen Ort der Wechsel in die Altenhilfe. Ich hatte einen spannenden Job als Einrichtungsleitung für offene Altenhilfe gefunden, die für einen ganzen Stadtteil und mehrere Tausend ältere Menschen zuständig war. Aber nach einer Weile stand der Beschluss, dass wir zurück nach Berlin möchten, und ich musste mich erneut auf die Suche nach einer passenden Stelle umschauen. Hier in der stationären Kinder- und Jugendhilfe in Berlin Neukölln fand ich das ansprechendste Angebot. Schon im Rahmen der Bewerbungsgespräche merkte ich, dass es hier von den Arbeitsstrukturen und Klima angenehm war. Ich bin jetzt seit eineinhalb Jahren hier und bereue diese Entscheidung nicht. Ich gehe jeden Tag gerne in die Arbeit.
„Durch den Master und die flexible Struktur des berufsbegleitenden Studiengangs gelang mir am neuen Ort der Wechsel in die Altenhilfe. Ich hatte einen spannenden Job als Einrichtungsleitung für offene Altenhilfe gefunden, die für einen ganzen Stadtteil und mehrere Tausend ältere Menschen zuständig war.“
Welchen Unterschied macht Ihre Arbeit im Leben der Kinder und jungen Erwachsenen?
Oliver Heymann: Es gibt viele junge Menschen, die aus unterschiedlichsten Gründen nicht mehr bei den Eltern wohnen können. Oft sind
hier Schicksalsschläge und das Zusammenkommen von vielen hinderlichen Faktoren ausschlaggebend. Zum Beispiel weil die Eltern in die Obdachlosigkeit gerutscht sind, oder unter schweren körperlichen oder psychischen Erkrankungen leiden. In manchen Situationen gibt es keine Eltern mehr oder zu Hause entsteht eine so große Krise, dass es zumindest für eine gewisse Zeit nicht möglich oder nicht mehr sicher ist, die Kinder bei den Eltern leben zu lassen. Und dann greift die Kinder- und Jugendhilfe. In starker Zusammenarbeit mit den Jugendämtern und in den meisten Fällen der Zustimmung der Sorgeberechtigten, finden diese Kinder bei uns Platz und werden in ihren individuellen Situationen betreut und begleitet. Die Wiederzusammenführung mit den Eltern wird natürlich, mit aller gebotener Vorsicht, in den Vordergrund gestellt. Denn keine Betreuungsperson kann die Eltern ersetzen. In Zusammenarbeit mit dem Jugendamt arbeiten wir daran, die Eltern zu befähigen ein gutes elterliches Verhältnis mit dem Kind aufzubauen und ihnen ein stabiles Umfeld zu bieten. Auf der anderen Seite arbeiten wir mit vielen Kooperationspartnern aus dem unmittelbaren Umfeld der Kinder, mit den jeweiligen Vormundschaften, mit den Schulen, Großfamilien und Freundeskreisen, die eine Rolle im Leben des Kindes haben und neben dem Erziehungsberechtigten für eine gelungene Rückführung in die elterliche Familie wichtig sind. Das ist eine sehr komplexe Arbeit, die hier von unseren Erzieher:innen und Sozialarbeiter:innen durchgeführt wird.
Meine Rolle dabei ist unter anderem, die Metaebene einzunehmen und ihre pädagogische Arbeit zu unterstützen in dem ich schaue: Wie müssen wir unsere Gruppen so ausrichten, dass sie dem Bedarf und den multiplen Problemlagen der Kinder und Jugendlichen gerecht werden und auch die sich immer wieder verändernden gesamtgesellschaftlichen Bedarfe und Zielgruppen berücksichtigen. Welche fachlichen Standards setzen wir uns, wie halten wir diese ein? Wie findet Wissens- und Informationsweitergabe statt? Nach welchen pädagogischen Richtlinien handeln wir? Wie gehen wir vor im Krisenfall? Ich bin die Person, die praktisch etwas abseits der Gruppe steht, aber jederzeit reinkommt und da unterstützt, wo Not an der Person ist.
Was passiert, wenn junge Erwachsene die Wohngruppen verlassen müssen, gelingt ihnen ein guter Übergang in das erwachsene Leben?
Oliver Heymann: Je nach Ausrichtung der Wohngruppe und nach dem individuellen Verlauf der einzelnen Kindessituation, ob es wieder zu den Eltern geht oder praktisch in eine eigene Wohnung, begleiten wir unterschiedlich. Nach dem Auszug aus unserer Einrichtung endet unsere Arbeit meist nicht. In vielen Fällen begleiten wir unsere Careleaver mehrere Monate ambulant nach, je nach Bedarfslage. Mit vielen halten wir auch noch einen losen Kontakt, wenn die Kinder bei den Eltern wieder eingezogen sind. Außerdem haben wir viele Eltern, die sich noch Jahre später immer wieder Rat suchend an uns wenden.
Wir hatten letztes Jahr eine größere Feier, weil ein langjähriger Mitarbeiter in Rente gegangen ist. Er hat ein Leben lang in der Kinder- und Jugendhilfe gearbeitet. Und bei dieser Verabschiedungsfeier waren tatsächlich damalige Jugendlichen aus seiner ersten Wohngruppe, die der Kollege begleitet hat, anwesend. Sie waren alle Anfang Fünfzig, inzwischen mitten im Leben stehend mit ihren eigenen Familien und Kindern da und haben ganz rührend über den Kollegen gesprochen. Das war sehr schön auf der Feier mitzubekommen, wie dieser Mensch ihr Leben beeinflusst hat und dass es ihnen jetzt gut geht, und dass die Unterstützung, die sie damals erhalten haben, nach eigenen Aussagen, eine große Hilfe war. Und in das Erbe treten wir natürlich weiterhin.
Welche Aspekte oder Inhalte des Masterstudiums in Sozialmanagement sind in Ihrem Berufsalltag noch heute relevant?
Oliver Heymann: Es gibt Vieles. Ich denke mitunter das Wichtigste war einen Habitus und Haltung als Leitung zu entwickeln. Dabei wurden wir auf allen Ebenen unterstützt, mit der Wissens- und der Kompetenzvermittlung, um diese Rolle ausfüllen zu können. Wir haben sehr viele Bereiche abgedeckt und Methoden kennengelernt, die ich jetzt noch in meiner Arbeit anwende. Im Studium habe ich die Möglichkeiten kennengelernt und kann sie mir nach Bedarf heranziehen, Kenntnisse auffrischen und anwenden. Und was im sozialen Bereich oft in der Ausbildung zu kurz kommt und im Studium gut abgedeckt war, sind die BWL-Lernanteile, die für mich in der Leitungsfunktion sehr wertvoll sind. Mir hilft es tatsächlich sehr, dass ich sagen kann – hier ist eine Bilanz und ich kann sie analysieren und Probleme anhand der Zahlen erkennen.
Arbeitsrecht ist auch ein wertvoller Teil des Studiums gewesen. Viele studieren Soziale Arbeit oder Ähnliches, sie sind gute Fachkräfte, sehr gute Teamleiter:innen und haben sehr gute soziale Kompetenzen in der Zusammenwirkung mit den Kolleg:innen. Oft rutschen sie jedoch, praktisch unvorbereitet, in die Leitungsrollen in ihren Organisationen. In diesen Rollen fehlen ihnen die fachliche Qualifikation als Leitung, die wirtschaftlichen und technischen Kenntnisse, so gehen diese Aspekte auch in ihrem Berufsalltag en bisschen unter. Mit dem wirtschaftlichen Verständnis und mit der Stärke in diesen Bereichen der Geschäftsführung macht man sich im sozialen Bereich durchaus manchmal Freunde.
„Ich denke mitunter das Wichtigste war, einen Habitus und Haltung als Leitung zu entwickeln. Dabei wurden wir auf allen Ebenen unterstützt, mit der Wissens- und der Kompetenzvermittlung, um diese Rolle ausfüllen zu können. Wir haben sehr viele Bereiche abgedeckt und Methoden kennengelernt, die ich jetzt noch in meiner Arbeit anwende.“
Welche Kenntnisse oder welches Know-How fehlt Ihnen jetzt, das im Job gewachsen ist und im Studium nicht behandelt wurde?
Oliver Heymann: Ich weiß nicht, ob der Studiengang tatsächlich die großen Problemfelder, die meine Arbeit jetzt betreffen, abdecken könnte. Das sind hauptsächlich gesamtgesellschaftliche Phänomene wie der Fachkräftemangel, der einfach sehr gravierend zu Tage tritt. Und jetzt gerade in Berlin ist es der Wohnungsmangel, der unsere Arbeit erschwert. Vielleicht könnte man im Studiengang darauf vorbereitet werden, stärker in diese politische Arbeit reinzugehen und sozialpolitisch den Fachkräftemangel anzugehen, der uns die nächsten Jahrzehnte begleiten wird. Oder eben innovativ an diesen Problemlösungen zu arbeiten und schauen welche Rolle neue Technologien wie KI bei der Arbeitsentlastung spielen könnten. Vielleich könnte KI nicht gerade die Wohngruppen unterstützen, aber vielleicht bei anderen Arbeitsprozessen entlastende Funktion einnehmen?
Digitalisierung ist mittlerweile Teil des Studiengangprogramms. Als Akademie wollen wir auf dem letzten Stand der technischen Möglichkeiten sein und auf deren Potenzial für Soziale Organisationen durch unsere Studierende verweisen.
Oliver Heymann: Insgesamt kann ich sagen, dass der Masterstudiengang meine weitere berufliche Entwicklung, aber auch mich als Mensch, maßgeblich beeinflusst hat. Wenn ich mit Menschen spreche die sich als Führungskraft entwickeln wollen, empfehle ich diesen Master.
Das Interview mit Oliver Heymann führte Elena Gavrisch (Marketing und Öffentlichkeitsarbeit, Paritätische Akademie Berlin)
Titelbild: Oliver Heymann
Fotos: Elena Gavrisch
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Im Gespräch mit Dr. Joachim Rock, Dozent im Master Sozialmanagement
Unser berufsbegleitender Masterstudiengang Sozialmanagement vermittelt die Kenntnisse und Fähigkeiten, soziale Organisationen auf der Basis fundierter rechtlicher und betriebswirtschaftlicher Managementkenntnisse zu führen und zu leiten. Wie viele unserer Dozierenden verbindet Dr. Joachim Rock dort Praxis und Lehre. Im Interview mit unserer Referentin Johanna Brömer gibt er Einblicke in seine Arbeit und spricht über die Herausforderungen für Führungskräfte in der Sozialwirtschaft.
Herr Rock, neben Ihrer Tätigkeit als Dozent bei uns im Studiengang arbeiten Sie für den Paritätischen Gesamtverband. Welche Aufgaben haben Sie dort genau?
Im Paritätischen Gesamtverband leite ich die Abteilung „Arbeit, Soziales und Europa“. Hier bearbeiten wir das gesamte Arbeitsfeld der „Architektur der Sozialen Sicherungssysteme“, vom Hartz-IV-System über Arbeitsmarkt- und Alterssicherungspolitik bis hin zu den Interessen der Beschäftigungsträger im Paritätischen. Weitere Referate sind der kommunalen Sozialpolitik und der Europa- und Bildungspolitik gewidmet. In unserer Abteilung ist auch die Paritätische Forschungsstelle angesiedelt. Wir arbeiten dort an der Weiterentwicklung der Sozialstaates und der Sozialen Arbeit im Sinne des Paritätischen und seiner Mitglieder. Langweilig wird’s nicht.
Was ist Ihre Motivation, zusätzlich als Dozent im Studiengang Sozialmanagement zu unterrichten?
In den Studiengängen treffen sehr engagierte und motivierte Kolleginnen und Kollegen mit unterschiedlichen
Hintergründen, aus den verschiedensten Arbeitsfeldern und Regionen zusammen. Die Akademie schafft damit eine inspirierende Lernumgebung, selbst für die Dozentinnen und Dozenten. Das reizt mich. Die Vernetzungsmöglichkeiten sind ein zusätzliches Plus. Viele der Absolventinnen und Absolventen treffe ich später
in der Praxis, häufig in Leitungspositionen, wieder.
Was sind die inhaltlichen Schwerpunkte Ihrer Veranstaltungen? Welche Themen lehren Sie bei uns?
Ich widme die Lehre den sogenannten Rahmenbedingungen des Sozialmanagements und versuche Entwicklungslinien aufzuzeigen: wie hat sich Soziale Arbeit, wie hat sich Wohlfahrtspflege und Sozialwirtschaft entwickelt? Was bedeutete das heute für uns, und welche Herausforderungen ergeben sich daraus für die Zukunft? Was machen wir damit?
Ein Schwerpunkt des Masterstudiengangs Sozialmanagement ist ja die Qualifizierung von (zukünftigen) Führungskräften in der Sozialwirtschaft. Warum ist diese Qualifizierung wichtig und welchen Beitrag leistet das Studium an der Akademie dabei?
Die Sozialwirtschaft, vor allem aber die gemeinnützige Wohlfahrtspflege, ist ein Arbeitsfeld mit Zukunft. Der
Bedarf an Leistungen in diesem Bereich wird künftig noch weiter wachsen. Die damit verbundenen Herausforderungen lassen sich nicht mit Lösungen von der Stange bewältigen. Dazu braucht es Kompetenzen aus Theorie und Praxis, vor allem aber die angewandte Liebe zur Welt und den Menschen, wie es Johannes Rau gerne formulierte.
Inwiefern ist das Thema „Wohlfahrtsstaatliche Rahmenbedingungen“ dafür relevant?
Niemand schafft sich seine Umwelt selbst, wir alle leben in einem Rahmen, der gegeben ist, aber gestaltet werden
kann. Wir müssen dazu wissen, was gestern war und was das Heute geprägt hat, wenn wir uns heute schon für morgen engagieren möchten. Die Bedingungen dafür müssen wir uns bewusst machen.
Haben Sie bei Ihren Vorlesungen bestimmte Lern- oder Qualifikationsziele vor Augen?
Natürlich. Vor allem geht es nicht darum, einzelne Zahlen, Daten und Fakten zu wiederholen. Es geht darum, sich die „Regeln des Spiels“, seine Grundlagen und Mechanismen nicht nur zu erschließen und transparent zu machen, sondern immer wieder neue Antworten auf die Fragen zu formulieren, wie wir Wirkung in der Welt, in der wir leben, erzielen können: Nicht abstrakt, sondern ganz konkret, für die Gesellschaft und die Menschen, die sie ausmachen.
Welche Erkenntnisse wünschen Sie sich für die Studierenden im Rahmen des Studiums? Gibt es irgendetwas, das Ihnen besonders am Herzen liegt?
Wenige hundert Meter trennen die Akademie vom Lebens‑, Arbeits- und Ruheort Bertolt Brechts. Er hat uns einen Imperativ überlassen, den es zu beherzigen gilt: Ändere die Welt. Sie braucht es.
Vielen Dank für das Gespräch!
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Konflikt – ewiger Fluch oder Chance im Job?
Ein Gastbeitrag von Judit Teichert
Unruhe und Konflikte in Teams und Organisationen sind lästig und ärgerlich und nervig und so wahnsinnig unproduktiv. Streit ist doch eigentlich immer überflüssig und kräftezehrend. Wie schön wäre die Welt ohne Konflikte?
Wirklich? Ja, irgendwie schon. Natürlich wäre es toll, wenn alles immer nur harmonisch wäre. Wir verwenden entsprechend auch sehr viel Zeit, Energie und Geld darauf, Konflikte möglichst gar nicht erst entstehen zu lassen oder zumindest so schnell wie möglich aus dem Weg zu räumen. Die Führungskräfte, die ich begleite, berichten oft davon, wieviel „Druck von oben“ sie nicht an ihr Team weitergeben, um keinen Konflikt aufkommen zu lassen.
Aber wenn ich ehrlich bin, habe ich immer dann am meisten gelernt, wenn ich mich einem Konflikt gestellt habe und ihm so richtig auf den Grund gegangen bin. Ich möchte dich einladen, eine neue Perspektive auf Konflikte im Arbeitsumfeld einzunehmen: Konflikte sind – fast immer – produktiv und bieten eine Chance, das Lernen und Fortschritt stattfindet. Das alles ist natürlich einfacher gesagt als getan. Deswegen stelle ich einige Ideen vor, wie du erkennst, ob ein Konflikt produktiv ist, wie du ihn in produktive Bahnen lenken kannst und wie du deine eigene Konflikttoleranz aufbauen kannst.
Die eigene Konflikttoleranz entwickeln
Für Menschen ist es unterschiedlich leicht, Konflikte auszuhalten. Mir fällt es beruflich als Trainerin und Beraterin recht leicht, weil ich dort von außen beobachte und Impulse gebe. Privat tue ich mich schwerer. Hier bin ich selbst Teil des Systems und vertrete eigene Interessen. Ob jemand Konflikte gut toleriert hängt also nicht nur von der Persönlichkeit ab, sondern variiert auch je nach Situation.
Viele Menschen reagieren innerlich panisch, wenn es konflikthaft wird und versuchen dann Harmonie herzustellen: Lösungen anbieten oder durchsetzen, beruhigen und
besänftigen, den Konflikt vermeiden oder es „schön“ machen. Dadurch wird es schwer, den Konflikt als Lernmoment zu nutzen.
Konflikte auszuhalten und in produktive Bahnen zu lenken kann man lernen. Ähnlich wie
Schwimmen. So wie man schwimmen nicht im offenen Atlantik lernt, sondern im Nichtschwimmerbecken, so geht es im ersten Schritt darum, den Konflikt zu beobachten und besser zu verstehen.
Konflikte als Lernmomente
Wenn du das nächste Mal mit einem Konflikt konfrontiert bist – mit einem Kollegen oder einer Kollegin, im Team oder in deiner Organisation – dann halte inne und sage dir: Was für eine großartige Gelegenheit! Was mag mir dieser Konflikt aufzeigen? (Schon okay, wenn dir das zunächst nur schwer über die Lippen kommt).
Hier zwei typische Beispiele, die mir in der Arbeit mit Sozialorganisationen häufig begegnen:
1. In einer Jugendhilfsorganisation rangelten Abteilungen mit wirtschaftlichem Hintergrund (Controlling, Personalbüro, betriebswirtschaftliches Management) mit den pädagogischen Abteilungen darum, wer wichtiger für das Fortkommen der Organisation ist. Nicht so direkt natürlich, aber immer wieder schwangen in Sitzungen Sticheleien mit, dass die einen „nur auf die Zahlen achten“ während die anderen „kein Gespür dafür haben,
dass es finanzielle Grenzen gibt“. Es gab wenig Austausch zwischen den verschiedenen Lagern, die Pädagogen fühlten sich zu wenig als wertschöpfende Kraft wertgeschätzt und die administrativen Abteilungen fühlten sich zu wenig in ihrer Arbeit unterstützt und in ihrer Wichtigkeit ebenfalls nicht anerkannt.
2. In einer anderen Organisation fand ein Generationenwechsel statt. Viele langjährige Mitarbeitende sollten nun mit einigen neuen, deutlich jüngeren Kolleg:innen zusammenarbeiten, die andere Vorstellungen von Zusammenarbeit hatten und sehr motiviert Veränderungen diesbezüglich anstoßen wollten. Auch hier war die Atmosphäre in Teamterminen angespannt, immer wieder entstanden Reibungen darum, wie Prozesse bisher
gestaltet waren, wie dringend Veränderungen angegangen werden sollten und was gut lief, so wie es war.
Konflikte sind zunächst ein spannender Indikator dafür, dass es sich lohnt, genau hinzuschauen und hinzuhören. Denn Konflikte zeigen auf:
- wo Veränderungsarbeit stattfinden muss.
- wo Dissens in einem Team vorherrscht und ernst genommen werden muss.
- wo Brücken zwischen verschiedenen Teilen eines Teams oder eines Unternehmens gebaut werden sollten.
- wo Leitung und andere Teammitglieder neugierig nachfragen können: Du scheinst das anders als ich
zu sehen. Kannst du mir bitte mehr erzählen?
Die Produktivität von Konflikten einschätzen
Natürlich sind nicht alle Konflikte produktiv. Nur: Woran merke ich, dass ein Konflikt schadet und nicht nützt? Eine Möglichkeit ist sich vorzustellen, dass bei einem Konflikt „Hitze“ oder auch „Unruhe“ entsteht. Das Ausmaß der Hitze kann jedoch schwanken:
1 Geringe Hitze = Komfortzone: Hier findet wenig produktive Auseinandersetzung statt. Oft ist das der Zustand, in dem Menschen einen Konflikt unter den Teppich kehren.
2 Sehr hohe Hitze = Panikzone: Hier findet auch wenig produktive Auseinandersetzung statt, denn die Menschen fühlen sich durch den Konflikt überfordert.
3 Zwischen diesen beiden Zonen = Lernzone: Der Bereich, in dem Lernen und nachhaltige Veränderung stattfindet, in dem die Menschen sich beteiligen und Fortschritte erzielen.
Konflikte sind also immer dann produktiv, wenn die Hitze angemessen dosiert ist: Es muss dringend und heiß genug sein, dass sich die betroffenen Personen aus ihrer Komfortzone herausbewegen und dass Lernen und Auseinandersetzung möglich sind. Gleichzeitig darf die Toleranzschwelle der Personen für Hitze nicht überschritten werden – es darf nicht zu heiß werden. Es lohnt sich, gut einzuordnen, ob das, was man beobachtet, Anzeichen
für Lernen, für Panik oder für Komfort ist.
Mögliche Indikatoren für Lernen sind:
- Es wird inhaltlich und authentisch diskutiert.
- Es werden offen kontroverse Standpunkte angesprochen.
Einige Indikatoren für Panik (und Achtung! Panik bedeutet nicht nur „wütendes oder ängstliches Ausagieren“ sondern kann alle Formen von Kämpfen, Flüchten und Erstarren annehmen), z.B.:
- mentales Rausbeamen
- tatsächliches Verlassen des Raumes
- Attackieren, Bloßstellen, schwarze Peter zuschieben
- Diskussionen über die Art der Treffen, die Art der Moderation, …
- Festhalten an technischen Aspekten des Problems
Einige Indikatoren für Komfort können sein:
- passive Teilnahmekeine oder nur vereinzelte Verantwortungsübernahme
- wenig Beteiligung (explizit verbal oder auch wenig Mitdenken)
Produktive Konflikte regulieren und Lernen befördern
Im ersten Schritt lohnt es sich, besser darin zu werden, Konflikte, die Hitze, die dadurch entsteht und den Umgang damit gelassener zu beobachten. Anschließend stellen sich natürlich die Fragen: Wie kann ich die Temperatur regulieren? Wann und wie greife ich in Konflikte ein, damit Lernen stattfindet?
Um die Temperatur zu erhöhen eignen sich folgende Strategien:
1. schwierige und zentrale Fragen fokussieren
2. den Beteiligten mehr Verantwortung geben als das Maß, mit dem sie sich wohl fühlen (wohl dosierte (Über-)Forderung)
3. Konflikte spürbar und explizit werden lassen
4. provokative Kommentare tolerieren
5. die Gruppendynamik im Hier-und-Jetzt benennen und als Spiegel zentraler Herausforderungen der Gruppe nutzbar machen (z.B. die Verantwortung komplett an die Autorität abgeben bei einer Organisation, die mit steiler Hierarchie hadert; jemand einzelnen als schwarzen Peter brandmarken und alle Verantwortung bei dieser Person sehen bei einer Organisation, die sich mit der Marginalisierung von Minderheiten beschäftigt)
Wenn es zu heiß wird, wird Lernen unmöglich. Diese Strategien reduzieren Hitze:
1. diejenigen Aspekte mit den offensichtlichsten Lösungen adressieren, ebenso wie solche, die
durch Expertise oder Autorität entschieden werden können
2. Struktur geben, indem (a) das Problem in Teile aufgebrochen wird, (b) ein zeitlicher Horizont vorgegeben wird oder © Regeln für Entscheidungen und Aufgaben für
verschiedene Rollen aufgestellt werden
3. kurzzeitig die Verantwortung für schwierige Probleme übernehmen (aber nicht vergessen, die Menschen wieder zu beteiligen bei kollektiven Herausforderungen!)
4. Vermeidungsmechanismen nutzen (eine Pause nehmen, eine Geschichte oder einen Witz erzählen, eine Übung machen, …)
5. den Prozess entschleunigen: Normen und Erwartungen weniger rasant oder weniger auf einmal hinterfragen
Insbesondere Führungskräfte regulieren die Hitze oft allzu schnell herunter, um für Harmonie zu sorgen. Im obigen Beispiel der Jugendhilfsorganisation war die Versuchung für den Geschäftsführer groß, die verschiedenen
Lager (Pädagog:innen, administrative Abteilungen) immer wieder zu besänftigen und sich an den hohen Erwartungen beider Seiten aufzureiben anstatt den Konflikt direkt zu benennen und einen produktiven Austausch der beteiligten Personen zu fördern. Dieses Verhalten einer Führungskraft ist sehr verständlich. Sie möchte damit eine Eskalation vermeiden, nicht an angespannter Atmosphäre schuldig sein und für gute Stimmung sorgen. Doch oftmals ist genau das kontraproduktiv und verhindert Lernen. Insbesondere Führungskräfte sollten deshalb ihre
Fähigkeit, Konflikte auszuhalten, zu regulieren und gar zu orchestrieren bewusst entwickeln.
Quellen und Weiterführende Literatur
Heifetz, R. A., Grashow, A., & Linsky, M. (2009). The practice of adaptive leadership: Tools and tactics
for changing your organization and the world. Boston, MA: Harvard Business Press.
O’Brien, T. (2019, June 18). When Your Job Is Your Identity, Professional Failure Hurts More [Web log post]. Retrieved from https://hbr.org/2019/06/how-we-confuse-our-roles-with-our-self
Foto: © Lupo // Cordero
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Die neue Multiplikator:innen-Qualifikation der Paritätischen Akademie in Kooperation mit der Humboldt-Universität zu Berlin
Die Weiterbildung wird von Herrn Prof. Dr. Wolfgang Lamers und Frau Dr. Nadja Melina Burgio, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Humboldt-Universität zu Berlin, koordiniert und unter ihrer Leitung in die Praxis umgesetzt. Dafür haben sie hervorragende Dozierende aus dem Fachbereich Pädagogik bei geistiger Behinderung gewinnen können, um gemeinsam eine umfassende und auf das Aufgabenfeld bezogene (Weiter-)Qualifizierung der Multiplikator:innen zu gewährleisten. Im Folgenden stellt Frau Dr. Burgio Hintergründe und Ziele der Weiterbildung ausführlich vor.
Hintergrund der Weiterbildung
In mehreren Forschungsprojekten hat sich gezeigt, dass ein bis dato organisatorisch und qualitativ sehr unterschiedliches Bild bezogen auf die Förder- und Bildungsangebote in Förder- und Betreuungseinrichtungen besteht. Teilweise orientieren sich diese nicht an den Bedürfnissen und Fähigkeiten der Menschen mit schwerer und mehrfacher Behinderung. Es mangelt an arbeitsweltbezogenen Angeboten und einer damit verbundenen Bildungsbegleitung für diesen Personenkreis. Dies konnte u.a. darauf zurückgeführt werden, dass für die tagesstrukturierenden Einrichtungen bisher weder in der Praxis noch im Bereich der Fachwissenschaft umfängliche und fundierte Konzepte existieren, die für die Planung und Gestaltung von Angeboten als Orientierung dienen können. Darüber hinaus wurde deutlich, dass bei vielen Mitarbeiter:innen ein Qualifikationsbedarf hinsichtlich des pädagogischen Grundlagenwissens und der methodisch-didaktischen Fähigkeiten besteht.
Den hier skizzierten Problemfeldern hat sich das Forschungsprojekt Qualitätsoffensive Förderbereich (Quo F) der Humboldt-Universität zu Berlin angenommen. Für die Wissenschaftler:innen war es Motiv und Herausforderung zugleich, sich mit der Frage auseinander zu setzen, welchen Beitrag sie für die Praxis leisten können, der Mitarbeiter:innen darin unterstützt, erwachsenen Menschen mit schwerer Behinderung einen vielfältigen und interessanten Alltag durch eine umfassende gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen.
Dabei sind Materialien entstanden, die im Rahmen eines Multiplikator:innenprogramms dazu
beitragen, Fachkräfte in der Arbeit mit Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen im Erwachsenenalter weiter zu professionalisieren und sie darin unterstützt adäquate Förder- und Bildungsangebote zu planen und durchzuführen.
Ziele der Multiplikator:innen-Qualifikation
Die Multiplikator:innen-Qualifikation verfolgt zwei wesentliche Ziele:
1. Ziel: Ausbau von Handlungskompetenzen der Fachkräfte in der Arbeit mit Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen
Im Forschungsprojekt Quo F wurden ausgehend von theoretischen Überlegungen zur Lebensqualität und ‑zufriedenheit sowie zu Entwicklungsaufgaben im Erwachsenenalter von Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen zentrale Themenfelder für die inhaltliche Arbeit in den Bereichen Alltag, Arbeit und Kultur bestimmt. Es wurden spezifische Module entwickelt, die praxisrelevantes Grundlagenwissen in unterschiedlichen
Themenbereichen beispielsweise Biografiearbeit, Erkennen und Fördern von Kompetenzen sowie Wissen zu Kommunikation und Sprache vermitteln. In der Weiterbildung wird zum einen dieses Wissen gemeinsam mit den Teilnehmenden erarbeitet, zum anderen wird methodisch-didaktisches Knowhow zur Angebotsgestaltung erfahren. Fachkräfte mit unterschiedlichem Qualifikationshintergrund in verschiedenen Bereichen sollen so professionalisiert werden, im Alltag arbeitsweltorientierte, alltagsorientierte und kulturelle Angebote entsprechend der individuellen Bedürfnisse der schwer und mehrfachbehinderten Menschen zu planen, umzusetzen und zu reflektieren.
2. Ziel: Tätigkeit als Multiplikator:in
Als zukünftige:r Multiplikator:in soll das in der Weiterbildung vermittelte Wissen an andere Fachkräfte weitergeben werden können, deshalb beinhaltet die Qualifikation zudem die Vermittlung von didaktisch-methodischen Elementen aus der Erwachsenenpädagogik. Da der E‑Learning-Bereich ein essentieller Bestandteil aktuellen und zukünftigen Lernens darstellt und durch den derzeitigen Digitalisierungsschub sich immer weiter entwickeln wird, sind auch Elemente des Online-Learning bei der Konzeption berücksichtigt und werden den Teilnehmenden im Rahmen der Weiterbildung vorgestellt.
Bedeutung der Multiplikator:innen-Qualifikation
Fachkräfte erhalten durch die Teilnahme an der Weiterbildung die Möglichkeit sich bezüglich der methodisch-didaktischen Gestaltung von Angeboten weiter zu qualifizieren. Sie erlernen für den Personenkreis entsprechende Angebote zu konzipieren und umzusetzen. Menschen mit schwerer und mehrfacher Behinderung können nur durch eine entsprechende Bildung und Förderung ihre eigene (Selbst-)Wirksamkeit und Produktivität erfahren und damit auch ihre Chance auf soziale und gesellschaftliche Teilhabe verbessern. Durch die Qualifizierung von Multiplikator:innen erhalten Einrichtungen die Möglichkeit das erworbene Wissen an Mitarbeiter:innen weiterzugeben und innerhalb der Organisation zu sichern. Kompetenzen können dadurch langfristig erhalten bleiben. Dies ist nicht nur wichtig für die Einrichtungen, sondern auch bedeutsam für die Menschen mit schwerer und mehrfacher Behinderung. Sie haben damit die Chance langfristig auf sie abgestimmte Bildungs- und Förderangebote durch qualifiziertes Personal zu erhalten.
Foto: © Marcus Schlichting
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Unser Dozent Marek Körner im Interview
In unserem Masterlehrgang Management von Sozialeinrichtungen – Schwerpunkt Kinder- und Jugendeinrichtungen werden Fähigkeiten vermittelt, soziale Einrichtungen auf der Basis rechtlicher, betriebswirtschaftlicher und in der Praxis bewährter Managementkenntnisse zu führen und zu leiten. Mit wissenschaftlicher Herangehensweise entwickeln die Studierenden ein Verständnis für Organisationsstrukturen in komplexen gesellschaftlichen und politischen Zusammenhängen. Das praxisorientierte Studium ist so konzipiert, dass durch die Bearbeitung realer und aktueller Problemstellungen das Gelernte sofort im Berufsalltag anwendbar ist. In den Studiengängen lehren neben Professor:innen und Lehrbeauftragten auch Praktiker:innen aus der Sozialwirtschaft. Seit 6 Jahren gehört auch Marek Körner zu unseren Dozierenden.
Im Interview mit Viola Strittmatter spricht er über seine Motivation, in diesem Studiengang zu lehren und über die Besonderheiten des Studienangebots.
Wo und in welcher Position arbeiten Sie derzeit?
Ich arbeite Bei FRÖBEL Bildung und Erziehung gGmbH als Prokurist, Bereichsleiter West, sowie als Geschäftsleiter der Region Köln-Berg. FRÖBEL Bildung und Erziehung gGmbH ist im Bereich der Kindertageseinrichtungen mit knapp 17.000 betreuten Kindern und ca. 4.000 Mitarbeiter:innen Deutschlands größter Freier Träger.
Was ist Ihre Motivation als Dozent in diesem Studiengang tätig zu sein? Was führte sie zu uns?
Durch meine langjährige Beschäftigung beim Paritätischen Hessen als Referent für Soziale Arbeit war mir die Paritätische Akademie als Fort- und Weiterbildungsstätte natürlich umfassend bekannt und geschätzt. Die Verbindung und auch Grenzen von wissenschaftlicher Theorie und Lehre sowie deren Entsprechung und Umsetzung in die Praxis Sozialer Arbeit sind spannend und herausfordernd.
Was lehren Sie im Studiengang und warum ist dieses Thema für die Qualifizierung von (zukünftigen) Führungskräften in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe so wichtig?
Meine Lehre befasst sich mit den Rahmenbedingungen und Grundsätzen der Finanzierung in der Kinder- und Jugendhilfe, sowie der Theorie und Praxis der Sozialraumorientierung. Die Befassung mit den individuellen, aber auch sozialräumlichen Bedürfnissen und Bedarfen der betroffenen Menschen, deren sozialrechtliche Interpretation und gesetzliche Einordnung, ist eine bedeutende Grundlage der Sozialen Arbeit und des Sozialstaatsprinzips. Führungskräfte haben u.a. die Aufgabe diesen Anspruch in strategisches, wirtschaftliches und finanzielles Handeln für ihre soziale Institution umzusetzen. Die gelungene Aushandlung von Kooperationen, Verträgen und Vereinbarungen stellt dabei eine wichtige Basis des Erfolges und letztlich der guten Wirkung für die Betroffenen dar.
Was ist aus ihrer Sicht das Besondere an dem Studiengang?
Eindeutig die Teilnehmer:innen! Sie kommen aus den unterschiedlichen Feldern der Sozialen Arbeit, bringen ihre bereits gemachten persönlichen und fachlichen Erfahrungen, Kenntnisse, aber natürlich auch Fragen und kritischen Aspekte direkt ein und tragen dazu bei, eine besondere Atmosphäre des Dialoges, Nachdenkens und Lernens zu gestalten.
Haben Sie von den Studierenden etwas gelernt und wenn ja, was?
Soziale Arbeit – überhaupt die Arbeit mit Menschen – lebt vom Diskurs und vom Betrachtungsstandpunkt. Ich habe mit den Studierenden gelernt, Dinge aus ihren verschiedenen fachlichen Perspektiven zu betrachten und dabei andere Herangehensweisen und Lösungen zu sehen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Foto: © Bettina Straub
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Seit 2001 führt die Paritätische Akademie gemeinsam mit der Alice Salomon Hochschule den berufsbegleitenden Fernstudiengang Sozialmanagement durch. An diesem Studiengang, der das Ziel hat Führungspersonal in der Sozialarbeit zu professionalisieren, haben inzwischen über 1.000 Studentinnen und Studenten teilgenommen.
Dabei ist der Anteil der Studentinnen von 57 Prozent in den Jahren von 2001 – 2009 auf 66 Prozent in der letzten Dekade gestiegen. Das spiegelt wider, dass sich inzwischen mehr Frauen eine Führungsposition in sozialen Organisationen zutrauen. Das Durchschnittsalter beim Studienbeginn beträgt 35 Jahre. Knapp die Hälfte der Studentinnen und Studenten arbeiteten als Fachkräfte, ein Drittel hatte bereits eine Position in der Team- oder Bereichsleitung.
Wir haben im Oktober 2019 die Absolventinnen und Absolventen der letzten fünf Jahrgänge befragt, wie zufrieden Sie mit diesem Studium waren. Mit sehr gut oder gut wurden von 81 Prozent der Befragten die Studieninhalte insgesamt eingeschätzt, wobei die fachliche Qualität der Lehre (94 %) und die Aktualität der Inhalte (91 %) besonders positiv gesehen wurden.
Die Befragten gaben an, am meisten von den Modulen Management in Organisationen (88 %), Führen und Leiten (85 %), Organisationsentwicklung (84 %) und Recht (82 %) profitiert zu haben.
Als größtes Defizit wurde genannt, dass der Themenbereich Digitalisierung/Social Media in der Sozialwirtschaft zu wenig behandelt wurde. An dieser Stelle haben wir bereits gegengesteuert und im aktuellen Curriculum diesen Bereich deutlich aufgewertet.
Von welchen der folgenden Module und Studieninhalte haben Sie am meisten profitiert?
Eine Besonderheit dieses Studienganges ist, dass in allen Präsenzblöcken jeweils die Betreuung durch professionelle Coaches angeboten wird. Von 85 Prozent der Befragten wurde dies als eine Bereicherung sowohl für das Studium als auch die berufliche Praxis gewertet.
Rückblickend beurteilten 90 Prozent der Absolventinnen und Absolventen die Vereinbarkeit des Studiums mit ihrem ausgeübten Beruf, und 80 Prozent die Vereinbarkeit mit ihren damals bestehenden privaten und familiären Verpflichtungen als gut oder eher gut. Dementsprechend konnten 73 Prozent ihr Studium in der Regelstudienzeit abschließen. Weitere 17 Prozent benötigten nur ein Urlaubssemester.
Unterstützung durch Ihren Arbeitgeber erhielten 60 % der Befragten, wobei es schon für 42 Prozent während des Studiums eine berufliche Veränderung gab, für weitere 32% nach dem Studium. Besonders zufrieden waren die Befragten mit der Betreuung durch die Referentinnen der Paritätischen Akademie (95 % zufrieden oder eher zufrieden) und dem Aufbau und der Struktur des Studiengangs (94 %) und, besonders wichtig, mit dem erreichten Wissen und Können (92 %).
Daher würden auch 90 Prozent der Befragten diesen Studiengang weiterempfehlen.
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