Studieren mit Kind – im Masterstudium Sozialmanagement
Studieren und Elternschaft. Wie klappt das? Nika studiert aktuell den berufsbegleitenden Masterstudiengang Sozialmanagement. Mit dabei in den Vorlesungen ist auch ihr gerade acht Monate altes Kind. Die Sozialarbeiterin erzählt uns im Interview, wie ihr das Studium mit Kind gelingt.
Paritätische Akademie: In welchem Semester befindest du dich gerade und was ist deine berufliche Tätigkeit?
Nika: Ich arbeite seit vier Jahren in einem Träger der stationären Jugendhilfe in Berlin als Sozialarbeiterin. Aktuell befinde ich mich in Elternzeit und studiere im dritten Semester den Master in Sozialmanagement.
Wie kam es zu der Entscheidung, das Masterstudium aufzunehmen?
Nika: Es war schon lange mein Wunsch, ein Masterstudium zu machen. Ich war mir nur lange nicht sicher, in welchem Bereich. Als ich mich für diesen Master entschieden hatte, habe ich ziemlich zeitgleich festgestellt, dass ich schwanger bin. Nach kurzem Überlegen habe ich die Zusage zum Studium trotzdem abgeschickt.
Da du jetzt in Elternzeit bist, hast du neben dem Studium noch die Verpflichtung, dein Kind zu betreuen. Wie organisierst und finanzierst du das alles?
Nika: Ich bekomme noch Elterngeld. So kann ich für mein Kind da sein und studieren. Zusätzliche Einkünfte würden wieder vom Elterngeld abgezogen werden. Ich habe ein gut funktionierendes privates Netzwerk, wofür ich sehr dankbar bin. Meine Freundinnen unterstützen mich und haben seit Beginn an eine Beziehung zu meinem Kind. In dieser Situation habe ich gemerkt, wie wichtig Freundschaften sind.
Was motiviert dich besonders daran, Sozialmanagement zu studieren?
Nika: Eine wichtige Rolle spielt meine intrinsische Motivation. Mich interessiert die betriebswirtschaftliche Perspektive auf ein gemeinnütziges und sozialwirtschaftliches Unternehmen. Ich bin überzeugt, dass mir dieses Studium neue Türen öffnet und bin froh, die Elternzeit dafür nutzen zu können, mich weiter zu qualifizieren.
Was möchtest du mit dem Studium machen?
Nika: Das wird sich vielleicht erst im Nachhinein herausstellen. Ich finde es zum Beispiel interessant, dadurch die Möglichkeit und das Wissen zu haben, einmal zu gründen. Außerdem schließe ich es auch nicht aus, mich damit auf eine Leitungsposition zu bewerben.
Welche Inhalte des Studiums waren für dich bisher besonders wertvoll?
Nika: In Arbeitsrecht zum Beispiel kannte ich mich vor dem Studium wenig aus. Auch die Finanzierungsfragen, die im Studium behandelt werden, empfinde ich als sehr wichtig. Wenn ich weiß, was sich hinter bestimmten Begriffen versteckt, kann ich professioneller in diesem Gebiet handeln. Wo muss ich nachschauen, um zu prüfen, ob etwas gesetzeskonform ist? Dieses Wissen finde ich sehr nützlich, da es mir Sicherheit im Berufsalltag verschafft.
Wie erlebst du das Studieren mit Kind an der Paritätischen Akademie Berlin?
Nika: Die Toleranz gegenüber studierenden Eltern ist recht hoch. Das liegt sicher auch am sozialen Bereich. Ich kann zum Beispiel mein Kind mit in die Akademie bringen, wenn ich das vorher mit den Dozierenden und der Gruppe abspreche. Das ist eine große Unterstützung.
Ein Kind entwickelt sich permanent und somit verändert sich die Situation ständig. Mein Kind ist jetzt acht Monate alt. Bald wird es anfangen zu Laufen und weniger schlafen. Dem muss ich mich anpassen. Dadurch habe ich aber auch das Gefühl, immer wieder über mich hinauszuwachsen.
Was wünscht du dir von der von der Politik und von Arbeitgeber:innen?
Nika: Ich finde, dass Elternschaft generell zu wenig wertgeschätzt wird. Und das fängt schon bei der Bezahlung der Kitakräfte an, die in Deutschland vergleichsweise sehr gering ist.
Das Studium ist auch nochmal etwas anderes als die Arbeitswelt. Ich würde mir grundsätzlich mehr eine Integration von Kindern in der Arbeitswelt wünschen.
Vielen Dank für das Gespräch und deine Offenheit. Wir wünschen dir viel Erfolg im Studium!
Mehr Infos zum Studiengang Sozialmanagement (M.A.) hier.
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Redaktion: Paritätische Akademie Berlin
Foto im Titelbild: Studentin Nika (Foto: Elena Gavrisch)
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Ein Benefit für Organisation und Mitarbeiter:in –
im Gespräch über das Studium Sozialmanagement (M.A.) mit Daniela Radlbeck
In diesem kurzen Interview sprechen wir mit Daniela Radlbeck, Alumni des Masterstudiengangs Sozialmanagement an der Paritätischen Akademie, und heute Fachreferentin beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Berlin, über ihren beruflichen Werdegang.
Paritätische Akademie: Liebe Frau Radlbeck, Sie sind Fachreferentin beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Berlin für die Themenbereiche Wohnungsnotfallhilfe und Wohnungspolitik. Wie genau sieht Ihr Tätigkeitsbereich aus?
Daniela Radlbeck: Mein Tätigkeitsbereich umfasst Themen, die mit Wohnungslosigkeit in Zusammenhang stehen. Dies beinhaltet die Soziale Arbeit, die speziell für wohnungslose Menschen in der Stadt notwendig ist. Ich vertrete die Interessen unserer Mitgliedsorganisationen und setze mich für wohnungslose Menschen ein. Ich engagiere mich im Bereich der Wohnungspolitik im Sinne unserer Träger. Ziel ist es, dass jeder Mensch in Berlin eine Wohnung oder eine Unterkunft findet, unabhängig von Alter, Einkommen oder Armut.
In Berlin ist der Wohnraum knapp, weshalb wir uns als Sozial- und Wohlfahrtsverband dazu entschieden haben, uns nicht nur sozialpolitisch, sondern auch wohnungspolitisch zu engagieren. In meiner Funktion stehe ich im Austausch mit den zuständigen Senatsverwaltungen. Dabei wird deutlich: auch soziale Angebote benötigen Räume, nicht nur Wohnräume sind teuer, sondern auch Gewerberäume für eine soziale Nutzung. Dieses Thema bearbeite ich ebenfalls als Referentin.
Als Referentin berate ich keine wohnungslosen Menschen direkt, sondern unterstütze die Strukturen und Organisationen, die diese Beratung durchführen. Häufig nehme ich eine Vermittlerinnenrolle ein und vernetze verschiedene Akteure innerhalb der Stadt. Unser Landesverband verfügt über Expertise in vielen Bereichen, die es gilt, miteinander zu verbinden.
Wann haben Sie Sozialmanagement berufsbegleitend studiert und in welchem Bereich haben Sie in dieser Zeit tätig?
Daniela Radlbeck: 2014 habe ich das Studium in Sozialmanagement (M.A.) an der Paritätischen Akademie Berlin begonnen und 2018 abgeschlossen. Vor dem Studium war ich als Bereichsleiterin in einem Wohnprojekt für Frauen mit Suchterkrankungen tätig. Diese Arbeit war sehr intensiv und vielfältig. Während des Studiums habe ich Vollzeit gearbeitet, daher habe ich mir während der Masterarbeit etwas mehr Zeit genommen, um alles parallel zu bewältigen.
„Nach vielen Jahren in Leitungspositionen wollte ich mein betriebswirtschaftliches Wissen erweitern und über den Tellerrand hinausblicken. Mir war es wichtig, auch die theoretischen Grundlagen kennenzulernen und die Soziale Arbeit innovativ, wirkungsvoll und effizienter zu gestalten.“
Sie hatten also bereits Leitungsverantwortung, bevor Sie den Master in Sozialmanagement studiert haben. Wie kam es dazu?
Daniela Radlbeck: Nach meinem Studium der Sozialen Arbeit übernahm ich schnell Leitungsverantwortung. Zunächst befristet als Elternzeitvertretung. Wenn man einmal Leitungsverantwortung übernommen hat, ist es schwierig, wieder zurückzutreten. So zog sich Leitungs- und Personalverantwortung durch meine gesamte berufliche Laufbahn. Zusätzlich absolvierte ich eine dreieinhalbjährige Ausbildung zur systemischen Therapeutin, um die Perspektiven von Kindern, Jugendlichen und Eltern besser verstehen und bestehende Konflikte innerhalb der Familie besser lösen zu können.
Warum haben Sie sich dann noch für ein Masterstudium in Sozialmanagement entschieden?
Daniela Radlbeck: Nach vielen Jahren in Leitungspositionen wollte ich mein betriebswirtschaftliches Wissen erweitern und über den Tellerrand hinausblicken. Mir war es wichtig, auch die theoretischen Grundlagen kennenzulernen und die Soziale Arbeit innovativ, wirkungsvoll und effizienter zu gestalten.
Was waren die wertvollsten Dinge, die Sie im Masterstudiengang erlernt haben? Was hat Ihnen in Ihrem Berufsleben weitergeholfen?
Daniela Radlbeck: Besonders spannend fand ich den Themenbereich Organisationsentwicklung und Change Management. Ich habe stets bei freien, gemeinnützigen Trägern gearbeitet. Aufgrund von sich verändernden Rahmenbedingungen müssen Menschen in Leitungsverantwortung Veränderungen und Innovationen in der Organisation umsetzen. Man nutzt dabei meist bekannte Methoden innerhalb der eigenen Komfortzone. In der Organisationsentwicklung geht es darum, Veränderungsimpulse zu starten und mit Widerstand konstruktiv umzugehen. Hier konnte ich viel lernen.
Im Studium wurden wir durch ein Coaching begleitet, was sich als sehr hilfreich erwies. Der Austausch mit anderen Studierenden und Coaches hat meinen „Handwerkskoffer“ deutlich erweitert und mich „mutiger“ gemacht, neue Instrumente auszuprobieren und meinen Stil zu finden.
Zu Beginn meiner beruflichen Tätigkeit als Sozialarbeiterin hätte ich nicht gedacht, dass ich einmal als Referentin bei einem Wohlfahrtsverband arbeiten würde. Ich dachte, ich würde weiter in der direkten Beratung oder in einer therapeutischen Beziehung mit Menschen arbeiten. Durch das Studium hat sich mein beruflicher Horizont erheblich erweitert.
Konnten Sie sich das Studium selbst finanzieren? Und wie haben Sie es geschafft, Arbeit und Studium zu vereinbaren?
Daniela Radlbeck: Ja, ich habe das Studium komplett selbst finanziert. Neben dem Studium hatte ich eine Vollzeitstelle und musste meine Zeit gut organisieren. Für die Präsenzzeiten konnte ich Bildungsurlaub nehmen, aber alle zusätzlichen Studienleistungen wurden nebenbei erbracht. Aus dem Grund gestaltete ich Präsentationen oder Studienleitungen so, dass mein Arbeitgeber davon profitieren konnte.
Während des Studiums hatte ich einen Unfall, der mich zu einer Pause zwang. Diese Zeit nutzte ich, um mich zu sortieren und meine Prioritäten zu überdenken. Nach dem Unfall wechselte ich zum Paritätischen Wohlfahrtsverband und arbeitete dort zunächst in Teilzeit, um meine Masterarbeit abzuschließen, der Landesverband kam mir dabei sehr entgegen.
Wenn mir etwas Spaß und Freude macht, kann ich sehr viel leisten. Das Studium hat mir größtenteils Spaß gemacht und ich hatte wunderbare Kommilitoninnen und Kommilitonen.
Haben Sie durch das Studium ein gutes Netzwerk aufgebaut?
Daniela Radlbeck: Ja. Mit einigen ehemaligen Mitstudierenden bin ich weiterhin in losem Kontakt. Beim letzten Alumni-Treffen war sogar eine kleine Gruppe von ehemaligen Kommilitonen anwesend. Mit meinen engsten Studienfreunden bin ich über eine Messenger-Gruppe verbunden und wir versuchen, uns mindestens einmal im Jahr zu treffen.
„Zu Beginn meiner beruflichen Tätigkeit als Sozialarbeiterin hätte ich nicht gedacht, dass ich einmal als Referentin bei einem Wohlfahrtsverband arbeiten würde. Ich dachte, ich würde weiter in der direkten Beratung oder in einer therapeutischen Beziehung mit Menschen arbeiten. Durch das Studium hat sich mein beruflicher Horizont erheblich erweitert.“
Wenn Mitarbeitende den Wunsch haben, sich beispielsweise durch ein Studium weiterzubilden, welche Inhalte und Fähigkeiten würden dem Arbeitgeber Ihrer Meinung nach zugutekommen?
Daniela Radlbeck: Sowohl die Organisation als auch die Person profitieren. Die Studieninhalte sind immer projekt- oder prozessbezogen bzw. praxisbezogen. Es wird immer einen Austausch zwischen den Themen des Studiums und der Organisation geben. Ich glaube, dass es einen Benefit für beide hat. Wichtig ist, dass die Organisation diesen Austausch ermöglicht, fördert und die dann gute ausgebildete Person hält.
Die Verbindung von Theorie und Praxis ist sehr wichtig. Studierende erwerben nicht nur theoretisches Wissen, sondern sollten dieses Wissen auch in Projekten oder in Ihrem Tätigkeitsfeld umsetzen. Es ist wichtig, dass Studierende zum Beispiel nicht nur etwas über das Zuwendungsrecht lernen, sondern auch die Möglichkeit haben beim Projekt oder beim Träger die Umsetzung kennenzulernen und das gelernte Wissen in der Praxis anwenden.
Seit meinem Abschluss 2018 hat sich die Arbeitswelt stark verändert, vor allem durch Corona. Digitale Medien und künstliche Intelligenz spielen eine immer größere Rolle. Auch in der sozialen Arbeit ist es wichtig, auf dem neuesten Stand zu bleiben, innovativ zu sein aber auch weiterhin persönliche Begegnungen zu ermöglichen.
Vielen Dank für das Interview! Wir freuen uns darauf, in einem weiteren Gespräch mehr über Ihren Arbeitsbereich zu erfahren.
Das Interview führten Elena Gavrisch und Julia Mann von der Paritätischen Akademie Berlin.
Weiterführende Links:
Paritätischer Wohlfahrtsverband Berlin: https://www.paritaet-berlin.de
Mehr Infos zum Studiengang Sozialmanagement (M.A.) hier.
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Redaktion: Julia Mann (Paritätische Akademie Berlin)
Foto im Titelbild: Daniela Radlbeck (Foto: Elena Gavrisch)
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Quereinstieg durch das Studium in Sozialmanagement –
im Gespräch mit Master-Absolventin Cora Döhn
Cora Döhn war nach ihrem ersten Studium zunächst Deutsch als Fremdsprache Lehrerin und Online-Redakteurin. Doch sie entschied sie sich für den Quereinstieg in die Soziale Arbeit durch ein Studium in Sozialmanagement und dem Antreten einer Stelle bei der Berliner Aids-Hilfe e.V.. In diesem Interview sprechen wir mit der Master-Absolventin, die heute die Koordination der Jugendprävention bei der Berliner Aids-Hilfe ausführt, über ihren heutigen Beruf und ihren Weg dorthin.
Was genau machst du als Youthwork-Koordinatorin bei der Berliner Aids-Hilfe und wie sieht dein Arbeitsalltag aus?
Cora Döhn: Ich bin aktuell die Koordination des Youthwork-Teams der Berliner Aids-Hilfe. Das bedeutet, ich gestalte gemeinsam mit meinem Team die Jugendprävention bei uns im Haus. Meine Hauptaufgaben sind vergleichbar mit der einer Projektmanagerin. Bei mir liegt unsere Ehrenamtskoordination für unser Team sowie die Koordination mit den Lehrkräften und den Schulen, die zu uns kommen. Ich organisiere unsere Events und Projekte – wie z.B. eine Schüler:innenkonferenz, Projekttage und Events zu Anlässen wie dem Welt Aids Tag. Ich schreibe den Newsletter an die Schulen, ich betreue unsere Social Media-Accounts und trage die pädagogische Verantwortung für unser Konzept und für die Workshop-Inhalte wie auch die Ausbildung der Ehrenamtlichen, die bei uns ankommen. Außerdem kümmere ich mich um die Teamentwicklung bei uns intern.
Ein Teil meiner Stelle in der Berliner Aids-Hilfe widmet sich dem Team des Ehrenamtsmanagements. Wir etablieren eine wertschätzende Ausbildungskultur für Ehrenamtliche der gesamten Berliner Aids-Hilfe und halten diese aufrecht. Wer bei uns neu ehrenamtlich anfängt, absolviert verschiedene Kurse. Das sind zum Beispiel Kommunikationstrainings unter anderem mit Zuhörtechniken – das bieten wir für unsere Ehrenamtliche kostenlos an. Um unsere Qualitätsstandards einzuhalten, sind diese Kurse bei uns auch verpflichtend. Sie lernen auch die Berliner Aids-Hilfe als Organisation samt ihrer Haltung kennen. So haben neue Ehrenamtliche hier auch nochmal die Möglichkeit einen Abgleich zu machen, ob sie sich mit der politischen Haltung der Berliner Aids-Hilfe identifizieren können und sich damit wohlfühlen, diese Haltung auch nach außen zu vertreten.
Seit Neustem gehe ich auch mit in Testberatungen. Das sind Beratungen bei uns im Haus, die vor einem Test auf HIV und andere sexuell übertragbare Infektionen angeboten werden. Da können Personen, die sich zum Beispiel auf HIV testen lassen möchten, erfahren, wie ein Test abläuft und wo sie sich hinwenden können, falls ein Test positiv ausfällt.
Was motiviert dich, diesen Job auszuüben?
Für mich ist die Berliner Aids-Hilfe ein ganz ideell aufgeladener Arbeitsbereich. Das finde ich wunderschön. Es ist eine Mischung aus Job und Lebensgefühl. Die Arbeit ist sinnvoll und das ist sehr motivierend für mich.
Das Team hält auch sehr zusammen, was mich ungemein motiviert. Im Team gibt es flache Hierarchien. Wir arbeiten sehr gleichberechtigt und selbstbestimmt.
Was hast du vor deinem Masterstudium gemacht? Und wie bist du dann dazu gekommen, dich neu zu orientieren?
Ich war in einer Redaktion in einem Online-Medium erst als Volontärin und dann als Redakteurin tätig. Das hat mir zunächst viel Spaß gemacht. Mein Steckenpferd-Thema war die finanzielle Selbstbestimmung von Frauen in der Gründung und ihr Weg in die Selbständigkeit. Ich habe Informationen zusammengetragen, von denen andere profitieren können, die sich auch selbstständig machen wollen. Mich hat also schon immer interessiert, welche Informationen die Welt noch braucht. Auch hier wollte ich unbedingt eine Art Beratungsangebot schaffen.
Nach meinem Quereinstieg hatte ich das Gefühl, keine formale Qualifikation zu haben, um im Bereich soziale Arbeit anknüpfen zu können. Für mich persönlich war es also wichtig, eine Zusatzqualifikation zu erwerben, um mich hier wohlzufühlen. Denn ich habe ein Selbstverständnis, dass ich mit hoher Professionalität an neue Herausforderungen herangehe. Den Mut und das Selbstbewusstsein sowie das Know-How hätte ich ohne das Studium leider nicht gehabt, mit dem ich jetzt meine Arbeit ausführen kann.
Das Errechnen von Bilanzen aus dem Studium beispielsweise brauche ich in meinem aktuellen Job zwar nicht mehr so im Detail, denn dafür haben wir hier im Haus die Buchhaltung und die Geschäftsführung. Aber trotzdem gehe ich durch dieses erworbene Wissen kompetent mit Budgets für meinen Arbeitsbereich um. Das gibt natürlich auch meinen Chef:innen Sicherheit und Vertrauen.
Den Mut und das Selbstbewusstsein sowie das Know-How hätte ich ohne das Studium leider nicht gehabt, mit dem ich jetzt meine Arbeit ausführen kann.
Konntest du Arbeit und Studium gut unter einen Hut bringen? Und hat das ausgereicht, um dein Leben und die Studienkosten zu finanzieren?
Ich habe das Studium 2018 begonnen und 2020 habe ich den Abschluss gemacht. Finanziert habe ich das Ganze dadurch, dass ich parallel gearbeitet habe. Ich habe in der Zeit des Studiums ca. 10 Stunden bei der Berliner Aids Hilfe im Ehrenamtsmanagement gearbeitet und nebenbei selbstständig als Deutsch als Fremdsprache Lehrerin.
Zugegebenermaßen war damals der Mietenwahnsinn auch noch nicht so extrem wie jetzt. Es war also für mich stemmbar. In der Steuererklärung kam mir das Studium später auch zugute. Ich war zu dem Zeitpunkt bereits verheiratet. Das Studium habe ich absetzen können, was finanziell eine große Erleichterung war.
Nach einem vollen Präsenztag an der Paritätischen Akademie hatte man auch das Gefühl, ganz viel mitgenommen zu haben. Und natürlich habe ich mich dann auch am Wochenende noch einmal hingesetzt und bin alles durchgegangen und habe ich eben Mathe gepaukt oder nachgeholt, wie ich Social Media Inhalte gut gestalten kann. Ich habe mich dann auch mit meinen Kommiliton:innen in Lerngruppen getroffen. Wir haben das Studium schon sehr ernst genommen.
Es wird sehr gut darauf eingegangen, dass Menschen in dem Studium meist Vollzeit-Arbeitnehmer:innen sind.
Es kommt wirklich auch darauf an, wie man Prioritäten gut setzt. Das Studium an der Paritätischen Akademie in Sozialmanagement ist herausfordernd, aber nicht überfordernd. Denn es wird sehr gut darauf eingegangen, dass Menschen in dem Studium meist Vollzeit-Arbeitnehmer:innen sind. Außerdem wussten wir auch alle Termine vorher. So konnte ich im Vorhinein immer sehr gut mit meinem Arbeitgeber absprechen, wann ich arbeiten kann und wann nicht.
Das Studium habe ich absetzen können, was finanziell eine große Erleichterung war.
Wie waren der Austausch und Kontakt unter den Studierenden?
Sehr gut. Allerdings kam dann die Corona-Pandemie 2020. Das hat leider dazu geführt, dass unser letztes Semester und auch unsere Abschlussfeier nur über Zoom stattfinden konnte. Viele Leute, mit denen ich im Studium sehr eng war, habe ich dann anderthalb Jahre nicht mehr zu Gesicht bekommen.
Eine Freundschaft hat sich privat gehalten. Aber auch, wenn ich mit allen anderen nicht jeden Tag im Kontakt stehe, weiß ich mit Sicherheit, dass ich auf sie heute immer noch zugehen und wir uns beruflich austauschen könnten.
Welche Inhalte des Studiums konntest du im Berufsleben unmittelbar anwenden?
Die Social Media-Inhalte haben mir sehr viel Sicherheit gegeben. Da ging es darum, wie ich zum Beispiel reagieren kann, wenn ein Shitstorm kommt oder wie schnell man auf solche Inhalte reagieren sollte. Aber auch das rechtliche Wissen in diesem Zusammenhang war sehr wichtig für meine Arbeit heute. Social Media ist schließlich nicht nur ein Fun-Faktor meines Arbeitsbereichs, sondern ein integraler Bestandteil.
Ganz wichtig war auch das Thema Diversität und Diversitätsorientierung. Wie schafft man es, den Arbeitsbereich divers zu gestalten? Es ist sehr spannend, wie komplex und schwierig das eigentlich ist. Das spielt auch in unserem Arbeitsalltag heute eine große Rolle.
Ich habe ein Verständnis dafür bekommen, wie wirtschaftlich eine soziale Organisation eigentlich arbeiten muss und was alles dahintersteckt.
Außerdem konnte ich im Studium ein grundsätzliches Verständnis davon erwerben, wie die Sozialwirtschaft funktioniert. Finanzierungsfragen spielen im sozialen Bereich immer eine ganz große Rolle. Denn Ressourcen sind chronisch knapp und müssen deshalb immer zielgerichtet und effizient eingesetzt werden. Darum ist man angehalten, sehr exakt zu sein und sehr gut zu planen. Dahingehend hat das Studium meinen Horizont sehr erweitert. Ich habe ein Verständnis dafür bekommen, wie wirtschaftlich eine soziale Organisation eigentlich arbeiten muss und was alles dahintersteckt. So habe ich das Selbstbewusstsein erlangt, mich im sozialen Bereich flexibel zu bewegen und mitreden zu können. Das hat mir persönlich am allermeisten gebracht.
Haben sich deine Erwartungen an das Studium erfüllt?
Am Anfang hatte ich die Vorstellung, dass ich schon viel wissen werde und die Studieninhalte mich eher darin bestärken werden, dass ich im richtigen Arbeitsfeld angekommen bin. Ich habe mich also ehrlicherweise zunächst gefragt, ob mir das Studium was bringt oder ob ich es als persönlichen Selbstbewusstseins-Boost benötige. Ich war jedoch spätestens nach dem ersten Semester davon überzeugt, wie qualitativ hochwertig und wie divers die Inhalte des Studiums sind. Es hat mir rückblickend sehr viel geholfen, mich im Arbeitsfeld der Sozialwirtschaft gut bewegen zu können.
Ich war (…) nach dem ersten Semester davon überzeugt, wie qualitativ hochwertig und wie divers die Inhalte des Studiums sind.
Was hat dir im Studium gefehlt?
Während meines Studiums war ich noch eine relativ neue Mitarbeiterin mit wenig Stunden. So hatte ich noch nicht so komplexe Arbeitsbereiche und auch nicht so viel Verantwortung wie heute. Die Management-Inhalte im Studium waren deshalb zwar sehr praktisch und für mich total spannend, aber die Inhalte passierten für mich noch im luftleeren Raum. In meiner Arbeitspraxis wurden die Inhalte erst später relevant. Glücklicherweise konnte ich vieles Wissen wieder abrufen als ich es brauchte.
Dennoch würde ich manchmal gerne noch mal die Zeit zurückdrehen und einen Kurs darin belegen, um mein Wissen aufzufrischen. Dann könnte ich parallel zu dem, was ich theoretisch gelernt habe, jetzt die Möglichkeit nutzen, das praktisch anzuwenden. Auch das Coaching, das im Studium angeboten wurde, konnte ich dahingehend noch nicht gut in Anspruch nehmen.
Vielen Dank für das Interview.
An der Paritätischen Akademie bieten wir im Berufsfeld Ehrenamtsmanagement einen Zertifikatskurs an. Dazu haben wir mit Cora Döhn, die auf diesem Gebiet heute Expertin ist, gesprochen. Der Beitrag dazu wird bald im Online-Magazin erscheinen.
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Redaktion: Julia Mann (Paritätische Akademie Berlin)
Foto im Titelbild: Cora Döhn in ihrem Büro der Berliner Aids-Hilfe e.V. (Foto: Elena Gavrisch)
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Die Seeschule Rangsdorf auf dem Weg zur agilen und selbstorganisierten Bildungseinrichtung
Melanie Roy und Sophie Eckart arbeiten im Bereich Wohngruppe und Internat an der Seeschule Rangsdorf. Sie verfolgen das Ziel, die Effektivität, Attraktivität und Qualität ihres Arbeitsfelds steigern. Dabei probierten sie verschiedene Methoden des agilen Arbeitens aus. In der Pionierwerkstatt Agilität an der Paritätischen Akademie Berlin wurden sie dabei über ein Jahr lang begleitet. Im Interview erzählen sie uns anhand von 9 Fragen, was sie nun anders machen.
Die Seeschule Rangsdorf ist mehr als eine gewöhnliche Schule. Auf dem Gelände am Rangsdorfer See des seit1989 bestehenden Vereins gibt es Oberschule, Gymnasium und Kita und auch ein Internat mit integrierter Wohngruppe.
Was ist die Seeschule Rangsdorf für eine Einrichtung und wie viele Kinder, Jugendliche und Erwachsene sind dort täglich unterwegs?
Melanie Roy: Wir betreiben als Verein einen Campus bestehend aus Oberschule und Gymnasium ab 7. Klasse, eine Kita, eine Wohngruppe, als auch ein Internat. Wir arbeiten inklusiv. Wir erweitern mittelfristig unsere Kita und ergänzen um den Bereich BEW sowie ambulante Hilfen.
Die Schulen haben Platz für 250 Kinder, wovon etwa ein Viertel auf dem Gelände wohnen kann. Leider nicht in der schulfreien Zeit, dafür aber mittlerweile auch an jedem 2. Wochenende. Etwa 73 Mitarbeitende dürften auf dem Gelände unterwegs sein.
Für welche Bereiche seid ihr beide speziell tätig?
Melanie Roy: Ich bin für den Bereich Wohngruppe und Internat zuständig und führe dort die Geschäfte. Es macht mir Freude, Themen, Strukturen als auch Probleme zu betrachten und nach Ideen zu schauen, die wir nutzen können, um uns weiterzuentwickeln. Ich liebe es, Verbesserungen zu realisieren.
Sophie Eckart: Ich bin pädagogische Mitarbeiterin. Mein Tätigkeitsbereich untergliedert sich in zwei verschiedene
Bereiche. Im Frühdienst begleite ich die Jugendlichen der Wohngruppe im schulischen Kontext. Das bedeutet, dass wir Unterrichtshospitationen durchführen, den Jugendlichen und Lehrern zur Seite stehen, wenn Problematiken auftreten und jederzeit Ansprechpartner für unsere Schützlinge sind. Im Nachmittagsbereich begleite ich die
Jugendlichen im Alltag. Das inkludiert unter anderem verschiedene Gruppenangebote, Begleitung von Lernzeiten, Gespräche zu jeglichen Anliegen, um die bestmögliche Unterstützung für die Jugendlichen zu erreichen. Uns ist es wichtig jeden Jugendlichen als Individuum zu sehen und ihm einen bestmöglichen Rahmen zu bieten, um sich weiterzuentwickeln und zu einer eigenständigen Persönlichkeit heranzuwachsen.
Mit welchem Ziel habt ihr euch dazu entschieden, an der Pionierwerkstatt der Paritätischen Akademie teilzunehmen? Wie kam es dazu?
Melanie Roy: Ich habe vor fast 3 Jahrzehnten meine Diplomarbeit über das Thema „soziale Arbeit als organisationsentwicklerische Tätigkeit“ geschrieben. Wirtschaftsbegriffe in die soziale Arbeit zu übertragen war für die Dozierenden an der Fachhochschule Frankfurt am Main mit ihrem alt 68er Charme ein gewisser Affront zur damaligen Zeit. Da war „Sozialmanagement“ noch kein Begriff. Das habe ich dann später noch berufsbegleitend studiert.
Mir sind im Laufe der Zeit mit zunehmendem Trend die Themen New Work, agil, integral und so weiter vor die Füße gefallen. Natürlich auch das Buch von Frédéric Laloux „Reinventing Organizations“*. Mit den Inhalten saß ich dann verzweifelt da und habe mich gefragt, wie das in den sozialen Arbeitsbereich zu übertragen ist. Ich habe zwar gefühlt, dass die Paradigmen eine gute Sache sind, aber keine Ahnung gehabt, wie und ob das zu implementieren geht.
Dann hatte ich die ersten Fortbildungen bei Björn Schmitz an der Paritätischen Akademie zu diesem Thema. So sind die Puzzleteile dann an ihren Platz gefallen. Anstelle von Leitungssupervision, habe ich die „Führungsnuggets“ mit möglichst vielen Mitarbeitern aus dem Leitungsteam genutzt. Die Pionierwerkstatt war in Folge ein großartiges Format, um mit diesen Themen am Ball zu bleiben. Und die Einladung, das zu zweit zu machen, also Führungskraft und Mitarbeiter:in, finde ich genial. Anfangs hat mir das etwas Sorgen bereitet, aber rückblickend war das nicht nötig. Da wir das Glück hatten, Fördermittel bei der ILB** beantragen zu können haben wir die Kosten auch auf 2 für 1 reduzieren können.
Sophie Eckart: Melanie sprach mich im vergangenen Jahr an und erzählte mir von dieser Weiterbildung und fragte mich im Zuge dessen, ob ich Lust hätte dies gemeinsam mit ihr im Tandem zu machen. Zunächst konnte ich mir wenig darunter vorstellen. Wie kann ich, als pädagogische Mitarbeiterin, auch davon profitieren? Da es langfristig jedoch mein Ziel ist, eine Leitungsposition zu übernehmen, erschloss sich mir schnell, wie auch ich dies für meine berufliche Zukunft nutzen kann. Hinzu kam, dass Melanie sehr begeistert von der Arbeit des Dozenten Björn Schmitz aus ihren bisherigen Fortbildungen berichtete. Das Themengebiet weckte schon nach den ersten Terminen großes Interesse bei mir und wir konnten gemeinsam schauen, wie wir als Institution und vor allem wir als Team uns weiterentwickeln können.
Das waren ja erstmal viele Leitungs- und Führungsthemen, die für mich vorher nicht ganz greifbar waren. Im Nachhinein muss ich sagen, fand ich das unfassbar gewinnbringend für uns beide und auch fürs Team. Es steht nicht eine Person allein da und muss das Ganze etablieren und umsetzen, sondern wir können gemeinsam schauen, was wichtig ist und was wir davon nutzen können.
Das zu Zweit zu machen, also Führungskraft und Mitarbeiter:in, finde ich genial. Anfangs hat mir das etwas Sorgen bereitet, aber rückblickend war das nicht nötig. Da wir das Glück hatten, Fördermittel bei der ILB beantragen zu können, haben wir die Kosten auch auf 2 für 1 reduzieren können.
Melanie Roy
Habt ihr eigene Themen mit in die Werkstatt gebracht, für die ihr nun Lösungsansätze entwickeln konntet?
Melanie Roy: Zu Beginn der Werkstatt haben wir herausgefunden, dass uns das Thema Meetingkultur sehr beschäftigt und wir uns das vornehmen möchten. Das, was wir als „schlecht“ empfunden haben, hat dann erstmal Namen bekommen: Popcorn-Info- und Trichterveranstaltung, zu wenig Dynamik, mangelnde Vorbereitung, wem gehört die Sitzung, sitzen die richtigen Leute am Tisch und so weiter.
Wir konnten das einbringen, haben Feedback bekommen und haben uns danach einen neuen Plan gemacht. Zu diesem Prozess gehörte auf jeden Fall sowas wie: Sortenreinheit des Meetings, Check-In und Auswertung, More Drama, Fokus auf das Beeinflussbare, kein Meeting ohne Moderation, Einbeziehung aller, Methoden anwenden, Vorbereitung, Einführung bestimmter Formate, Kanban Bords, und vieles mehr.
Aber auch für andere Vorhaben im Betrieb haben wir konkrete Unterstützung bekommen, damit wir uns erstmal im Wald der Möglichkeiten orientieren können.
Hat sich eure Meetingkultur seitdem verbessert?
Sophie Eckart: Wir sind auf dem Weg und haben einen guten Anfang gemacht. Auch, wenn es vielleicht manchmal hart war, haben wir gutes Feedback bekomme. Nachdem wir unsere Ideen bei der Fortbildung vorgestellt hatten, haben wir sowohl von den Teilnehmenden als auch von Björn Schmitz gute Anregungen erhalten. Daraufhin konnten wir schauen, wie wir nachjustieren können und was wir verändern können. Besonders gut war, dass es auch immer einen Rückblick gab. Da haben wir uns angesehen, was wir im letzten Termin mitgenommen haben, was wir umgesetzt und ausprobiert haben und wo wir weiter ansetzen wollen. Wir sind noch lange nicht am Ende angekommen und freuen uns gemeinsam mit dem Team neue Methoden auszuprobieren und zu etablieren.
Wie soll sich euer Bereich der Jugendhilfe an der Seeschule Rangsdorf entwickeln?
Melanie Roy: Für unseren Bereich habe ich die Hoffnung, dass alle Spaß an der Arbeit haben, jeder die ein oder andere Methode findet, die auch auf anderer Ebene hilfreich sein kann, das Miteinander dadurch vielfältiger wird, Lösungen schneller gefunden werden, sich jeder auf seinem Posten kompetent und handlungsfähig fühlt, Einflussbereiche geklärt sind, unnötige Regeln über Bord gehen und durch Relevantes ersetzt werden, dass Veränderung zum Alltag gehören kann. Und muss, denn von unseren Jugendlichen erwarten wir genau das.
Welche Tools oder Methoden nehmt ihr mit? Was hat euch besonders geholfen?
Melanie Roy: Für mich war der größte Aha-Moment die Erkenntnis, dass wir, wie Björn Schmitz es sagt, „irrend voran robben“ können. Bisher habe ich mich nach Fortbildungen noch nicht fortgebildet genug gefühlt, um Dinge umzusetzen und habe lieber noch eine Ausbildung gemacht. Oder das Thema begraben. Das ist hier ein ganz gravierender Unterschied für mich gewesen. Ich bin eingedeckt mit Methoden und Informationen und fühle mich frei, daraus einfach Dinge auszuprobieren. Nach und nach etabliert sich das ein oder andere im Alltag.
Sophie Eckart: Wir haben bei der Weiterbildung so viele Methoden an die Hand bekommen, welche wir nach und nach für uns ausprobieren werden. Melanie und ich schauen gemeinsam, welche Methoden wir zu bestimmten Themen anwenden können und haben uns hier schon eine kleine Struktur angelegt. Erste Methoden sind bereits etabliert und andere werden wir in der Zukunft auf jeden Fall noch ausprobieren. Learning by doing ist hier die maßgebliche Richtung. Wir sind durch die Weiterbildung auf jeden Fall probierfreudiger geworden. Geholfen hat mir vor allem auch immer wieder der gemeinsame Rückblick in der Gruppe, was wurde bereits ausprobiert und was wollen wir in Zukunft noch ausprobieren. Hierdurch konnten wir durch die anderen Teilnehmenden und Björn Schmitz eine Rückmeldung erhalten und weitere Ideen entwickeln.
Die Fehlerfreundlichkeit ist auch ein wichtiger Aspekt für mich. Am Anfang wollten alles am besten ganz genau durchplanen. Doch es muss eigentlich gar nicht perfekt sein. Wir haben es gerade selber erst gelernt. So kommunizieren wir das auch dem Team. Wir probieren jetzt einfach mal aus und dann gucken wir, ob es passt oder nicht, oder ob wir etwas nachjustieren. Ansonsten haben wir wirklich vieles an die Hand bekommen und separieren jetzt gerade einfach für uns. Was können wir mitnehmen? Was können wir für die Teamsitzung und für die Fallbesprechungen anwenden und was bringt uns weiter?
Bisher habe ich mich nach Fortbildungen noch nicht fortgebildet genug gefühlt, um Dinge umzusetzen und habe lieber noch eine Ausbildung gemacht. Oder das Thema begraben. Das ist hier ein ganz gravierender Unterschied für mich gewesen.
Melanie Roy
Konntet ihr von den anderen Teilnehmenden aus sozialen Einrichtungen etwas für euch mitnehmen?
Melanie Roy: Ja, auf jeden Fall. Das kommt zum Wert der Fortbildung noch obendrauf, dass ich von den anderen lernen kann und etwas über die anderen Arbeitsbereiche erfahre. Es war darüber hinaus eine super nette Gruppe, in der sich jeder gut öffnen konnte.
Sophie Eckart: Der Austausch mit den anderen Teilnehmern war wirklich sehr produktiv. Auch wenn es unterschiedliche Einrichtungen waren, konnten gemeinsame Problematiken abgeglichen werden und gegenseitige Ratschläge ausgetauscht werden. Außerdem war es gut durch die anderen Teilnehmer ganz andere Perspektiven zu erlangen. Förderlich war hier natürlich sehr die Offenheit und Unvoreingenommenheit der Gruppe.
Es muss eigentlich gar nicht perfekt sein. Wir haben es gerade selber erst gelernt. So kommunizieren wir das auch dem Team. Wir probieren jetzt einfach mal aus und dann gucken wir, ob es passt oder nicht, oder ob wir etwas nachjustieren.
Sophie Eckart
Wie konntet ihr die intensive Fortbildung mit eurem Arbeitsalltag organisieren? Habt ihr Tipps für zukünftige Teilnehmende?
Melanie Roy: Für mich ist das weniger ein Problem, weil ich nicht aus einem Dienstplan herausfalle. Ich fand das Format als Kombination aus analog und digital ganz hervorragend gewählt. Es war auch ausreichend Zeit dazwischen, um sich mit dem Gelernten zu beschäftigen.
Sophie Eckart: Da die Termine lange im Voraus bekannt waren, konnten die Dienste dementsprechend frühzeitig geplant und vertreten werden. Das war dann relativ gut machbar. Wichtig ist jedoch, dass man sich ebenfalls Zeit einräumt, um die Weiterbildung für sich zu reflektieren und zu schauen, was man an Methoden integrieren kann.
Vielen herzlichen Dank für das Interview! Wir wünschen euch noch viel Erfolg bei der Weiterverfolgung eurer Ziele in der Seeschule Rangsdorf (hier lernen Schüler*innen individuell und motiviert fernab vom Stress – mehr über die Seeschule).
Die Pionierwerkstatt 2024 startet im Juli! Melden Sie sich jetzt an!
*Im Beitrag erwähntes Buch: Laloux, F. (2015). Reinventing Organizations: Ein Leitfaden zur Gestaltung sinnstiftender Formen der Zusammenarbeit (M. Kauschke, Übers.; 1. Aufl.). Vahlen, Franz.
**ILB = Investitionsbank des Landes Brandenburg des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Landes Brandenburg
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Redaktion: Julia Mann (Paritätische Akademie Berlin)
Foto im Titelbild: Seeschule Rangsdorf e.V.
Agile Führung – Teams und Organisationen in die Selbstorganisation führen
Seminar (4 Tage) mit Björn Schmitz
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Verhinderte Fachkräfte – Wie qualifizierte Frauen mit Fluchterfahrung auf ihrem Weg in den deutschen Arbeitsmarkt ausgeschlossen werden
Gut qualifizierte muslimische Frauen arbeiten unter ihrem Qualifikationsniveau bzw. im Helferbereich. Das stellt Forough Hossein Pour in ihrer Beratungstätigkeit von Frauen mit Fluchterfahrungen immer wieder fest. Um sich mit den Gründen näher zu befassen, untersucht sie die Situation im Rahmen Ihres Bachelorstudiums Soziale Arbeit an der Paritätischen Akademie Berlin*. Eine herausragende Arbeit, auf die auch die Friedrich-Ebert-Stiftung aufmerksam geworden ist.
Heute arbeitet Frau Hossein Pour mit ihrer Expertise im Rahmen ihrer Tätigkeit als Bildungsberaterin an Publikationen mit und setzt sich damit gegen rassistische Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt ein. Im Interview sprechen wir mit ihr über die Aspekte der Mehrfachdiskriminierung von muslimischen Frauen aus ihrer Beratungspraxis und wie sie im berufsbegleitenden Bachelorstudium tiefer in die Materie einsteigen konnte.
Frau Hossein Pour, wo waren Sie vor dem Studium tätig und was hat Sie dazu motiviert, Soziale Arbeit an der Paritätischen Akademie Berlin zu studieren?
Hossein Pour: Ich arbeite seit August 2016 als Bildungs- und Berufsberaterin für Frauen mit Fluchterfahrung und Migrationsgeschichte bei KOBRA, einem Projekt, das im Rahmen der Gleichstellung vom Land Berlin öffentlich gefördert wird. Seitdem beschäftige ich mich täglich mit der Frage des Übergangsmanagements für Ratsuchende mit ausländischen Abschlüssen bzw. mit deren eingeschränkten Zugang zu Rechten und Teilhabemöglichkeiten.
Die Ursachen dieser strukturellen Benachteiligung zu erforschen war meine größte Motivation. Da unser Träger, der Berliner Frauenbund 1945 e.V., Mitglied des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Berlin ist, kam uns der Start des berufsbegleitenden Studiums im Herbst 2019 sehr entgegen. So habe ich mich in Absprache mit meiner Vorgesetzten Frau Dr. Hildegard Schicke für das berufsbegleitende Studium der Sozialen Arbeit an der Paritätischen Akademie entschieden.
Welche Themen hat das Bachelorstudium aufgegriffen, die Sie direkt in Ihrer Tätigkeit
anwenden konnten?
Hossein Pour: Die Rechts-Module (Grundsicherung, Familienrecht, das Allgemeine Gleichstellungsgesetz, Aufenthalts- und Asylrecht) waren für mich sehr praxisnah. Denn Asylsuchende finden sich nach ihrer Ankunft in Deutschland in einem hochkomplexen, selektiven und besonders dynamischen Verwaltungsprozess wieder.
Die Logik des Aufenthaltsrechts und Verwaltungsrechts zu verstehen, komplexe Fragstellungen analysieren zu können und unsere Profession als „Soziale Anwaltschaft“ gegenüber den Ratsuchenden zu begreifen, gab mir die Kompetenz die Interessen der Frauen besser durchzusetzen.
In Ihrer Abschlussarbeit haben Sie sich mit Mehrfachdiskriminierung von qualifizierten muslimischen Frauen mit Fluchterfahrung beschäftigt. Wie sind Sie zu dem Thema gekommen? Haben Ihnen dabei Inhalte aus dem Studium geholfen?
Hossein Pour: Die Frage nach beruflichen Perspektiven von geflüchteten Frauen in Deutschland gehört zu meiner täglichen Arbeit als Bildungsberaterin bei KOBRA.
Wir beraten qualifizierte muslimische Frauen, die ausgesprochen erwerbsorientiert sind und eine qualifikationsadäquate Beschäftigung suchen. Sie kommen, aber auf dem Arbeitsmarkt nicht an. Gleichzeitig haben wir eine Arbeitsmarktforschung, die die mangelhafte Arbeitsmarktintegration darauf zurückführt, dass die geflüchteten Frauen kein Humankapital mitbringen, in traditionellen Familien leben und für Kinder sorgen, oder durch gesundheitliche Einschränkungen belastet sind.
Im Juni 2022 wurde die quantitative Studie zu „Rassistischen Realitäten in Deutschland“ des Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitors (NaDiRa) veröffentlicht, die den Rassismus in Strukturen und im Alltag von rassifizierten Menschen nachweist. Ich erkannte, dank der Theorien sozialer Ungleichheit des Moduls Soziologie und der im Modul Gender und Diversity vermittelten Postkolonialen Perspektiven, dass wir es hier mit einer Forschungslücke zu tun haben. Die NaDiRa-Studie bestätigte meine Annahme, dass dieser Ansatz der Berufsforschung die Barrieren beim Zugang zum Arbeitsmarkt, die muslimischen Frauen behindern, nicht erklären kann. Denn er beruht ausschließlich auf Geschlechterdifferenzierung, was nicht ausreicht. Wir brauchen auch eine qualitative Forschung, die die Mechanismen des Rassismus als Treiber der sozialen Ungleichheit im deutschen Kontext untersucht.
Was macht es weiblichen muslimischen Fachkräften mit Fluchterfahrung in Deutschland so schwer ihrem Abschluss entsprechend arbeiten zu können? Und wie genau haben Sie das untersucht?
Hossein Pour: In der Analyse konnte ich drei strukturelle Barrieren für qualifizierte muslimische Frauen mit Fluchterfahrung identifizieren, die sie auf dem Weg in eine ausbildungsadäquate Erwerbsarbeit ausschließen.:
(1) Der Kampf um einen gesicherten Aufenthaltsstatus. Hier geht es um Frauen, die im Asylverfahren sind und die gemäß der Gesetzgebung aufgrund ihres Herkunftslandes der Kategorie „Geflüchtete mit einer schlechten Bleibeperspektive‘“ zugeteilt werden. Hier wurde deutlich, dass ihre mitgebrachte Qualifikation keine Rolle spielt. Es wird ihnen stattdessen der Weg über eine Ausbildung als Garantie für eine Bleiberecht geboten.
(2) Der Kampf um die Anerkennung der im Herkunftsland erworbenen Qualifikationen. Hier wurde deutlich, dass Personen aus bestimmten Ländern durch selektive Verfahrensbestimmung von einer Gleichwertigkeitsprüfung ausgeschlossen werden.
(3) Der Kampf gegen die Diskriminierung von muslimischen Frauen mit Kopftuch auf dem Arbeitsmarkt. Hier konnte gezeigt werden, dass Frauen, deren im Ausland erworbene ausländische Qualifikation in Deutschland anerkannt wurde und die ein Kopftuch tragen, trotz allem keine bildungsadäquaten Jobs bekommen.
Ich habe die Lebensbedingungen von drei Frauen mit Fluchterfahrung untersucht, die ihre Hochschulqualifikation im Ausland erworben hatten und motiviert waren, in Berlin in ihrem Berufsfeld zu arbeiten. Dafür habe ich mit Hilfe des Intersektionalen Mehrebenenansatzes (Degele/Winker 2009) eine theoretische Perspektive und zugleich einen
praxeologischen Zugang gewählt. Zuerst habe ich eine empirische Analyse sozialer Ungleichheit im Alltag von geflüchteten Frauen durchgeführt. Daran habe ich die Ergebnisse systematisch auf theoretisches Wissen über
intersektional verwobene Herrschaftsverhältnisse bezogen. Hierbei habe ich Bourdieus Theorie der Kapitalarten und des sozialen Feldes sowie die postkolonialen Perspektiven nach Said und Hall einbezogen, die den empirisch nachgewiesenen Rassismus als Systeme erklären.
Teile Ihrer Bachelorarbeit sind von der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) publiziert worden. Wie kam es dazu?
Hossein Pour: Das Team der „Beruflichen Orientierung für Frauen“ von KOBRA wurde von der FES für einen Vortrag angefragt. Sie wollten im wissenschaftlichen Fachworkshop „Aus Hilfskräfte Fachkräfte machen“ unsere Sicht aus der Beratungspraxis auf die Fragestellung.
Da wir jedoch in der Praxis die Probleme bereits gut qualifizierter Frauen sehen, die entweder unter ihrem Qualifikationsniveau bzw. im Helferbereich arbeiten, habe ich mich in meinem Input in der Fachveranstaltung auf die Ursachen struktureller Diskriminierung und Rassismus konzentriert. Dabei habe ich mich auf die Ergebnisse aus meiner Bachelor-Thesis zur Ausblendung der Mehrfachdiskriminierung von qualifizierten Geflüchteten bei der Fachkräftediskussion bezogen. Einige Monate später erhielt ich von der FES-Referentin eine E‑Mail mit der Anfrage, ob ich bereit wäre, an einer Reihe von Kurzpublikationen mitzuarbeiten, in denen die im Workshop angesprochenen Aspekte vertieft werden sollen. Ich habe mich sehr über ihr Interesse gefreut und sofort zugesagt. Mein Impulsbeitrag „Verhinderte Fachkräfte“ wurde dann im Januar dieses Jahres veröffentlicht.
Erzählen Sie etwas mehr über das Projekt KOBRA, in dem Sie arbeiten!
Hossein Pour: Hinter KOBRA steht als Träger der Berliner Frauenbund 1945 e.V., der in der Tradition der emanzipatorischen Frauenrechte entstanden ist und sich seit Jahrzehnten für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter einsetzt. In den achtziger Jahren ist KOBRA als eine überbezirkliche Beratungseinrichtung entstanden. Wir sind ein multidisziplinäres Team, das Frauen in ihrer Vielfalt in allen Fragen von Beruf, Bildung und Beschäftigung berät. Bei besonderen beruflichen Übergängen im Kontext der Vereinbarkeit von Beruf und Familie bzw. Beruf und Pflege – z. B. Elternzeit, Familienpflegezeit oder dem Wiedereinstieg – werden Menschen mit Fürsorgeverantwortung beraten, egal welchem Geschlecht sie sich zugehörig fühlen.
KOBRA unterstützt Unternehmen bei einer lebensphasengerechten Personalentwicklung. Am Sitz der Beratungsstelle KOBRA wurde ab 2021 auch eine Anlauf- und Koordinierungsstelle für Alleinerziehende in Berlin Kreuzberg-Friedrichshain aufgebaut.
Mehr zu der Bildungsberatung für geflüchtete Frauen und Veröffentlichungen von Forough Houssein Pour:
Mehr zu KOBRA: https://www.kobra-berlin.de
Was haben Sie jetzt nach dem Studienabschluss vor?
Hossein Pour: Ich werde mich gezielter in Gremien einbringen, die sich mit den Hindernissen beschäftigen, die die Arbeitsmarktintegration von Menschen mit ausländischen Berufsabschlüssen verhindern. Mit Sorge sehe ich die Verschiebung des öffentlichen Diskurses weg von einer Willkommenskultur für Geflüchtete hin zu einer die humanitären Standards des Grundgesetztes gefährdenden Perspektive der Abschottung oder Rückführung. Deswegen finde ich es wichtig, vor allem in diesen Zeiten, wo der politische Rechtsruck die Demokratie gefährdet, über Strategien nachzudenken, die zur Bekämpfung und Beseitigung von rassistischer Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt beitragen.
Vielen Dank für das Interview, Frau Hossein Pour. Wir wünschen Ihnen für Ihre wichtige Arbeit und Ihren Einsatz für eine demokratische, offene Gesellschaft weiterhin sehr viel Erfolg!
*ein berufsbegleitender Studiengang in Kooperation mit der Hochschule für soziale Arbeit und Pädagogik (HSAP). Mehr Informationen hier.
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Redaktion: Julia Mann (Paritätische Akademie Berlin)
Foto im Titelbild: Forough Hossein Pour
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Haltung als Leitung im Studium entwickeln
Oliver Heymann hat an der Paritätischen Akademie Berlin den Master Sozialmanagement studiert. Wir sprechen mit ihm über seine Rolle als Leitungskraft einer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung und darüber, wie das M.A. Studium seine berufliche Laufbahn beeinflusst hat.
Herr Heymann, wann haben Sie an der Paritätischen Akademie studiert? Mit welchem Abschluss und Arbeitserfahrung haben Sie sich an der Paritätischen Akademie damals beworben?
Oliver Heymann: Ich habe 2017 bis 2020 an der Paritätischen Akademie Berlin studiert. Davor habe ich einen Bachelor in Allgemeinpädagogik Bildungswissenschaften mit Nebenfach Psychologie an der LMU in München absolviert. Im Zusammenhang mit Arbeitserfahrung und dem Wunsch nach beruflicher Weiterentwicklung, habe ich mich für den M.A. Sozialmanagement an der Paritätischen Akademie beworben und wurde angenommen.
Wo haben Sie neben dem Studium gearbeitet?
Oliver Heymann: Ich habe in der Eingliederungshilfe bei einem nicht allzu großen Träger im Norden von Berlin gearbeitet. Das war vergleichbar und relativ nahe an der pädagogischen Arbeit, die hier bei uns in den Wohngruppen erfolgt. Es war hauptsächlich die Tagesbetreuung in einer Wohngruppe für Menschen mit Behinderung.
Und wie ließ sich das Studium mit dem Arbeitsalltag verbinden? Wie haben Sie das damals erlebt?
Oliver Heymann: Ich konnte unter Heranziehung des eigenen Urlaubs, des Bildungsurlaubs sowie über den Abbau von Überstunden die
Präsenzwochen gut abdecken. Ich habe damals in einem Schichtdienstsystem gearbeitet. Hier wurde der Dienstplan monatlich und nicht wöchentlich strukturiert. So war es möglich sich die Präsenzzeiten freizuhalten und einfach in den anderen Wochen mehr Dienste zu übernehmen. Die Mitarbeitenden in unseren Wohngruppen arbeiten hier ähnlich. Zudem ließ die Gestaltung der Arbeitsinhalte außerhalb der Präsenzzeiten* in Form von Forenbeiträgen im Masterstudium eine große zeitliche Flexibilität zu.
*Anmerkung Paritätische Akademie Berlin: Die Struktur der Lerneinheiten werden laufend den Bedürfnissen der berufsbegleitend Studierenden angepasst. Die Terminübersicht für den Studiendurchgang ab WiSe 2024/25 werden wir zeitnah auf unserer Webseite veröffentlichen.
Haben Sie das Studium selbst finanziert? Die Studiengebühren können mittlerweile in 30 Monatsraten entrichtet werden. Eine anteilige oder vollständige Übernahme der Studiengebühren durch den Arbeitgeber ist möglich.
Oliver Heymann: Ich habe keine finanzielle Unterstützung bekommen. Aber dank Ratenaushandlung* ging das ganz gut.
In welcher Einrichtung arbeiten Sie heute und was ist Ihre Rolle in der Organisation?
Oliver Heymann: Ich bin Bereichsleiter im Kinder- und Jugendhilfe Zentrum Neukölln des Evangelischen Jugend und Fürsorgewerks. Wir sind der größte Anbieter von stationärer Kinder- und Jugendhilfe in Berlin Neukölln. Insgesamt umfasst die Abteilung Jugendhilfe im EJF (Evangelisches Jugend- und Fürsorgewerk) ungefähr 1800 Mitarbeitende. Hier an unserem Standort im Verbund sind wir etwa 150 Menschen, davon 120 Kolleg:innen mit pädagogischen Berufen in verschiedenen Wohngruppen. Wir haben bei uns Kinder und Jugendliche in allen Altersgruppen in verschiedenen Schwerpunkten in den eigenen Bedarfen wohnen, die hier ihren Lebensmittelpunkt haben.
Und wie sieht Ihr Tagesablauf aus?
Oliver Heymann: Insgesamt bin ich als Bereichsleitung für sechs Wohngruppen zuständig. Das bedeutet, dass ich für etwa 35 Mitarbeitende in der Personalverantwortung bin und etwas über 40 Kinder und Jugendliche in meinem Bereich leben. Gleich zu Tagesbeginn trete ich mit den pädagogischen Fachkräften der jeweiligen Gruppen in Kontakt, um zu gucken, ob bei ihnen alles in Ordnung ist. Ich bin wöchentlich in relativ vielen Teamsitzungen, höre intern und extern viel zu, steuere an den notwendigen Punkten und mache Controlling. Entwickelt sich die jeweilige Gruppe in die richtige Richtung? Gibt es da Unterstützungsbedarf meinerseits? Bestehen aktuell irgendwelche Krisen oder Entwicklungen, die meiner Person bedürfen? Es kann ab und zu Vorfälle geben. Das können persönliche Krisen eines jungen Menschen sein. Oder wir hatten letzte Woche die Situation, dass es einen kleinen Brand in einer Gruppe gab. Der hat mich diese Woche sehr intensiv beschäftigt. Es musste nachgeforscht werden, wie es dazu kam und wie das vermieden werden kann. Solche Situationen müssen gründlich geklärt werden und das gehört auch zu meiner leitenden Tätigkeit.
Was haben Sie vor der Arbeit in der stationären Kinder- und Jugendhilfe in Berlin Neukölln gemacht?
Oliver Heymann: Als ich mein Masterstudium in Sozialmanagement angefangen habe, war ich in der Eingliederungshilfe tätig und musste später aus familiären Gründen in eine andere Stadt ziehen. Durch den Master und die flexible Struktur des berufsbegleitenden Studiengangs gelang mir am neuen Ort der Wechsel in die Altenhilfe. Ich hatte einen spannenden Job als Einrichtungsleitung für offene Altenhilfe gefunden, die für einen ganzen Stadtteil und mehrere Tausend ältere Menschen zuständig war. Aber nach einer Weile stand der Beschluss, dass wir zurück nach Berlin möchten, und ich musste mich erneut auf die Suche nach einer passenden Stelle umschauen. Hier in der stationären Kinder- und Jugendhilfe in Berlin Neukölln fand ich das ansprechendste Angebot. Schon im Rahmen der Bewerbungsgespräche merkte ich, dass es hier von den Arbeitsstrukturen und Klima angenehm war. Ich bin jetzt seit eineinhalb Jahren hier und bereue diese Entscheidung nicht. Ich gehe jeden Tag gerne in die Arbeit.
„Durch den Master und die flexible Struktur des berufsbegleitenden Studiengangs gelang mir am neuen Ort der Wechsel in die Altenhilfe. Ich hatte einen spannenden Job als Einrichtungsleitung für offene Altenhilfe gefunden, die für einen ganzen Stadtteil und mehrere Tausend ältere Menschen zuständig war.“
Welchen Unterschied macht Ihre Arbeit im Leben der Kinder und jungen Erwachsenen?
Oliver Heymann: Es gibt viele junge Menschen, die aus unterschiedlichsten Gründen nicht mehr bei den Eltern wohnen können. Oft sind
hier Schicksalsschläge und das Zusammenkommen von vielen hinderlichen Faktoren ausschlaggebend. Zum Beispiel weil die Eltern in die Obdachlosigkeit gerutscht sind, oder unter schweren körperlichen oder psychischen Erkrankungen leiden. In manchen Situationen gibt es keine Eltern mehr oder zu Hause entsteht eine so große Krise, dass es zumindest für eine gewisse Zeit nicht möglich oder nicht mehr sicher ist, die Kinder bei den Eltern leben zu lassen. Und dann greift die Kinder- und Jugendhilfe. In starker Zusammenarbeit mit den Jugendämtern und in den meisten Fällen der Zustimmung der Sorgeberechtigten, finden diese Kinder bei uns Platz und werden in ihren individuellen Situationen betreut und begleitet. Die Wiederzusammenführung mit den Eltern wird natürlich, mit aller gebotener Vorsicht, in den Vordergrund gestellt. Denn keine Betreuungsperson kann die Eltern ersetzen. In Zusammenarbeit mit dem Jugendamt arbeiten wir daran, die Eltern zu befähigen ein gutes elterliches Verhältnis mit dem Kind aufzubauen und ihnen ein stabiles Umfeld zu bieten. Auf der anderen Seite arbeiten wir mit vielen Kooperationspartnern aus dem unmittelbaren Umfeld der Kinder, mit den jeweiligen Vormundschaften, mit den Schulen, Großfamilien und Freundeskreisen, die eine Rolle im Leben des Kindes haben und neben dem Erziehungsberechtigten für eine gelungene Rückführung in die elterliche Familie wichtig sind. Das ist eine sehr komplexe Arbeit, die hier von unseren Erzieher:innen und Sozialarbeiter:innen durchgeführt wird.
Meine Rolle dabei ist unter anderem, die Metaebene einzunehmen und ihre pädagogische Arbeit zu unterstützen in dem ich schaue: Wie müssen wir unsere Gruppen so ausrichten, dass sie dem Bedarf und den multiplen Problemlagen der Kinder und Jugendlichen gerecht werden und auch die sich immer wieder verändernden gesamtgesellschaftlichen Bedarfe und Zielgruppen berücksichtigen. Welche fachlichen Standards setzen wir uns, wie halten wir diese ein? Wie findet Wissens- und Informationsweitergabe statt? Nach welchen pädagogischen Richtlinien handeln wir? Wie gehen wir vor im Krisenfall? Ich bin die Person, die praktisch etwas abseits der Gruppe steht, aber jederzeit reinkommt und da unterstützt, wo Not an der Person ist.
Was passiert, wenn junge Erwachsene die Wohngruppen verlassen müssen, gelingt ihnen ein guter Übergang in das erwachsene Leben?
Oliver Heymann: Je nach Ausrichtung der Wohngruppe und nach dem individuellen Verlauf der einzelnen Kindessituation, ob es wieder zu den Eltern geht oder praktisch in eine eigene Wohnung, begleiten wir unterschiedlich. Nach dem Auszug aus unserer Einrichtung endet unsere Arbeit meist nicht. In vielen Fällen begleiten wir unsere Careleaver mehrere Monate ambulant nach, je nach Bedarfslage. Mit vielen halten wir auch noch einen losen Kontakt, wenn die Kinder bei den Eltern wieder eingezogen sind. Außerdem haben wir viele Eltern, die sich noch Jahre später immer wieder Rat suchend an uns wenden.
Wir hatten letztes Jahr eine größere Feier, weil ein langjähriger Mitarbeiter in Rente gegangen ist. Er hat ein Leben lang in der Kinder- und Jugendhilfe gearbeitet. Und bei dieser Verabschiedungsfeier waren tatsächlich damalige Jugendlichen aus seiner ersten Wohngruppe, die der Kollege begleitet hat, anwesend. Sie waren alle Anfang Fünfzig, inzwischen mitten im Leben stehend mit ihren eigenen Familien und Kindern da und haben ganz rührend über den Kollegen gesprochen. Das war sehr schön auf der Feier mitzubekommen, wie dieser Mensch ihr Leben beeinflusst hat und dass es ihnen jetzt gut geht, und dass die Unterstützung, die sie damals erhalten haben, nach eigenen Aussagen, eine große Hilfe war. Und in das Erbe treten wir natürlich weiterhin.
Welche Aspekte oder Inhalte des Masterstudiums in Sozialmanagement sind in Ihrem Berufsalltag noch heute relevant?
Oliver Heymann: Es gibt Vieles. Ich denke mitunter das Wichtigste war einen Habitus und Haltung als Leitung zu entwickeln. Dabei wurden wir auf allen Ebenen unterstützt, mit der Wissens- und der Kompetenzvermittlung, um diese Rolle ausfüllen zu können. Wir haben sehr viele Bereiche abgedeckt und Methoden kennengelernt, die ich jetzt noch in meiner Arbeit anwende. Im Studium habe ich die Möglichkeiten kennengelernt und kann sie mir nach Bedarf heranziehen, Kenntnisse auffrischen und anwenden. Und was im sozialen Bereich oft in der Ausbildung zu kurz kommt und im Studium gut abgedeckt war, sind die BWL-Lernanteile, die für mich in der Leitungsfunktion sehr wertvoll sind. Mir hilft es tatsächlich sehr, dass ich sagen kann – hier ist eine Bilanz und ich kann sie analysieren und Probleme anhand der Zahlen erkennen.
Arbeitsrecht ist auch ein wertvoller Teil des Studiums gewesen. Viele studieren Soziale Arbeit oder Ähnliches, sie sind gute Fachkräfte, sehr gute Teamleiter:innen und haben sehr gute soziale Kompetenzen in der Zusammenwirkung mit den Kolleg:innen. Oft rutschen sie jedoch, praktisch unvorbereitet, in die Leitungsrollen in ihren Organisationen. In diesen Rollen fehlen ihnen die fachliche Qualifikation als Leitung, die wirtschaftlichen und technischen Kenntnisse, so gehen diese Aspekte auch in ihrem Berufsalltag en bisschen unter. Mit dem wirtschaftlichen Verständnis und mit der Stärke in diesen Bereichen der Geschäftsführung macht man sich im sozialen Bereich durchaus manchmal Freunde.
„Ich denke mitunter das Wichtigste war, einen Habitus und Haltung als Leitung zu entwickeln. Dabei wurden wir auf allen Ebenen unterstützt, mit der Wissens- und der Kompetenzvermittlung, um diese Rolle ausfüllen zu können. Wir haben sehr viele Bereiche abgedeckt und Methoden kennengelernt, die ich jetzt noch in meiner Arbeit anwende.“
Welche Kenntnisse oder welches Know-How fehlt Ihnen jetzt, das im Job gewachsen ist und im Studium nicht behandelt wurde?
Oliver Heymann: Ich weiß nicht, ob der Studiengang tatsächlich die großen Problemfelder, die meine Arbeit jetzt betreffen, abdecken könnte. Das sind hauptsächlich gesamtgesellschaftliche Phänomene wie der Fachkräftemangel, der einfach sehr gravierend zu Tage tritt. Und jetzt gerade in Berlin ist es der Wohnungsmangel, der unsere Arbeit erschwert. Vielleicht könnte man im Studiengang darauf vorbereitet werden, stärker in diese politische Arbeit reinzugehen und sozialpolitisch den Fachkräftemangel anzugehen, der uns die nächsten Jahrzehnte begleiten wird. Oder eben innovativ an diesen Problemlösungen zu arbeiten und schauen welche Rolle neue Technologien wie KI bei der Arbeitsentlastung spielen könnten. Vielleich könnte KI nicht gerade die Wohngruppen unterstützen, aber vielleicht bei anderen Arbeitsprozessen entlastende Funktion einnehmen?
Digitalisierung ist mittlerweile Teil des Studiengangprogramms. Als Akademie wollen wir auf dem letzten Stand der technischen Möglichkeiten sein und auf deren Potenzial für Soziale Organisationen durch unsere Studierende verweisen.
Oliver Heymann: Insgesamt kann ich sagen, dass der Masterstudiengang meine weitere berufliche Entwicklung, aber auch mich als Mensch, maßgeblich beeinflusst hat. Wenn ich mit Menschen spreche die sich als Führungskraft entwickeln wollen, empfehle ich diesen Master.
Das Interview mit Oliver Heymann führte Elena Gavrisch (Marketing und Öffentlichkeitsarbeit, Paritätische Akademie Berlin)
Titelbild: Oliver Heymann
Fotos: Elena Gavrisch
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Zukunftswerkstatt Klima
„Wir sind inzwischen an einem Punkt angekommen, wo wir den Klimawandel nicht mehr verhindern, sondern nur noch abschwächen können.“
Cathrin Hirsch, Dozentin und Leiterin der Initiative KIJUNA, ist die treibende Kraft hinter unseren Bildungsreihe Zukunftswerkstatt Klima – Anpassung and die Folgen des Klimawandels im Gespräch:
Frau Hirsch, Sie leiten die Initiative KIJUNA, die sich zum Ziel setzt die gesellschaftlichen Entwicklungen in Bezug auf Klimaschutz, Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit auch in der stationären Kinder‑, Jugend- und Eingliederungshilfe sowie Kitas zu etablieren und den Menschen, die hier gefördert und auf die Zukunft vorbereitet werden, eine Chance auf Teilhabe an diesen gesellschaftlich relevanten Themen zu geben.
Wie haben Sie das Thema Nachhaltigkeit für sich entdeckt?
Cathrin Hirsch: Ich habe die Initiative gegründet, da ich festgestellt habe, dass in diesem ganzen Bereich der Nachhaltigkeit, der Bildung für nachhaltige Entwicklung und Anpassungsbemühungen der soziale Bereich nicht berücksichtigt wird, sondern eigentlich lediglich Schulen angesprochen werden. Und es ist tatsächlich so, dass die Klientel der Sozialen Arbeit, also gerade Jugendhilfe oder auch Eingliederungshilfe nicht den besten Zugang zur Bildung über das öffentliche Schulsystem hat. Deshalb habe ich die Initiative KIJUNA gegründet, um eben diese Thematik auch in die Kinder- und Jugendhilfe, sowie Eingliederungshilfe und Kitas reinzubringen und dort die Bildungsarbeit zum Klimaschutz, Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit sozusagen zu „revolutionieren“.
Frau Hirsch, in unserem Vorgespräch haben Sie erwähnt, dass das Thema Klima und Umweltveränderungen im Rahmen der aktuellen Ausbildungs- und Studiengänge im sozialen Bereich nicht behandelt wird. Beispielsweise in der Kindheitspädagogik gibt es dieses Fach nicht. Ich kann mir gut vorstellen, dass Erzieher:innen in ihrem Berufsalltag oft mit Fragen rund um Klima und Umwelt konfrontiert werden. Und natürlich gibt es auch Eltern, die dem menschengemachten Klimawandel sehr skeptisch gegenüberstehen und gar leugnen. Wie man damit umgehen kann, ist nicht immer klar. Ich kann mir gut vorstellen, dass Erzieher:innen und Betreuungspersonen mit vielen Fragen überfordert werden, wenn sie kein fundiertes Wissen zu diesem Thema in ihrer Ausbildung vermittelt bekommen haben. Für mich wäre es auch nicht leicht meinem 8‑jährigen Sohn altersgerecht zu erklären, was CO2 ist.
Was können Erzieher:innen sowie die Leitung von Kitas und Kinder- und Jugendeinrichtungen in dem Zertifikatskurs Zukunftswerkstatt Klima – Anpassungen an die Folgen des Klimawandels lernen, um mit solchen Fragen besser umgehen zu können?
Cathrin Hirsch: Es ist auf jeden Fall Inhalt der Fortbildung, dass auch immer praktische Tipps mit an die Hand gegeben werden, was tatsächlich umgesetzt werden kann. Und ich vertraue auch viel auf die pädagogischen Fähigkeiten der Kolleg:innen, dass sie das Erwachsenenwissen, das sie bei uns in der Zukunftswerkstatt Klima vermittelt bekommen, auch in altersgerechte Häppchen teilen können. Es gibt auf jeden Fall Praxistipps und Methoden, wie mit den Kindern und den Jugendlichen gearbeitet werden kann. Außerdem bestärken wir die Kolleg:innen in ihrer Rolle als Pädagog:innen. Sie sind keine Klimawissenschaftler:innen und es ist nicht immer nötig, dass sie alles aus diesem Bereich wissen. Es kann auch ein sehr erfolgreicher pädagogischen Prozess sein, wenn die Kolleg:innen gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen Wissen erwerben und dann danach handeln.
Gibt es Richtlinien oder Empfehlungen seitens der Politik, bezüglich Bildungsprogrammen zum Thema Klima- und Umweltveränderungen in Kitas und oder in der Kinder- und Jugendarbeit?
Cathrin Hirsch: Es gibt den Ansatz der Bildung für nachhaltige Entwicklung und in diesem Bereich wird deutlich, dass es vor allem um die Stärkung von Gestaltungskompetenzen geht. Dies wurden für alle Länder, die die Agenda 2030 ratifiziert haben, entwickelt und damit benannt, welche Kompetenzen jede:r einzelne:r braucht, um eine nachhaltige Welt zu entwickeln. Die Förderung der Gestaltungskompetenzen ist der Kern der Bildung für nachhaltige Entwicklung. Die Methodik läuft über die nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs), die der Hauptteil der Agenda 2030 sind, die wir gemeinschaftlich als Weltgemeinschaft erreichen müssen, damit sich die Entwicklung vom Klimawandel und die damit verbundenen sozialen Spannungen abschwächt und unsere Welt als nachhaltig bezeichnet werden kann.
Es ist eine sehr gute Investition in die nachhaltige Zukunft, wenn die neue Generation richtig gut zu diesem Thema ausgebildet wird und ihren Lebensstil den neun Umständen entsprechend anpasst.
Cathrin Hirsch: Die Bildungsfragen sind nur ein Teil der Fortbildung. Es geht viel um konkrete Anpassungsmaßnahmen: Wenn die Sommer immer heißer werden, müssen wir unsere Tagesabläufe verändern, dass wir überhaupt noch draußen sein können. Müssen wir dann eher morgens arbeiten und mittags eine Siesta machen und abends wieder aktiv werden? Es sind Fragen, die ganz konkret auf die absehbaren Folgen des Klimawandels abzielen. Wir sind inzwischen an einem Punkt angekommen, wo wir den Klimawandel nicht mehr verhindern, sondern nur noch abschwächen können. Es wird Klimaveränderungen geben, die konkrete Folgen und Herausforderungen mit sich bringen werden! Und da müssen wir einfach gucken, wie wir uns darauf vorbereiten. Also auch die Flut in Essen und in Niedersachsen über Weihnachten ist eine sehr deutlich spürbare Folge des Klimawandels. Die Luft wird immer wärmer, was zu heftigen Gewittern führt. Es fallen riesige Regenmengen binnen kürzester Zeit. Unsere städtische Abflusssysteme und Kanalnetze sind schnell überlastet. Immer wieder kommt es zu flächendeckenden Überschwemmungen und entsprechend schweren finanziellen Folgen und auch weiteren Umweltfolgen. Kann man sich auf solche Ereignisse vorbereiten? Können wir uns als Gesellschaft vorbereiten? Kann sich jeder Einzelne in seinem kleinen Umfeld vorbereiten? Darum geht es in unseren Bildungsreihe, also nicht nur um die Frage, wie bilden wir die nächste Generation zu diesem Thema aus, sondern auch darum, welche Maßnahmen wir als soziale Unternehmen und Einrichtungen jetzt ergreifen können, damit wir mit den Folgen des Klimawandels weiterleben und in unserer Alltagsorganisation nicht unbedingt komplett eingeschränkt sind.
Im Grunde ist Klimaschutzbeauftragte:r ein Beruf der Zukunft für Sozialunternehmen. In der nahen Zukunft wird es möglicherweise zur Pflicht in jedem Unternehmen eine solche Rolle auszufüllen, im globalen Sinne eine sehr verantwortungsvolle Rolle!
Cathrin Hirsch: In der Industrie und der Wirtschaft gibt es diese Stelle eigentlich fast überall.
In der freien Wirtschaft gibt es andere Finanzierungsmöglichkeiten als in der Sozialwirtschaft. Wenn die sozialen Unternehmen andererseits beginnen, das Thema auf ihrer Prioritätsliste weiter oben zu platzieren, sich zu den Folgen des Klimawandels weiterbilden und die Verantwortung hinsichtlich Folgenabwendung und Nachhaltigkeit übernehmen, würden sich möglicherweise Räume für staatliche Subventionen öffnen und die Refinanzierung ihrer Aktivitäten zu mehr Nachhaltigkeit ermöglichen.
Cathrin Hirsch: Aktuell sind mir keine politischen Initiativen zum Thema Anpassungsgesetze im sozialen Bereich bekannt. Aber wenn wir auf die Politik warten, die momentan mit ganz vielen anderen Problemen beschäftigt ist, dann ist es eigentlich schon zu spät. Meine Empfehlung wäre, so bald wie möglich mit den notwendigsten Anpassungsmaßnahmen anzufangen. Die baulichen Maßnahmen lassen sich gut über einen längeren Zeitraum finanzieren. Wenn wir jetzt starten und nicht warten bis das Gebäude der Einrichtung weggeschwemmt ist oder im Sommer so überhitzt ist, dass es für Mitarbeitende und Klient:innen gesundheitliche Folgen hat, dann sind wir schon recht vorne mit dabei. Jede Veränderung und damit auch diese Anpassungsprozesse brauchen Zeit.
Wie diese Veränderungen umgesetzt werden und was genau beachtet werden muss, erklären wir in der Bildungsreihe Zukunftswerkstatt Klima.
Wir freuen uns darauf, mit Ihnen gemeinsam am 23.04.2024 die Bildungsreihe Zukunftswerkstatt Klima – Anpassung an die Folgen des Klimawandels mit Cathrin Hirsch, Nicole Gifhorn, Prof. Dr. Jana Sillmann und anderen Expert:innen aus den genannten Bereichen und mit diesen Themen zu starten:
- Wasserknappheit
- Hitze
- Ernährung
- Extremes Wetter
- Veränderungen gestalten
- Klimapsychologie
- Whole Institution Approach
- Die besondere Verantwortlichkeit sozialer Organisationen
Nicole Gifhorn – Bildungsreferentin für Globales Lernen bei der Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen
Prof. Dr. Jana Sillmann studierte Geoökologie und promovierte 2029 an der Universität Hamburg und dem Max-Plank-Institut für Meteorologie, wo sie sich mit der Analyse von Datensätzen zu Extremwetterlagen beschäftigte.
Zukunftswerkstatt Klima – Anpassungen an die Folgen des Klimawandels
Zertifikatskurs
Gesundheitskompetenzen und Salutogenese – eine Einladung zur Schatzsuche
Seminar
Die Psychoneuroimmunologie und ihre Auswirkung auf das soziale Leben
Seminar
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Soziale Gerechtigkeit und soziale Arbeit machen gesund!
Unter sozialer Gerechtigkeit verstehen Menschen meistens gute Lebens- und Arbeitsbedingungen. Diese sind mit vielen Faktoren verbunden wie Bezahlung und Absicherung, aber auch der Zugang zu Bildung und die gerechte Verteilung von Lasten in der Gesellschaft, zum Beispiel zwischen den Geschlechtern und Generationen. So entsteht schließlich das Gefühl an einer Gemeinschaft teilzuhaben, in diese eingebunden zu sein und an ihr mitwirken zu können.
In diesem Beitrag behandeln wir die Frage, warum soziale Gerechtigkeit wichtig für unsere Gesundheit ist, und welchen Beitrag soziale Arbeit dazu leisten kann.
Die Wissenschaft der Psycho-Neuro-Immunologie (PNI) belegt eindrücklich: Seele und Geist, Gehirn, Nerven‑, Hormon- und Immunsystem beeinflussen wechselseitig Gesundheit und Krankheit. Das individuelle und soziale Befinden des einzelnen Menschen wird durch das soziale Umfeld beeinflusst. So fördern Teilhabe und soziale Gerechtigkeit die individuelle wie auch gesellschaftliche Gesundheit.
Wie genau hängen soziale Gerechtigkeit und soziale Arbeit mit Gesundheit zusammen?
Armut und soziale Ausgrenzung machen krank. Wenn Beziehungen, soziale Ausgrenzung oder der Job chronisch stressen, macht das anfälliger für Infektionen: Chronischer Stress verkürzt unser Leben erheblich und führt langfristig zu schweren Leiden und kann den Ausbruch von Krebs und Autoimmunkrankheiten fördern, so Ellis Huber (Vorstandsvorsitzender des Berufsverbandes der Präventologen e.V.). Umgekehrt mobilisieren soziale
Einbindung, positive Gedanken oder seelische Ausgeglichenheit und inneres Wohlbefinden unsere Selbstheilungskräfte und unser Gesundheitspotential.
Das Ziel der Medizin und der sozialen Arbeit sollte sein: Gesunde Menschen in gesunden Lebenswelten. Dafür müssen beide ihren Teil zur Gesundheitsförderung beitragen. Die Medizin muss lernen, sich sozialer zu orientieren und mit den Trägern der sozialen Arbeit kooperieren. Denn um die Krankheiten unserer Zeit zu bewältigen, brauchen wir die Pflege sowie sozialpädagogische, psychosoziale und soziokulturelle Dienste. Deshalb sind Gemeinwesenarbeit, die zivilgesellschaftlichen Selbstorganisation, psychosoziale und sozialpflegerische Versorgungsdienste oder die Bildungs- und Betreuungseinrichtungen für Kinder und Jugendliche so wichtige Pfeiler einer gesunden Zukunft.
Sind Organisationen, die ein effektives Gesundheitsmanagement umsetzen, erfolgreicher?
Eine Gesellschaft ist umso sozial gerechter, je mehr Menschen an ihr teilhaben, sie mitbestimmen und aktiv eingebunden sind. Diese Faktoren haben eine ebenso heilsame Wirkung, wie Medikamente oder medizinische
Interventionen. Herzinfarkte sind zum Beispiel häufiger, wenn Menschen sozial entwurzelt sind und unter ständigem Existenzdruck stehen. Das gilt auch für die Verhältnisse innerhalb eines Betriebs, die sich auf die Mitarbeitenden und Klient:innen auswirken.
Die Erfahrung von Selbstwirksamkeit in Arbeitsprozessen, Kooperationsgeist im gemeinsamen Wirken oder einer wertschätzender Führungskultur beflügeln Produktivität und Ergebnisse der Arbeit in Organisationen und autonomen Teams. Sind die Arbeitsverhältnisse hingegen mit einem hohen Maß an Kontrolle und Autorität verbunden, gehen damit erhöhte Krankenstände und mangelndes Engagement für die gemeinsame Sache einher.
In betrieblichen, sozialen oder kommunalen Settings kann das Gesundheitsmanagement die Produktivität und Arbeitszufriedenheit der Mitarbeitenden ebenso verbessern wie die Arbeitsergebnisse und die Zufriedenheit von Klient:innen, Patient:innen oder Hilfsbedürftigen. Gesundheit kann als Maßstab für gelingende soziale Dienstleistung gesehen und eingesetzt werden.
Wie können Organisationen Gesundheitskompetenz und ‑förderung angehen?
Macht und Geld als Anreiz und Ziel machen kein gesundes Arbeiten möglich. Gesunde Organisationen setzen auf:
1. Freie Selbstorganisation
Um eigenverantwortlich zu agieren, müssen Teams ihre Verantwortungsbereiche kennen und Methoden erwerben,
mit denen sie gute Entscheidungen treffen können. Das bedeutet auch ein neues Führungsverständnis. Auch für Führungskräfte, die dabei „loslassen“ lernen müssen.
Das viertägige Seminar „Agile Führung“ hilft Ihnen dabei, mit dieser Umstellung reflektiert und bewusst umzugehen.
2. Selbstwirksamkeit
Wie gehe ich beispielsweise konstruktiv mit Konflikten und herausfordernden Lebenssituationen um? Salutogenese, also die Entstehung von Gesundheit durch eine gute Stressbewältigung und Selbstwirksamkeit, zählt zu einem der Grundkonzepte des gesundheitsförderlichen Handelns. Diese Kompetenz können Mitarbeitende der Organisation erlernen oder als zertifizierte Trainer:innen in Kursen weitergeben.
3. Interdisziplinäre Teamkulturen
Oft hapert es schon am gegenseitigen Verständnis unterschiedlicher Abteilungen füreinander. Interdisziplinäre Teams arbeiten von Beginn an fachübergreifend eng miteinander zusammen. So wird eine ganzheitliche Perspektive geschaffen. Komplexe Probleme werden eher erkannt und Lösungen gemeinsam erarbeitet.
4. Eine Orientierung an Sinn und Wirkung
Wozu gibt es uns? Ein Sinn in der Arbeit gibt Orientierung und motiviert Mitarbeitende, sich in die Organisation einzubringen. Es braucht aber auch das Gefühl der Wirkung. Führen die Kraft und Energie, die wir täglich aufbringen, zu einem guten Ergebnis? Hier hilft es, gemeinsam klare, wirkungsorientierte Ziele aufzustellen und die eigene Praxis regelmäßig zu reflektieren.
Der Zertifikatskurs Wirkungsmanagement führt Sie in die Denkweisen der Wirkungsorientierung ein und befähigt Sie dazu, Prozesse in Ihrer Organisation auf eine wirkungsorientierte Arbeitsweise umzustellen.
Gesundheitsförderliche Führungskulturen und lebendige Teams entwickeln ihre eigene Gesundheitskompetenz stetig weiter und achten auf ein gesundheitsdienliches Arbeitsklima. Das macht Organisationen krisenfest und
resilient. Es macht auch soziale, pflegerische und pädagogische Arbeit leistungsstark.
Mit diesem Ziel und in diesem Sinne hat die Paritätische Akademie in enger Zusammenarbeit mit dem Berufsverband der Präventologen eine breite Palette unterschiedlicher und innovativer Qualifizierungsangebote
entwickelt. Sie können die damit verbundenen Chancen zur persönlichen Entwicklung und zur Organisations- und Trägerentwicklung nutzen. Wenn Sie für sich selbst, für ihre Klient:innen und Patient:innen oder ihre Organisation
mehr Gesundheitskompetenz und Gesundheitsnutzen anstreben, finden Sie hier bei der Paritätischen Akademie das passende Angebot unter der Kategorie Betriebliches Gesundheitsmanagement.
Wir bilden sozialpädagogische Fachkräfte auch als Gesundheits- und Lebenskompetenz Trainer:innen (GLK) aus, wodurch eine selbstständige Durchführung von Gesundheitskursen ermöglicht wird.
Dieser Beitrag ist in Zusammenarbeit mit Ellis Huber entstanden. Er ist Vorstandsvorsitzender des Berufsverbandes der Präventologen e.V. und seit 30 Jahren Mitglied im Vorstand des Paritätischen Landesverbands Berlin. Sein Ziel ist es, das Thema Gesundheit in der sozialen Arbeit stärker zu verankern.
Qualifizierung zur/m GLK-Gesundheits- und Lebenskompetenz TrainerIn
Zertifikatskurs
Gesundheitskompetenzen und Salutogenese – eine Einladung zur Schatzsuche
Seminar
Die Psychoneuroimmunologie und ihre Auswirkung auf das soziale Leben
Seminar
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Vertiefung der Kooperation zwischen der Paritätischen Akademie Berlin und der Hochschule für soziale Arbeit und Pädagogik (HSAP)
Soziale Arbeit berufsbegleitend studieren in Berlin – Die Paritätische Akademie Berlin und die Hochschule für soziale Arbeit und Pädagogik (HSAP) weiten ihre lang bestehende und einzigartige Kooperation durch einen neuen Rahmenkooperationsvertrag aus.
Die Kooperationspartner beabsichtigen damit, in weiteren Betätigungsfeldern gemeinsam gegen den Fachkräftemangel vorzugehen. Der neue Rahmenkooperationsvertrag ermöglicht es den Partnern, noch schneller und zielgerichteter auf die Entwicklungen und Bedarfe der sozialen Organisationen zu reagieren.
Als ersten Schritt der programmatischen Ausweitung des Angebotes planen die Kooperationspartner einen neuen Berufsbegleitenden Bachelor „Heilpädagogik“, der im Oktober 2024 starten soll. Weitere Angebote wie gemeinsame Zertifikatskurse oder Fachtagungen sind in der Planung.
„Die Erfahrung der Akademie und des Paritätischen Landesverbands ist dabei für uns von einem unglaublichen Wert. Eine große Rolle für uns spielt, dass wir uns durch die Kooperation auf die wissenschaftlich-akademische Inhaltsgestaltung konzentrieren und dabei den Blick der Paritätischen Akademie integrieren können.“ so der Präsident der HSAP Prof. Dr. Kayser.
Cengizhan Yüksel, Geschäftsführer der Paritätischen Akademie, betrachtet seine Institution wie ein Schnellboot. Es unterstützt größere Frachter, mit dem er die Hochschule in Bezug auf ihre Größe und Komplexität der akademischen Gremienstrukturen vergleicht. Mit der Innovationskraft und Agilität der Akademie können die Studiengänge zügig umgesetzt werden. Mit über 22 Jahren Erfahrung im Bereich der berufsbegleitenden Studiengänge ist die Paritätische Akademie ein starker Partner für die HSAP in Bezug auf die Planung und Durchführung dieser Angebote. Da beide Institutionen gleichzeitig Mitgliedsorganisation im Paritätischen Berlin sind, liegt eine Vertiefung dieser Zusammenarbeit nahe.
Als Mitgliedsverband des Paritätischen Landesverbands Berlin ist die HSAP darüber informiert, wo der Bedarf im Feld der Sozialwirtschaft aktuell am größten ist. Besonders der akute Fachkräftemangel ist als Bestandteil der Satzung der Akademie stark in der Arbeit verankert. Yüksel und Kayser sind sich einig: die Erfahrungen, die beide Partner mitbringen, ermöglicht es, Studiengänge maßgeschneidert auf die Bedürfnisse der Verbandsmitglieder und weiterer sozialer Organisationen erfolgreich anzubieten. Der neue Vertrag ist darüber hinaus der Ausgangspunkt vieler weiterer Projekte zur Stärkung der sozialen Arbeit.
Insbesondere die Mitglieder des Paritätischen Landesverbands Berlin können über den Weg des berufsbegleitenden Studiums Fachkräfte an der Paritätischen Akademie Berlin praxisorientiert ausbilden lassen. Das Studium steht auch allen anderen sozialen Organisationen und Unternehmen sowie Privatpersonen, die einen Einstieg in der sozialen Arbeit anstreben, offen.
Das Format des Online-Studiums mit kompakten Präsenzphasen ist den Bedürfnissen und Kapazitäten Berufstätiger angepasst und ermöglicht eine flexible Gestaltung und Vereinbarkeit von Arbeit und Beruf. Die HSAP als Vermittler zwischen Sozialwirtschaft und Fachkräften verbindet durch die einmalige Kooperation mit der Paritätischen Akademie somit die Bedarfe der Arbeitgeber- und Arbeitnehmer:innen. Somit können die Arbeitsstrukturen in der Sozialwirtschaft auch zukünftig nachhaltig, leistungsstark und zeitgemäß organisiert werden.
Foto:
(v.l.n.r.) Prof. Dr. Gabriele Schlimper (Geschäftsführung Paritätischer Landesverband Berlin), Thomas Hänsgen (Kanzler der HSAP), Cengizhan Yüksel (Geschäftsführung Paritätische Akademie Berlin), Prof. Dr. Jörg Kayser (Präsident der HSAP)
Links:
Webseite der Hochschule für soziale Arbeit und Pädagogik (HSAP): https://www.hsap.de/
Webseite des Paritätischen Landesverbands Berlin: https://www.paritaet-berlin.de/
Studiengänge an der Paritätischen Akademie Berlin: https://akademie.org/studiengaenge/
Soziale Arbeit (Bachelor of Arts)
Berufsbegleitendes Online-Studium mit Präsenzphasen
Sozialmanagement (Master of Arts)
Berufsbegleitendes Online-Studium mit Präsenzphasen
Transformation im Sozialsektor – Fachkräftemangel und Arbeitsbelastung wirkungsorientiert bewältigen
Online-Seminar
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Soziale Einrichtungen sollten Veränderungen jetzt aktiv mitgestalten – Steve Grundig zum Thema Nachhaltigkeitsmanagement
Die Idee, nachhaltiger zu agieren, hat in vielen sozialen Unternehmen bereits Fuß gefasst. Vor dem Hintergrund des Klimawandels wird jedoch immer deutlicher, dass umfassendere Veränderungen notwendig sind. Soziale Einrichtungen können jetzt einiges tun, um sich darauf vorzubereiten.
Wir möchten in diesem Zusammenhang das Thema Nachhaltigkeitsmanagement für soziale Einrichtungen näher betrachten. Dabei geht es darum, Unternehmen und Organisationen sozial, ökologisch und wirtschaftlich nachhaltiger auszurichten – das heißt im Einklang mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung (hier nachlesen).
Welchen Beitrag können wir leisten, um das Wohl unserer Klient:innen und zukünftiger Generationen in einer sich immer rascher verändernden Umwelt zu schützen?
Hinter unserem Dozenten Steve Grundig stehen über 8 Jahre Erfahrung im Feld der Nachhaltigkeitsberatung für Unternehmen bei plant values. In den letzten Jahren hat er sich mehr und mehr mit sozialen Einrichtungen und Trägern beschäftigt und Workshops mit Mitarbeitenden und Führungskräften durchgeführt. Wir haben mit ihm darüber gesprochen, warum jetzt der richtige Zeitpunkt ist, das Thema Nachhaltigkeit in die eigene Organisation zu integrieren und welche Schritte dafür notwendig sind.
Herr Grundig, was haben soziale Einrichtungen davon, sich mit Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen?
Steve Grundig: Es bringt viele Vorteile mit sich. Einerseits ist es die Chance, Energie und Ressourcen zu sparen und damit oft auch bares Geld. Gleichzeitig wird man unabhängiger von schwankenden Strom- und Heizkosten oder Nahrungsmittelpreisen.
Andererseits haben besonders die Mitarbeitende im sozialen Sektor ein gesteigertes Interesse an dem Thema, so zeigen Studien. Wer sich ernsthaft mit Nachhaltigkeit beschäftigt, positioniert sich als attraktiver Arbeitgeber und kann somit dem Fachkräftemangel ein Stückweit entgegenwirken.
Das Leitbild oder die Werte der Einrichtungen oder Träger sind oftmals ebenfalls eine direkte Aufforderung zur Nachhaltigkeit. Wer seine Werte und das Leitbild ernst nimmt, wird dann oft beim Prinzip des nachhaltigen Handelns landen. Häufig wird in Workshops als Motivation genannt, dass man als Einrichtung ein Vorbild sein will und beispielsweise die Haltung, nachhaltig zu handeln, vermitteln möchte.
Ganzheitliche Nachhaltigkeit bedeutet, dass man sich nicht nur mit Klima und Umwelt beschäftigt, sondern die soziale Nachhaltigkeit und die verantwortungsvolle Unternehmensführung mitdenkt. Nachhaltig handeln heißt, Ressourcen so zu nutzen, dass die sich auch regenerieren können und man keinen Raubbau betreibt. Dieses Prinzip lässt sich sowohl auf Umweltthemen anwenden, auf die Form der Unternehmensführung und im Sinne der sozialen Nachhaltigkeit auch auf die eigenen Mitarbeitenden.
Viele schauen bereits darauf, nachhaltiger zu werden. Es wird zum Beispiel weniger gedruckt und auf fairen Bio-Kaffee umgestiegen. Das reicht wahrscheinlich nicht aus?
Steve Grundig: Nein. Papierverbrauch reduzieren und Bio-Kaffee sind die ersten guten Schritte. Aber die Frage muss immer sein, was passiert in unserem Kerngeschäft? Was sind unsere großen Impacts. Sowohl in die Richtung, wo verursachen wir Schäden, und in die Richtung, wo können wir einen Beitrag leisten, z.B. mit der Nutzung unseres Hauses, unseres Geländes, unserer Angebote für Nutzer*innen der Einrichtung usw.
Es geht dabei um ein Hinterfragen bisheriger Prozesse, Strukturen und Angebote. Wer hier die Nutzer*innen der Einrichtung, Mitarbeitende und andere Anspruchsgruppen, sogenannte Stakeholder, aktiv einbindet, kann sich zukunftssicher aufstellen.
Welche Priorität sollte Nachhaltigkeit in einem Unternehmen haben und warum?
Steve Grundig: Angesichts der verschiedenen Krisen der Welt ist ein ambitioniertes Handeln mehr als überfällig. Nachhaltigkeit als Leitmotiv von Entscheidungen und der gesellschaftlichen Entwicklung entscheidet maßgeblich darüber, wie gut oder schlecht wir in ein paar Jahren leben und was wir unseren Kindern und Enkeln hinterlassen. Unternehmen haben hier eine besondere Verantwortung, haben sie doch einen großen Einfluss und Gestalten das Leben von Menschen und unser direktes Umfeld aktiv mit.
Natürlich steckt da erstmal viel Arbeit dahinter. Angesichts der vielen Vorteile sollte es aber dennoch hohe Priorität im Betrieb haben.
Wie kann eine Organisation dafür noch Zeit und Ressourcen im Arbeitsalltag schaffen?
Steve Grundig: Was nicht geht ist, dass nebenbei und nach Feierabend zu machen. Meistens scheitert es aber genau daran, dass nicht ausreichend Ressourcen zur Verfügung stehen oder es keine klare Verantwortlichkeit gibt. Daher: Ein erster Schritt kann sein, dass man eine Arbeitsgruppe bildet, sodass 3–5 Leute aus verschiedenen Bereichen jeweils ein paar Stunden ihrer Arbeitszeit freigeräumt bekommen. Das braucht die Rückendeckung von der Geschäftsführung, die klar sagt, wie die Ressourcen verfügbar gemacht werden.
Welche Voraussetzungen braucht es in einer Organisation, um die Veränderungen im Sinne der Nachhaltigkeit umzusetzen?
Steve Grundig: Die Mitarbeitenden und Nutzer*innen müssen in den Prozess einbezogen werden. Gemeinsam sollte man sich Ziele setzen, die zu einer entwickelten Vision einer nachhaltigen Einrichtung passen. Nachhaltigkeit sollte Teil der Arbeitskultur werden und fest in die Angebote und Dienstleistungen der eigenen Einrichtung integriert werden. Das passiert z.B. durch regelmäßige Schulungen, Teamevents mit Nachhaltigkeits-Motto oder feste Agendapunkte in Teammeetings zum Austausch zu Umwelt- und Sozialthemen.
Worauf legst du in deinen Seminaren für soziale Einrichtungen besonders Wert? Was möchtest du vermitteln?
Steve Grundig: Ich gebe gern eine paar praxisnahe Beispiele und Inspirationen, was man sofort umsetzen kann. Es ist wichtig, dass man ins Tun kommt.
Da soziale Einrichtungen jedoch sehr unterschiedlichen Zweck und Aufbau haben, legen wir in unserer Arbeit immer einen starken Fokus auf die Methodik. Unser Ziel, egal ob in einer Beratung oder in Seminaren, ist immer Hilfe zur Selbsthilfe. Jede Person soll befähigt werden, die Herausforderungen von Nachhaltigkeit in der eigenen Einrichtung anzugehen.
Die Teilnehmer*innen lernen, was Nachhaltigkeit bedeutet. Sie bekommen erste Anleitungen, wie man diesen weitreichenden Begriff auf die eigene Einrichtung übersetzt, um dann konkrete Handlungsfelder zu benennen. Ich finde es wichtig, dass man selbst die relevanten Themen identifiziert und sich nicht am Klein-Klein oder gar an green-washing Themen aufhält. Insgesamt versuche ich immer Tools und Vorgehensweisen zu vermitteln und einen Erfahrungsaustausch zwischen den Teilnehmenden anzustoßen.
Wo siehst du die größten Veränderungen in den kommenden Jahren und was sind konkrete Wege, wie sich die Sozialwirtschaft darauf vorbereiten kann?
Steve Grundig: Es gibt gerade zahlreiche Veränderungen, die uns bevorstehen, und leider auch eine Art dauerhafter Krisenmodus. Das ist der Punkt, wo sich viele Menschen und auch manche Organisationen gerade überfordert fühlen.
Beim Klima gibt es zwei Stoßrichtungen. Es gilt, den eigenen Klimaeinfluss zu minimieren, um die weitere Erwärmung abzumildern. Gleichzeitig muss man sich an das bereits verändernde Klima anpassen. Da geht es um das Wohlergehen und die Gesundheit der Menschen in der Einrichtung, aber auch knallhart um Sicherheit und
Notfallpläne, wenn man an Vorsorge und Schutz vor Wetterextremen und ‑katastrophen denkt.
Um Ressourcen zu sparen, werden wir konsequenter zu einer Kreislaufwirtschaft kommen müssen. Da sind soziale Einrichtungen als regionaler Akteur gute Partner, denn wo viele Menschen versorgt werden oder sich treffen, werden auch viele Ressourcen gebraucht.
Wenn wir über die Umweltthemen hinausschauen: Für ehrenamtliche und festangestellte Mitarbeitende, für Sponsorings, für Politik und Fördermittelgeber*innen und natürlich auch die Nutzer*innen wird eine ganzheitliche Nachhaltigkeit mehr und mehr zum Entscheidungskriterium. Wer weiterhin attraktive Angebote für Nutzer*innen bieten will, wer guter Arbeitgeber sein möchte oder die Voraussetzungen für Förderungen erfüllen muss, wird sich mit Nachhaltigkeit beschäftigen.
Die beste Vorbereitung ist, sich dem Thema zu stellen: Loslegen und eine Arbeitsgruppe bilden oder eine verantwortliche Person benennen. Dann schauen, wo man steht, was die entscheidenden Themen, die Chancen und Risiken in der eigenen Einrichtung sind. Dann kann man sich vorbereiten und die großen Veränderungen aktiv mitgestalten.
Sehen soziale Einrichtungen den Zusammenhang zwischen Klimagerechtigkeit und sozialer Gerechtigkeit? Wie kann man diesen gut vermitteln und in der Organisation etablieren?
Steve Grundig: Es gibt bereits Schulterschlüsse zwischen Sozialverbänden und Umweltorganisationen, weil beide sagen, man muss sich unterstützen und nicht gegeneinander spielen. Das kann auch im Kleinen passieren, wenn zum Beispiel der Umweltverein mit der sozialen Einrichtung vor Ort zusammenarbeitet.
Im Idealfall werden Forderungen von Umweltverbänden sozialverträglicher formuliert und soziale Einrichtungen mit deren zahlreichen Gebäuden, Mitarbeitenden und Angeboten können zum Treiber für eine klimaneutrale Gesellschaft, für Biodiversität und für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft werden. Das wäre eine Win-Win-Situation für alle!
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Grundig.
Erfahren Sie, wie Sie erste Schritte zu mehr Nachhaltigkeit in Ihrer Organisation gehen können.
Nachhaltigkeitsmodelle, Werkzeuge und sinnvolle Maßnahmen lernen Sie im Seminar kennen:
Nachhaltigkeit? Mit kleinem Aufwand zur großen Wirkung
Das Interview mit Steve Grundig führte Julia Mann (Paritätische Akademie Berlin)
Titelbild: Steve Grundig (Foto: Thomas Schlorke für plant values © )
Nachhaltigkeit als Fachkräftemagnet: Mitarbeitende und Bewerbende mit Nachhaltigkeit begeistern
Online-Seminar
Nachhaltigkeitsstrategie und Transformation in sozialen Organisationen
Online-Seminar
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